Der Mehrbedarf eines ersatzberechtigten Schwerstbehinderten bemisst sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte. Der Geschädigte kann sowohl für den ausstattungsbedingten als auch für den räumlichen Mehrbedarf eine Kapitalabfindung verlangen. Diesen Betrag darf er auch zur Deckung seines besonderen Aufwands in das Haus seiner Eltern, die ihn betreuen, einbringen.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Personenschaden und Vermehrte Bedürfnisse nach Unfallverletzungen und bei Personenschaden
Tatbestand:
Gegenstand der Klage ist der ausstattungsmäßige und räumliche Mehrbedarf des Klägers, wie er in dem 1992 errichteten Haus seiner Eltern anfällt.
Der am 10.03.85 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt infolge einer Hirnschädigung an einer spastischen Tetraplegie, welche ihn nahezu vollständig bewegungsunfähig macht. Er kann ferner nicht sprechen. Auch ist er nicht in der Lage, Blasen- und Darmfunktionen zu kontrollieren. Aufgrund des Urteils des Landgerichts Ulm vom 05.09.90 – 1 O 79/87-01 – steht rechtskräftig fest, dass der Beklagte infolge behandlungsfehlerhaft verzögerter Schnittentbindung verpflichtet ist, dem Kläger den künftig entstehenden materiellen Schaden aus der Entbindung zu ersetzen, soweit Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind (Tenor Ziff. 3). In den Gründen wird ausgeführt, dass die dem Kläger zugesprochene Mehrbedarfsrente einmalig anfallende Sonderaufwendungen wie z.B. Umbaumaßnahmen an Gebäuden nicht abdeckt (S. 55 des Urteils).
Die Eltern des Klägers hatten vor seiner Geburt im Oktober 1984 das Hausgrundstück T in U H erworben. Die Wohnfläche des Hauses umfasst 130 qm. Seit Anfang 1990 bewohnte die auf 5 Personen angewachsene Familie das Haus allein. Vor die Wahl gestellt, das Haus behindertengerecht umzubauen oder einen entsprechend geplanten Neubau zu errichten, entschlossen sich die Eltern des Klägers – sachverständig beraten durch den Architekten Prof. Dr. S – zugunsten der Alternative Neubau. Dieser wurde auf dem Grundstück H in U-H errichtet und im Oktober 1992 bezogen. Die Eltern des Klägers haben für das erschlossene Grundstück 155.500,00 DM bezahlt, für die schlüsselfertige Errichtung des Hauses durch die Fa. H weitere 762.420,00 DM. Die Gesamtkosten betragen nach der Aufstellung des Vaters des Klägers unter Einbeziehung der behindertenbedingten Mehraufwendungen 1.390.762,85 DM (vgl. zuletzt vom 20.03.95, Bl. 306 ff. d.A.). Als Mehrkosten macht der Kläger davon 360.000,00 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer, also 410.400,00 DM geltend.
Er hat hierzu vorgetragen:
Der Neubau der Eltern sei ausschließlich durch seine Behinderung veranlasst worden. Er benötige zusätzlich einen Therapieraum, ein auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Bad, Abstellflächen und eine Garage für das behindertengerechte Fahrzeug. Wegen des Einsatzes des Rollstuhls fielen Mehrflächen im Eingangsbereich, den Fluren sowie im Wohn- und Esszimmer an. Ferner seien Mehrkosten wegen des Fahrstuhls und sonstiger, auf seine Behinderung zurückzuführender Ausstattungen entstanden. Die auf seine Behinderung entfallenden monatlichen Aufwendungen der Eltern betrügen mindestens 2.700,00 DM. Er ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf einmalige Abfindung zu. Falls ihm dies nicht zugebilligt werde, verlange er hilfsweise eine Mehrbedarfsrente in der oben genannten Höhe.
Der Kläger hat beantragt,den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 410.400,00 DM nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.93 zu bezahlen,Der Beklagte hat beantragt,
hilfsweise:
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zur Abgeltung des Mehraufwands infolge behindertengerechten Wohnens eine monatlich im Voraus zu zahlende Mehrbedürfnisrente in Höhe von 2.700,00 DM ab dem 01.01.93, die rückständigen Beträge sofort, zu bezahlen.die Klage abzuweisen.Der Beklagte hat vorgetragen:
Der Neubau des Hauses H sei nicht ausschließlich wegen der Behinderung des Klägers, sondern auch wegen eines in den Ansprüchen gestiegenen Wohnbedarfs erfolgt. Damit werde ein Teil der Bedürfnisse des Klägers befriedigt. Der darüber hinausgehende Bedarf rechtfertige allenfalls einen Betrag von 149.616,31 DM (Bl. 15 d.A., vgl. dazu das Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten vom 28.10.93, Anl. K 7). Ferner dürfe dem Kläger nicht auf Kosten des Beklagten Immobiliareigentum verschafft werden.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Architekten Dipl.-Ing. L M, M (Gutachten Bl. 66 ff. d.A.). Der Sachverständige hat sein Gutachten im Termin vom 12.04.95 erläutert (Bl. 135 ff. d.A.).
Das Landgericht ist im Urteil vom 01.06.95 dem Klagantrag in vollem Umfang gefolgt. Es hat dem Kläger zugebilligt, seinen zusätzlichen Wohn- und Ausstattungsbedarf im neu errichteten Haus der Eltern zu befriedigen. Es hat einen räumlichen Mehrbedarf von insgesamt 70 qm für Therapie- und Sanitärbereich, Aufzug, Rollstuhlabstellplatz und für die Vergrößerung des Badezimmers, der Küche, des Kinderzimmers, der Flure und des Wohnbereichs angenommen; ferner hat es für die Überfahrt des Aufzugs und die Garage einen zusätzlichen Aufwand zugebilligt. Im Ergebnis kommt es einschließlich Nebenkosten und Mehrwertsteuer zu einer Kapitalabfindung in Höhe von insgesamt 323.292,60 DM. Einschließlich der – insoweit unstreitigen – Kosten für den Aufzug mit 59.850,00 DM und 677,13 DM sowie eines weiteren Mindestmehraufwands von 15.436,77 DM ergebe sich bereits der mit der Klage geltend gemachte Betrag. Im übrigen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Gegen das dem Beklagten am 07.06.95 zugestellte Urteil hat dieser am 11.07.95 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 14.07.95, eingegangen am 17.07.95, hat der Kläger wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen vorgebracht, dass der Berufungsschriftsatz am 04.07.95 gefertigt und noch am Abend in den Briefkasten geworfen worden sei. Die Berufungsbegründung ging am 30.10.95 – innerhalb der verlängerten Frist – ein.
Der Beklagte wendet sich gegen die Zubilligung einer Kapitalentschädigung für den räumlichen Mehrbedarf und beanstandet die vom Landgericht vorgenommene Berechnung. Die vom Sachverständigen M herangezogenen DIN-Normen seien angesichts der Behinderung des Klägers nicht einschlägig. Insgesamt könne ein Flächenmehrbedarf von nicht mehr als 45 - 50 qm anerkannt werden; als Zusatzaufwand könnten im wesentlichen der Einbau des Aufzugs, die Einrichtung eines zweiten behinderungsspezifisch ausgestatteten Sanitärraums sowie weitere bauliche Maßnahmen (u.a. an der Garage, den Bodenbelägen und Türen) berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,das Urteil des Landgerichts Ulm vom 01.06.95 abzuändern und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,die Berufung zurückzuweisen.Im übrigen wiederholt der Kläger den in erster Instanz gestellten Hilfsantrag und erweitert ihn in der Berufungsinstanz um eine Verzinsung in Höhe von 10 % ab 01.06.94 aus einem Betrag von 8.100,00 DM, erstmals ab 01.09.94, jeweils zum Quartalsbeginn aus dem jeweiligen Betrag (Bl. 377 d.A.)
Er ist der Auffassung, dass das Landgericht richtig entschieden habe. Die Höhe der Zinsforderung wird im Schriftsatz vom 16.02.96 auf 9 % ermäßigt. Der konkrete bauliche Mehraufwand betrage für Türen insgesamt 14.900,00 DM, für Bodenfliesen insgesamt 17.267,23 DM, für Bad und Sanitär über von der Gegenseite akzeptierte 8.969,14 DM hinaus insgesamt weitere 18.374,34 DM, für die Fußbodenheizung 20.950,00 DM, für die Heizung der Garage 1.200,00 DM, für Außenanlagen einschließlich einer Sonnenmarkise insgesamt 19.394,59 DM sowie für Baunebenkosten pauschal 5.000,00 DM. Die Rolläden benötigten einen elektrischen Antrieb. Ferner seien im Kinderzimmer Mehrkosten von 13.400,00 DM entstanden, weil anstelle von ursprünglich vorgesehenen Dachflächenfenstern eine Dachgaube habe errichtet werden müssen. Zur Höhe der Aufwendungen bezieht sich der Kläger auf Zusatzrechnungen von Handwerkern und eine Auskunft des Massivhausherstellers vom 29.07.96. Hinsichtlich des Aufzugs trägt der Kläger ergänzend vor, dass nicht nur die Einbaukosten von 60.527,13 DM und die Kosten der Mehrfläche von 28.000,00 DM, sondern weitere Baukosten (Betonierung des Schachtes mit 20.725,00 DM, Erhöhung des Kniestocks von 0,5 auf 1 m mit 22.600,00 DM, Dachgaube mit 8.400,00 DM, Maschinenraum mit insgesamt 7.350,00 DM, Versorgungskanal mit insgesamt 4.561,50 DM sowie Mehrflächen vor den Haltestellen mit 14.000,00 DM) zu berücksichtigen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen M (Bl. 282 ff. d.A.) eingeholt. Zum konkreten Mehraufwand hat der Senat ein mündliches Gutachten des Sachverständigen U W, N eingeholt. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 19.12.96 (Bl. 377 ff. d.A.) verwiesen. Das Baugesuch zum Neubauvorhaben H war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Dem Beklagten ist wegen der Versäumung der Berufungsfrist auf seinen – rechtzeitig gestellten – Antrag vom 14.07.1995 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er an der Einhaltung der Frist ohne sein Verschulden verhindert war (§ 233 Abs. 1 ZPO). Nach seinem hinreichend glaubhaft gemachten Vorbringen wurde die Berufungsschrift am Dienstag, dem 04.07.1995, erstellt, unterzeichnet und noch am Abend dieses Tag in Ulm zur Post gegeben. Unter Berücksichtigung einer gewöhnlichen Postlaufzeit von nicht mehr als 3 Werktagen durfte der Beklagtenvertreter mit dem Eingang der Berufungsschrift spätestens am Freitag, dem 07.07.1995, rechnen (vgl. BGH VersR 1993, 1251 zu einer Postlaufzeit von 3 Werktagen bei einer Briefbeförderung zwischen 2 Landeshauptstädten in den neuen Bundesländern). In diesem Fall besteht auch keine Pflicht zur Nachfrage, ob die Berufung rechtzeitig eingegangen ist (vgl. BGH NJW 1993, 1332 f.). Eine bei der Post eingetretene Verzögerung in der Beförderung des Briefes muss sich die Partei nicht zurechnen lassen (zuletzt BVerfG NJW 1992, 1952). Zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag ist erneut Berufung eingelegt worden.
Die Berufung ist auch rechtzeitig – mit am 30.10.1995 eingegangenem Schriftsatz – begründet worden.
II.
Die Berufung ist teilweise begründet. Hinsichtlich des mit der Klage geltend gemachten ausstattungsmäßigen und räumlichen Mehrbedarfs steht die Haftung des Beklagten aufgrund des Urteils des Landgerichts Ulm vom 05.09.90 bindend fest. Dem Kläger ist es gestattet, diesen Mehrbedarf im Haus seiner Eltern zu decken. Zum Ausgleich des geltend gemachten Schadens kann er die Zahlung eines Kapitalbetrags beanspruchen. Der Senat schätzt den Mehrbedarf, soweit es sich um zweckmäßige und erforderliche Aufwendungen handelt, auf insgesamt 305.650,00 DM.
1. In Ziffer 3 des Urteils des Landgerichts Ulm vom 05.09.90 – 1 O 79/87-01 – ist rechtskräftig festgestellt, dass u.a. der Beklagte infolge behandlungsfehlerhaft verzögerter Schnittentbindung verpflichtet ist, dem Kläger den künftig daraus entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen. Die in Ziffer 2 des Tenors zuerkannte Mehrbedarfsrente betrifft ausdrücklich nur den Pflegeaufwand sowie Verpflegungs- und Versorgungsmehrkosten. In den Gründen ist dazu festgestellt, dass die dem Kläger zugesprochene Mehrbedarfsrente einmalig anfallende Sonderaufwendungen wie z.B. Umbaumaßnahmen an Gebäuden nicht abdeckt (S. 55 des Urteils). Damit ist der räumliche und ausstattungsbedingte Mehraufwand gemeint, wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser – wovon das Ausgangsurteil ausgeht – durch Zahlung eines Kapitalbetrags oder eine zusätzliche Mehrbedarfsrente ausgeglichen wird.
2. Der Kläger darf seinen ausstattungsmäßigen und räumlichen Mehrbedarf im Haus seiner Eltern befriedigen.
Der mehrfach behinderte Kläger wird Zeit seines Lebens von der Pflege und Betreuung anderer Personen abhängig sein. Wie bei dem Ausgleich für die pflegerische Betreuung bemisst sich auch der räumliche und ausstattungsmäßige Mehrbedarf nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte. Bei – auch kostenmäßig – unterschiedlichen Möglichkeiten bestimmt sich der Anspruch danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten zumutbar gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt (vgl. BGH Urt. vom 08.11.77 – VI ZR 117/75 = VersR 1978, 149, 150 für die Pflegemehrbedarfsrente). Die Eltern haben es bisher übernommen, den Kläger in ihrem Haus zu pflegen und zu betreuen. Auf dieser Grundlage ist dem Kläger eine Pflegerente zugesprochen worden (Urteil des Landgerichts Ulm vom 19.07.1990 – 1 O 79/87-01 –, Original S. 56). Seit 1992 erfolgt die Pflege im Neubau H in welchem ausstattungsmäßig und räumlich auf die besonderen Bedürfnisse des Klägers Rücksicht genommen worden ist.
3. Der Kläger kann sowohl für den ausstattungsbedingten als auch für den räumlichen Mehrbedarf eine Kapitalabfindung verlangen.
Die Kosten für die behindertengerechten Gestaltung der vom Kläger genutzten Räume im Haus der Eltern sind den vermehrten Bedürfnissen zuzurechnen, für welche der Schuldner grundsätzlich gem. § 843 Abs. 1 BGB durch Bezahlung einer Rente aufzukommen hat. Jedoch ist es dem Geschädigten unter näher darzulegenden Voraussetzungen nicht verwehrt, seinen Mehrbedarf durch Einsatz eines einmalig aufzubringenden Kapitalbetrags zu befriedigen (BGH Urt. vom 19.05.81 – VI ZR 108/79 = VersR 82, 238, 239). Dabei entlastet den Beklagten nicht, dass die Eltern des Klägers dessen Mehrbedarf in dem 1992 bezogenen Neubau abgedeckt haben; nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB kommen derartige unentgeltliche Leistungen dem Schädiger nicht zugute.
Für eine Kapitalabgeltung der vermehrten Bedürfnisse ist insbesondere dann Raum, wenn etwa die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels das anhaltende vermehrte Bedürfnis ausreichend zu befriedigen in der Lage ist (BGH a.a.O. S. 239 unter 1 b).
Dies trifft zum einen für den geltend gemachten ausstattungsbedingten Mehrbedarf zu, bei welchem es sich um bauliche Einrichtungen – wie etwa den Aufzug, die Verbreiterung der Türen oder besondere sanitäre Ausstattungen – handelt, welche den Kläger in die Lage versetzen, durch die einmalige Beschaffung ein erhöhtes Bedürfnis für die Zukunft – zumindest für einen längeren Zeitraum – in ausreichendem Maße zu befriedigen (vgl. BGH a.a.O.; ferner Wussow/Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden 6. Aufl., Rn. 183).
Es gilt aber auch für den flächenmäßigen Mehrbedarf, bei welchem es dem Geschädigten nicht verwehrt ist, sich eine seiner Behinderung entsprechende Wohnung durch Einsatz eines einmalig aufzubringenden Kapitalbetrags zu beschaffen, statt über § 843 Abs. 1 BGB laufend den Betrag zu fordern, den er für die Anmietung eines seinen besonderen Verhältnissen genügenden Wohnraums über die Normalmiete hinaus aufwenden müsste (BGH a.a.O. und Wussow/Küppersbusch a.a.O. Rn. 185). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Geschädigte bereits Eigentum an einer Immobilie oder Wohnungseigentum erworben hat oder mit dem Kapitalbetrag erwerben will. Bei einem behindert zur Welt gekommenen Kind, das von den Eltern dauerhaft gepflegt und betreut wird, steht in Betracht, dass es sich durch die Forderung eines Kapitalbetrags die Möglichkeit verschafft, seinen wohnlichen Mehrbedarf im Haus der Eltern zu befriedigen, indem es diesen Betrag zur Deckung seines besonderen Aufwands in das Haus der Eltern einbringt.
Das trifft auf den Kläger zu. Seine Eltern haben den Neubau H seiner Behinderung entsprechend ausgestattet und ihm darin auch Mehrflächen zur Verfügung gestellt. Angesichts dieser Lebenssituation ist es zweckmäßig und sinnvoll, dem Kläger die Geltendmachung seines Mehrbedarfs anhand der für ihn getroffenen Aufwendungen in einem Kapitalbetrag zu gestatten. Mit diesem Betrag, über den er frei verfügen darf, kann er seinen Eltern die Ablösung von Fremdmitteln ermöglichen. Zudem ist neben solchen wirtschaftlichen Erwägungen dem Gedanken eines für den Behinderten "würdigen" Schadensausgleichs Beachtung zu schenken (vgl. BGH a.a.O. unter 3 a). Über den Kapitalbetrag kann der Kläger selbständig und dauerhaft für die Befriedigung seines wohnlichen Mehrbedarfs sorgen.
Mit dem Kapitalbetrag wird der erhöhte Wohnbedarf des Klägers endgültig abgefunden. Stellt er den Betrag seinen Eltern zur Verfügung, liegt es nahe, dass sein Interesse an einer Sicherung des Wohnbedarfs durch die Begründung eines seinem Beitrag entsprechenden dinglichen Rechts gewahrt wird. Die Zubilligung einer Kapitalabfindung ist von der Sicherstellung einer dinglichen Berechtigung des Klägers jedoch nicht abhängig.
4. Hinsichtlich des Umfangs und der Höhe des Mehrbedarfs ist eine konkrete Schadensbemessung vorzunehmen. Hierbei orientiert sich der Senat gemäß § 287 ZPO an den im Haus H bestehenden Verhältnissen. Dort vorhandene Ausstattungen und Flächen sind jedoch nicht schon deshalb zu berücksichtigen, weil sie von den Eltern im Hinblick auf die Behinderung des Klägers eingebracht worden sind; denn es geht nicht um die Berechnung eines Schadens der Eltern. Die von ihnen gemachten Aufwendungen zeigen einen entsprechenden Mehrbedarf des Klägers lediglich indiziell an. Dabei sind gemäß § 249 Satz 2 BGB nur erforderliche Maßnahmen einzubeziehen, d.h. die Aufwendungen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB 56. Aufl., § 249 Rn. 6).
Hinsichtlich des Umfangs und der Höhe des Mehrbedarfs ist das eher von allgemeinen Bedarfserwägungen getragene schriftliche Gutachten des Sachverständigen M vom 10.11.94 wenig ergiebig. Zum ausstattungsbedingten Mehrbedarf richtet sich der Senat an den konkreten Aufwendungen aus, die freilich – wie bereits erwähnt – nur als Anhaltspunkt für die Schätzung nach § 287 ZPO dienen. Zur Überprüfung der von den Eltern beigebrachten Belege und soweit solche nicht zur Verfügung stehen, hat der Senat den Bausachverständigen U W herangezogen. Im übrigen dient die Baugesuchsplanung als Schätzgrundlage.
a) Ausstattungsmehrbedarf
In der konkreten Situation des Klägers können folgende behinderungsspezifischen Sonderausstattungen zugrundegelegt werden: Der Aufzug, wobei der bauliche Sonderaufwand mit zu berücksichtigen ist, der Aufwand für breitere Türen, für zusätzliche Bodenbeläge und Bad- und Sanitäreinrichtungen, die Heizung in der Garage und Änderungen in der Gestaltung der Außenanlagen. Die Fußbodenheizung kann hingegen nur teilweise berücksichtigt werden. Insgesamt schätzt der Senat den ausstattungsbedingten Mehrbedarf auf 140.500,00 DM.
aa) Aufzugskosten
Nicht im Streit ist die Erforderlichkeit des Einbaus eines Aufzugs. Dafür sind an die einbauende Firma – einschließlich TÜV Gebühren – brutto 60.527,13 DM bezahlt worden. Als zusätzliche Baukosten sind nach den Berechnungen des Sachverständigen W der hierzu die planerischen und kostenmäßigen Unterlagen eingesehen und sich vor Ort ein Bild von Baumaßnahmen verschafft hat, angefallen:
die Fundamentierung des Schachts mit 1.500,00 DM die Betonierung des Schachts mit 11.300,00 DM der Ausbau der Dachgaube mit 4.700,00 DM die Herstellung des Maschinenraums mit 2.800,00 DM der Versorgungskanal bis zum Aufzug mit 1.500,00 DM als Zuschlag für höheren Verschnitt der Bodenfliesen 200,00 DM ergibt 22.000,00 DM
Der Senat folgt insoweit den Berechnungen des Sachverständigen, die er im Termin vom 19.12.96 näher erläutert hat. Hinsichtlich der Kosten für die Betonierung des Schachts sieht der Senat davon ab, "Sowiesokosten" für ohne den Schacht erforderlichen Trenn- und Stützwände abzusetzen, da anzunehmen ist, dass das Haus ohne den Schacht entsprechend kleiner gebaut worden wäre. Der Einbau der Dachgaube geht auf den Aufzug zurück. Der Senat vermag hierzu aber nur die tatsächlich erforderlichen Kosten als Aufwand zuzuerkennen; insofern ist unerheblich, dass die Eltern des Klägers der Massivbaufirma H dafür Mehrkosten in Höhe von 8.500,00 DM bezahlt haben.
Neben den solchermaßen konkret berechneten Kosten kommt eine pauschale Abgeltung des räumlichen Aufwands nicht in Betracht. Für den Aufzug werden deshalb Mehrkosten von rund 82.500,00 DM eingestellt.
Für die Erhöhung des Kniestocks von 0,5 m auf 1 m können Mehrkosten nicht in Ansatz gebracht werden. Der hierdurch geschaffene Raum kommt den Räumen des OG gleichmäßig zugute und erhöht deren Gebrauchswert.
Der Aufwand für die Haltestellen des Aufzugs und für die Flurverbreiterung gehören zum Flächenmehrbedarf (dazu unten b).
bb) Türenverbreiterung
Auch hierzu ist der Mehrbedarf des Klägers nicht im Streit. Die Mehrkosten können auf brutto 4.900,00 DM geschätzt werden (vgl. Ziff. 7 der Aufstellung der Fa. H vom 24.07.96, Anl. K 14 zu Bl. 342 d.A.). Schiebetüren gehören bei einem Haus, wie es die Eltern des Klägers gebaut haben, zum Standard und können deshalb nicht als Mehraufwand anerkannt werden. Die Absenkung der Türschwellen haben – dem Sachverständigen W folgend – einen Mehraufwand von 200,00 DM verursacht. Insgesamt liegt der Bedarf des Klägers bei 5.100,00 DM.
cc) Bodenbeläge
Hinsichtlich der Beläge im Badbereich können Mehrkosten für die Ausführung in Knopfmosaik in Höhe von 1.029,22 DM berücksichtigt werden. Dagegen kommen Mehrkosten für die Ausführung der Bodenbeläge im EG und im Treppenaufgang wegen der Ausführung in poliertem Granit nicht in Ansatz. Für den Betrieb eines Rollstuhls geeignete unglasierte Steinzeugfliesen hätten nicht teurer als die standardmäßig veranschlagten Bodenfliesen sein müssen (Materialpreis von 50 DM/qm).
Ferner macht der auf die Behinderung des Klägers zurückzuführende Mehrpreis für die Ausführung des Esszimmerbereichs mit Steinzeugfliesen anstatt mit Teppichboden nach den – korrigierten – Berechnungen des Sachverständigen 1.380,00 DM aus.
Insgesamt beträgt der ersatzfähige Aufwand rund 2.400,00 DM.
dd) Zusätzliche Bad- und Sanitärausstattung
Als Sonderausstattung wird von der Beklagten ein Betrag von 8.969,14 DM zugestanden (vgl. den – insoweit unwidersprochen gebliebenen – Schriftsatz des Klägervertreters vom 05.08.96, ferner das Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten vom 28.10.93, Anl. K 7). Den weiteren Aufwand u.a. für ausziehbare Waschtisch-Mixer, unterfahrbare Waschtische, ein besonderes Wannenrandsystem und für ein Behinderten-WC hat der Kläger in dem angeführten Schriftsatz – unter Vorlage der von den Eltern bezahlten Rechnungen – nachvollziehbar in Höhe eines Betrags von 18.374,34 DM belegt. Hiervon ist ein Sowiesoaufwand von 760,00 DM für gewöhnliche Sanitärgegenstände (1 Toilette, Waschtischmixer ohne Auszug und gewöhnliche Waschtische, vgl. Bl. 367 d.A.) abzuziehen. Unter Berücksichtigung weiterer Zusatzkosten für eine Feuchtigkeitsisolierung in Höhe von 1.300,00 DM liegt der Mehraufwand bei insgesamt rund 27.900,00 DM. Er befindet sich damit an der oberen Grenze dessen, was noch als angemessen und zweckmäßig angesehen werden kann.
ee) Fußbodenheizung Die Mehrkosten für den Einbau einer Fußbodenheizung – einschließlich einer aufwendigeren Fensterisolierung – betragen nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen W (Bl. 381 d.A.) insgesamt 16.205,50 DM. Im Hinblick auf die Schaffung eines angenehmen Raumklimas und um es dem Kläger zu ermöglichen, auch auf dem Boden zu liegen, können ihm diese Mehrkosten für einen Teil der Wohnfläche – so für den Therapieraum, die Bäder und sein Kinderzimmer – als Mehrbedarf zugebilligt werden. Den darauf entfallenden Mehrbedarf schätzt der Senat auf rund 10.000,00 DM.
ff) Garagenheizung Für die Beheizung der Garage können die Kosten mit pauschal 1.200,00 DM angesetzt werden. Eine Beheizung erscheint dem Senat wegen der Unterstellung des mit Elektroantrieb versehenen Straßenrollstuhls für den Kläger angebracht.
gg) Außenanlagen
Im Hinblick auf Geländekorrekturen, die dem Kläger wenigstens teilweise die Mitbenutzung des Gartens mit dem Rollstuhl ermöglichen, hält der Senat Mehrkosten von 3.000,00 DM für Geländearbeiten sowie weitere 2.000,00 DM für Stützarbeiten – über den in Anl. K 25 mit 1.341,30 DM belegten Aufwand hinaus – für erstattungsfähig (etwas enger dagegen der Sachverständige W Bl. 381 d.A.). Mit dieser Erhöhung des Ansatzes ist auch ein in Betracht kommender Zusatzaufwand für die aufwendigere Gestaltung des Zugangs zur Einliegerwohnung abgegolten. Eine Markise gehört dagegen zur Standardausstattung eines Hauses wie dem vorliegenden und kann deshalb nicht als Mehraufwand anerkannt werden. Insgesamt entfallen auf die Außenanlagen somit Mehraufwendungen in Höhe von rund 6.400,00 DM.
ee) Baunebenkosten Durch diese Zusatzaufwendungen mit verursachte Baunebenkosten können im Wege der Schätzung pauschal mit 5.000,00 DM angesetzt werden.
Im übrigen sind Mehrkosten für behinderungsbedingte Ausstattungen im Haus der Eltern nicht in die Schätzung einzubeziehen. Dem Einbau einer Dachgaube anstelle eines Dachflächenfensters im Kinderzimmer liegt kein behinderungsbedingter Mehrbedarf des Klägers zugrunde. Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass es angesichts eines Aufwands von 13.400,00 DM für den Kläger zweckmäßig und erforderlich ist, sich von seinem Kinderzimmer aus einen ungehinderten Blick in den Garten zu verschaffen. Im übrigen ist ein Fenster mit Ausblick in der Giebelwand vorhanden (vgl. Plan des Dachgeschosses Kind 1).
Ebensowenig stellen die Kosten für einen elektrischen Rolladenantrieb einen aus der Sicht des Klägers erforderlichen Aufwand dar. In der Kostenaufstellung des Vaters vom 20.03.95 sind hierfür Beträge von 15.832,37 DM für den Elektroantrieb und 3.335,00 DM für die Steuerung enthalten. Für einen Behinderten, der einen selbständigen Haushalt führt, wird es zweckmäßig sein, Rolläden mit einem elektrischen Antrieb auszustatten, damit diese überhaupt betätigt werden können. Dies trifft auf die Situation des Klägers nicht zu. Allein die Hoffnung der Eltern des Klägers, dass er einmal in der Lage sein wird, die Rolläden von einem Computer aus zu steuern, vermag einen Aufwand in der geltend gemachten Größenordnung nicht zu rechtfertigen.
Ebenfalls nicht hinreichend dargetan ist, dass der Dach- und Garagenüberstand von jew. 1,5 m zum Schutz des Klägers für einen kurzen Aufenthalt im Eingangsbereich nicht ausreicht.
Der Senat schätzt den zusätzlichen Ausstattungsaufwand demgemäß wie folgt:
Aufzug 82.500,00 DM Türen 5.100,00 DM Bodenbeläge 2.400,00 DM Bad- und Sanitär 27.900,00 DM Fußbodenheizung 10.000,00 DM Heizung Garage 1.200,00 DM Außenanlagen 6.400,00 DM Anteil an Baunebenkosten 5.000,00 DM insgesamt 140.500,00 DM
b) Flächenmäßiger Mehrbedarf
Der Senat legt als flächenmäßigen Mehrbedarf des Klägers insgesamt 50 qm und dafür Kosten in Höhe von 175.000,00 DM zugrunde. Für seinen Flächenmehrbedarf in der Garage stehen dem Kläger weitere 8.500,00 DM zu.
aa) Mehrflächen in der Wohnung
Für das Bad im EG (12,90 qm) und den Therapieraum (18,60 qm) besteht ein behinderungsbedingter Mehrbedarf. Diese zusätzlichen Räume sind großzügig bemessen. Gleichwohl ist der Aufwand angesichts der Behinderung des Klägers und der bei seiner Therapie eingesetzten Geräte (Stehbrett, Lifter, Schaukel, Matte für Bewegungsübungen) noch als angemessen zu bezeichnen (vgl. auch die Ausführungen des Sachverständigen M im Termin vor dem Landgericht Bl. 137 d.A.).
Dagegen gehört der Aufwand für einen gesonderten Betreuerraum nicht zum Mehrbedarf, da sich die Berechnung an der Übernahme der Pflege durch die Eltern orientiert.
Für den Bereich Wohnen und Essen können von der Gesamtfläche (62 qm) rund 10 qm als behinderungsbedingter Mehrbedarf anerkannt werden, da der Kläger für die Bewegung im Rollstuhl insbesondere im Essbereich zusätzliche Flächen benötigt. Von dem Ansatz eines höheren Mehrbedarfs sieht der Senat ab, weil die Räume im Neubau insgesamt großzügig bemessen sind und dies zu einem erheblichen Teil Ausdruck eines allgemein gestiegenen Wohnstandards der Familie ist, der anlässlich der Errichtung des Neubaus mit verwirklicht worden ist. Soweit dieser gestiegene Standard allen Familienmitgliedern in gleicher Weise zur Verfügung steht, hat auch der Kläger ein Recht auf Teilhabe, das seinen Mehrbedarf mindert. Nach § 843 Abs. 4 BGB entlasten den Schädiger nur diejenigen Leistungen eines Dritten nicht, die in einem unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit dem Schadensereignis stehen (vgl. RGRK/Boujong, BGB 12. Aufl., § 843 Rn. 131 m.N.; Senat Urt. vom 26.01.95 – 14 U 62/93 – Original S. 102). Allein der Umstand, dass Anlass für die Errichtung des – insgesamt großzügiger bemessenen – Neubaus die Behinderung des Klägers war, begründet einen solchen unmittelbaren kausalen Zusammenhang nicht.
Dies gilt entsprechend für den Zuschnitt des Kinderzimmer des Klägers, das mit 19,70 qm (Kind 1) sogar den anderen Zimmern nachsteht. Diese Fläche genügt den gesteigerten Bedürfnissen des Klägers. Die Küche ist mit 9,7 qm hingegen so knapp bemessen, dass nicht anzunehmen ist, dass sie ohne die Behinderung des Klägers wesentlich kleiner ausgefallen wäre.
Für die Diele (4,12 qm), den Flur (4,86 qm) und den Windfang (11,66 qm) im EG sowie den Flur (7,29 qm) und das Fahrstuhlpodest (5,00 qm) im OG sind Mehrflächen anzuerkennen. Der Senat schätzt diese im Mittelwert auf rund ein Viertel der angeführten Flächen, also auf rund 8 qm.
Für die Gestaltung des Bads im OG, das auch vom Kläger benutzt wird, ist eine weitere Mehrfläche von 2 qm als Mehrbedarf anzuerkennen.
Es ergibt sich für den Kläger folgender Mehrflächenbedarf:
Therapie EG 18,60 qm Bad EG 12,90 qm Wohn-/Essbereich 10,00 qm Nebenflächen 8,00 qm Bad OG 2,00 qm insgesamt 51,50 qm
Die Ansätze sind jeweils der Wohnflächenberechnung entnommen und daher um 3 % für Putzanteil auf rund 50 qm zu kürzen.
bb) Kosten
Der Senat schätzt den maßgeblichen Aufwand anhand der von den Eltern für die Errichtung des Hauses aufgewendeten Kosten auf 3.500,00 DM/qm einschließlich Mehrwertsteuer.
Die Kostenzusammenstellung des Vaters des Klägers vom 20.03.95 (Bl. 306 ff. d.A.) schließt unter Einbeziehung des Grunderwerbs, der Herrichtung der Außenanlagen und der Eigenleistungen mit einer Summe von 1.390.762,85 DM ab. Zieht man darin enthaltene besondere Ausstattungen (etwa Whirlpool, Sauna, Lichteinbau EG), Gutachten- und Anwaltskosten sowie den Aufwand für die Erstellung der Gartenanlage mit insgesamt rund 85.000,00 DM einerseits und die behindertenbedingten Ausstattungen – wie oben – mit rund 140.500,00 DM sowie einen geschätzten Anteil für die Kosten der Garage mit rund 60.000,00 DM ab, ergeben sich überschlägig Gesamtkosten von rund 1,1 Mio. DM. Die reine Wohnfläche beträgt nach der Aufstellung des Vaters des Klägers 313 qm. Daraus errechnet sich ein Baukostenpreis von rund 3.500,00 DM pro qm Wohnfläche. Für die Mehrfläche von 50 qm sind somit Kosten von insgesamt 175.000,00 DM aufgewendet worden.
cc) Garage
In der Garage besteht – neben dem Platz für die Unterstellung des Straßenrollstuhls – auch ein Mehrbedarf insoweit, als für den seitlichen Ein- und Ausstieg zusätzliche Fläche benötigt wird (vgl. mündliches Gutachten des Sachverständigen Marx vom 12.04.95, Bl. 142). Der Senat schätzt diesen Mehrbedarf auf rund 6 qm, was etwa 1/7 der Garagenfläche von 41,5 qm ausmacht. Bei angenommenen Kosten von 60.000,00 DM entspricht dies rund 8.500,00 DM.
Im Ergebnis beträgt der Aufwand für die behinderungsbedingt erforderlichen Mehrflächen somit 183.500,00 DM. Unter Einbeziehung des ausstattungsbedingten Mehrbedarfs liegt der Gesamtaufwand bei 324.000,00 DM.
5. Dieser Betrag steht dem Kläger nicht in voller Höhe zu. Es muss gesichert sein, dass mit der Zubilligung eines Kapitalbetrags keine Vorteile verbunden sind, die über den Zweck, ein dauerndes, jedoch auf die Lebenszeit des Verletzten begrenztes erhöhtes Bedürfnis zu befriedigen, hinausgehen (BGH a.a.O.). Als Vorteil kommt die Bildung von Immobiliareigentum in Betracht, das über die Lebenszeit des Behinderten hinaus genutzt werden kann (vgl. auch Drees VersR 1988, 784, 788). Dabei ist nicht von Bedeutung, dass – jedenfalls gegenwärtig – nicht der Kläger, sondern seine Eltern das Eigentum an den Sonderausstattungen und Mehrflächen innehaben; denn dies rechtfertigt keine Schlechterstellung des Geschädigten. Deshalb ist die Ersatzleistung, wenn sie – wie im vorliegenden Fall – am Bauaufwand orientiert wird, so zu bemessen, dass der Kläger nicht mehr als den Ersatz seines Unfallschadens erhält. Die Bemessung eines derart "bereinigten" Anteils an den Baukosten ist ebenfalls Aufgabe der Schadensschätzung nach § 287 ZPO (BGH a.a.O.).
Bezüglich der zugebilligten behinderungsbedingten Mehrausstattung des Hauses (Aufzug, Türen, Bodenbeläge, Bad- und Sanitär, Fußbodenheizung, Heizung der Garage und Außenanlagen) steht ein der Korrektur bedürftiger Vermögenszuwachs auf Seiten des Klägers bzw. seiner Eltern nicht in Betracht. Ausgehend von einer mindestens bei 40 Jahren liegenden Lebenserwartung des Klägers ist nicht zu erwarten, dass nach diesem Zeitraum noch ein durch diese Aufwendungen geschaffener Restwert vorhanden ist, den die Eigentümer realisieren könnten (vgl. Drees VersR 1988, 784, 788). Für den Aufzug folgt dies ferner daraus, dass nur ein sehr beschränkter Käuferkreis von dieser Einrichtung – sollte sie technisch weiter eingesetzt werden können – einen Nutzen haben wird. Auch den weiteren Ausstattungen – einschließlich der Fußbodenheizung – wird, soweit sie dann nicht ohnehin erneuerungsbedürftig sein sollten, zu diesem Zeitpunkt keinen eigenständiger Restwert mehr zukommen.
Anders verhält es sich freilich mit den Mehrflächen, die auch nach Ablauf dieser Zeit als Teil der noch vorhandenen Bausubstanz einen Restwert aufweisen werden. Die Mehrflächen sind in die Raumaufteilung des Hauses eher unauffällig einbezogen. Kein Hausteil ist vom Zuschnitt her ungünstig proportioniert oder nur bei Nutzung durch den Kläger werthaltig. Auch die Mehrfläche in der Garage ist nicht wertlos. Deshalb hält der Senat eine Korrektur des auf die Mehrflächen entfallenden Kapitalbetrags für geboten.
Hierfür ist eine Vergleichsrechnung unter Heranziehung der Kosten für die Beschaffung und Verzinsung des für die Errichtung der Mehrflächen benötigten Kapitals nach den für § 843 Abs. 3 BGB geltenden Grundsätzen, wie in der Entscheidung vom 26.11.81 vom BGH erwogen (a.a.O. S. 239), freilich nicht geeignet. Schon bei einer erheblich unterdurchschnittlichen Lebenserwartung des Klägers würde die Berechnung zu einer dem Kapitalbetrag vergleichbaren Abfindung in Höhe von 184.700,00 DM führen, nämlich bei einer Lebenserwartung des Klägers von – auf das Jahr 1992 bezogen – noch 33 Jahren (also insgesamt von 40 Jahren) und einem jährlichen Finanzierungsaufwand von 11.900,00 DM bei Ansatz einer durchschnittlichen Verzinsung von 6,5 % und einer Abzinsung mit 5,5 % (Faktor 15.521 nach der Kapitalisierungstabelle bei Wussow/Küppersbusch a.a.O. S. 293). Lediglich bei einer Vergleichsrechnung auf Mietwohnbasis und einem geschätzten Aufwand von 15,00 DM/qm Mehrfläche (Jahresbetrag 9.000,00 DM) würde sich – bei ansonsten nicht veränderten Zahlen – mit 139.700,00 DM ein erheblich geringerer Kapitalbetrag ergeben.
Der Senat hält ungeachtet dieser in Ansatz und Ergebnis wenig ergiebigen Erwägungen eine Korrektur deshalb für erforderlich, weil die Bausubstanz des Hauses auch bei Annahme einer unbeschränkten Lebenserwartung des Klägers von – auf das Jahr 1992 bezogen – noch 66 Jahren (also insgesamt von 73 Jahren) keineswegs vollständig verbraucht sein wird. Dieser – ohnehin nur schwer abschätzbare – Restwert müsste wegen einer anzunehmenden Wertsteigerung einerseits erhöht, andererseits aber – weil er schon jetzt abzusetzen ist – abgezinst werden. Unter Berücksichtigung auch dieser Gesichtspunkte hält es der Senat im vorliegenden Fall für angemessen, den Kapitalbetrag, der dem Kläger im Hinblick auf die von ihm benötigten Mehrflächen an sich zusteht, um pauschal 10 % zu kürzen, um zu vermeiden, dass er auf der vorliegenden Berechnungsgrundlage mehr als den Ersatz seines Unfallschadens erhält.
Der Kläger steht somit für seinen wohnlichen Mehrbedarf folgende Entschädigung zu:
für besondere Ausstattungen 140.500,00 DM für Mehrflächen 183.500,00 DM abzüglich 15% vom Mehrflächenanteil 18.350,00 DM insgesamt 305.650,00 DM
Hierauf wurde – unter Abweisung der Klage im übrigen – erkannt.
III.
Der Beklagte schuldet seit dem 01.07.93 die Zahlung von Verzugszinsen. Zur Berechnung dieses Schadens kann nur eingeschränkt auf die für den Neubau eingegangenen Kreditverbindlichkeiten der Eltern des Klägers zurückgegriffen werden. Zwar haben diese damit auch den Aufwand des Klägers vorfinanziert, weshalb die Finanzierungskosten als Mehrbedarf des Klägers aufgefasst werden könnten (vgl. Urt. des Senats vom 26.01.95 – 14 U 62/93 – Original S. 110 f.). Die Kreditverbindlichkeiten sind jedoch schon vor Verzugseintritt begründet worden und hätten – einen mit nominal 7,7 % verzinslichen Teilkredit von 50.000,00 DM ausgenommen – wegen fester Laufzeitvereinbarung erstmals zum 30.06.94 hinsichtlich eines Kredits über 200.000,00 DM und am 30.08.95 hinsichtlich eines weiteren Kredits über 102.500,00 DM zurückgeführt werden können (Anl. K 9 ff. Bl. 275 ff. d.A.). In welchem Umfang damit Kosten einer Anschlussfinanzierung hätten erspart werden können, ist nicht bekannt. Der Senat hält es deshalb für angemessen, den Verzugsschaden einheitlich nach einem Mittelwert aus entgangener Anlagenverzinsung und erspartem Finanzierungsaufwand zu berechnen. Er legt hierfür ein Verzinsung von 7,5 % zugrunde.
IV.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.