Das Verkehrslexikon

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Kammergericht Berlin Beschluss vom 17.02.2012 - 3 Ws (B) 52/12 - 162 Ss 372/11 - Zur Bemessung der Geldbuße bei Arbeitslosigkeit des Betroffenen

KG Berlin v. 17.02.2012: Zur Bemessung der Geldbuße bei Arbeitslosigkeit des Betroffenen


Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 17.02.2012 - 3 Ws (B) 52/12 - 162 Ss 372/11) hat entschieden:
Bei Geldbußen über 250,- Euro bedarf es zudem näherer Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wobei die Einkünfte und das evtl. vorhandene Vermögen des Täters, auch anhand von festgestellten Anknüpfungstatsachen gegebenenfalls geschätzt werden können. Fehlen derartige Feststellungen, so sind die Erwägungen zur Bemessung der Rechtsfolge materiell-rechtlich unvollständig und unterliegen daher der Aufhebung. Schweigt ein arbeitsloser Betroffener, so lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf die Höhe von Einkünften bzw. Zuwendungen oder auf die Höhe etwaiger Unterhaltsverpflichtungen ziehen.


Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 5, 49 Abs. 1 Nr. 1 und 7 StVO nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 350,00 Euro verurteilt. Die dagegen gerichtete und zwischenzeitlich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, hat (vorläufigen) Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat zu dem Rechtsmittel des Betroffenen unter anderem wie folgt Stellung genommen:
"Die Rechtsfolgenentscheidung kann … keinen Bestand haben.

Zwar war das Amtsgericht zum einen nicht gehindert, die Verletzung des Unfallgegners bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen (vgl. Mitsch in Karlsruher Kommentar OWiG, 3.Aufl., § 17 Rdnr.46), und durfte zum anderen auch die Verwirklichung von zwei Bußgeldtatbeständen in den Blick nehmen - wenngleich die Regelung des § 3 Abs.5 BKatV nicht einschlägig ist, weil der Regelsatz für beide Verstöße jeweils 35,- Euro nicht übersteigt (Nr.1.4 und Nr.31.1 BKatV) -, jedoch ist die Bemessung der Geldbußenhöhe, die das zehnfache der jeweiligen Regelgeldbuße darstellt, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Amtsgericht hat die Höhe der Geldbuße ersichtlich maßgeblich auch auf die umfassend dargestellten (UA S. 2,3) Verkehrsstrafrechtlichen Vorbelastungen des Betroffenen gestützt (UA S. 4), wobei es die entsprechenden Feststellungen ausschließlich aufgrund des verlesenen Bundeszentralregisterauszuges vom 4. Juli 2011 getroffen hat (UA S. 2). Das angefochtene Urteil ist indes aber lückenhaft, da es im Hinblick auf die unterschiedlichen Zwecke der Tilgungsbestimmungen und -fristen im Bundeszentralregister einerseits und des Verkehrszentralregisters andererseits, an erforderlichen Feststellungen dahingehend fehlt, ob und in welchem Umfang die erwähnten strafrechtlichen Verurteilungen ggf. im Verkehrszentralregister - mit der Folge eines Verwertungsverbots für das Bußgeldverfahren - zwischenzeitlich getilgt worden oder tilgungsreif sind (vgl. KG VRS 106,130f.). Insbesondere angesichts des Umstandes, dass jedenfalls im Bundeszentralregister offenbar zwischen Januar 1998 und März 2008 keinerlei Eintragungen mit verkehrsstrafrechtlichem Hintergrund erfolgt waren, war eine diesbezügliche Erörterung auch nicht entbehrlich.

Bei Geldbußen über 250,- Euro bedarf es zudem näherer Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wobei die Einkünfte und das evtl. vorhandene Vermögen des Täters, auch anhand von festgestellten Anknüpfungstatsachen gegebenenfalls geschätzt werden können. Fehlen derartige Feststellungen, so sind die Erwägungen zur Bemessung der Rechtsfolge materiell-rechtlich unvollständig und unterliegen daher der Aufhebung (vgl. KG, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 - 3 Ws (B) 226/11 -, 27. April 2010 - 3 Ws (B) 144/10 -, 28. September 2009 - 3 Ws (B) 527/09 -, 14. Mai 2009 - 3 Ws (B) 234/09 - und 6. Februar 2009 - 3 Ws (B) 40/09 -, OLD Dresden DAR 2006, 222,223 m.w.N.). Dem angefochtenen Urteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Betroffene arbeitslos ist (UA S. 2), wohingegen er zu seinen persönlichen Verhältnissen schweigt. Hieraus lassen sich jedoch keinerlei Rückschlüsse auf die Höhe von Einkünften bzw. Zuwendungen oder auf die Höhe etwaiger Unterhaltsverpflichtungen ziehen (vgl. KG, Beschlüsse vom 23. November 2009 - 3 Ws (B) 615/09 -, 1. August 2008 - 3 Ws (B) 221/08 - und 19. Juni 2006 - 3 Ws (B) 282/06 -).

Das Urteil ist daher insoweit aufzuheben und die Rechtsfolgenentscheidung neu zu treffen."
Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen an, hebt das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück. Im Hinblick auf einige Formulierungen im Rahmen der Begründung des Rechtsfolgenausspruchs erscheint es dem Senat angezeigt, die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.



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