Das Verkehrslexikon
OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 02.08.2012 - OVG 1 M 84.12 - Zur Prüfung dr PKH-Aussichten und zum Mischkonsum von Cannabis und Medikamenten
OVG Berlin-Brandenburg v. 02.08.2012: Zur Prüfung dr PKH-Aussichten und zum Mischkonsum von Cannabis und Medikamenten
Das OVG Brandenburg (Beschluss vom 02.08.2012 - OVG 1 M 84.12) hat entschieden:
- Wird Prozesskostenhilfe für ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren begehrt, ist die Würdigung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Prozesskostenhilfeverfahren nach den gleichen Maßstäben wie im vorläufigen Rechtsschutz zulässig.
- Wer gelegentlich Cannabis und sonstige Arzneimittel zu sich nimmt, hat sich zu vergewissern, ob und welche Auswirkungen die Medikamente auf die Wirkungen und den Abbau der Droge haben; wer dies unterlässt und unter psychoaktiver Beeinflussung durch Cannabis ein Kraftfahrzeug führt, stellt in der Regel mangelndes Trennungsvermögen unter Beweis.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das vorläufige Rechtsschutzbegehren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO - biete, ist nicht zu beanstanden. Zur weiteren Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers liegt keine unzulässige Beweisantizipation darin, dass das Verwaltungsgericht aufgrund des polizeilichen Tätigkeitsberichts (A 35-120119-1715-033374) seine Entscheidung wesentlich darauf stützt, dass der Antragsteller im Zuge seiner polizeilichen Überprüfung gelegentlichen Cannabiskonsum eingeräumt hat. Vielmehr muss das Gericht auch im summarischen, regelmäßig keine Beweisaufnahme vorsehenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, für das der Antragsteller hier Prozesskostenhilfe begehrt, den Umstand, dass dies in dem Tätigkeitsbericht so vermerkt ist, ebenso wie das Vorbringen des Antragstellers im Verfahren würdigen. Da sich die Entscheidungskriterien insoweit also nicht ändern, bestehen auch keine Bedenken, den streitigen Sachverhalt auch im Prozesskostenhilfeverfahren für die Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO in gleicher Weise zu würdigen. Gegen die Würdigung als solche ist nichts zu erinnern. Der Antragsteller hat nach dem polizeilichen Tätigkeitsbericht noch weitere Angaben gemacht, die sich nach seinem jetzigen Vorbringen anders darstellen; insbesondere hat er ausgeführt, aus neurologischen Gründen Cannabis zu konsumieren. Ein Rezept dafür hat er nicht vorlegen können, der Cannabis-Konsum sei auch nicht ärztlich verordnet worden. Von der Verschreibung und der Einnahme anderer Medikamente, geschweige denn deren Nebenwirkungen, war gegenüber den Polizisten keine Rede. Lediglich bei der Blutentnahme gegenüber der Ärztin will der Antragsteller erwähnt haben, dass er zwei vom Arzt verschriebene Antibiotika einnehme und Darmtabletten eingenommen habe. Jetzt legt er ein ärztliches Attest und Zuzahlungsbescheinigung vor, wonach er wegen Magenbeschwerden bestimmte Medikamente verschrieben bekommen und erworben hat. Ihre Einnahme soll den Abbau des Wirkstoffs des Cannabis verzögert haben und so erklären, weshalb seine Angabe trotz damit nicht in Einklang zu bringender THC-Konzentration in seiner Blutprobe zutreffend sei, einmalig am Abend des Tages vor der Kontrolle einen Joint geraucht zu haben. Wenn das Verwaltungsgericht angesichts solchen Vorbringens angenommen hat, dass die – im Übrigen auch sonst wenig einleuchtende und in vielen Details nicht mit dem Polizeibericht übereinstimmende - Darstellung des Antragstellers verfahrensangepasst ist, so ist auch das nicht zu beanstanden. Es leuchtet nämlich ein, dass der Antragsteller von seinen Äußerungen gegenüber den Polizeibeamten abrücken möchte, nachdem er begriffen hat, dass der gelegentliche Cannabiskonsum bei mangelndem Trennungsvermögen fahrerlaubnisrechtlich Bedeutung für die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen hat.
Auch sonst rechtfertigt das Beschwerdevorbringen keine von der des Verwaltungsgerichts abweichende Einschätzung der Erfolgsaussichten des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens. Denn ein verzögerter Abbau des THC durch die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten, der hier vom Antragsteller noch nicht einmal belegt, sondern nur schlicht behauptet wird, lässt das durch die Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr unter Drogeneinfluss belegte mangelnde Trennungsvermögen regelmäßig nicht entfallen. Wer neben Cannabis auch Medikamente einnimmt, muss sich vergewissern, ob diese auf die Wirkung und den Abbau von Cannabis von Einfluss sein können und sein Verhalten darauf einrichten. Wer in Unkenntnis einer etwaigen Verzögerungswirkung zu früh nach dem Konsum wieder ein Kraftfahrzeug führt, belegt damit mangelndes Trennungsvermögen. Das Beschwerdevorbringen erweist sich insoweit als voraussichtlich nicht rechtserheblich für die Frage der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).