Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 30.09.1987 - 2 Ws (B) 230/87 OWiG - Zum verbotenen Halten bzw. Parken beim zunächst ungewollten Liegenbleiben

OLG Frankfurt am Main v. 30.09.1987: Zum verbotenen Halten bzw. Parken beim zunächst ungewollten Liegenbleiben


Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.09.1987 - 2 Ws (B) 230/87 OWiG) hat entschieden:
Kann ein Kraftfahrzeug wegen einer Betriebsstörung nicht mehr weitergefahren werden, und bleibt es dadurch bedingt in einer Halteverbotszone liegen, dann wird das Halten in dem Zeitpunkt zu einem Halteverbotsverstoß gemäß § 12 Abs 1 Nr 6 Buchst b StVO, in dem es dem Fahrer möglich gewesen wäre, das Fahrzeug wieder in Betrieb zu setzen oder abschleppen zu lassen.


Gründe:

I.

Der Betroffene, gegen den bereits wiederholt Geldbußen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten verhängt wurden, stellte in der Nacht zum 4.2.1986 seinen Pkw Marke ..., amtlichen Kennzeichen ... in ... vor dem Anwesen ... auf der Strasse in einem Bereich ab, für den durch amtliche Verkehrszeichen ein eingeschränktes Halteverbot angeordnet ist. Nachdem das Fahrzeug am 6.2.1986 gegen 9.oo Uhr immer noch unverändert an der gleichen Stelle stand, wo es andere Fahrzeuge beim Be- und Entladen behinderte, veranlasste die Polizei, dass das Fahrzeug abgeschleppt wurde.

Das Amtsgericht hat die Einlassung des Betroffenen, er habe das Fahrzeug dort abgestellt, weil es wegen eines Motorschadens nicht mehr fahrbereit gewesen sei, als wahr unterstellt. Es verurteilte den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 12 Abs. 1 StVO zu einer Geldbuße von 100,00 DM. Mit dem form- und fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Er ist der Ansicht, durch das betriebsbedingte Liegenbleiben seines Fahrzeuges könne es nicht zu einem Verstoß gegen die Halteverbotsbestimmung des § 12 Abs. 1 Nr. 6 b) StVO gekommen sein.


II.

Die Rechtsbeschwerde war nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, weil die Rechtsfrage, ob derjenige, der sein Fahrzeug wegen Motorschadens im eingeschränkten Halteverbot abstellt und es dann dort länger als zur Entfernung nötig belässt, nach § 12 Abs. 1 Nr. 6 b StVO ordnungswidrig handelt, - soweit ersichtlich - obergerichtlich noch nicht entschieden ist.

In der Sache führt die Rechtsbeschwerde jedoch nicht zum Erfolg, weil das Amtsgericht in dem Verhalten des Betroffenen zu Recht einen Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6 b StVO gesehen hat. Der Pkw des Betroffenen hat in dem festgestellten Zeitraum verbotswidrig in einem Straßenbereich mit eingeschränktem Halteverbot „gehalten“. Unter „Halten“ ist nach der Rechtsprechung jede gewollte, nicht durch die Verkehrslage oder eine Anordnung bedingte Fahrtunterbrechung auf der Fahrbahn – gegebenenfalls auch auf Seitenstreifen zu verstehen (vgl. hierzu Jagusch-Hentschel StrVR 29. Aufl. Rn. 19 zu § 12 StVO). Kann das Fahrzeug wegen einer Betriebsstörung nicht mehr weitergefahren werden, dann ist das Halten des Fahrzeuges zwar aus der Sicht des Fahrzeugführers nicht „gewollt“, dies kann aber nach Auffassung des Senats nur solange gelten, als es dem Fahrer nicht möglich ist, das Fahrzeug wieder in Gang zu setzten oder aus der Halteverbotszone abschleppen zu lassen. Das Halten wird in solchen Fällen in dem Zeitpunkt wieder zu einem von dem Willen des Fahrers abhängigen „gewollten“ Halten, in dem es ihm nach der jeweiligen Sachlage möglich gewesen wäre, das Fahrzeug aus der Halteverbotszone zu entfernen. Darauf dass das Fahrzeug nicht (mehr) mit eigener Antriebskraft fortbewegt werden kann, kann es nicht ankommen. Andernfalls könnte ein wegen Motorschadens im Halteverbot abgestelltes Fahrzeug dort unbegrenzt stehenbleiben.

In diesem Sinne hat auch das OLG Köln das zunächst betriebsbedingte Liegenbleiben eines PKW auf der Standspur der Autobahn als Verstoß gegen das Halteverbot des § 18 Abs. 8 StVO angesehen, weil es der Fahrer länger als nötig dort belassen hatte. Es hat dazu ausgeführt:
„Wird die Fahrt durch Betriebsstörung unterbrochen, so hält das Fahrzeug nicht, sonder bleibt es im Sinne des § 15 StVO liegen. Gegen den Willen des Fahrers bleibt die Fahrt aber nur so lange unterbrochen, als es ihm unmöglich ist, das Fahrzeug wieder ordnungsgemäß in Betrieb zu setzen. Handelt es sich um eine Störung, die nicht alsbald an Ort und Stelle behoben werden kann, so ist das Stehenbleiben des Fahrzeugs von dem Zeitpunkt ab „gewollt“, bis zu dem der Fahrer das Fahrzeug hätte entfernen können. Ein „Halten“ kann nicht deswegen verneint werden, weil das Fahrzeug nicht mit seiner eigenen Antriebskraft fortbewegt werden kann oder darf. Eine andere Auslegung entspräche nicht dem Zweck des § 18 Abs. 8 StVO.“
Das Amtsgericht hat sich unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Gesichtspunkte zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass der Betroffene gegen das Halteverbot des § 12 Abs. 1 Nr. 6 b) StVO verstoßen hat, weil er sich nicht unmittelbar nach dem Auftreten des Motorschadens darum gekümmert hat, dass das Fahrzeug aus der Halteverbotszone entfernt wurde. Bei der Beauftragung eines Abschleppunternehmens hätte dies allenfalls 1 – 2 Stunden in Anspruch genommen. Nach Ablauf dieser Zeitspanne jedenfalls kann das Halten des Fahrzeugs in der Halteverbotszone nicht mehr als ungewollt angesehen werden.

Auch im übrigen enthält das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen. Die Rechtsbeschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.



Datenschutz    Impressum