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BGH Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 127/11 - Zum Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose
BGH v. 10.07.2012: Zum Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose
Der BGH (Urteil vom 10.07.2012 - VI ZR 127/11) hat entschieden:
Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind.
Siehe auch Psychische Unfallfolgen und Personenschaden
Tatbestand:
Der Kläger erlitt am 14. Dezember 1993 als Fahrer seines PKW einen Verkehrsunfall, für dessen Schadensfolgen der Beklagte zu 1 als Fahrer und die Beklagte zu 2 als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners dem Grunde nach in vollem Umfang haften. Die Beklagte zu 2 zahlte auf die geltend gemachten materiellen Schäden 14.479,55 DM (7.403,28 €) und als Schmerzensgeld einen Betrag von 2.000 DM (1.022,58 €). Der Kläger begehrt weiteren Schadensersatz und macht geltend, er leide aufgrund der Unfallverletzungen fortwährend an Schmerzen und habe deshalb keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen können; ihm seien unfallbedingt unter anderem Verdienstausfall, ein Haushaltsführungsschaden, Kosten für medizinische Behandlung sowie Aufwendungen durch Scheidung seiner Ehe entstanden.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 579.900,41 €, eines Schmerzensgeldes von 50.000 € sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiterer materieller und immaterieller Schäden gerichtete Klage nach Einholung eines orthopädisch-traumatologischen Gutachtens, eines neurochirurgischen Gutachtens sowie eines psychosomatischen Gutachtens abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und der Klage unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung in Höhe von 15.230,29 € nebst Zinsen stattgegeben (4.230,29 € für materielle und 11.000 € für immaterielle Schäden). Der Kläger nimmt die Klageabweisung hinsichtlich materieller Schäden aus dem Zeitraum bis zum 31. Dezember 1994 in Höhe von 20.825,44 € hin. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren im Übrigen weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger habe durch den Unfall eine Wirbelsäulenprellung mit Distorsion der Halswirbelsäule, die dem Grad I nach Erdmann entspreche, sowie Prellungen des Thorax und des Brustbeins erlitten. Eine Fraktur der Hals- und Brustwirbelsäule sei ebenso wenig eingetreten wie Bewusstlosigkeit oder eine Gehirnerschütterung. Eine durch den Unfall verursachte posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sei auch nach dem für die haftungsausfüllende Kausalität geltenden reduzierten Beweismaß des § 287 ZPO nicht festzustellen. Bei dem Kläger habe sich unmittelbar nach dem Unfall allerdings eine akute Belastungsreaktion entwickelt. Es liege eine Anpassungsstörung vor, die nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten könne und durch depressive Stimmung, Angst oder Sorge und das Gefühl, mit alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, gekennzeichnet sei. Daneben sei eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung eingetreten, deren Chronifizierung auf eine psychische Somatik hindeute. Ferner habe sich infolge des Unfalls eine dissoziative Störung der Bewegungs- und Sinnesempfindung entwickelt, die sich mit Symptomen wie der auffälligen Körperhaltung des Klägers, Ataxien (Störungen der Koordination von Bewegungsabläufen), Pelzigkeitsgefühlen sowie einer verstärkten Schmerzwahrnehmung äußere.
Die durch den Unfall ab dem Jahr 1995 eingetretenen Beschwerden seien den Beklagten jedoch schadensrechtlich nicht mehr zuzurechnen. Das vom Kläger erlittene Halswirbelsäulenschleudertrauma mit Prellungen gehe zwar über das Maß einer Bagatellverletzung hinaus, die durch ein grobes Missverhältnis zwischen einer im Alltagsleben typischen und häufig auftretenden Verletzung und der psychischen Reaktion gekennzeichnet sei. Die Zurechnung sei aber zu versagen, weil die Beschwerden auf einer Renten- oder Begehrensneurose beruhten. Diese zeichne sich dadurch aus, dass der Geschädigte den erlittenen Unfall in dem neurotischen Streben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass nehme, den Schwierigkeiten und Belastungen des Erwerbslebens auszuweichen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Hai. hätten zunächst die somatoform-funktionelle Symptomatik und danach persönlichkeitsbedingte Faktoren im Vordergrund gestanden. Im ersten Jahr nach dem Unfall sei dem Unfallgeschehen etwa 60 % Einfluss auf die Beschwerden zuzuordnen und der Persönlichkeit etwa 40 %; ab dem zweiten Jahr würden die persönlichkeitsbedingten Faktoren überwiegen und etwa 90 % der Beschwerden und Funktionseinschränkungen bedingen. Da neurotische Fehlentwicklungen häufig nicht nur auf einer Ursache beruhten, sei es sachgerecht, schon dann den Zurechnungszusammenhang zum Unfallereignis abzulehnen, wenn der neurotische Zustand des Geschädigten entscheidend von der Begehrensvorstellung geprägt, der Versorgungswunsch also der wesentliche ausschlaggebende Faktor gewesen sei. Dies sei dann der Fall, wenn - wie im Streitfall - 90 % des Krankheitsbildes durch eine Begehrensneurose verursacht würden.
Dem Kläger seien bis zum 31. Januar 1994 materielle Schäden in Höhe von insgesamt 4.230,29 € entstanden (76,69 € durch die Beschädigung einer Jacke, 894,24 € Aufwendungen im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen einschließlich Fahrtkosten, 940,16 € Verdienstausfall sowie ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 2.319,20 €). Als Schmerzensgeld sei für die zurechenbaren Verletzungsfolgen ein Betrag von insgesamt 12.000 € angemessen. Davon seien dem Kläger unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung noch 11.000 € zuzusprechen. Der Feststellungsantrag sei unbegründet, weil nach den vorgenannten Ausführungen dem Unfall zurechenbare Schäden nach dem 31. Dezember 1994 nicht mehr festzustellen seien. Der krankheitsbedingt verfallene Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 1993 und der krankheitsbedingt nicht entstandene Urlaubsanspruch für das Jahr 1994 begründeten keinen Schadensersatzanspruch, weil der Kläger hierdurch keine Vermögenseinbuße erlitten habe.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die ab dem Jahr 1995 eingetretenen Verletzungsfolgen fehle der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts zur Haftung für psychische Folgeschäden.
a) Der haftungsrechtlich für eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung verantwortliche Schädiger hat grundsätzlich auch für Folgewirkungen einzustehen, die auf einer psychischen Prädisposition oder einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen; für die Ersatzpflicht als haftungsausfüllende Folgewirkung des Unfallgeschehens genügt die hinreichende Gewissheit, dass diese Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre (Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 343 f., 346; vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, BGHZ 137, 142, 145; vom 9. April 1991 - VI ZR 106/90, VersR 1991, 704, 705; vom 25. Februar 1997 - VI ZR 101/96, VersR 1997, 752, 753 und vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03, VersR 2004, 874; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 191; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn. 39). Die Zurechnung von Folgeschäden scheitert nicht daran, dass sie auf einer konstitutiven Schwäche des Verletzten beruhen. Der Schädiger kann sich nicht darauf berufen, dass der Schaden nur deshalb eingetreten sei oder ein besonderes Ausmaß erlangt habe, weil der Verletzte infolge von Anomalien oder Dispositionen zur Krankheit besonders anfällig gewesen sei. Wer einen gesundheitlich schon geschwächten Menschen verletzt, kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wäre der Betroffene gesund gewesen (Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, aaO S. 345 und vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, VersR 2005, 945, 946).
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht die Zurechnung nicht unter dem Gesichtspunkt einer Bagatellverletzung abgelehnt, was die Revision als ihr günstig hinnimmt. In Extremfällen scheitert die Zurechnung psychischer Folgeschäden, wenn das schädigende Ereignis ganz geringfügig ist, nicht gerade speziell die Schadensanlage des Verletzten trifft und deshalb die psychische Reaktion im konkreten Fall, weil in einem groben Missverhältnis zu dem Anlass stehend, schlechterdings nicht mehr verständlich ist (Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, aaO S. 346; vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 146 ff.; vom 25. Februar 1997 - VI ZR 101/96, aaO und vom 11. November 1997 - VI ZR 146/96, VersR 1998, 200, 201; MünchKommBGB/Oetker, aaO Rn. 192). Das Halswirbelschleudertrauma und die Prellung anderer Körperteile, die der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als unmittelbare Unfallfolge erlitten hat, hat das Berufungsgericht mit Recht als nicht geringfügig bewertet (vgl. Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, aaO S. 349 und vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03, VersR 2004, 874; Schubert in Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, § 249 Rn. 68 (Stand März 2011)).
c) Zutreffend sind auch die vom Berufungsgericht angenommenen rechtlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Zurechnung unter dem Gesichtspunkt einer Begehrensneurose. Folgeschäden, die wesentlich durch eine Begehrenshaltung des Geschädigten geprägt sind, können dem Schädiger nicht zugerechnet werden. Nach der Senatsrechtsprechung und einem Teil der Literatur scheidet eine Zurechnung des Folgeschadens für sogenannte Renten- oder Begehrensneurosen aus, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Geschädigte den Unfall in dem neurotischen Streben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass nimmt, den Schwierigkeiten des Erwerbslebens auszuweichen (Senatsurteile vom 29. Februar 1956 - VI ZR 352/54, BGHZ 20, 137, 142; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, aaO S. 346; vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 148; vom 25. Februar 1997 - VI ZR 101/96, aaO und vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03, aaO; Erman/Ebert, BGB, 13. Aufl., vor § 249 Rn. 50; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., Rn. 16, 223; NK-BGB/Magnus, 2. Aufl., vor § 249 Rn. 79; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., vor § 249 Rn. 39; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rn. 135; vgl. ferner BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 Rn. 38; a.A.: Esser/Schmidt, Schuldrecht Band I, Teilband 2, 8. Aufl., S. 173 f.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 140 f.; Staudinger/Schiemann, aaO Rn. 40 ff.; vgl. Brandt, VersR 2005, 616, 617 f.).
Der erkennende Senat hält an seiner Rechtsprechung fest. Der Ausschluss der Haftung für Schadensfolgen, die durch eine Begehrenshaltung wesentlich geprägt sind, soll kein vorwerfbares Verhalten des Geschädigten sanktionieren. Vielmehr soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine Haftung des Schädigers nicht gerechtfertigt ist, wenn bei der Entstehung der Schadensfolgen die Existenz des Schadensersatzanspruchs als solcher eine entscheidende Rolle gespielt hat. Der Ausschluss der Haftung für solche Schadensfolgen, die durch eine Begehrensvorstellung entscheidend geprägt sind, ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen der Zurechnung.
aa) Zwar beruhen psychische Beschwerden, auch wenn sie wesentlich durch eine Begehrenshaltung des Geschädigten geprägt sind, äquivalent kausal auf dem Unfallgeschehen, wenn sie ohne dieses nicht oder nicht in dem erreichten Ausmaß aufgetreten wären. Diese sich aus der Äquivalenz ergebende weite Haftung für Schadensfolgen grenzt die Rechtsprechung aber durch die weiteren Zurechnungskriterien der Adäquanz des Kausalverlaufs und des Schutzzwecks der Norm ein (BGH, Urteile vom 11. November 1999 - III ZR 98/99, VersR 2000, 370, 371 f. und vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421).
bb) Auch für Schadensersatzansprüche, die auf § 823 Abs. 1 BGB beruhen, ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob die äquivalent und adäquat kausal herbeigeführten Verletzungsfolgen, für die Ersatz begeht wird, in den Schutzbereich des Gesetzes fallen, ob sich also Gefahren verwirklicht haben, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen wurde (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 139 f. und vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 364; BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, S. 1421 f.). Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein rein äußerlicher, gewissermaßen zufälliger Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 - VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273, 1274; vom 6. Mai 2003 - VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128, 1130 und vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, juris Rn. 14). So widerspricht es dem Sinn des Schadensausgleichs, durch Schadensersatzleistungen eine neurotische Begehrenshaltung, die auf der Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens beruht, zu verfestigen (vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 1956 - VI ZR 352/54, aaO S. 142 f.). Ebenso widerspricht es dem Normzweck, wenn der Schädiger für Schadensfolgen aufkommen muss, die zwar äquivalent kausal auf dem Unfallgeschehen beruhen, bei denen aber ein neurotisches Streben nach Versorgung und Sicherheit prägend im Vordergrund steht (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 149; MünchKommBGB/Oetker, aaO Rn. 190). In solchen Fällen realisiert sich das allgemeine Lebensrisiko und nicht mehr das vom Schädiger zu tragende Risiko der Folgen einer Körperverletzung (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 242 und vom 16. März 1993 - VI ZR 101/92, VersR 1993, 589, 590).
cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Begriff der Unfall- oder Rentenneurose in medizinischen Fachkreisen abgelehnt wird (vgl. Foerster in Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 5. Aufl., S. 590; ders., MED SACH 1997, 44, 46; Köpp/Studt, FPR 1999, 81, 82; Murer/Kind/Binder, Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge, 1993, 121, 129 f.; Nedopil, Forensische Psychiatrie, 3. Aufl., S. 57). Zwar ist eine Unfall- oder Rentenneurose, wie auch der Sachverständige Dr. Hai. ausgeführt hat, keine eigenständige Krankheit. Die Rechtsprechung zielt aber auch nicht auf den Ausschluss einer bestimmten Krankheit, sondern auf eine Verneinung des Zurechnungszusammenhangs für Verletzungsfolgen, die auf einer Begehrenshaltung beruhen. Solche Begehrenshaltungen müssen ihre Ursache nicht in nur einer bestimmten Krankheit haben, sondern können aufgrund unterschiedlicher Umstände entstehen (vgl. Brandenburg, MED SACH 1997, 40; Köpp/Studt, aaO). Für die Beurteilung, ob eine neurotische Begehrenshaltung prägend im Vordergrund steht, kommt es auf den Schweregrad des objektiven Unfallereignisses und seiner objektiven Folgen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. März 1993 - VI ZR 101/92, aaO), auf das subjektive Erleben des Unfalls und seiner Folgen (vgl. Dahlmann, DAR 1992, 325, 326), auf die Persönlichkeit des Geschädigten (vgl. Dahlmann, aaO S. 326 ff.) und auf eventuell bestehende sekundäre Motive an (vgl. Foerster, MED SACH 1997, 44; Murer/Kind/Binder, aaO S. 140 ff.; Nedopil, Forensische Psychiatrie, 3. Aufl., S. 57; vgl. dazu auch schon Senatsurteil vom 29. Februar 1956 - VI ZR 352/54, BGHZ 20, 137, 143).
dd) Die Frage, ob Beschwerden entscheidend durch eine den Zurechnungszusammenhang ausschließende Begehrenshaltung geprägt werden, kann das Gericht in der Regel nicht ohne besondere Sachkunde beantworten. Bei der hierzu erforderlichen eingehenden Würdigung der Persönlichkeit des Betroffenen (vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 1956 - VI ZR 352/54, aaO) ist es daher von besonderer Bedeutung, dass sich der Tatrichter ärztlicher Gutachter bedient, die auf diesem Gebiet die erforderliche Spezialausbildung und Erfahrung haben (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - VI ZR 101/96, aaO; Murer/Kind/Binder, aaO, 213, 215 ff.; Schneider/Frister/Olzen, Begutachtung psychischer Störungen, 2. Aufl. S. 390).
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Beschwerden des Klägers ab dem Jahr 1995 entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die Revision vermisst Feststellungen zu der Frage, ob bei der seelischen Fehlentwicklung des Klägers ein neurotisches Streben nach Versorgung und Sicherheit prägend im Vordergrund stehe. Das Gutachten Dr. Hai. führe zwar aus, dass die Beschwerden des Klägers zu 90 % auf persönlichkeitsbedingten Faktoren beruhten. Dies allein schließe den Zurechnungszusammenhang nicht aus, denn die psychosomatischen Schadensfolgen, die auf der Persönlichkeit des Verletzten beruhten, seien eine Schadensanlage, die der Zurechnung nicht entgegenstehe (vgl. Senatsurteil vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, aaO S. 349).
b) Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich jedoch, dass nach dem Gutachten Dr. Hai., dem das Berufungsgericht folgt, das Beschwerdebild ab 1995 entscheidend durch eine Begehrenshaltung des Klägers geprägt wird. Die dieser Erkenntnis zugrundeliegenden medizinischen Befundtatsachen folgert der Sachverständige nicht ausschließlich aus der persönlichkeitsbedingten Disposition des Klägers zur Entwicklung solcher Störungen. Vielmehr setzt sich das Gutachten mit der objektiven Schwere der Unfallverletzungen und deren Erleben durch den Kläger auseinander. Es beschäftigt sich eingehend mit der Persönlichkeitsstruktur des Klägers und seinen sekundären Motiven. Es legt dar, woran es eine beim Kläger bestehende Begehrenshaltung festmacht, und liefert die tatsächliche Grundlage für die nicht zu beanstandende Wertung, dass angesichts der Unfallverletzungen, des Unfallerlebnisses und der Persönlichkeitsstruktur des Klägers die ab 1995 eingetretenen Beschwerden entscheidend durch eine Begehrenshaltung geprägt wurden.
Das Berufungsgericht führt aus, der Sachverständige Dr. Hai. habe dargelegt, dass die Begehrenshaltung ab dem zweiten Jahr nur noch einen eher äußeren Bezug zu dem Unfall aufgewiesen habe, da das Unfallgeschehen zum Anlass genommen werde, einen Ausgleich für die durch das Störungsbild erlebten Verluste zu erhalten. Bei der Untersuchung des Klägers habe Dr. Hai. zwar keine Simulation, wohl aber eine deutliche Diskrepanz der subjektiven Beschwerdebeschreibung zu den körperlichen Beeinträchtigungen festgestellt, was für eine Begehrensneurose typisch sei. In der Untersuchung habe sich gezeigt, dass bei der Aufrechterhaltung des Beschwerdebildes das Motiv der Wiedergutmachung und der Gerechtigkeit eine große Rolle spiele. Die Person und der Alltag des Klägers seien, was biographisch ableitbar sei, schon vor dem Unfall einerseits von dem unbewussten Wunsch nach Sicherheit und Versorgung sowie andererseits nach Anerkennung geprägt gewesen. Diese Determinierung lasse die Entwicklung einer Begehrensneurose im Anschluss an das Unfallgeschehen und damit die Beurteilung des Sachverständigen Dr. Hai. plausibel erscheinen. Diese werde gestützt durch das Verhalten des Klägers gegenüber weiteren Sachverständigen und deren Feststellungen. So seien in verschiedenen Gutachten Übertreibungen, Verdeutlichungstendenzen, vorgetäuschte Beschwerden, eine chronifizierte psychische Fehlhaltung und eine Rentenfixierung dokumentiert. Bei dieser Sachlage ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, bei dem Kläger liege eine Begehrensneurose vor, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
3. Auch die weiteren Rügen, mit denen sich die Revision gegen die Ablehnung des Zurechnungszusammenhangs wendet, greifen nicht durch.
a) Entgegen der Ansicht der Revision kann der Zurechnungszusammenhang für später eingetretene Folgeschäden auch dann verneint werden, wenn sie sich aus Beschwerden entwickelt haben, die zunächst überwiegend dem Unfallgeschehen zuzurechnen sind, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt - einem nicht ungewöhnlichen Verlauf entsprechend - wesentlich durch eine Begehrenshaltung geprägt sind.
Sind Schadensfolgen wesentlich durch eine Begehrenshaltung geprägt, entfällt - wie ausgeführt - der Schutzzweckzusammenhang. Das Erfordernis des Schutzzweckzusammenhangs besteht nicht nur für die Primärverletzung, sondern auch für den haftungsausfüllenden Tatbestand (Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 29; Lange/Schiemann, Schadensersatz, aaO, S. 125 f.). Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass der Schutzzweckzusammenhang für von einem bestimmten Zeitpunkt an eingetretene Schadensfolgen zu verneinen ist, selbst wenn sie auf einem gewöhnlichen Verlauf einer psychischen Störung - hier der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung - beruhen. Nahezu jeder Unfall beinhaltet ein Unfallerlebnis, das verarbeitet werden muss. Diese Verarbeitung kann unterschiedlich gut gelingen; misslingt sie, können beim Unfallgeschädigten psychische Beschwerden unterschiedlicher Intensität und Dauer auftreten (vgl. Foerster, MED SACH 1997, 44). Die Schadensfolgen können entscheidend durch eine Begehrenshaltung geprägt sein. Sie müssen nicht von Anfang an wesentlich durch eine Begehrenshaltung geprägt sein; die Begehrenshaltung kann sich - wie auch hier - im weiteren Verlauf verstärken, bis sie schließlich prägend im Vordergrund steht. Das Berufungsgericht hat den Zeitpunkt, ab dem die Begehrenshaltung prägend im Vordergrund steht, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den 1. Januar 1995 festgelegt.
b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht einen auf einer Begehrenshaltung beruhenden Anteil von 90 % der Schadensfolgen ausreichen lässt, um die Schadensersatzpflicht für die ab dem Jahr 1995 bestehenden Beschwerden in vollem Umfang zu verneinen.
aa) Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind. Nichts anderes ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 16. November 1999 (- VI ZR 257/98, VersR 2000, 372, 373 unter II. 2. b) bb)), in dem von einer "reinen" Begehrensneurose die Rede ist. Diese Formulierung darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass der Ausschluss der haftungsrechtlichen Zurechnung unter dem Gesichtspunkt einer prägend im Vordergrund stehenden Begehrenshaltung nur dann möglich ist, wenn sie die einzige Ursache des Beschwerdebildes ist. Eine alleinige Ursache für eine Begehrenshaltung wird schon deswegen kaum jemals auszumachen sein, weil psychoreaktive Symptome nach äußeren Ereignissen immer aus einem Geflecht verschiedener Ursachen bestehen (Foerster in Venzlaff/Foerster, aaO S. 680; vgl. Senatsurteil vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 150 f.; G. Müller, VersR 1998, 129, 133). Der für die hier zu beurteilende Zurechnung maßgebliche Gesichtspunkt ist daher, ob der neurotische Zustand des Geschädigten entscheidend von der Begehrenshaltung geprägt wird (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, aaO S. 150). Dabei handelt es sich um eine Wertungsfrage, die, wie vorstehend dargelegt, auf der Grundlage von - regelmäßig nach sachverständiger Beratung - zu treffenden Feststellungen zu den bestehenden Beschwerden, den primären Unfallverletzungen und ihren Folgen, dem Unfallerlebnis, der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen und eventuellen sekundären Motiven vorzunehmen ist. Im Einzelfall kann die Wertung schon dann eine das Beschwerdebild prägende Begehrenshaltung ergeben, wenn - wie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - 90 % des Krankheitsbildes auf eine Begehrenshaltung zurückzuführen ist.
bb) Dass das Berufungsgericht die Haftung für die ab dem zweiten Jahr nach dem Unfall bestehenden Beschwerden in vollem Umfang verneint hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar nimmt das OLG Schleswig (Urteile vom 2. Juni 2005 - 7 U 124/01, OLGR 2006, 5, 7 und vom 6. Juli 2006 - 7 U 148/01, NJW-RR 2007, 171, 172 f.) bei einer auf einer Prädisposition beruhenden endgültigen Fehlverarbeitung eines Unfallgeschehens eine anteilige Anspruchskürzung vor (vgl. dazu auch G. Müller, aaO S. 134). Eine solche kommt hier aber auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Hier geht es - anders als bei einem Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB - nicht um eine Abwägung der Verursachungsbeiträge, sondern um eine Frage des Schutzzweckzusammenhangs. Sind die Schadensfolgen entscheidend durch eine Begehrensvorstellung geprägt, rechtfertigt dies, die Haftung in vollem Umfang zu verneinen, weil gerade die maßgebliche Ursache in dem neurotischen Streben nach Versorgung besteht.
4. Auch die Verfahrensrügen verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.
a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe entgegen § 286 ZPO beim Ausschluss der vom Kläger unter Vorlage der Privatgutachten Dr. E. und Dr. R. behaupteten Fraktur des Dens axis (Dorn des zweiten Halswirbels) nicht alle zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ausgeschöpft. Sie macht geltend, der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. M. habe die Röntgenbilder des Dens axis unzureichend begutachtet. Im Schriftsatz vom 17. Mai 2004 habe der Kläger kritisiert, dass der Sachverständige von seinem Fachgebiet her nicht qualifiziert sei, einen Bruch des Dens axis auszuschließen; die Begutachtung der Röntgenaufnahme sei in unzureichender Weise durch eine Stehlampe oder Schreibtischlampe erfolgt, obwohl hierfür ein Lichtkasten erforderlich sei.
Das Berufungsgericht hat sich jedoch ausreichend mit der Behauptung des Klägers auseinandergesetzt und die Privatgutachten bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt. Das Berufungsgericht stellt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf ab, dass das radiologische Privatgutachten Dr. R. aufgrund einer am 29. Dezember 2004 gefertigten CT-Aufnahme lediglich die Möglichkeit einer alten Fraktur annehme, wohingegen ein Bruch bei der Untersuchung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem mehr als zehn Jahre zuvor geschehenen Unfall nicht diagnostiziert worden sei, obwohl im Kreiskrankenhaus B. eine Spezialaufnahme des Dens axis gerade zum Ausschluss einer Fraktur gefertigt worden sei. Auch die Röntgenuntersuchungen und die Kernspintomographie, die im Rahmen der ebenfalls in größerer zeitlicher Nähe zum Unfall erstellten Begutachtung durch Prof. Dr. Har. erfolgten, haben nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte für einen Bruch ergeben. Dass Prof. Dr. Har. als Orthopäde nicht über die zur Beurteilung knöcherner Verletzungen aufgrund von Röntgenaufnahmen erforderliche Sachkunde verfüge, zeigt die Revision nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Eine erneute Begutachtung des Dens axis unter Heranziehung der CT-Aufnahmen und von früher gefertigten Röntgenaufnahmen war unter den besonderen Umständen des Streitfalls entbehrlich. Das Berufungsgericht durfte das prozessuale Vorgehen des Klägers als stillschweigenden Verzicht auf eine erneute Begutachtung verstehen. Der Sachverständige Prof. Dr. M. hat in seinem Schreiben vom 4. Juni 2004 mitgeteilt, dass er ohne Vorlage eines Dünnschicht-CTs mit Rekonstruktionen nichts Neues sagen könne, und eine ergänzende Begutachtung von der Vorlage aller Röntgenaufnahmen und des CTs abhängig gemacht. In der Folgezeit ist der Kläger darauf nicht mehr zurückgekommen. Nach Vorliegen des psychosomatischen Gutachtens von Dr. Hai. haben beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2006 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Weder in der mündlichen Verhandlung noch in den nachfolgend eingereichten Schriftsätzen hat der Kläger die Frage einer erneuten Begutachtung durch Prof. Dr. M. angesprochen. Auch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25. Juni 2010 hat er sein früheres Anliegen nicht mehr vorgebracht. Da der Kläger auch zur Frage der Übermittlung der Aufnahmen an den Sachverständigen nicht mehr Stellung genommen hat, durfte das Berufungsgericht unter den besonderen Umständen des Falles davon ausgehen, dass er seine sechs Jahre zuvor erhobenen Bedenken gegen die Begutachtung nicht aufrechterhalte (vgl. BGH, Urteile vom 28. Mai 1998 - VI ZR 160/97, VersR 1998, 776 und vom 14. Januar 2010 - III ZR 173/09, VersR 2010, 814 Rn. 21).
b) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe das Privatgutachten von Prof. Dr. C. nicht ausreichend gewürdigt. Es habe, ohne die eigene Sachkunde aufzuzeigen, den unzutreffenden Erfahrungssatz aufgestellt, dass derjenige, der ein Fahrzeug auf sich zukommen sehe, aber dennoch damit rechne, der Fahrer könne seine Fahrtrichtung noch korrigieren, nicht dergestalt überrascht werden könne, dass muskuläre Abwehrmechanismen unterlaufen würden.
Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts wird den Anforderungen des § 286 ZPO jedoch gerecht, insbesondere verstößt sie nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze. Das Berufungsgericht hat sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit dem Privatgutachten von Prof. Dr. C. auseinandergesetzt. Dieser nimmt an, dass die muskulären Abwehrmechanismen im Augenblick unmittelbar vor dem Aufprall "wohl" unterlaufen worden seien. Der Privatgutachter geht deshalb davon aus, dass das Trauma ein "Kopfhalteorgan" getroffen habe, welches nicht auf Abwehr eingestellt gewesen sei. Aufgrund der polizeilichen Unfallaufnahme und der polizeilichen Zeugenvernehmung des Klägers hat das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Unfall für den Kläger nicht überraschend war. Es hat dargelegt, dass das Privatgutachten diesen Umstand nicht berücksichtigt habe, und ist deshalb bei der Feststellung der unmittelbaren unfallbedingten körperlichen Verletzungen rechtsfehlerfrei dem gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Har. gefolgt. Mithin hat sich das Berufungsgericht weder eigene Sachkunde angemaßt noch unzutreffende Erfahrungssätze aufgestellt, sondern lediglich eine Anknüpfungstatsache anders als der Privatgutachter beurteilt. Es hat zudem darauf hingewiesen, dass sich auch der neurologische Sachverständige Prof. Dr. M., dem das Privatgutachten von Prof. Dr. C. vorlag, mit dieser Frage beschäftigt habe und der gerichtliche Sachverständige klinische Anzeichen für eine Instabilität und Verletzungsfolgen im Bereich des Übergangs zwischen Kopf und Hals nicht habe feststellen können.
c) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht an die Feststellungen des Landgerichts gebunden gesehen, soweit dieses eine posttraumatische Belastungsstörung auf der Grundlage des gerichtlichen Sachverständigengutachtens Dr. Hai. verneint habe. Die Revision vermisst insoweit eine kritische Auseinandersetzung mit dem Privatgutachten von Prof. Dr. B. Sie sieht einen Widerspruch in der Verneinung einer zur Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung erforderlichen Situation ungewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes zu der vom Berufungsgericht bejahten akuten Belastungsreaktion, weil auch das Gutachten Dr. Hai. davon ausgehe, dass der Kläger sich nach dem Unfall "emotional wie betäubt" gefühlt und unter Schock gestanden habe.
Das Berufungsgericht hat jedoch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ohne Verstoß gegen § 287 Abs. 1, § 286 Abs. 1 ZPO eine posttraumatische Belastungsstörung verneint und sich dabei hinreichend mit dem Privatgutachten von Prof. Dr. B. auseinandergesetzt. Eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1) entsteht nach den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Kriterien des ICD10 als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 5. Aufl., S. 173 f.). Demgegenüber erfordert eine akute Belastungsreaktion (ICD10: F43.0) lediglich eine außergewöhnliche psychische oder physische Belastung (Dilling/Freyberger, aaO S. 171 f.); der Betroffene muss also nicht, anders als bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophenartigem Ausmaß ausgesetzt sein, die bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde. Deshalb erfüllt das Unfallerlebnis nach den Feststellungen der Vorinstanzen zwar die diagnostischen Kriterien einer akuten Belastungsreaktion, nicht jedoch diejenigen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der von der Revision behauptete Widerspruch besteht demnach nicht.
5. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht dem Kläger zu Recht keinen Schadensersatz für krankheitsbedingt verfallenen oder nicht entstandenen Urlaub zugesprochen. Einen Vermögensschaden hat der Kläger durch entgangenen Urlaub nicht erlitten.