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Kammergericht Berlin Urteil vom 12.10.2001 - 15 U 6025/00 - Zum Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach fristloser Kündigung des Mandats durch den Auftraggeber
KG Berlin v. 12.10.2001: Zum Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach fristloser Kündigung des Mandats durch den Auftraggeber
Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 12.10.2001 - 15 U 6025/00) hat entschieden:
Nicht erforderlich für die Kündigung eines Anwaltsvertrages ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Denn nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 622 BGB ist, dann, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, die Kündigung – jederzeit und außerordentlich – auch ohne die in § 626 BGB bezeichneten Voraussetzungen zulässig. Für den Fall einer Kündigung bestimmt § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass der Verpflichtete einen seiner bisherigen Leistung entsprechenden Teil der Vergütung verlangen kann. Einschränkend regelt § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass in dem Falle, dass der Verpflichtete durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles veranlasst, ihm der Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zusteht, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben.
Siehe auch Ersatz von Anwaltskosten und Anwaltskosten
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Beklagten haben die ihnen im Rahmen des Anwaltsvertrages obliegende, aus § 666 BGB folgende Auskunftspflicht verletzt. Das einem Rechtsanwalt erteilte Mandat ist als ein Dienstvertrag anzusehen, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675 BGB). Der Rechtsanwalt ist daher nach § 666 BGB verpflichtet, seinem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäftes Auskunft zu erteilen und nach Ausführung des Auftrages Rechnung zu legen. Diese Verpflichtungen treffen den Rechtsanwalt auch dann, wenn der erteilte Auftrag nicht auf die Führung eines Rechtsstreits, sondern auf die Vertretung in einer außergerichtlichen rechtlichen Angelegenheit gerichtet ist.
Auskunft kann nach Maßgabe des § 242 BGB über jede von dem Rechtsanwalt im Rahmen des Vertragsverhältnisses für den Auftraggeber vorgenommene Tätigkeit verlangt werden. Eine Grenze findet das Auskunftsrecht im Schikaneverbot (§ 226 BGB) und im Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Der Rechtsanwalt kann daher die erforderte Auskunft nicht nur dann verweigern, wenn der Auftraggeber an ihr kein vernünftiges Interesse hat (§ 226 BGB), sondern auch dann, wenn dessen Interesse so unbedeutend ist, dass es in keinem Verhältnis zu dem Aufwand steht, der durch die Erteilung der Auskunft entsteht (BGH WM 1984, 1164, 1165; NJW 1998, 2969). Entgegen der von den Beklagten zumindest vorprozessual eingenommenen Haltung ist es unerheblich, ob sich der Auftraggeber – oder eine von ihm insoweit bevollmächtigte Person – die Auskünfte auch selbst beschaffen könnte. Die gesetzliche Verpflichtung des Beauftragten zur Erteilung von Auskünften besteht unabhängig davon, ob der Auftraggeber die erforderliche Information selbst auf zumutbare Weise erlangen könnte. Eine solche Einschränkung wird zwar anerkannt, soweit sich bei Fehlen einer besonderen gesetzlichen Regelung eine Auskunftspflicht allein aus Treu und Glauben herleiten lässt (BGHZ 126, 109, 113 = NJW 1995, 386; NJW 1996, 2100, 2101 = LM H.8/1996 § 92 HGB Nr. 5). Da dem BGB eine allgemeine Informationspflicht fremd ist, ist es gerechtfertigt, eine lediglich nach Treu und Glauben bestehende Pflicht zur Auskunft nur ausnahmsweise dann anzuerkennen, wenn es die Rechtsbeziehung der Parteien mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist. Auf eine gesetzlich normierte Pflicht zur Auskunftserteilung, wie im Falle des § 666 BGB, ist diese Einschränkung daher nicht übertragbar (BGH NJW 1998, 2969, 2970).
Die Auskunftspflicht kann daher selbst dann bestehen, wenn der Herausgabeanspruch gemäß § 667 BGB in Verbindung mit § 50 Abs. 3 Satz 2 BRAO bereits durch Erfüllung erloschen ist, insbesondere hinsichtlich solcher Unterlagen, die der Mandant zwar bereits erhalten hat, die aber beim ihm nachträglich verlorengegangen sind (BGHZ 109, 260 = NJW 1990, 510 = MDR 1990, 315).
Vorliegend verhielt es sich so, dass die Sozietät der Beklagten zu 1., 3. – 7. durch Auftrag vom ... 1994 von Frau ..., der späteren Erblasserin, umfangreich, nämlich für zahlreiche Grundstücke, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen nach dem Vermögensgesetz beauftragt worden war. Im Rahmen ihrer daraufhin entfalteten Tätigkeit, die konkret durch den Beklagten zu 8. als angestellten Anwalt der Sozietät der Beklagten zu 1., 3. – 7. ausgeführt wurde, haben die Beklagten, wie weitgehend zwischen den Parteien unstreitig ist, zwar nahezu die gesamte Korrespondenz und auch Erklärungen, Voten und Ähnliches der beteiligten Behörden einerseits der Erblasserin unmittelbar und andererseits der damals mit der Vermögensverwaltung befassten B D W AG (nachfolgend "B"), versehen mit Erläuterungen und Hinweisen, zur Kenntnis gebracht. Eine Gesamtübersicht, wie sie ihrer Abrechnung mit Schreiben vom 23. Januar 1997 (Anlage K 8 = Bl. 20 ff d. A.) beigefügt war, ist von ihnen jedoch nicht erstellt worden.
Den Beklagten ist von dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 (Anlage K 2 = Bl. 11 d. A.) zur Kenntnis gebracht worden, dass dieser, ausgestattet mit einer Generalvollmacht, zukünftig die Vermögensinteressen der Frau ... in Deutschland vertrete. Etwas verspätet, nämlich mit dem zugleich die Kündigung des Mandatsverhältnisses enthaltenden Schreiben vom 10. Januar 1997 sind die Beklagten darüber unterrichtet worden, dass die Frau ... am 7. Dezember 1996 verstorben und der Kläger als Testamentsvollstrecker eingesetzt worden ist.
Vor diesem Hintergrund ist die Aufforderung des Klägers vom 27. November 1996 zu sehen, mit der die Beklagten um einen Überblick über die von ihnen bearbeiteten Angelegenheit und um einen kurzen, formlosen Sachstandsbericht gebeten wurden (Anlage K 4, Bl. 13 d. A.). Nachdem die Beklagte statt dessen Akteneinsicht angeboten und darauf hingewiesen hatten, dass sie die Auftraggeberin in den Grundstücksangelegenheiten ständig auf dem Laufenden gehalten hatten, hat der Kläger sodann seine Bitte wiederholt und um konkrete Beantwortung der Fragen, welche Ansprüche geltend gemacht würden, wie die Erfolgsaussichten seien und wovon sie abhingen und wie diese Ansprüche pekuniär bewertbar seien, gebeten (vgl. Anlage K 4 = Bl. 14 d. A.). Die Beklagten haben hierauf mit Schreiben vom 3. Januar 1997 (Bl. 16 d. A.) wörtlich geäußert, sie erklärten "hiermit definitiv, dass wir den von Ihnen erbetenen zusätzlichen Aufwand in der Mandatsführung nicht leisten werden. Wir bieten weiterhin Akteneinsicht in Berlin an, irgendwelche Berichte werden wir aber nicht abgeben."
Damit haben sie die nach § 666 BGB neben der Benachrichtigungspflicht stehende Auskunftspflicht im Kern verneint und damit die ihnen gesetzlich obliegende Pflicht bewusst mißachtet. Auf der Hand scheint zu liegen, dass weder das Schikaneverbot berührt ist, noch der Einwand unzulässiger Rechtsausübung erhoben werden kann. Denn wenn nach einem Zeitablauf von zweieinhalb Jahren im Rahmen eines komplexen Auftrages bei schleppendem Ablauf ein Bevollmächtigter eingesetzt wird, und zwar auch dann, wenn es sich dabei um einen Rechtsanwalt handelt, hat dieser die Pflicht, sich ein Bild vom Sachstand zu machen und das Recht gegenüber dem mit der Rechtswahrnehmung Beauftragten, entsprechende Auskünfte zu verlangen. Dass die Auskünfte mit einem ungebührlich hohen, im krassen Widerspruch zu den berechtigten Interessen der Frau M stehenden Aufwand verbunden gewesen wären, ist nicht ersichtlich, denn die Beklagten haben tatsächlich im Rahmen der Abrechnung des Vertragsverhältnisses auf drei Seiten über den Sachstand berichtet. Die Vermutung erscheint daher angezeigt, dass ihre unwirsche Reaktion gegenüber dem Kläger in erster Linie darauf beruht haben dürfte, dass sie, die das Mandat schon von vorangehenden Rechtsanwälten übernommen hatten, befürchteten, nunmehr werde ihnen Gleiches widerfahren.
Die von den Beklagten zu 1., 3. – 7. aufgeworfene Frage gegenseitiger Treue und Informationspflichten im Rahmen des Anwaltsvertrages betrifft nur die Frage eines etwaigen Mitverschuldens des Klägers. Selbst wenn daran gedacht werden könnte, dass der Kläger im Rahmen der ihn treffenden Nebenpflichten die Beklagten über Ziel und Zweck seines Auskunftsbegehrens hätte unterrichten müssen, was er zweifellos nicht hat, was aber vielleicht auch schon deswegen nicht erforderlich war, weil jedenfalls aus seiner zweiten Auskunftsaufforderung die Zweckrichtung eindeutig hervorging, scheitert ein berücksichtigungsfähiges Mitverschulden des Klägers zumindest daran, dass die Beklagten mit ihrem Schreiben vom 3. Januar 1997 ganz definitiv jede Auskunft abgelehnt haben (vgl. Bl. 16 d. A.).
Auch aus diesem Grunde, aber nicht allein deswegen, berufen sich die Beklagten zu 1., 3. – 7. ohne Erfolg auf eine unterbliebene, der außerordentlichen Kündigung vorausgehende Abmahnung. Denn zum einen musste aus der Sicht des Klägers eine derartige Abmahnung angesichts der definitiven Leistungsverweigerung erfolglos bleiben. Darüber hinaus ist anders als bei Störungen im Leistungsbereich von Arbeitsverhältnissen (vgl. dazu Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 626, Rdnr. 18) bei sogenannten höheren Dienstverhältnissen, wozu auch der Anwaltsvertrag zählt, eine Abmahnung per se nicht erforderlich (BGH NJW 2000, 1638).
Nicht erforderlich für die Kündigung eines derartigen Dienstverhältnisses ist auch das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Denn nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 622 BGB ist, dann, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, die Kündigung – jederzeit und außerordentlich – auch ohne die in § 626 BGB bezeichneten Voraussetzungen zulässig. Der Kläger hat mithin in jedem Falle das Mandatsverhältnis wirksam und außerordentlich gekündigt, wobei es insoweit nicht darauf ankommt, dass der Grund in einer Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Beklagten zu sehen ist.
Für den Fall einer Kündigung bestimmt § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass der Verpflichtete einen seiner bisherigen Leistung entsprechenden Teil der Vergütung verlangen kann. Einschränkend regelt § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass in dem Falle, dass der Verpflichtete durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles veranlasst, ihm der Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zusteht, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben.
Der Kläger irrt allerdings, soweit er die Voraussetzungen der letztgenannten Regelung mit der schlichten Überlegung begründet, weil dadurch, dass infolge der Kündigung des Mandatsverhältnisses vor Abwicklung der vermögensrechtlichen Verfahren und die Beauftragung seiner Sozietät mit der nachfolgenden Durchführung dieser Verfahren die Geschäfts- und die Besprechungsgebühren nach §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 BRAGO erneut angefallen seien, fehle es am Interesse der Auftraggeberin, also der Erblasserin und ihrer Erben, an der von den Beklagten erbrachten Leistung.
Der Bundesgerichtshof hat insoweit grundlegend ausgeführt:
§ 628 Abs. 1 BGB regelt die Frage, in welchem Umfang dem Kläger nach der außerordentlichen Kündigung gemäß § 627 BGB Honoraransprüche gegen den Beklagten zustehen. Danach kann der Dienstverpflichtete grundsätzlich einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies würde bedeuten, dass dem Kläger trotz der vorzeitigen Beendigung seines Auftrages die Gebühren in voller Höhe verblieben (§§ 13 IV, 31 Abs. 1 Nr. 1. – 3. BRAGO; BGH NJW 1987, 315, 316 = MDR 1987, 297). Hat der Kläger aber durch vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Auftraggebers veranlasst, so steht ihm nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Vergütung nicht zu, soweit seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse mehr haben. Die Voraussetzungen dieser Einwendungen hat der Auftraggeber darzulegen und zu beweisen (BGH NJW 1982, 437, 438 = MDR 1982, 386).
Ein vertragswidriges, die Kündigung des Vertragspartners veranlassendes Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt eine schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht voraus (BGH WM 1977, 369, 371 = MDR 1977, 476; NJW 1985, 41 = MDR 1985, 299).
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Da die bisherigen Leistungen des Klägers für den Beklagten kein Interesse haben, weil dieser Aufwendungen für die Inanspruchnahme eines anderen Fachmannes hat, die bei vertragsgerechtem Verhalten des Klägers nicht entstanden wären, lässt das Gesetz zum Schadensausgleich die entsprechende Vergütung entfallen (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB).
(BGH LM H. 8/1995 § 628 BGB Nr. 13 = NJW 1995, 1954 = MDR 1995, 854).
Diese grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs erweckt jedoch den unrichtigen Anschein, stets dann, wenn aufgrund anwaltlichen Gebührenrechts für den Nachfolger des gekündigten Rechtsanwaltes die gleichen Gebühren abermals anfallen, fehle es am rechtlichen Interesse. Im vom BGH entschiedenen Fall war diese Schlussfolgerung gerechtfertigt, weil es um einen Strafverteidiger ging, der, wenn auch zu Unrecht, in Untersuchungshaft genommen worden war, mit der Folge, dass für den sodann vom Auftraggeber beauftragten Rechtsanwalt kein Vorteil aus den erbrachten Leistungen seines Vorgängers verblieb, vielmehr die Leistungen insgesamt neu zu erbringen waren.
Anders ist dies vorliegend. Zwar sind die Gebührenansprüche nach § 118 BRAGO wegen der nämlichen Ansprüche nach dem Vermögensgesetz durch die Sozietät des Klägers, die Sozietät der Beklagten zu 1., 3. – 7. und durch deren anwaltliche Vorgänger ausgelöst worden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Auftraggeber, also letztlich die Erblasserin und ihre Erben durchaus ein fortbestehendes Interesse an den Leistungen dieser drei Auftragnehmer hatte. Ohne die Vorgänger der Beklagten wäre möglicherweise die Antragsfrist für die Ansprüche nach dem Vermögensgesetz versäumt worden, ohne die Beklagten wären die vermögensrechtlichen Verfahren nicht betrieben worden und ohne die Sozietät des Klägers wären diese Verfahren nicht zu einem Abschluss gebracht worden. Alle drei Auftragnehmer haben also Leistungen erbracht, die nur insgesamt das Ergebnis der vermögensrechtlichen Verfahren erreichen ließen, von denen also keine weggedacht werden kann, ohne dass Verlauf und Abschluss der vermögensrechtlichen Verfahren abweichend erfolgt wären.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat dementsprechend auch ausgeführt:
Ein Wegfall des Vergütungsanspruchs tritt jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ein, weil die bisherigen Leistungen des Beklagten für den Kläger nicht ohne Interesse sind. Fortfall des Interesses wird regelmäßig angenommen, wenn der Dienstberechtigte die empfangene Leistung wirtschaftlich nicht mehr verwerten kann, sie also für ihn nutzlos geworden ist (BGH MDR 1982, 386 = NJW 1982, 437; BGB-RGRK/Corts, 12. Aufl., § 628 Rdnr. 14). Als Beispiel hierfür wird gerade der Fall genannt, dass nach Kündigung eines Mandats für den Mandanten bei der Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts dieselben Gebühren noch einmal entstehen (BGH a.a.O.; Hanseatisches OLG JurBüro 1981, 1515; BGB-RGRK/Corts a.a.O.; Riedel/Sußbauer/Frauenholz, BRAGO, 6. Aufl., § 13 Rdnr. 49). Denn dann seien die Aufwendungen für den zuerst bestellten Prozessbevollmächtigten für den Auftraggeber nutzlos geworden. Nach Auffassung des Senats bedarf diese Fallgestaltung jedoch differenzierter Betrachtung. Zunächst ist festzuhalten, dass § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht darauf abstellt, ob die Aufwendungen des Auftraggebers nutzlos sind, entscheidend ist vielmehr, ob die erbrachte Leistung des Beauftragten für den anderen Teil "Interesse" hat. Zwar wird bei nutzlosen, weil noch einmal zu erbringenden Aufwendungen häufig auch die Leistung für den Auftraggeber wertlos sein. Zwingend ist dies jedoch nicht. Die Tätigkeit des Beklagten, die den Gebührenanspruch ausgelöst hat, bestand in der Einlegung der Revision. Diese Prozesshandlung wirkte fort und hätte von dem später eingeschalteten Prozessbevollmächtigten wegen Fristablaufs auch nicht nachgeholt werden können. Insoweit behielt die Tätigkeit des Beklagten auch nach der Kündigung ihren "Nutzen".
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Die hier in Streit stehende Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO vergütet die anwaltliche Tätigkeit in dem Zeitraum zwischen Mandatserteilung und Erledigung. Sie fällt somit zwangsläufig bei einem Anwaltswechsel erneut an, ohne dass dadurch jedoch die bisherige Tätigkeit des ausscheidenden Anwalts ihren Wert verliert" (OLG Karlsruhe, MDR 1994, 519 f; vgl. ferner Kramer, MDR 1998, 324, 331 f).
Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gestützt auf die Regelung des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB scheidet danach aus.
Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht mit Erfolg auf die Schadensersatzregelung des § 628 Abs. 2 BGB stützen. Einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur zufolge verlangt der Eingriff von § 628 Abs. 2 BGB, dass der Kündigungsgegner sein vertragswidriges Verhalten zu vertreten hat. Da eine außerordentliche Kündigung nach § 627 Abs. 1 BGB überhaupt keines Grundes bedarf, insbesondere also keine Vertragsverletzung voraussetzt, bezieht sich § 628 Abs. 2 allein auf § 626 BGB, so dass das Auflösungsverhalten das Gewicht eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB erreichen muss und nicht jede geringfügige schuldhafte Pflichtverletzung genügen kann (BAG, Entscheidung vom 11. Februar 1981, 7 AZR 12/79 = AP Nr. 8 zu § 4 KSchG 1969; BGB-RGRK/Corts, 12. Aufl., § 628 Rdnr. 31; Soergel-Siebert/Kraft, BGB, 12. Aufl., § 628, Rdnr. 11; MüKo/Schwertner, BGB, 3. Aufl., § 628, Rdnr. 33).
Einen derartigen wichtigen Grund haben die Beklagten aber nicht gesetzt. Er ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu bejahen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Vorliegend ist zum Nachteil der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie sich durchaus mit Beharrlichkeit und Entschiedenheit geweigert haben, einen den Sachstand der von ihnen bearbeiteten Verfahren nach dem Vermögensgesetz darstellenden Bericht zu geben. Sowohl im Schreiben vom 29. November 1996 (Bl. 15 d. A.) wie auch vom 3. Januar 1997 (Bl. 16 d. A.) haben sie ein derartiges Ansinnen abgelehnt.
In die Gewichtung muss allerdings auch einfließen, dass sich der Kläger erstmals mit Schreiben vom 27. November 1996 (Bl. 13 d. A.) an die Beklagten gewandt und unter Übersendung einer ihm erteilten Generalvollmacht um einen "kurzen, formlosen Sachstandsbericht" gebeten hatte. Irgendwelche Gründe dafür, warum er den Sachstandsbericht benötigte, waren in diesem Schreiben nicht angegeben, so dass die Beklagten in ihrer Antwort auf dieses Schreiben davon ausgehen konnten, der Sachstandsbericht werde allein deswegen angefordert, weil dem Kläger nicht bekannt sei, dass sie nachrichtlich die Mandantin auf das Genaueste über den Stand der Verfahren auf dem Laufenden gehalten hatten.
Auch die zweite Aufforderung vom 6. Dezember 1996 (Bl. 14 d. A.) war äußerst knapp und wies mit dem Bemerken, selbst wenn die Mandantin benachrichtigt sein sollte, genüge die angebotene Akteneinsicht nicht, die Erwiderung der Beklagten zurück, verbunden mit dem Verlangen um Sachstandsbericht, konkretisiert in den Fragen danach, welche Ansprüche geltend gemacht würden, wie die Erfolgsaussichten seien und wie die Ansprüche "pekuniär" bewertbar seien.
Diesem Schreiben, das erstmals zuverlässig erkennen ließ, dass es dem Kläger nicht um die Erfüllung der Benachrichtigungspflicht sondern der Auskunftspflicht im Sinne von § 666 BGB ging, wurde sodann von den Beklagten durch ihr Schreiben vom 3. Januar 1997 vergleichsweise schroff zurückgewiesen, allerdings erkennbar vor dem Hintergrund, dass eine Übernahme der Mandate durch den Kläger zumindest für möglich erachtet wurde (vgl. Bl. 16 d. A.).
Auch wenn, wie oben ausgeführt, grundsätzlich gilt, dass das Auskunftsverlangen des Auftraggebers keiner Rechtfertigung bedarf, sondern unmittelbar aus § 666 BGB mit seiner Geltendmachung erwächst und lediglich den Schranken des Schikaneverbots und der unzulässigen Rechtsausübung unterliegt, kann vorliegend nicht außer Acht bleiben, dass der Kläger jeden Ansatz auch nur einer Begründung für das Auskunftsbegehren unterlassen hat, insbesondere nicht kenntlich gemacht hat, wie er es im vorliegenden Rechtsstreit sodann getan hat, dass er nicht als eine Art Überbevollmächtigter die Betätigung der Beklagten kontrollieren oder gar auf sich überleiten wollte, sondern dass es ihm, wie einem ganz gewöhnlichen Treuhänder, allein um die Information über den Stand der Dinge ging. Der Kläger hat daher zwar keiner ihn treffenden Pflicht zuwider gehandelt, aber zugleich ihn im Rahmen nebenvertraglicher Fürsorgepflichten treffenden Obliegenheiten nicht in dem gebotenen Maße genügt.
Soweit er gar einen besonderen Verstoß darin sieht, dass die Beklagten im Schreiben vom 3. Januar ausgeführt haben, sollte weiter auf ein Sachstandsbericht gedrängt werden, so sähen sie sich veranlasst, das Mandatsverhältnis zu beenden und gegebenenfalls auf ihn überzuleiten, vermag ihm nicht gefolgt werden. Dies gilt um so mehr, wenn das unter demselben Datum an die Auftraggeberin gerichtete Schreiben Berücksichtigung findet, in dem die Beklagten darauf hingewiesen haben, angesichts der Ablehnung des Angebots auf Akteneinsicht bezweifelten sie, ob sich der Kläger ernsthaft um die Angelegenheit bemühe (Bl. 17 d. A.). Zumindest beide Schreiben gemeinsam hätten dem Kläger Veranlassung geben müssen, die Beklagten im Rahmen der ihn treffenden Obliegenheiten über den Hintergrund seines Begehrens aufzuklären und auch darüber, dass die Auftraggeberin verstorben und er nunmehr auch als Testamentsvollstrecker tätig werde.
Vor diesem Hintergrund, der den Pflichtverstoß der Beklagten als nicht all zu schwerwiegend erscheinen lässt, gewinnt maßgebliches Gewicht, dass der Kläger keinerlei Einwendungen gegen das Verhalten der Beklagten im Rahmen der von ihnen übernommenen Verfahren nach dem Vermögensgesetz erhoben hat. Er hat darüber hinaus auch eingeräumt, dass die Beklagten möglicherweise ihrer Benachrichtigungspflicht in vollem Umfang nachgekommen seien, die Beklagten behaupten insoweit sogar, überobligationsmäßig tätig geworden zu sein. Damit steht einer mangelfreien Erfüllung der Hauptleistungspflicht und der primären Nebenleistungspflicht ein Pflichtenverstoß im sekundären Nebenleistungsbereich gegenüber, der möglicherweise sogar dadurch, dass der Kläger im Rahmen ihn treffender Obliegenheiten über den Hintergrund seines Wunsches berichtet hätte, vermieden worden wäre. Dies aber genügt erkennbar nicht, um als wichtiger Kündigungsgrund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, also als Grund, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den Kündigenden unmöglich gemacht hat, anerkannt werden zu können.
Wiederum allgemeiner Meinung entspricht es, dass außerhalb des Anwendungsbereiches von § 628 Abs. 2 BGB ein Anspruch aus Auflösungsverschulden, sei es wegen positiver Vertragsverletzung, sei es wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, nicht in Betracht kommt (BGB-RGRK/Corts, a. a. O., Rdnr. 22).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.