Das Verkehrslexikon
Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 27.01.1993 - 11 C 35/92 - Zur Anfechtungsklage gegen Anordnung eines Sonderfahrstreifens für Linienomnibusse
BVerwG v. 27.01.1993: Zur Anfechtungsklage gegen Anordnung einer sog. Busspur
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 27.01.1993 - 11 C 35/92) hat entschieden:
- Die durch Verkehrszeichen verlautbarte Anordnung eines Sonderfahrstreifens für Linienomnibusse (Zeichen 245 zu § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO) - sog. Busspur - ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung in Form einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 VwVfG). Maßgebend sind bei einer Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit im Anfechtungsprozess - je nach dem zeitlichen Umfang des Aufhebungsbegehrens - die Verhältnisse bis zum oder im Zeitpunkt der letzten Verhandlung bzw. Entscheidung des Tatsachengerichts.
- Ein Sonderfahrstreifen für Linienomnibusse kann von der Straßenverkehrsbehörde angeordnet werden, wenn diese Maßnahme zur Förderung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs, insbesondere seiner Flüssigkeit und Leichtigkeit in innerstädtischen Ballungsgebieten, geeignet und erforderlich ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO).
- Ein Verkehrsteilnehmer kann als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 Abs. 1 StVO seien nicht gegeben. Hinsichtlich der behördlichen Ermessensausübung kann er nur verlangen, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen (im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Sonderfahrstreifens für Linienomnibusse (sog. Busspur).
Am 9. Januar 1986 ordnete die Straßenverkehrsbehörde der Beklagten für den rechten der beiden in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Fahrstreifen der W.-Straße in W. zwischen der B.-Straße und der K.-G.-Straße eine Beschilderung nach Zeichen 245 zu § 41 Abs. 2 StVO ("Linienomnibusse") - mit Geltung von montags bis freitags von 6 bis 19 Uhr sowie mit Be- und Entlademöglichkeit von 9 bis 12 Uhr - an. Am 29. Januar 1986 wurden die entsprechenden Verkehrsschilder und Fahrbahnmarkierungen angebracht. Zuvor war diese etwa 250 m lange rechte Fahrspur mit absoluten bzw. eingeschränkten Halteverboten in der Zeit von 6 bis 9 Uhr bzw. 9 bis 14 Uhr ausgeschildert.
Der Kläger erhob gegen die Anordnung und Ausweisung dieser Busspur Widerspruch und machte geltend, die Verkehrsfrequenz der Linienomnibusse sei zu gering, die in Verwaltungsvorschriften vorgeschriebenen Mindestbreiten der Fahrstreifen für den Individual- und Linienverkehr seien unterschritten, Radfahrer mangels besonderer Regelung gefährdet und der Wegfall von Straßenflächen für den Individualverkehr nicht gerechtfertigt. Der Regierungspräsident wies diesen Widerspruch als unbegründet zurück.
Der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und die Anordnung der Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen nebst Zusatzschildern aufgehoben - im wesentlichen mit der Begründung, der Sonderfahrstreifen für Linienomnibusse sei entgegen § 45 Abs. 1 StVO aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs nicht notwendig, ferner ermessensfehlerhaft angeordnet.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung waren die Verkehrsschilder und Fahrbahnmarkierungen auf der streitigen Strecke wegen Arbeiten zur Erneuerung des Straßenbelages verdeckt bzw. entfernt, sollten aber nach Abschluss der Arbeiten alsbald in alter Form wiederhergestellt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Gründen des Berufungsurteils ist im wesentlichen ausgeführt: Nachdem die eine Busspur ausweisenden Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen abgedeckt bzw. entfernt worden seien, sei die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, denn die Beklagte habe erklärt, nach Abschluss der Arbeiten würden die Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen wiederhergestellt. Sie sei aber unbegründet. Der Kläger sei weder als Verkehrsteilnehmer noch als Anlieger durch die Einrichtung der streitigen Busspur in seinen Rechten verletzt. Die Ausweisung der Busspur verletze ihn insbesondere nicht in seinem Recht auf Gemein- und Anliegergebrauch. Eine Rechtsverletzung nach Art. 2 Abs. 2 GG wäre allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn durch eine - extreme - Verengung des dem Individualverkehr verbleibenden Fahrstreifens zugunsten der direkt daneben verlaufenden Busspur eine gegenüber dem allgemeinen Schadensrisiko eines Kraftfahrers wesentlich gesteigerte Gefährdungssituation geschaffen worden wäre, die der Kläger als Benutzer der W.-Straße nicht hinzunehmen brauchte. Davon könne indessen bei einer Breite des betreffenden Fahrstreifens von ca. 2,80 m keine Rede sein. Weder sei im Zeitpunkt der straßenverkehrsbehördlichen Anordnung mit einem Anstieg der Unfallhäufigkeit nach Einrichtung der Busspur voraussehbar zu rechnen gewesen noch sei es nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beklagten tatsächlich zu einem derartigen Anstieg gekommen. Selbst wenn aber ein geschütztes Individualinteresse des Klägers unterstellt werde, könne die Klage keinen Erfolg haben, denn die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 StVO für die Einrichtung eines Sonderfahrstreifens für Linienomnibusse hätten vorgelegen. Die Ausweisung einer Busspur nach Zeichen 245 sei erforderlich gewesen, um die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der fraglichen Straße zu gewährleisten. Im einzelnen folge dies aus den im Widerspruchsbescheid mitgeteilten Erwägungen, die sich das Berufungsgericht zu eigen mache. Entscheidend sei, dass mit der Ausweisung des Sonderfahrstreifens anstelle einer früher vorhanden gewesenen Halteverbotszone eine Beschleunigung und Verstetigung des umfangreichen Linienbusverkehrs bezweckt und nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beigeladenen auch tatsächlich erreicht worden sei, was zugleich dem Verkehrsfluss auf dem verbleibenden, von Linienomnibussen nicht mehr mitbenutzten Fahrstreifen zugute gekommen sei. Die Anordnung vom 9. Januar 1986 sei dem Kläger gegenüber auch nicht ermessensfehlerhaft ergangen. Insoweit könne er nur verlangen, dass seine Interessen abgewogen würden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkungen sprächen. Die schützenswerten Eigeninteressen des Klägers, der in Ausübung der allgemeinen Handlungsfreiheit in der W.-Straße ohne zeitliche Beschränkung fahren, halten und möglichst auch parken möchte, wögen verhältnismäßig gering. Sie würden von dem Allgemeininteresse an der Herstellung eines geordneten Nebeneinanders von öffentlichem Personennahverkehr und motorisiertem Individualverkehr im Innenstadtbereich der Beklagten sowie vom Interesse an einem störungsfreien Linienbusverkehr eindeutig übertroffen. Schließlich begegne die werktäglich auf die Zeit von 6 bis 19 Uhr beschränkte, durch Be- und Entlademöglichkeiten in der Zeit von 9 bis 12 Uhr abgemilderte Busspurregelung weder unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit noch unter dem des Übermaßverbots durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt insbesondere vor, § 45 Abs. 1 StVO schließe nicht aus, dass der einzelne eine Verletzung seiner Individualbelange nicht nur aus Art. 2 Abs. 2 und 14 GG, sondern auch aus Art. 2 Abs. 1 GG geltend machen könne. Die einseitige Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs sei von dem Schutz- und Regelungszweck des § 45 Abs. 1 StVO nicht umfasst. Die Beklagte habe nicht genügend alternative Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrssituation in Erwägung gezogen.
Die übrigen Beteiligten verteidigen das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Berufungsurteil hält im Ergebnis einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.
1. Die gegen die Anordnung eines Sonderfahrstreifens für Linienomnibusse - Busspur - gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig.
Zutreffend bewertet das Berufungsgericht diese Anordnung als Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 VwVfG = § 35 Satz 2 HessVwVfG) mit Dauerwirkung (vgl. BVerwGE 59, 221 <225 f.>); denn sie regelt eine konkrete örtliche Verkehrssituation dauerhaft in der Weise, dass der durch Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen gekennzeichnete Sonderfahrstreifen Omnibussen des Linienverkehrs vorbehalten ist (§ 41 Abs. 2 Nr. 5 Zeichen 245 StVO).
Dieser Verwaltungsakt hat sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erledigt. Zwar waren im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung die streitigen Verkehrsschilder abgedeckt. Dies geschah aber nur für die Dauer der Straßenbauarbeiten und der dadurch bedingten Unbenutzbarkeit der Busspur; die den Verkehrsschildern zugrundeliegende Anordnung war nicht aufgehoben worden. Es handelt sich demnach lediglich um eine vorübergehende Aussetzung des Vollzugs (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 7. November 1977 - BVerwG 7 B 135.77 - NJW 1978, 656), nicht aber um eine (endgültige) Erledigung des Verwaltungsakts.
Auf die Frage, wann die Widerspruchsfrist (§ 70 VwGO) gegen verkehrsregelnde Anordnungen und Verkehrsschilder zu laufen beginnt (vgl. hierzu BVerwGE 59, 221 <226>; OVG Münster NJW 1990, 2835; VGH Mannheim NVwZ-RR 1990, 59; VGH Kassel NVwZ 1992, 5; OVG Hamburg NJW 1992, 1909; Manssen NZV 1992, 465 <468>), kommt es hier nicht an, denn der Kläger hat bereits eine Woche nach der Aufstellung der streitigen Verkehrsschilder und mithin keinesfalls zu spät Widerspruch erhoben.
Dem Kläger steht auch die für eine Anfechtungsklage notwendige Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Klagebefugnis dann zu bejahen, wenn das Klagevorbringen es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Maßnahme eigene Rechte des Klägers verletzt (Urteil vom 29. Juni 1983 - BVerwG 7 C 102.82 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 13). Ein Verkehrsteilnehmer kann dabei als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 Abs. 1 StVO seien nicht gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, kann er allerdings nur verlangen, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen (Urteil vom 3. Juni 1982 - BVerwG 7 C 9.80 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 12). Hiernach hat das Berufungsgericht die Klagebefugnis des Klägers in seiner Eigenschaft als Anwohner und Verkehrsteilnehmer zutreffend bejaht, weil nicht offensichtlich ist, dass die von ihm behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können.
2. Wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, kann die Anfechtungsklage jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Der Kläger wird nämlich durch die angefochtene Ausweisung der Busspur nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Maßgebend für die rechtliche Beurteilung dieser Anordnung sind hier die Verhältnisse im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist entschieden, dass sich der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht richtet. Im Zweifel gilt die Regel, dass bei Verwaltungsakten ohne Dauerwirkung die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend ist, bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung hingegen - je nach dem zeitlichen Umfang des Aufhebungsbegehrens - auch spätere Veränderungen der Sachlage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwGE 78, 243 <244>; Urteile vom 28. Januar 1988 - BVerwG 3 C 48.85 - Buchholz 418.712 LMKV Nr. 2 und vom 27. April 1990 - BVerwG 8 C 87.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 218; Beschluss vom 23. November 1990 - BVerwG 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47). Letzteres gilt auch für verkehrsregelnde Dauerverwaltungsakte wie den hier streitigen, denn dem Straßenverkehrsrecht lässt sich keine von der genannten Regel abweichende Aussage entnehmen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 13. Dezember 1974 - BVerwG 7 C 19.71 - (Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 3) die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung zwar nach den tatsächlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides geprüft. Es hat dabei aber den in späteren Entscheidungen hervorgehobenen Rechtscharakter solcher Maßnahmen als Dauerverwaltungsakt (vgl. insbesondere BVerwGE 59, 221 <226>) noch nicht hinreichend beachtet. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungsurteils, dass sich die tatsächlichen Umstände in der Zeit zwischen der Widerspruchsentscheidung und der Berufungsverhandlung nicht rechtserheblich geändert haben.
b) Die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für die vom Kläger angegriffene Maßnahme liegen vor. Die durch das Aufstellen entsprechender Verkehrsschilder verlautbarte Anordnung einer Busspur in der W.-Straße in W. (§ 41 Abs. 2 Nr. 5 Zeichen 245 StVO - "Linienomnibusse") findet ihre rechtliche Grundlage in § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Danach können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Zu derartigen verkehrsbeschränkenden Maßnahmen gehört auch die streitige Anordnung und Ausweisung der Busspur. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Verkehrsregelungen, die den innerstädtischen Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen zum Zwecke der Verkehrssicherheit oder -ordnung lenken oder beschränken, durch § 45 Abs. 1 StVO gedeckt, wenn die Maßnahmen zu diesem Zweck - insbesondere zur Wiederherstellung oder Verbesserung der Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs in innerstädtischen Ballungsgebieten - geeignet und erforderlich sind (Urteil vom 25. April 1980 - BVerwG 7 C 19.78 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 8). So verhält es sich bei der angefochtenen Busspur.
Der Verwaltungsgerichtshof ist - indem er sich die Darlegungen im Widerspruchsbescheid ausdrücklich zu eigen gemacht hat - in seinen mit Verfahrensrügen nicht beanstandeten tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) davon ausgegangen, dass die vor der Anordnung der Busspur vorhanden gewesenen Verkehrszeichen mit Halteverboten auf der in südlicher Richtung zweispurigen Fahrbahn immer wieder missachtet worden waren, so dass für den Individualverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr vielfach praktisch nur eine Spur zur Verfügung stand. Die Folge davon war, dass einerseits der fließende Individualverkehr durch Linienbusse behindert wurde und andererseits für die Linienbusse Verspätungen bis zu 7 Minuten, insgesamt durchschnittlich von 2 Minuten entstanden. Darin liegt eine Beeinträchtigung der Flüssigkeit und Leichtigkeit des Gesamtverkehrs, die es erforderlich machte, Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse auf der fraglichen Strecke "aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs" zu treffen.
Für einen solchen Fall der Beeinträchtigung von Flüssigkeit und Leichtigkeit des Gesamtverkehrs und insbesondere des Linienbusverkehrs durch eine (über)große Anzahl von Kraftfahrzeugen in innerstädtischen Ballungsräumen stellt § 41 Abs. 2 StVO den Straßenverkehrsbehörden mit der Befugnis zur Anordnung und Aufstellung des Verkehrszeichens 245 "Linienomnibusse" ein - grundsätzlich zulässiges und geeignetes - Mittel zur Verfügung, um den öffentlichen Straßenverkehr zu ordnen und zu einem Ausgleich zwischen den Bedürfnissen des der Allgemeinheit dienenden öffentlichen Personennahverkehrs und den Interessen des Individualverkehrs zu kommen. Dabei wird - kraft bundesrechtlicher Ermächtigung - dem öffentlichen Personennahverkehr wegen seiner Bedeutung für die Allgemeinheit ein gewisser rechtlicher und faktischer Vorrang vor dem Individualverkehr eingeräumt. Die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs durch Ausweisung einer Busspur ist freilich nicht notwendig mit Nachteilen für den Individualverkehr verbunden; die Einrichtung eines Sonderfahrstreifens für Linienomnibusse kommt dem Individualverkehr zumindest insofern zustatten, als sie die diesem verbleibende Verkehrsfläche vom Linienbusverkehr entlastet und somit vielfach eine Verstetigung des Gesamtverkehrs bewirkt. Daher ist die in Abschnitt I Nr. 6 der Verwaltungsvorschriften zu Zeichen 245 enthaltene norminterpretierende Aussage grundsätzlich unbedenklich, wonach sich die Anordnung von Sonderfahrstreifen anbieten kann, wenn eine Entflechtung des öffentlichen Personenverkehrs und des Individualverkehrs von Vorteil ist oder zumindest der Verkehrsablauf des öffentlichen Personennahverkehrs verbessert werden kann. Allerdings wäre ein Sonderfahrstreifen für Linienomnibusse dann kein geeignetes Mittel zur Förderung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs im Sinne des § 45 Abs. 1 StVO, wenn die Busspur nach den Umständen des konkreten Falles zwar zu Vorteilen für den Linienbusverkehr, zugleich aber zu einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder einer sonstigen unverhältnismäßigen Zurücksetzung der Belange des Individualverkehrs (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25. April 1980, a.a.O.) führte.
Im vorliegenden Fall ist die Busspur geeignet, die Flüssigkeit und Leichtigkeit zumindest des öffentlichen Personennahverkehrs zu verbessern, ohne unverhältnismäßige Nachteile für den Individualverkehr zu verursachen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist mit der Ausweisung des streitigen Sonderfahrstreifens eine Beschleunigung und Verstetigung des umfangreichen Linienbusverkehrs bezweckt und auch tatsächlich erreicht worden, was zugleich dem Verkehrsfluss auf dem verbleibenden, von Linienomnibussen nicht mehr mitbenutzten Fahrstreifen zugute gekommen ist. Das Berufungsgericht hat zwar durch seine Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid (S. 6) auch festgestellt, dass sich die Busspur für den fließenden Individualverkehr in der Zeit von 6 bis 9 Uhr gegenüber den früheren Verhältnissen nachteilig auswirkt. Anhaltspunkte für eine unverhältnismäßige Benachteiligung des Individualverkehrs bestehen jedoch nicht. Dies gilt um so mehr, als die Busspur auf die Zeiten von montags bis freitags 6 bis 19 Uhr beschränkt und das Be- und Entladen von 9 bis 12 Uhr zugelassen ist. Außerdem ist im Berufungsurteil durch Verweisung auf den Widerspruchsbescheid festgestellt, dass die streitige Strecke während der werktäglichen Geltung des Sonderfahrstreifens im Schnitt von 24 Linienomnibussen stündlich befahren wird. Die in Abschnitt I Nr. 7 der Verwaltungsvorschriften zu Zeichen 245 in Form einer Soll-Vorschrift vorgesehene Mindestfrequenz der Benutzung durch stündlich 20 Busse ist demnach deutlich überschritten. Damit steht fest, dass der Sonderfahrstreifen dem Individualverkehr nicht etwa nur um einer unverhältnismäßig kleinen Anzahl von Linienbussen und beförderten Personen willen entzogen wird.
Der Eignung der angefochtenen Maßnahme für die Zwecke der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs steht auch nicht entgegen, dass die in den Verwaltungsvorschriften zu Zeichen 245 (Abschnitt I Nr. 2) vorgesehenen Breiten des Sonderfahrstreifens (in der Regel 3,50 m) und des für den Individualverkehr verbleibenden Fahrstreifens (mindestens 3,25 m) nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erreicht, sondern um 0,50 m bzw. 0,45 m unterschritten werden. Die Verwaltungsvorschriften sind keine die Gerichte bindenden Normen. Sie bieten u.a. Gesichtspunkte für die Einschätzung der Eignung einer Busspur, Sicherheit und Ordnung des Verkehrs zu fördern, doch unterliegen diese Rechtsbegriffe des § 45 Abs. 1 StVO in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, Urteil vom 25. April 1980, a.a.O.). Eine Unterschreitung der in den Verwaltungsvorschriften genannten Fahrstreifenbreiten kann daher nicht ohne weiteres, sondern nur je nach den Umständen des Einzelfalls zur mangelnden Eignung des verkehrsordnenden Mittels "Busspur" führen, etwa wenn verbesserte Flüssigkeit und Leichtigkeit des Linienbusverkehrs mit konkret nachzuweisenden größeren Gefahren für die Sicherheit des Individualverkehrs und anderer Verkehrsteilnehmer erkauft würden. Das ist hier aber nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat - ohne dass der Kläger dagegen Verfahrensrügen erhoben hat - festgestellt, die Anzahl der Unfälle habe sich seit der Ausweisung der Busspur - also in einem Zeitraum von mehreren Jahren - nicht erhöht. Aus dieser Tatsache ergibt sich zugleich, dass auch die Nichtbeachtung des Gebots in Abschnitt II Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zu Zeichen 245: "Radfahrverkehr ist auszuschließen, wenn sich Radfahrer zwischen dem Linien- und Individualverkehr fortbewegen müssten" im vorliegenden Fall nicht zur Ungeeignetheit und damit zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Anordnung führt. Dabei ist zusätzlich von Bedeutung, dass die Busspur lediglich 250 m lang ist, Radfahrer also nur auf einer verhältnismäßig kurzen Strecke auf den links neben der Busspur befindlichen Fahrstreifen verwiesen waren, und dass die Beklagte von vornherein die Herstellung eines gesonderten Fahrradweges geplant hatte.
Die Ausweisung der Busspur wäre allerdings dann rechtswidrig, nämlich nicht im Rechtssinne erforderlich gewesen, wenn der Beklagten ein milderes, aber gleichwirksames Mittel zur Verfügung gestanden hätte, um das - nach den Umständen des vorliegenden Falles, wie dargelegt, rechtlich einwandfreie - Ziel einer Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs zu erreichen. Ein solches milderes Mittel ist jedoch weder vom Berufungsgericht festgestellt noch ersichtlich. Die Annahme des Klägers, ein absolutes Halteverbot wäre ein für den Individualverkehr milderer Eingriff gewesen, der sich auf den Linienverkehr ebenso günstig ausgewirkt hätte wie die Busspur, trifft nicht zu. Es ist nämlich offenkundig, dass der Linienbusverkehr um so unbehinderter fließen kann, je weniger sonstige Verkehrsteilnehmer den betreffenden Fahrstreifen benutzen.
c) Waren demnach die Rechtsvoraussetzungen für die Anordnung einer Busspur erfüllt, so durfte die Beklagte die Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen. Insoweit könnte der Kläger - wie eingangs dargelegt - nur dann in seinen Rechten verletzt sein, wenn seine Interessen nicht rechtsfehlerfrei abgewogen worden wären mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Anordnung der Busspur sprechen. Abwägungserheblich sind dabei nur qualifizierte Interessen des Klägers, also solche, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen (vgl. dazu Manssen NVZ 1992, 465 <469 f.>). Nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass solche Interessen des Klägers bestünden, aber nicht hinreichend berücksichtigt worden wären.
Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, beeinträchtigt die angefochtene Maßnahme den Kläger nicht in seinem Gesundheitsinteresse (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG). Auch sein Recht aus dem Anliegergebrauch führt nicht zu einem Rechtsfehler der angefochtenen Maßnahme, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährt der Gemeingebrauch für Eigentümer und andere Anwohner keinen bundesrechtlichen Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen unmittelbar beim Grundstück bestehen. Nur die Verbindung des Anliegergrundstücks mit dem öffentlichen Straßennetz muss erhalten bleiben. Diese Gewährleistung der Zugänglichkeit des Grundstücks bedeutet weder eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße noch die Gewährleistung von Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zugangs und Abgangs (vgl. Urteil vom 6. August 1982 - BVerwG 4 C 58.80 - Buchholz 406.16 Eigentumsschutz Nr. 27 = NJW 1983, 770; Beschlüsse vom 13. Mai 1985 - BVerwG 7 C 229.84 - und vom 2. August 1989 - BVerwG 7 C 62.89 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 15 und Nr. 19).