Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Amtsgericht Backnang Beschluss vom 31.01.2012 - 4 OWi 29/12 - Zur Parallelvollstreckung von Fahrverboten ohne Einräumung der Vier-Monatsfrist

AG Backnang v. 31.01.2012: Zur Parallelvollstreckung von Fahrverboten ohne Einräumung der Vier-Monatsfrist


Das Amtsgericht Backnang (Beschluss vom 31.01.2012 - 4 OWi 29/12) hat entschieden:
Zwar sieht § 25 Abs. 2a S. 2 StVG für Fahrverbote, bei denen dem Betroffenen die Vier-Monatsfrist eingeräumt wurde vor, dass diese hintereinander zu vollstrecken sind; eine solche ausdrückliche Regelung gibt es aber für den Fall von Fahrverboten, die mit Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam werden, nicht. Daher verbleibt es bei der Grundregel, dass das Fahrverbot mit Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam wird, § 25 Abs. 2 StVG. Zwei sich überschneidende Fahrverbote ohne Vier-Monatsfrist sind daher zeitlich nebeneinander zu vollstrecken.


Siehe auch Verbüßung und Vollstreckung des Fahrverbots und Stichwörter zum Thema Fahrverbot


Gründe:

Mit Bußgeldbescheid der Stadt Backnang vom 06.09.2011 wurde gegen den Betroffenen wegen Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage am 11.07.2011 um 8.13 Uhr in Backnang-Strümpfelbach eine Geldbuße in Höhe von EUR 200,00 sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Der Betroffene legte gegen den Bußgeldbescheid rechtzeitig Einspruch ein, den er über seine Verteidigerin am 02.01.2012 gegenüber dem Amtsgericht Backnang zurücknehmen ließ.

Mit Bußgeldbescheid des Landratsamts Hohenlohekreis vom 24.10.2011 wurde gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ebenfalls neben einer Geldbuße in Höhe von EUR 160,- ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.

In beiden Fällen konnte dem Betroffenen die Vier-Monatsfrist des § 25a Abs. 2a StVG nicht eingeräumt werden, da gegen den Betroffenen in den zwei Jahren zuvor bereits ein Fahrverbot verhängt worden war.

Ebenfalls am 02.01.2012 gab der Betroffene seinen Führerschein beim Landratsamt Hohenlohekreis in Verwahrung. Dies teilte er der Stadt Backnang mit dem Hinweis mit, dass er von einer parallelen Vollstreckung der Fahrverbote ausgehe.

Daraufhin teilte die Stadt Backnang dem Betroffenen mit Schreiben vom 19.01.2012 mit, sie habe den Führerschein beim Landratsamt Hohenlohekreis angefordert, um das Fahrverbot im Anschluss an das dortige zu vollstrecken. Hiergegen wendet sich der Betroffene und beantragt eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Die Fahrverbote aus den beiden Bußgeldbescheiden sind zeitlich nebeneinander zu vollstrecken.

Zwar sieht § 25 Abs. 2a S. 2 StVG für Fahrverbote, bei denen dem Betroffenen die Vier-Monatsfrist eingeräumt wurde vor, dass diese hintereinander zu vollstrecken sind; eine solche ausdrückliche Regelung gibt es aber für den Fall von Fahrverboten, die mit Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam werden, nicht. Ob in einem solchen Fall die Vollstreckung nacheinander oder zeitgleich zu erfolgen hat, ist in Literatur und Rechtsprechung streitig, die überwiegende Meinung geht jedoch von einer parallelen Vollstreckung aus (Hentschel/König/Dauer, 41. Aufl. § 25 StVG Rn 28 mit zahlr Nachweisen).

Der herrschenden Meinung ist hier der Vorzug zu geben. Eine analoge Anwendung des § 25 Abs. 2 a Satz 2 StVG auf solcherart Fälle scheidet aus, da es sich um eine Anwendung zu Lasten des Betroffenen und somit um einen Verstoß gegen das Analogieverbot handeln würde, § 3 OWiG. Zwar bringt der Gesetzgeber mit dieser Regelung zum Ausdruck, dass er den Missbrauch der Vier-Monatsfrist verhindern möchte, um die Vollstreckung mehrerer Fahrverbote auf eines zu beschränken. Er hat dies aber nach dem Wortsinn und der systematischen Auslegung lediglich für die Fahrverbote im Sinne des § 25 Abs. 2a S. 1 StVG getan.

Auch aus der Formulierung des Abs. 5 in § 25 StVG lässt sich nicht Gegenteiliges ableiten. Er bestimmt lediglich, dass die Frist in bestimmten Fällen erst mit der amtlichen Verwahrung beginnt.

Daher verbleibt es bei der Grundregel, dass das Fahrverbot mit Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam wird, § 25 Abs. 2 StVG. Dies war mit der Rücknahme des Einspruchs beim Amtsgericht Backnang der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 S. 2 OWiG iVm § 467 StPO.



Datenschutz    Impressum