Das Verkehrslexikon

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OLG Oldenburg Beschluss vom 16.09.2011 - 2 SsRs 214/11 - Zur Weitergeltung einer Geschwindigkeitsbegrenzung nach einem Aufenthalt auf einem Parkplatz

OLG Oldenburg v. 16.09.2011: Zur Weitergeltung einer Geschwindigkeitsbegrenzung nach einem Aufenthalt auf einem Parkplatz


Das OLG Oldenburg (Beschluss vom 16.09.2011 - 2 SsRs 214/11) hat entschieden:

   Wer als Fahrer eines Kraftfahrzeuges vor dem Erreichen eines Parkplatzes ein die Höchstgeschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen passiert, kann sich nach dem Verlassen des Parkplatzes und Weiterfahrt in die ursprüngliche Richtung nicht damit entlasten, dass sich nicht unmittelbar nach der Ausfahrt des Parkplatzes erneut ein entsprechendes Verkehrszeichen befunden und er die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung mittlerweile vergessen habe.

Siehe auch
Streckenverbote
und
Geschwindigkeitsthemen


Gründe:


Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 80,00 Euro verurteilt.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 27.10.2010 um 9.46 Uhr in B... die M... Straße mit einem Pkw befahren und dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 22 km/h überschritten habe.

Der Betroffene war, vom Parkplatz des an der M...Straße gelegenen Schwimmbades kommend, auf die M...Straße aufgebogen und hatte bis zum Erreichen der Messstelle kein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen passiert. In den Urteilsgründen heißt es weiter:

   "Kenntnis musste der Betroffene von dem die Geschwindigkeit auf 30 km/h beschränkenden Verkehrszeichen bereits auf der Hinfahrt zum Schwimmbad nehmen, weil die M... Straße die einzige Zufahrt zu dem Parkplatz ist. ...

Nachdem der Betroffene daher aus dem Kreisel heraus die M... Straße, in Richtung B... befuhr, passierte er das 30 km/h-Schild mit dem Zusatzschild 7 - 16 Uhr und bog erst danach auf den Parkplatz ab."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.




Da der Betroffene nur zu einer Geldbuße in Höhe von 80,00 Euro verurteilt worden ist, kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur zur Fortbildung des materiellen Rechts oder wegen Versagung rechtlichen Gehörs in Betracht (§ 80 Abs. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Beide Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs wird nicht geltend gemacht.

Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, dass die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft worden seien, da das Amtsgericht - ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls - zum einen keinen Zeugen vernommen habe und zum anderen lediglich der KBA-Auszug und das Foto Bl. 1 d. A. erörtert und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden seien, ist die Rechtsbeschwerde bei einer Geldbuße von nicht mehr als 100,00 Euro wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht zuzulassen.

Die Sache erfordert allerdings auch keine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts. Insbesondere bedarf die Frage, ob das die Geschwindigkeit begrenzende Verkehrszeichen nach der Ausfahrt des Parkplatzgeländes zu wiederholen war und ob, da eine derartige Wiederholung nicht erfolgte, dem Betroffenen kein Vorwurf gemacht werden kann, keiner Klärung (mehr).




Soweit im Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Entscheidung des BayObLG in VRS 73. Band, Seite 76 f abgestellt wird, lag dem ein anderer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte der Betroffene die Bundesstraße, auf der ein Überholverbot angeordnet war "in jüngster Vergangenheit befahren". Hierzu hat das BayObLG ausgeführt, dass ein Kraftfahrer nicht verpflichtet sei und keinen Anlass habe, die Wahrnehmung eines eine Verkehrsbeschränkung anordnenden Verkehrszeichens über die Zeit bis zum Verlassen des Geltungsbereiches des Zeichens hinaus seinem Gedächtnis einzuprägen, wobei dieses unabhängig von der Länge der seit dem letzten Befahren der Strecke verstrichenen Zeit gelte.

Hier war es allerdings so, dass der Betroffene den Geltungsbereich des Verkehrszeichens, bezogen auf die M...Straße, gerade nicht verlassen hatte.

Auch aus der vom Betroffenen zitierten Entscheidung des OLG Hamm (VM 1972, 96) ergibt sich nichts anderes. Zwar hat das OLG Hamm dargelegt, dass ein Rechtssatz des Inhaltes, dass ein Kraftfahrer, der von einem Grundstück auf eine Straße fahre, sich vorher darüber informieren müsse, welche Streckenverbote angeordnet seien, zumindest im Hinblick auf ein evtl. Überholverbot nicht bestehe. In dieser Entscheidung hat das OLG allerdings auch ausgeführt, dass, sollte sich in Fahrtrichtung des Betroffenen vor der Grundstückseinfahrt bereits ein Überholverbotszeichen befunden haben, dieses Zeichen für den Betroffenen auch nach Verlassen des Grundstücks und der anschließenden Weiterfahrt in der ursprünglichen Richtung seine Wirkung behalten hätte.


So liegt der Fall auch hier, lediglich mit der Abweichung, dass der Parkplatz dem öffentlichen Verkehr zugänglich war. Da das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Betroffene das Fahrzeug auch auf der Hinfahrt zum Hallenbad geführt hat, liegt auch nicht der von der Rechtsbeschwerde angeführte Fall vor, dass der spätere Fahrzeugführer auf der Hinfahrt nur Beifahrer gewesen ist.

Da das Streckenverbot bis zum Ort der Messung nicht aufgehoben war, galt es für den Betroffenen fort. Zwar soll u. a. das Zeichen 274 hinter Kreuzungen und Einmündungen wiederholt werden, an denen mit dem Einbiegen ortsunkundiger Kraftfahrer zu rechnen ist. Hier war es allerdings so, dass der Betroffene den Parkplatz nur erreichen konnte, nachdem er zuvor das die Geschwindigkeit begrenzende Zeichen passiert haben musste. Selbst wenn man die Zufahrt zum Parkplatz mit einer Einmündung gleichsetzen würde, wäre allein hierdurch das Streckenverbot nicht aufgehoben worden (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 41. Aufl. - König § 3 StVO RN 45b m.w.N.).

Der hier zu entscheidende Sachverhalt ist vergleichbar mit demjenigen, der der Entscheidung BGHSt 11, 7 ff zugrunde lag. Dort war es so, dass "die Angeklagten" mit einem unbeladenen Lastzug ein Verkehrszeichen passiert hatten, mit dem die Straße für Fahrzeuge über 6 Tonnen Gesamtgewicht gesperrt war. Unterwegs beluden sie den Lastzug in einem abseits gelegenen Waldstück mit Holz, so dass die Grenze von 6 Tonnen überschritten war und fuhren anschließend auf dem Waldweg zurück zur Landstraße, um in die Richtung zurückzufahren, aus der sie gekommen waren, wobei in diesem Streckenverlauf kein Verbotsschild aufgestellt war.

Der BGH hat ausgeführt, dass die Verkehrsbeschränkung für den gesamten Straßenabschnitt, ohne dass die Anordnung für denjenigen, der das Schild an einem der beiden Anfangspunkte wahrgenommen hatte, unterwegs durch zusätzliche Verbotstafeln wiederholt zu werden brauchte, gegolten hätte. "Wenn also ein Kraftfahrer sein Fahrzeug vor Erreichen des Endpunktes der Sperrstrecke über das zugelassene Höchstgewicht beladen und die Fahrt in gleicher Richtung fortgesetzt hätte, könnte er nicht erfolgreich geltend machen, das für die ganze Strecke gültige Verbot sei auch nicht in ihrem letzten Teilstück durch amtliche Verkehrszeichen sichtbar gemacht" (BGH a.a.O.). Weiter heißt es dort:

   "Ob nun die Fahrt in derselben oder in der entgegengesetzten Richtung fortgesetzt wird, in beiden Fällen wird vom Kraftfahrer verlangt, dass er sich ein für eine längere Strecke geltendes Verbotsschild mindestens dann merkt und einprägt, wenn er es zuvor wahrgenommen hat."



Diese Ansicht bedeute kein Abgehen vom Sichtbarkeitsgrundsatz. Sie wolle nur seiner allzu weitgehenden Übersteigerung, die zu kaum verständlichen Ergebnissen im Verkehr führen würde, entgegentreten. "Die Angeklagten" hätten das Verbotszeichen auf der einheitlichen Fahrt befolgen müssen, solange sie diese Straße genutzt hätten. Die noch am selben Tag unmittelbar an das Beladen sich anschließende Rückfahrt über die gleiche Strecke könne nämlich nicht unabhängig von der vorangegangenen Benutzung als neue, selbständige Fahrt angesehen werden.

Da der Betroffene hier mit seinem Fahrzeug zum Besuch des Hallenbades angereist war, stellt sich auch die Rückfahrt/Weiterfahrt als einheitliche Fahrt dar, auf der die Geschwindigkeitsbegrenzung zu beachten war.

Das Urteil wirft damit keine durch den Senat zu klärende Frage des materiellen Rechts auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs 1 StPO i.V.m § 46 OWiG.

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