Das Verkehrslexikon

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss vom 11.07.2012 - 3 B 78/11 - Zu Fahrverboten in Umweltzonen

BVerwG v. 11.07.2012: Zur gerichtlichen Überprüfung von Prognosen zur Schadstoffentwicklung bei der Anordnung von Fahrverboten in Umweltzonen


Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 11.07.2012 - 3 B 78/11) hat entschieden:
Bei der gerichtlichen Überprüfung von Verkehrsbeschränkungen und -verboten, die die Straßenverkehrsbehörde gemäß § 40 Abs. 1 BImSchG zur Umsetzung eines Luftreinhalteplans (§ 47 Abs. 1 BImSchG) angeordnet hat, ist inzident die Rechtmäßigkeit dieses Plans zu überprüfen, soweit sie durch das Klagevorbringen in Frage gestellt wird. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die dem Luftreinhalteplan zugrunde liegenden Prognosen zur Schadstoffentwicklung und zur Wirkung der festgelegten Maßnahmen den rechtlichen Anforderungen genügen, ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan. (Rn.7) Ob und inwieweit im Anfechtungsprozess gegen die Verkehrszeichen 270.1 und 270.2 nachträgliche tatsächliche Entwicklungen und Erkenntnisse zu berücksichtigen sind, wenn sie die dem Luftreinhalteplan zugrunde liegende Prognose in Frage stellen, bleibt offen.


Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wurden nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise schlüssig dargetan; soweit dem Darlegungserfordernis genügt wurde, liegen sie nicht vor.

Die Klägerin, die einen älteren Pkw mit Dieselmotor der Schadstoffklasse 1 fährt und einen zweiten Wohnsitz in der von der Beklagten eingerichteten Umweltzone hat, wendet sich gegen die Fahrverbote in dieser Umweltzone, die die Beklagte auf der Grundlage eines im Juli 2007 beschlossenen Luftreinhalte-Aktionsplans angeordnet hat. Die Umweltzone umfasst einen Großteil der Innenstadt der Beklagten; Beginn und Ende werden jeweils durch die Verkehrszeichen 270.1 und 270.2 mit den entsprechenden Zusatzzeichen angezeigt. In der Umweltzone gelten - neben weiteren Maßnahmen - Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit erhöhten Schadstoffemissionen. Diese Fahrverbote wurden in drei Stufen eingeführt. Seit dem 1. Januar 2008 dürfen in der Umweltzone Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 1 (ohne Plakette) nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung - 35. BImSchV) nicht mehr am Verkehr teilnehmen; ab dem 1. Januar 2009 gilt das auch für Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 2 (rote Plakette) und ab dem 1. Januar 2010 zudem für Kraftfahrzeuge der Schadstoffgruppe 3 (gelbe Plakette).

Die gegen die verkehrsrechtlichen Anordnungen gerichtete Klage, mit der die Klägerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren die formale (unter anderem wegen fehlender Zuständigkeit der Beklagten für den Erlass des Luftreinhalte-Aktionsplans) und materielle Rechtswidrigkeit (insbesondere wegen mangelnder Eignung, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der Fahrverbote) des Luftreinhalte-Aktionsplans geltend macht, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen; die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

1. Der Rechtssache kommt nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, die die Klägerin ihr beilegt.

a) Die Klägerin hält zum einen die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob es gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstößt und mit den Vorgaben aus § 47 Abs. 1 und § 40 BImSchG vereinbar ist, wenn für die Rechtmäßigkeitsprüfung des den Verkehrszeichen 270.1 und 270.2 (Umweltzone) zugrunde liegenden Luftreinhalteplans ausschließlich der Zeitpunkt der Prognose maßgeblich sein soll.

Die Beantwortung dieser Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sie dort nicht entscheidungserheblich wäre.

aa) Es ergibt sich unmittelbar aus § 47 und § 40 BImSchG, die ein zweistufiges Verfahren zur Sicherung der Luftqualität vorsehen (vgl. zur Zweistufigkeit: BVerwG, Beschluss vom 29. März 2007 - BVerwG 7 C 9.06 - BVerwGE 128, 278 Rn. 21), dass für die Beurteilung der Frage, ob die einem Luftreinhalteplan zugrunde liegenden Prognosen rechtlich zu beanstanden sind, auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan abzustellen ist. Davon ist die obergerichtliche Rechtsprechung bislang auch übereinstimmend ausgegangen (so außer dem Berufungsurteil: OVG Münster, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 8 A 2751/09 - ZUR 2011, 199 Rn. 28 ff.; ebenso der Sache nach OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Oktober 2011 - OVG 1 B 4.10 - DAR 2012, 157 Rn. 27; zustimmend Jarass in: BImSchG, Kommentar 9. Aufl. 2012, § 47 Rn. 49).

Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung einer Klage, die sich - wie hier - gegen ein in einem Verkehrszeichen verkörpertes Verkehrsverbot und damit gegen einen Dauerverwaltungsakt richtet, regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. etwa zu Lkw-Überholverboten: Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 3 C 37.09 - BVerwGE 138, 21 Rn. 21 m.w.N.). Doch nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass das bei Fahrverboten, die auf einen Luftreinhalteplan zurückgehen, nicht ohne Weiteres gelten kann. Grund dafür ist - wie bereits erwähnt - die in § 47 und § 40 BImSchG vorgesehene Zweistufigkeit des Verfahrens und der Umstand, dass dem Luftreinhalteplan, der die von der Straßenverkehrsbehörde zu ergreifenden Maßnahmen verbindlich festlegt, eine planerische Entscheidung zugrunde liegt, die umfangreiche Prognosen voraussetzt.

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 - die Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) vom 11. September 2002 (BGBl I S. 3626) - festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG sieht vor, dass die Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten sind, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Das alles betrifft die erste Stufe, die Planerstellung. Die zweite Stufe, die Durch- und Umsetzung dieser Planung, ist in § 47 Abs. 6 BImSchG und, soweit es um den Erlass von Verkehrsbeschränkungen und -verboten geht, in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG geregelt. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen.

Einer solchen Umsetzung der in einem Luftreinhalteplan festgelegten verkehrsbeschränkenden Maßnahmen durch Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden bedarf es deshalb, weil die Pläne ausweislich der Gesetzesbegründung für den Bürger nicht verpflichtend sind, sondern nur verwaltungsintern binden (vgl. BTDrucks 14/8450 S. 14). Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb in den Luftreinhalteplänen ebenso wie in den Aktionsplänen gemäß § 47 Abs. 2 BImSchG Handlungspläne gesehen, die in ihrer Rechtsnatur Verwaltungsvorschriften ähneln (Beschluss vom 29. März 2007 a.a.O. Rn. 27). Dementsprechend kann der von diesen Maßnahmen Betroffene einen solchen Luftreinhalteplan nicht unmittelbar angreifen. Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Klage können vielmehr erst die von der zuständigen Fachbehörde zur Umsetzung dieser Maßnahmen ergangenen nach außen wirkenden Verfügungen sein. In diesem Verfahren ist jedoch, um den nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, die Rechtmäßigkeit der Vorgaben aus dem Luftreinhalteplan inzident zu überprüfen, soweit sie durch das Klagevorbringen in Frage gestellt werden; davon ist das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der bereits genannten obergerichtlichen Rechtsprechung und der Kommentarliteratur (vgl. u.a. Jarass, a.a.O. sowie Storost in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, § 40 Rn. C 11 und Scheidler in: Feldhaus, BImSchG, § 40 Rn. 51 m.w.N.) ausgegangen.

Der Umfang dieser gerichtlichen Kontrolle des Luftreinhalteplans unterliegt jedoch, nicht anders als sonstige Planungsentscheidungen, Einschränkungen. Grund dafür sind zum einen die prognostischen Elemente, die der Planung im Hinblick auf die Schadstoffentwicklung und der Wirkung der von ihr festgelegten Maßnahmen zugrunde liegen, und zum anderen das Ermessen, das der Behörde bei der Auswahl und der Ausgestaltung der im Luftreinhalteplan festgelegten Maßnahmen zusteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 2007 a.a.O. Rn. 27). Die gerichtliche Kontrolle muss zudem, um der prognostischen Natur der Planungsentscheidung gerecht zu werden - wie generell bei der Überprüfung solcher Prognosen -, auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung abstellen, hier also auf die Beschlussfassung über den Plan. Inhaltlich beschränkt sich - wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu sonstigen planerischen Entscheidungen hinreichend geklärt ist - die gerichtliche Überprüfung derartiger Prognosen darauf, ob die Prognose von zutreffenden Werten, Daten und Zahlen ausgeht, auf realistischen Annahmen beruht, methodisch einwandfrei erarbeitet worden ist und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. etwa Urteil vom 25. Juli 1985 - BVerwG 3 C 25.84 - BVerwGE 72, 38 <49 ff.>).

Die Einwände, die die Klägerin gegen die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf die hier in Rede stehenden Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität vorbringt, greifen nicht durch. Die dargestellten Maßgaben für die gerichtliche Überprüfung von planerischen Entscheidungen ergeben sich aus dem solchen Planungen innewohnenden Erfordernis, Prognosen anzustellen. Dagegen kommt es nicht darauf an, inwieweit diesen Planungen ihrerseits bereits eine unmittelbare rechtliche Außenwirkung zukommt oder ob es - wie hier - erst noch weiterer behördlicher Umsetzungsakte bedarf; unerheblich ist ebenso, wie weit der Kreis der von einer planerischen Entscheidung Betroffenen reicht.

bb) Eine Besonderheit ergibt sich allerdings - wie die Klägerin sinngemäß geltend macht - daraus, dass die in Umsetzung des Luftreinhalteplans angeordneten und aufgestellten Verkehrszeichen als Dauerverwaltungsakte fortdauernde Wirkung äußern. Ihre deshalb auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts zu beziehende rechtliche Beurteilung kann in Konflikt damit geraten, dass sich die Rechtmäßigkeit der ihnen zugrunde liegenden Luftreinhalteplanung nach Datum der Beschlussfassung über den Plan bestimmt. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass es eine Rechtsschutzlücke gäbe, wäre sie durchgreifend daran gehindert, sich gegen die sie fortdauernd belastenden Verkehrszeichen auf nachträgliche Entwicklungen zu berufen, die die Prognose erschüttern, auf der die angeordnete Umweltzone beruht. Die Frage, wie einem solchen Rechtsschutzdefizit Rechnung zu tragen ist - sei es durch die eher naheliegende Berücksichtigung solcher nachträglichen Erkenntnisse bereits im Anfechtungsprozess, sei es durch einen anderweitig zu verfolgenden Anspruch auf Aufhebung der verkehrsbehördlichen Anordnungen -, müsste jedoch im hier erstrebten Revisionsverfahren nicht beantwortet werden und rechtfertigt daher nicht die Zulassung dieses Rechtsmittels. Zwar hat sich das Berufungsgericht auf den Standpunkt gestellt, maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der angegriffenen Verkehrszeichen sei die seinerzeitige Rechtmäßigkeit der Einrichtung einer Umweltzone und nicht, ob es einen später eingetretenen Änderungsbedarf gebe. Es hat aber - gleichsam vorsorglich - eingehend dazu Stellung genommen, ob die von der Klägerin angeführten nachträglichen Erkenntnisse die Grundlage der Luftreinhalteplanung der Beklagten und der nach diesem Plan einzurichtenden Umweltzone in Frage stellen und dies verneint (S. 32 ff. der Urteilsgründe). Es konnte auch den von der Klägerin vorgetragenen Umständen nicht entnehmen, dass sich die Einrichtung der Umweltzone mit den damit verbundenen Fahrverboten als ungeeignet, nicht erforderlich oder unverhältnismäßig im engeren Sinne erweist. Durchgreifende Verfahrensrügen gegen diese Feststellungen hat die Klägerin - wie nachfolgend noch im Einzelnen darzulegen sein wird - nicht erhoben, so dass sie im Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO binden. Damit wäre es in dem von der Klägerin angestrebten Revisionsverfahren aber nicht entscheidungserheblich, inwieweit eine Pflicht zur Berücksichtigung solcher Erkenntnisse im Anfechtungsprozess besteht.

b) Die zweite von der Klägerin für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob es die gesetzliche Bestimmung des § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG erlaubt, für die gerichtliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme unterschiedliche Zeitpunkte anzunehmen und zu verwenden, mit der der Sache nach dasselbe Rechtsschutzproblem angesprochen wird, führt danach ebenfalls nicht auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Soweit die Klägerin die Frage dahin verstanden wissen will, ob für die Prüfung der Geeignetheit der Maßnahme ein anderer Zeitpunkt zugrunde gelegt werden darf als für die der Erforderlichkeit oder Angemessenheit, liegt es auf der Hand, dass diese von der Verhältnismäßigkeitsprüfung erfassten Gesichtspunkte nach einheitlichen zeitlichen Bezugspunkten zu beurteilen sind. Die Klägerin verkennt allerdings, dass das Oberverwaltungsgericht - worauf bereits oben hingewiesen worden ist - nachträgliche Erkenntnisse nur vorsorglich herangezogen hat.

c) Schließlich verleiht auch die Frage, ob bei einer nicht willentlich getragenen Zuständigkeitsübertragung tatsächlich ein Zuständigkeitswechsel stattgefunden hat und ob diese Sichtweise mit § 1 Abs. 5 Satz 1 und 3 der Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten des Arbeitsschutz-, Immissionsschutz-, Sprengstoff-, Gentechnik- und Strahlenschutzrechts sowie in anderen Rechtsgebieten (ZustVO-Umwelt-Arbeitsschutz) vereinbar ist, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Abgesehen davon, dass die von der Klägerin in Bezug genommene Regelung ohnehin zum nicht revisiblen Landesrecht gehört (§ 137 Abs. 1 VwGO), trifft auch die von ihr dieser Frage zugrunde gelegte Prämisse, dass es bei der Aufstellung des hier in Rede stehenden Luftreinhalte-Aktionsplanes zu einer nicht willentlich getragenen Zuständigkeitsübertragung vom Land auf die Beklagte gekommen sei, nach den vom Berufungsgericht hierzu getroffenen Feststellungen nicht zu.

Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 der genannten Verordnung führen im Fall einer Veränderung der Zuständigkeiten nach dieser Verordnung die bisher zuständigen Stellen - hier das Niedersächsische Umweltministerium - die bei ihnen anhängigen Verfahren zu Ende. Nach Satz 3 (i.d.F. der Verordnung vom 5. Januar 2006, Nds. GVBl S. 2) kann die oberste Landesbehörde bestimmen, dass ein anhängiges Verfahren abweichend von Satz 1 von der nunmehr zuständigen Stelle zu Ende geführt wird. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht angenommen, dass hier im Hinblick auf den Erlass des Umweltministeriums vom 14. März 2007 eine solche abweichende Zuständigkeitsübertragung im Sinne von § 1 Abs. 5 Satz 3 ZustVO-Umwelt-Arbeitsschutz vorlag (UA S. 15).

2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler sind nicht schlüssig dargetan; soweit die Beschwerdebegründung dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt, liegen sie nicht vor.

a) Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das Berufungsgericht gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen hat.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Danach ist das Tatsachengericht u.a. verpflichtet, bei Bildung der Überzeugung von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt auszugehen (stRspr; vgl. Urteile vom 18. Juli 1986 - BVerwG 4 C 40 bis 45.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 181 und vom 18. Mai 1990 - BVerwG 7 C 3.90 - BVerwGE 85, 155 <158> = Buchholz 445.4 § 31 Nr. 14 S. 5). Das Gericht darf nicht so verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse bei der Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgeblichen Umstände nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.>). Im Übrigen ist die tatsachengerichtliche Beweiswürdigung aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das Revisionsgericht weitgehend entzogen; die Beweiswürdigung ist regelmäßig dem sachlichen Recht zuzurechnen und vom Revisionsgericht nur auf die Beachtung der allgemein gültigen Würdigungsgrundsätze zu überprüfen, zu denen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die allgemeinen Erfahrungssätze und die Denkgesetze gehören (stRspr; vgl. Urteil vom 18. September 1985 - BVerwG 2 C 30.84 - Buchholz 237.5 § 14 LBG Hessen Nr. 2 S. 2 und 6).

aa) Die Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht habe ihren Vortrag übergangen, dass die der Aufstellung des Luftreinhalteplans zugrunde liegende Prognose des Ingenieurbüros L. fehlerhaft gewesen sei, trifft nicht zu. Die Klägerin verweist insoweit auf den Vortrag aus ihren Schriftsätzen vom 19. August 2009 und 4. Mai 2011. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht jedoch im Tatbestand seines Urteils in zusammenfassender Form wiedergegeben (UA S. 11 f.) und sich damit inhaltlich, wenn auch nicht mit dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis, auseinandergesetzt (UA S. 26 ff.). Es stellt darauf ab, dass die Beklagte die Untersuchung nicht kritiklos übernommen, sondern vor der Beschlussfassung über den Luftreinhalteplan nochmals einer aktuellen Überprüfung unterzogen habe; dabei habe sie auch die Möglichkeit des nachträglichen Einbaus von Partikelfiltern berücksichtigt. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO ergibt sich insofern nicht.

bb) Gleiches gilt, soweit die Klägerin ihren Vortrag übergangen sieht, dass eine Senkung der NOx-Emissionen nicht zwangsläufig zugleich zu einer Senkung der NO2-Emissionen führe und dass die Gutachten des Ingenieurbüros L. hierzu divergierende Aussagen getroffen hätten. Auch mit diesem Einwand hat sich das Berufungsgericht eingehend befasst, ebenso mit den im Straßenverkehr entstehenden Anteilen von NOx und NO2-Emissionen und deren Rückwirkung auf den in der Luft letztlich festzustellenden NO2-Gehalt (UA S. 29 ff.). Dass dem Berufungsgericht dabei ein Verstoß gegen Beweiswürdigungsgrundsätze unterlaufen ist, legt die Beschwerde nicht schlüssig dar.

cc) Die Klägerin sieht den Grundsatz der freien Beweiswürdigung weiter dadurch verletzt, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Parteien widersprüchlich gewertet habe. Während das Berufungsgericht ihr vorwerfe, dass es ein altes ADAC-Gutachten gebe, das im Widerspruch zu den Angaben des von ihr in der mündlichen Verhandlung beigezogenen ADAC-Sachverständigen stehe, habe es entsprechende Folgerungen aus den widersprüchlichen Stellungnahmen des Umweltministeriums zur Eignung der Umweltzone nicht gezogen.

Ein Widerspruch gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze ergibt sich daraus nicht. Die Klägerin vermengt Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, und vernachlässigt die vom Berufungsgericht für seine Beweiswürdigung jeweils gegebene Begründung. Die Stellungnahmen des Umweltministeriums bezogen sich auf die Frage, ob sich die Einrichtung einer Umweltzone zur Senkung des in Rede stehenden Schadstoffpegels eignet. Dabei lagen der vom 14. Mai 2009 datierenden ersten Stellungnahme des Umweltministeriums allein die Erkenntnisse aus dem ersten Jahr nach der Einführung der Umweltzone zugrunde, während in der gemeinsamen Presseerklärung des Umweltministeriums und der Beklagten vom 25. Januar 2011 auch spätere Erkenntnisse Berücksichtigung finden konnten. Auf diese Erweiterung der Erkenntnisbasis hat das Berufungsgericht auch abgestellt. Demgegenüber betrafen die von der Klägerin angesprochenen Äußerungen des ADAC-Sachverständigen die Auswirkungen von Partikelfiltern auf den NO2-Ausstoß von Kraftfahrzeugen. Diese Äußerungen hat das Berufungsgericht in Zweifel gezogen, weil das im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte ADAC-Gutachten zu anderen Ergebnissen gekommen war. Eine Erklärung für diesen Widerspruch oder dessen Auflösung gibt die Beschwerdebegründung nicht. Sie stellt damit die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts schon nicht schlüssig in Frage; erst recht wird kein Verstoß gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze dargelegt.

dd) Der Vorwurf der Klägerin, das Berufungsgericht habe ihren Vortrag zu den beiden Gutachten des staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Hildesheim nicht hinreichend gewürdigt, führt ebenfalls nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

27 Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe den Modellrechnungen des Ingenieurbüros L. vertraut, nicht aber den tatsächlichen Messungen, die das Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim vorgenommen habe, ist kein Verstoß gegen Beweiswürdigungsgrundsätze dargetan. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, aus welchen Gründen es dem Bericht des Gewerbeaufsichtsamts vom April 2009 nicht die mangelnde Eignung der Umweltzone entnehmen konnte (möglicherweise geringer Befolgungsgrad des Fahrverbots wegen zeitweise ausgesetzter Fahrzeugkontrollen; nicht geklärte Auswirkungen einer Verlagerung des Messpunktes). Die Klägerin mag diese Begründung für unzutreffend halten; das reicht jedoch für die Darlegung eines Verstoßes gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, der den geltend gemachten Verfahrensfehler erst begründen würde, nicht aus. Gleiches gilt, soweit die Klägerin die Ergebnisse des zweiten vom Juli 2010 datierenden Berichts des Gewerbeaufsichtsamts Hildesheim, der das Jahr 2009 betraf, anders bewertet als das Berufungsgericht.

Der Umstand, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht den Vortrag eines Vertreters der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, der die Eignung der dortigen Umweltzone zur Schadstoffsenkung bestätigte, bestritten hat, hinderte das Berufungsgericht nicht an der Verwertung dieses Vortrags und musste, wenn seitens der Klägerin keine substanziierten Einwendungen erhoben wurden, auch nicht Anlass für weitere Nachforschungen sein. Der Beschwerdebegründung ist indes nicht zu entnehmen, welche inhaltlichen Einwendungen von der Klägerin gegen den Vortrag geltend gemacht wurden. Wäre ihr Prozessbevollmächtigter tatsächlich durch den Vortrag überrascht worden und ad hoc nicht in der Lage gewesen, solche substanziierten Einwendungen zu erheben, hätte er Schriftsatznachlass beantragen können. Das ist ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung nicht geschehen.

ee) Ebenso wenig legt die Klägerin einen zur Revisionszulassung führenden Verfahrensfehler dar, soweit sie darauf verweist, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt hinsichtlich des Luftreinhalteplans der Stadt Aachen, auf den sie sich berufen habe, nicht für vergleichbar gehalten, wohl aber hinsichtlich der Berliner Umweltzone. In dieser Ungleichbehandlung sieht die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung.

Das Berufungsgericht hat, wie es in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils darlegt, den Hinweis auf den Luftreinhalteplan der Stadt Aachen, der einen Maßnahmenkatalog ohne die Anordnung einer Umweltzone enthält, deshalb nicht für weiterführend gehalten, weil eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht ansatzweise gegeben sei. Welche Maßnahmen zu ergreifen seien, hänge von den örtlichen Gegebenheiten ab, zu denen sich die Klägerin bei ihrer Bezugnahme auf den Aachener Luftreinhalteplan nicht verhalten habe. Diese Begründung ist im Hinblick auf die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der Beweiswürdigung, die im Rahmen der geltend gemachten Verfahrensrüge allein in Rede steht, nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren nur vorgetragen, dass die für das Jahr 2007 gemessenen Mittelwerte für NO2 und die Zahl der Überschreitungstage in Hannover und Aachen in etwa vergleichbar seien. Das macht zwar nach § 47 Abs. 1 BImSchG die Aufstellung eines Luftreinhalteplans notwendig, hat aber mit Blick auf Emissionsquellen und örtliche Besonderheiten nicht zwingend zur Folge, dass sich auch dieselben Maßnahmen als verhältnismäßig erweisen. Umgekehrt lässt die Beschwerde, soweit es um die gerügte Ungleichbehandlung in Bezug auf Berlin geht, eine nähere Begründung vermissen, weshalb die in Berlin gewonnenen Erkenntnisse, aus denen das Berufungsgericht die Eignung einer Umweltzone zur Luftschadstoffreduzierung unter anderem herleitet, diesen Schluss nicht tragen sollen.

b) Der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen die gerichtliche Sachaufklärungspflicht nach § 86 VwGO ist auf der Grundlage der Beschwerdebegründung nicht zu erkennen.

Wird die Revision auf eine Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO gestützt, so gehört zur ordnungsgemäßen Angabe der den Mangel ergebenden Tatsachen außer der Anführung des Beweismittels, dessen sich das Tatsachengericht nicht bedient haben soll, auch die Darlegung, was das Beweismittel voraussichtlich erbracht hätte und weshalb bei dem erhofften Beweisergebnis eine der Klägerin günstigere Entscheidung hätte ergehen können. Hat der die Rüge vorbringende Verfahrensbeteiligte keinen Beweisantrag gestellt, so ist ferner darzulegen, weshalb sich dem Tatsachengericht eine weitere Sachaufklärung in der jetzt aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 29. Juli 1992 - BVerwG 3 C 37.88 - juris).

Der letztgenannten Anforderung wird die Begründung der Beschwerde nicht gerecht. Die Klägerin rügt in verschiedenem Zusammenhang, dass das Berufungsgericht ihren schriftsätzlich geäußerten Beweisanregungen nicht nachgegangen sei. Sie hatte jedoch, obwohl sie auch im Berufungsverfahren anwaltlich vertreten war, in der dortigen mündlichen Verhandlung keine förmlichen Beweisanträge gestellt. Sie hätte deshalb - wie gezeigt - in der Beschwerdebegründung darlegen müssen, weshalb sich die vermisste Beweiserhebung dem Gericht gleichwohl hätte aufdrängen müssen. Das ist nicht in der gebotenen Weise geschehen. Insbesondere trägt das Vorbringen dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Vielzahl fachlicher Stellungnahmen vorlagen und das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung darüber hinaus Sachverständige angehört hat; auf diese Erkenntnisse konnte auch das Berufungsgericht zurückgreifen. Im Berufungsverfahren sind von den Parteien nochmals ergänzende Stellungnahmen und Gutachten beigebracht worden; in der mündlichen Verhandlung haben sie sich zudem - wie vom Berufungsgericht erbeten - durch fachkundige Beistände begleiten lassen.

Eine Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO ist insbesondere nicht dargetan, soweit die Beschwerde einen solchen Verstoß darin sieht, dass das Berufungsgericht der Frage nicht weiter nachgegangen sei, durch welche der im Luftreinhalteplan genannten Maßnahmen die für 2009 festgestellte geringe Verbesserung der Schadstoffsituation herbeigeführt worden sei. Auch insoweit fehlt es an einem förmlichen Beweisantrag; dass sich dem Berufungsgericht die Beweiserhebung gleichwohl aufdrängen musste, ist nicht dargetan. Abgesehen davon geht die Klägerin auch hier von einem unzutreffenden zeitlichen Bezugspunkt aus. Maßgeblich für die Inzident-Überprüfung des Luftreinhalteplans ist im Hinblick auf die angestellten Prognosen - aus den eingangs bereits dargestellten Gründen - eine ex-ante-Betrachtung; das gilt gerade auch für die Verhältnismäßigkeit der in diesem Plan vorgesehenen Maßnahmen. Die von der Klägerin angestrebte Beweiserhebung zielt stattdessen auf eine ex-post-Beurteilung ab. Die Annahme der Klägerin, dass eine Prognose nicht ausreiche, weil die Ermächtigungsgrundlage für den Luftreinhalteplan explizit die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen verlange, geht fehl. Beides steht nicht im Widerspruch zueinander.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO abgesehen.