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OLG Düsseldorf Beschluss vom 23.09.1999 - 10 WF 27/99 - Zur Berechnung der Verfahrensgebühren nach einer Trennung des Verfahrens

OLG Düsseldorf v. 23.09.1999: Zur Berechnung der Verfahrensgebühren nach einer Trennung des Verfahrens


Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23.09.1999 - 10 WF 27/99) hat entschieden:
Im Falle der Prozesstrennung hat der verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwalt die Wahl, ob er einheitlich die Gebühren nach dem Gesamtstreitwert oder gesondert aus den getrennten Verfahren mit den jeweiligen Einzelwerten geltend macht.


Siehe auch Kostenfestsetzung - Kostenfestsetzungsverfahren und Anwaltskosten


Gründe:

Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde hat in der Sache überwiegend Erfolg. Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht die Erinnerung der Antragstellerin gegen die gemäß § 128 Abs. 1 BRAGO getroffene Festsetzungsentscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort zurückgewiesen.

Die der Antragstellerin für ihre Tätigkeit als beigeordnete Anwältin aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung ist nicht auf den in der angefochtenen Festsetzung in Ansatz gebrachten Betrag von 1.200,60 DM beschränkt. Die Antragstellerin macht mit ihrem Rechtsmittel zu Recht geltend, dass die durch den Urkundsbeamten vorgenommene Gesamtabrechnung der in dem Verbundverfahren 14 F 468/97 angefallenen Anwaltsgebühren unter Einschluss der in dem abgetrennten selbständigen Sorgerechtsverfahren 19 F 254/98 AG Duisburg-Ruhrort entstandenen Gebühren nicht richtig ist. Zwar hat wegen der teilweisen Gegenstandsidentität in beiden Verfahren auch eine teilweise Anrechnung der gemäß §§ 121 ff BRAGO festzusetzenden Gebühren zu erfolgen. Diese Anrechnung muss jedoch in anderer Weise als in der angefochtenen Festsetzung vorgenommen durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass der Antragstellerin als beigeordneter Anwältin zwar nicht die von ihr verlangte Vergütung von 1.699,40 DM zusteht. Jedoch hat sie Anspruch auf eine solche im Umfang von 1.687,80 DM.

1) Das Amtsgericht - Familiengericht - Duisburg-Ruhrort hat durch Beschluss vom 23. Oktober 1998 aus dem die Ehescheidung, das Sorgerecht sowie den Versorgungsausgleich betreffenden Verbundverfahren 14 F 468/97 das Verfahren bezüglich der Sorgerechtsregelung gemäß § 623 Abs. 2 Satz 2 ZPO neuer Fassung abgetrennt mit der Folge, dass dieses gemäß Satz 4 der Vorschrift als selbständige Familiensache zu dem Aktenzeichen 19 F 254/98 geführt wurde. Bei einer gemäß § 623 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorgenommenen Verfahrenstrennung handelt es sich um eine prozessuale Maßnahme im Sinne des § 145 ZPO, jedenfalls soweit es das Verhältnis der dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterworfenen Sachen - wie hier die elterliche Sorge - zu den nach der Zivilprozessordnung zu behandelnden Sachen (Ehescheidung und den im Verbund verbleibenden Folgesachen) betrifft (Müller/Rabe im Handbuch des Fachanwalts Familienrechts, 2. Aufl., 17. Kapitel, Rdnr. 153, Seite 1289). Die Trennung bewirkt das Entstehen neuer, gesondert zu entscheidender Verfahren, wobei die vor der Prozesstrennung entstandenen Gebühren bestehen bleiben und sie danach noch einmal - und zwar nur aus den Werten der getrennten Verfahren - noch einmal entstehen (Müller/Rabe a.a.O.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Kommentar zur BRAGO, 14. Aufl., § 31, Rdnr. 52; Riedel/Sußbauer, Kommentar zur BRAGO, 7. Aufl., § 31, Rdnr. 33). Der Rechtsanwalt darf wählen, ob er die Gebühren aus dem Verfahren vor der Trennung oder aus den zwei Verfahren danach verlangt. Nebeneinander - wie hier von der Antragstellerin begehrt - kann er sie wegen § 13 Abs. 2 BRAGO nicht geltend machen (Müller/Rabe, Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert sowie Riedel/Sußbauer jeweils a.a.O.). Diesen Grundsätzen wird die angefochtene Festsetzung nicht gerecht.

a) Das Amtsgericht - Familiengericht - Duisburg-Ruhrort hat durch Beschluss vom 21. Januar 1999 die einzelnen Gegenstandswerte für das Verbundverfahren 14 F 468/97 wie folgt festgesetzt: Ehescheidung 15.900 DM; Regelung der elterlichen Sorge 1.500 DM sowie Versorgungsausgleich: 1.000 DM. Diese Wertfestsetzung ist auch für die Bestimmung der Anwaltsgebühren maßgebend (§ 9 Abs. 1 BRAGO). Der Urkundsbeamte (der Geschäftsstelle war bei dem Vergütungsverfahren gemäß §§ 121 ff BRAGO an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden. In unzulässiger Abweichung davon hat er für die Bestimmung der Prozess- und Verhandlungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO einen Gegenstandswert von insgesamt 21.900 DM zu Grunde gelegt. Diesen hat er dadurch ermittelt, dass er zu den Einzelwerten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich (Summe: 16.900 DM) den Gegenstandswert des abgetrennten selbständigen Sorgerechtsverfahren von 5.000 DM addiert hat, den das Amtsgericht - Familiengericht - Duisburg-Ruhrort durch Beschluss vom 21. Januar 1999 gemäß §§ 94 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO zu dem Aktenzeichen 19 F 254/98 festgesetzt hatte. Der maßgebliche Einzelwert des Sorgerechtsverfahrens in dem Verbund zu dem Aktenzeichen 14 F 468/97 ergab sich aber schon aus dem nach der Verfahrenstrennung ergangenen Streitwertbeschluss vom 21. Januar 1999.

b) Hinzu kommt, dass die Verhandlungsgebühr ohnehin nicht unter Einbeziehung des Sorgerechtsverfahrens hätte bestimmt werden dürfen. Der gemäß § 623 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergangene Trennungsbeschluss ist bereits am 23. Oktober 1998 ergangen und lag damit noch vor dem Verhandlungstermin vom 21. Januar 1999 in dem Verbundverfahren 14 F 468/97. Verhandlungsgegenstand konnte somit nicht mehr das bereits abgetrennte Sorgerechtsverfahren sein. Im Falle von Verhandlungen, die lediglich einen Teil des Streitgegenstandes betreffen, sind die Gebühren auch nur nach dem Wert dieses Teils zu berechnen (§ 21 Abs. 1 GKG; §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 BRAGO). Entsprechend der Kostennote der Antragstellerin vom 21. Januar 1999 konnte daher für die Bestimmung der Gebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO in dem Verbundverfahren 14 F 468/97 nur ein Gegenstandswert von 16.900 DM maßgeblich sein. Die Notwendigkeit einer Gebührenanrechnung wegen einer Teilidentität der bezeichneten beiden Verfahren betrifft im Ergebnis nur die Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, da in der Verbundsache alle weiteren anwaltlichen Gebührentatbestände erst nach der Trennung gemäß § 623 Abs. 2 Satz 2 ZPO angefallen sind.

2a) Im Falle der Verfahrenstrennung kann der Rechtsanwalt wählen, ob er entweder die Gebühren aus dem einheitlichen Verfahren nach den dafür maßgeblichen Gesamtstreitwert oder aus den getrennten Verfahren mit den diesbezüglichen Einzelwerten geltend macht. In der Regel wird er die meist höheren Gebühren der getrennten Verfahren berechnen (Müller/Rabe a.a.O., Rdnr. 18; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert a.a.O., Rdnr. 52 sowie § 122, Rdnr. 21). Dementsprechend ist auch die Antragstellerin verfahren, denn sie hat sowohl zu dem Aktenzeichen 14 F 468/97 als auch zu dem Aktenzeichen 19 F 254/98 Festsetzungsanträge gemäß §§ 121 ff BRAGO gestellt. Dem letztgenannten Antrag hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort durch eine ebenfalls unter dem Datum des 23. März 1999 vorgenommene Festsetzung in Höhe von 603,20 DM ohne Einschränkungen entsprochen.

b) Jedoch kann die notwendige Gebührenanrechnung nicht der Berechnung in der angefochtenen Festsetzung gemäß dadurch erfolgen, dass der Betrag von 603,20 DM von der Anwaltsvergütung abgezogen wird, die der Antragstellerin in dem Verbundverfahren 14 F 468/97 nach Maßgabe des § 123 BRAGO zusteht. Vielmehr muss nach den obigen Ausführungen für die Bestimmung der Prozessgebühr von einem Gegenstandswert zu 16.900 DM ausgegangen werden. Dieser ergibt sich aus der Verminderung des Gesamtstreitwertes für das Verbundverfahren nach Maßgabe des amtsgerichtlichen Streitwertbeschlusses vom 21. Januar 1999 (18.400 DM) um den auf das abgetrennte Sorgerechtsverfahren entfallenden Anteil (1.500 DM).

3a) Im Ergebnis setzt sich somit die der Antragstellerin zustehende Vergütung aus folgenden Position zusammen:
[folgt die Berechnung nach der nicht mehr anwendbaren BRAGO]
b) Unberührt von dieser Berechnung bleibt die zutreffende und nicht angefochtene Festsetzung in Höhe von 603,20 DM vom 23. März 1999 zu Gunsten der Antragstellerin in dem abgetrennten Verfahren 19 F 254/98 AG Duisburg-Ruhrort.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 5 BRAGO.