Das Verkehrslexikon

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OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 16.02.2012 - OVG 1 N 68.11 - Zur Sondernutzung von öffentlichen Wegen für Werbezwecke

OVG Berlin-Brandenburg v. 16.02.2012: Zur Sondernutzung von öffentlichen Wegen für Werbezwecke


Das OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 16.02.2012 - OVG 1 N 68.11) hat entschieden:
  1. Reine Werbefahrten unterfallen nicht dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch, weil sie ausschließlich zu verkehrsfremden Zwecken erfolgen und deshalb als Sondernutzung zu qualifizieren sind.

  2. Die Anwendung des Straßenrechts (hier: Berliner Straßenrecht und Bundesfernstraßengesetz) auf innerstädtische Werbung ist nicht wegen einer aufgrund von Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG ergangenen bundesrechtlichen Regelung des Straßenverkehrs ausgeschlossen.

Gründe:

Der auf die in § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 VwGO genannten Zulassungsgründe gestützte Antrag hat auf der Grundlage des nach § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO für die Prüfung des Senats maßgeblichen Zulassungsvorbringens keinen Erfolg.

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag die Feststellung, dass sich die Zulässigkeit der von ihr in Berlin durchgeführten und weiterhin beabsichtigten Werbefahrten mit Kleinlastfahrzeugen, auf denen dafür spezielle Werbetafeln montiert sind, nicht nach den Vorschriften des Berliner Straßengesetzes (BerlStrG), sondern ausschließlich nach straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften richtet; hilfsweise beantragt sie festzustellen, dass sie mit diesen straßenverkehrsrechtlich zugelassenen Fahrzeugen am ortsüblichen Straßenverkehr in Berlin teilnehmen darf, ohne eine Sondernutzungserlaubnis nach dem Berliner Straßengesetz zu benötigen.

Das Verwaltungsgericht hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht, die Klage jedoch mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen. Die von der Klägerin veranstalteten Werbefahrten seien kein Gemeingebrauch, sondern eine Sondernutzung öffentlicher Straßen, deren Zulässigkeit sich nicht allein nach straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beurteile. Zwar erstrecke sich die Rechtsetzungskompetenz des Bundes für den Straßenverkehr auch auf die „Verkehrsmittelreklame“; der Bund habe diesen Bereich jedoch nach Nichtigerklärung des absoluten Werbeverbots in § 33 Abs. 1Satz 3 Straßenverkehrs-Ordnung - StVO - in der Fassung vom 16. November 1970 durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 1975 (1 BvR 118/71 - BVerfG 40, 371, zit. nach juris) nicht (mehr) abschließend geregelt, so dass Raum für landesrechtliche Regelungen verbleibe. Der Beklagte sei daher nicht gehindert, die Vorschriften des Berliner Straßengesetzes bzw. des Bundesfernstraßengesetzes anzuwenden. Die Fahrten der Klägerin dienten weder der Fortbewegung noch dem Transport, sondern allein Werbezwecken. Es gehe ihr nicht um die Teilnahme am Straßenverkehr, sondern ausschließlich darum, auf die beworbenen Produkte aufmerksam zu machen. Reine Werbefahrten ohne Verkehrscharakter seien nicht vom Gemeingebrauch - auch nicht in seiner Ausprägung als „kommunikativer Verkehr“ - umfasst, sondern stellten eine straßenrechtliche Sondernutzung dar, die gemäß § 11 Abs. 1 BerlStrG bzw. für die Nutzung von Bundesfernstraßen im Land Berlin nach § 8 Abs. 1 FStrG erlaubnispflichtig sei.

Das Zulassungsvorbringen wendet insbesondere gegen die Richtigkeit des Urteils ein, dass sich die Werbefahrten auf eine aktive Teilnahme am üblichen Straßenverkehr mittels ordnungsgemäß zugelassener Kraftfahrzeuge und unter Beachtung des Straßenverkehrsrechts beschränkten. Es würden weder Musik noch Werbedurchsagen abgespielt noch Waren verkauft. Auch sonst fände keine aktive Einwirkung auf andere Verkehrsteilnehmer statt. Kolonnenfahrten mit drei oder mehr Fahrzeugen würden nicht durchgeführt. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Verkehrsvorgänge des Fahrens und des Parkens sowie der damit verbundene Umfang des straßenverkehrsrechtlichen Gemeingebrauchs abschließend in der Straßenverkehrsordnung geregelt seien. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 1975 (a.a.O.) seien Werbefahrten jedoch nicht mehr beschränkt. Für eine Gesetzgebungskompetenz der Länder zur Reglementierung straßenverkehrsrechtlicher Fahrten sei daher kein Raum; die Annahme einer straßenrechtlichen Sondernutzung scheide schon aus rechtsdogmatischen Gründen aus. Aus der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung, die sich mit zu Werbezwecken abgestellten Fahrzeugen befasst habe, gehe inzident hervor, dass im straßenverkehrsrechtlichen Sinn parkende Werbefahrzeuge nicht als Sondernutzung zu beurteilen seien. Hieraus ergebe sich, dass neben dem vorübergehenden Parken auch das Fahren erlaubnisfrei sein müsse. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich die unhaltbare Konstellation, dass ein Werbefahrzeug zwar erlaubnisfrei parken dürfe, jedoch für die Fahrt zum Parkplatz eine Sondernutzungserlaubnis benötige. Ferner habe das Gericht den Begriff des „kommunikativen Verkehrs“ verkannt und dessen Grenzen zu eng gezogen. Die dazu ergangene Rechtsprechung nehme eine über den zulässigen kommunikativen Verkehr hinausgehende Sondernutzung nur an, wenn der Verkehr anderer, etwa durch die Errichtung oder Einbringung von Gegenständen, behindert oder aktiv auf andere Verkehrsteilnehmer eingewirkt würde. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die ein rein passives Informationsangebot darstellenden Fahrten hielten sich im Rahmen des ortsüblichen und erlaubten Straßenverkehrs. Sie unterlägen deshalb dem Gemeingebrauch in seiner Ausprägung als gewerblich-kommunikativer Verkehr. Die Fahrten hätten äußerlich denselben Charakter wie das Spazierengehen mit einem werbenden Kleidungsstück oder einer mit Werbung bedruckten Einkaufstüte. Soweit das Gericht auf das Erscheinungsbild der Fahrzeuge abgehoben und mit mobilen Werbeträgern verglichen habe, werde übersehen, dass die Zulassungsstelle diesen erkennbar zu Werbezwecken umgestalteten Fahrzeugen mit ihren auf den Ladeflächen befindlichen Aufbauten eine Betriebserlaubnis und damit inzident eine Erlaubnis zur Teilnahme am Straßenverkehr erteilt habe. Das Gericht habe auch nicht begründet, worin der Unterschied zwischen diesen Werbefahrten und denen anderer Wirtschaftsunternehmen liege, deren Fahrzeuge gleichfalls mit Werbung versehen seien; insofern sei eine Abgrenzung von „erlaubten" Werbefahrten anderer Wirtschaftsunternehmen mit „reinen“ Werbefahrten der Klägerin praktisch nicht möglich. Auch aufgrund einer nicht weiter überprüfbaren inneren Motivation des Fahrers könne nicht auf die Erlaubnispflicht von bestimmten Fahrten geschlossen werden. Reine Spazierfahrten, die keinem besonderen Transportzweck dienten, seien ebenfalls erlaubnisfrei. Das Gericht hätte daher - auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) - erklären müssen, weshalb die als „bezahlte Spazierfahrten" zu bezeichnenden Fahrten der Klägerin erlaubnispflichtig sein sollen.


II.

1. Die Berufung kann nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Vorschriften des Straßenrechts auf die von der Klägerin durchgeführten Werbefahrten anwendbar sind und folglich die von ihr begehrten Feststellungen zu Recht abgelehnt.

a) Die im angegriffenen Urteil thematisierte und letztlich bejahte Zulässigkeit der Klage erscheint nicht frei von Zweifeln. Das eigentliche Klagebegehren dürfte sein, ob die Klägerin mit ihren Fahrzeugen allein zu Werbezwecken am fließenden und ruhenden Straßenverkehr im Berliner Stadtgebiet teilnehmen darf, ohne dafür eine Erlaubnis zu benötigen. Die Frage, ob ein konkretes Verhalten erlaubnisfrei ist, kann durchaus Gegenstand eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses sein. Anders verhält es sich indes, wenn nur bestimmte rechtliche Vorfragen des eigentlichen Begehrens geklärt werden sollen, wie hier die Frage nach der Anwendbarkeit des Berliner Straßenrechts. Auf diesen Aspekt reduziert sich letztlich auch der Hilfsantrag, ohne die Frage nach einer generellen Erlaubnisfreiheit des bezeichneten Verhaltens - nach welchen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen auch immer - zu stellen. Bei der auf die Geltung des Straßenrechts beschränkten Antragstellung besteht die Gefahr, dass der Beklagte die eigentlich bedeutsame Frage nach der generellen Erlaubnisfreiheit der Werbefahrten - etwa aufgrund straßenverkehrsrechtlicher Bestimmungen - verneinen könnte, so dass sich ein stattgebendes Urteil im Ergebnis als nutzloses abstraktes Rechtsgutachten darstellen könnte. Dass diese Überlegung nicht fernliegend ist, ergibt sich aus dem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 1971 (VII C 61.70 - MDR 1971, 608, juris Rn. 10 ff. [14]), wonach allein zum Zweck der Werbung unternommene Fahrten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 StVO in der Fassung vom 29. März 1956 (BGBl. I S. 327; vgl. zur aktuellen Rechtslage § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO) einer Erlaubnis der Straßenverkehrsbehörde bedurften. Vor dem Hintergrund der verwaltungsgerichtlichen Feststellungen, dass es an konkreten Anhaltspunkten für eine beabsichtigte Veranstaltung im Sinne von § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO fehle - wobei sich anderes aus den im Verwaltungsvorgang enthaltenen Lichtbildern ergeben könnte, die mehrere im Konvoi abgestellte „Werbefahrräder“ zeigen - und dem letztlich entscheidenden Umstand, dass die Klage jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben kann, sind weitere Ausführungen zur Zulässigkeit des Klagebegehrens entbehrlich.

b) Entgegen der Zulassungsbegründung unterfallen die Werbefahrten der Klägerin nicht dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch. Sie erfolgen ausschließlich zu verkehrsfremden Zwecken und sind deshalb als Sondernutzung zu qualifizieren. Ausgangspunkt ist das Verhältnis von Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht, deren Regelungsbereiche deutlich gegeneinander abgrenzbar sind, obwohl die zugrunde liegenden Sachverhalte oftmals - wie hier - einen sachlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1975, a.a.O. Rn. 27 ff.; und - zum Verhältnis von Bau- und Straßenverkehrsrecht in Bezug auf „Außenwerbung“ - BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 1972 - 1 BvR 111/68 - BVerfGE 32, 319, juris Rn. 25 ff., und auch Beschluss vom 9. Oktober 1984 - 2 BvL 10/82 - BVerfGE 67, 299, juris Rn. 47 ff.; aus der jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung: vgl. Urteile des OVG Nordrhein-Westfalen zu „Bier- und Party-Bikes“ vom 23. November 2011 - 11 A 2511/10 u.a. - juris Rn. 24 ff.). Anhand des Straßen- und Wegerechts und eines darauf beruhenden Widmungsakts ist zu entscheiden, ob ein (erlaubnisfreier) Gemeingebrauch oder eine (erlaubnisbedürftige) Sondernutzung vorliegt. Die Anwendung des Straßenverkehrsrechts erfolgt daher vorbehaltlich und im Rahmen der straßenrechtlichen Widmung. Über die Ausübung eines straßenrechtlich zulässigen Verkehrs entscheidet hingegen das der konkurrierenden Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers nach Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG zugewiesene Straßenverkehrsrecht, sofern der dem Straßenverkehr zuzurechnende Sachverhalt dort abschließend geregelt ist. Ein von verkehrsrechtlichen Regelungen in diesem Sinne erfasstes Verhalten kann wegen des Vorrangs des bundesrechtlichen Straßenverkehrsrechts unter straßenrechtlichen Aspekten nicht abweichend reglementiert werden. Insoweit besteht zwischen den Erwägungen des Urteils und der Rechtsansicht der Klägerin kein Widerspruch. Hiervon ausgehend kommt es maßgeblich darauf an, ob es sich bei den Werbefahrten der Klägerin um einen Verkehrsvorgang im straßenrechtlichen Sinne handelt (vgl. dazu aa) und ob die Anwendung des Straßenrechts wegen einer nach Art. 72 Abs. 1, 31 GG vorrangigen straßenverkehrsrechtlichen Bestimmung ausgeschlossen ist (dazu bb). Beide Fragen hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint.

aa) Nach der Legaldefinition in § 10 Abs. 2 Satz 1 und 3 und § 11 Abs. 1 Satz 1 BerlStrG ist der Gebrauch öffentlicher Straßen jedem im Rahmen der Widmung für den Verkehr (Gemeingebrauch) gestattet. Kein Gemeingebrauch liegt vor, wenn jemand die Straße nicht zum Verkehr, sondern jedenfalls vorwiegend zu anderen Zwecken benutzt (vgl. auch OVG Berlin, Urteil vom 17. September 2003 - 1 B 15.03 - juris Rn. 13). Jeder Gebrauch von öffentlichen Straßen, der über den Gemeingebrauch hinausgeht, ist Sondernutzung und bedarf unbeschadet sonstiger Vorschriften der Erlaubnis der Straßenbaubehörde (zur Zuständigkeitskonzentration nach § 13 BerlStrG: vgl. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2011 - OVG 1 S 174.11 - Abdruck, S. 3). Maßgeblich für die Abgrenzung des Gemeingebrauchs von der erlaubnispflichtigen Sondernutzung ist der mit der Straßenbenutzung verfolgte Zweck. Nicht mehr verkehrsüblich oder gemeinverträglich sind Vorgänge ohne Verkehrsbezug. Unter „Verkehr“ wird allgemein die Ortsveränderung von Personen oder Gütern verstanden. Bei der Beurteilung der Frage, ob Verkehrszwecke verfolgt werden, kommt es auf objektive Merkmale an; ob aus äußerlich nicht erkennbaren Motiven eine Ortsveränderung angestrebt wird, ist hingegen ohne Belang. Auch derjenige, der nur „spazieren“ fährt oder seinen Wagen ziellos durch die Straßen lenkt, strebt diese Ortsveränderung zum Zwecke des Personentransports an (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1971, a.a.O. Rn. 12 f.). Bei einem äußerlich am Verkehr teilnehmenden Fortbewegungsmittel, das nach seinem Erscheinungsbild aus Sicht eines objektiven Beobachters eine andere oder überwiegend andere Funktion als die eines Verkehrsmittels erfüllt, handelt es sich hingegen um eine verkehrsfremde Sache. Objektive Anhaltspunkte dafür können sich auch aus der technisch-konstruktiven Bauart der Sache ergeben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. Rn. 29 ff. mit umfangr. Nachw.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen setzt die Klägerin ihre Fahrzeuge bereits rein äußerlich als rollende Werbetafeln ein, die anders als Fahrzeuge, die zumindest überwiegend zum Transport von Personen oder Sachen bestimmt sind, ausschließlich verkehrsfremden Zwecken dienen. Das bringt die Urteilsbegründung treffend zum Ausdruck, ohne dass sie durch die Rechtsmittelbegründung in Zweifel gezogen wird. Da den Fahrten der Klägerin der erforderliche Verkehrsbezug fehlt, ist es unerheblich, ob zusätzlich ein Eingriff in den Straßenverkehr oder eine aktive Beeinflussung anderer Verkehrsteilnehmer stattfindet (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1971, a.a.O.). Aus demselben Grund kann aus dem Umstand, dass der ruhende Verkehr in Form des Parkens bundesrechtlich abschließend geregelt und außerhalb der in § 12 StVO aufgezählten Verbotstatbestände zulässig ist, ebenfalls nichts gegen die Richtigkeit des Urteils hergeleitet werden. Die in Rede stehenden Werbefahrten sind auch nicht unter dem „unscharfen Begriff des kommunikativen Verkehrs“, dessen Bedeutung in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als grundsätzlich geklärt gelten kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 1996 - 11 B 23.96 - juris Rn. 7 ff.), als zulässiger Gemeingebrauch anzusehen; denn auch insoweit ist zunächst die straßenrechtliche Einstufung des jeweiligen Verhaltens zu prüfen.

Das danach für Sondernutzungen bestehende behördliche Kontrollverfahren ist auch mit den Grundrechten vereinbar; denn es dient dazu, die verschiedenen geschützten Belange, die bei der Benutzung des „knappen Gutes öffentliche Straße" miteinander in Konflikt geraten können, in Einklang zu bringen (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 10 f. m.w.Nachw.; BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1975, a.a.O. Rn. 44). Soweit die Klägerin schließlich auf die Betriebserlaubnis für ihre eigens zu Werbezwecken umgerüsteten Fahrzeuge verweist und damit auf eine inzident erteilte Erlaubnis zur Teilnahme am Straßenverkehr abzielt, ergibt sich daraus lediglich, dass gegen den Betrieb dieser Fahrzeuge „zum Verkehr“ unter zulassungsrelevanten Sicherheitsaspekten keine Bedenken bestehen. Damit ist jedoch noch keine Aussage dazu getroffen, wie der konkrete Einsatz der Fahrzeuge zu beurteilen ist, insbesondere ob einer Erteilung der nach § 11 Abs. 1 BerlStrG für verkehrsfremde Zwecke erforderlichen Sondernutzungserlaubnis durch die Straßenbaubehörde sonstige Gründe im Sinne von § 11 Abs. 2 BerlStrG entgegenstehen. Entgegen dem Zulassungsvorbringen waren zu diesem Punkt weitergehende Ausführungen im Urteil auch nicht im Zusammenhang mit dem kommunikativen Verkehrsbegriff geboten.

bb) Soweit sich die Klägerin für ihre Rechtsansicht, dass der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht die von der Klägerin veranstalteten Werbefahrten reglementieren könne und daneben kaum Raum für eine landesrechtliche Regelung in den Straßengesetzen sei, auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 1975 (a.a.O.) bezieht, enthält diese Entscheidung - ebenso wenig wie die so genannten „Laternengaragenentscheidungen“ (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1978 - 7 C 2.78 - MDR 178, 1049 f., und BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1984 - 2 BvL 10/82 - NJW 1985, 371 ff.) - eine Aussage zu der hier maßgeblichen Frage, ob der Bund von seiner Rechtsetzungskompetenz in Bezug auf das inmitten stehende Werbeverhalten der Klägerin aktuell abschließend und erschöpfend Gebrauch gemacht hat. Dies wird auch im Zulassungsbegründungsschriftsatz vom 7. September 2010 (auf S. 11) so gesehen. Die Begründung des Rechtsmittels enthält aber keine schlüssigen Argumente dafür, dass die bis zur Nichtigerklärung von § 33 Abs. 1 Satz 3 StVO a.F. generell und absolut untersagten „reinen“ Werbefahrten nach dem Willen des Normgebers - nunmehr sogar erlaubnisfrei - zulässig sein sollen. Für diese Annahme hätte es, wie bereits im angegriffenen Urteil (S. 6 f.) zutreffend festgestellt wird, einer dies klarstellenden Normierung bedurft.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Der Rechtsbehelf zeigt insoweit keine Aspekte auf, die einer Klärung im Berufungsverfahren bedürften. Vielmehr lassen sich die mit dem Zulassungsvorbringen aufgeworfenen Rechtsfragen bereits im Zulassungsverfahren so eindeutig beurteilen, dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens zur Überprüfung der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht bedarf. Die - unter II. 1. b) aa) - dargelegten und allgemein anerkannten Kriterien der Abgrenzung zwischen dem (straßenrechtlichen) Gemeingebrauch und einer Sondernutzung ermöglichen eine eindeutige Qualifizierung der klägerischen Werbefahrten als Sondernutzung.

3. Nach dem Zulassungsvorbringen ist der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) beizumessen.Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Frage aufgeworfen wird, deren Beantwortung in einem künftigen Berufungsverfahren zur Wahrung der Einheitlichkeit oder zur Fortentwicklung des Rechts geboten ist. Die Frage der rechtlichen Einordnung von Werbefahrten ist keine aktuelle Problematik, zu der keine Judikatur vorläge. Die in der Zulassungsbegründung vielfach angeführten Urteile zum „Abstellen von Werbefahrzeugen“, deren tragende Erwägungen ohne Weiteres auf den fließenden Verkehr übertragbar sind, zeigen, dass die maßgeblichen Bewertungsmaßstäbe bekannt und in der Rechtsprechung durchgängig geklärt sind. Einen weitergehenden Klärungsbedarf zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf.

4. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts in entscheidungserheblicher Weise ab (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Die tragenden Erwägungen in den sogenannten „Laternengaragenentscheidungen“ (jeweils a.a.O.) können nicht dahingehend verallgemeinert werden, dass der Bundesgesetzgeber für alle denkbaren Fallgestaltungen „den Umfang und die Ausübung des straßenverkehrsrechtlichen Gemeingebrauchs abschließend geregelt“ habe „und eine Eingrenzung des Gemeingebrauchs durch straßenrechtliche Regelungen nicht möglich“ sei. Vielmehr beschränken sich die Entscheidungen offensichtlich auf das dort allein streitgegenständliche „normale“, d.h. ausschließlich verkehrsbezogene Parken. Um einen verkehrsbezogenen Vorgang handelt es sich jedoch bei den Werbefahrten der Klägerin nicht. Die tragende Erwägung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 1975 (a.a.O.) zur Verfassungswidrigkeit des (damals) bundesgesetzlich vorgesehenen absoluten Werbeverbots auf öffentlichen Straßen, dass der Bundesgesetzgeber auf Grund der ihm in Art. 74 Nr. 22 GG zugewiesenen Gesetzgebungskompetenz alle erforderlichen Maßnahmen treffen könne, um einen ordnungsgemäßen Ablauf des Straßenverkehrs sicherzustellen, er also folglich auch für die "rollende Werbung" an Fahrzeugen Regelungen für die Verkehrsmittelreklame im Rahmen des Straßenverkehrsrechts unter Kompetenzgesichtspunkten treffen könne, hat das Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellt. Gegen dessen - unter II. 1. b) bb) abgehandelte Erwägung, wonach der Bundesgesetzgeber im Nachgang zur Nichtigerklärung von § 33 Abs. 1 Satz 3 a.F. keine das Straßenrecht verdrängende Regelung getroffen habe und demgemäß eine landesrechtliche Normierung insoweit auch nicht ausgeschlossen habe, ist eine divergierende Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte nicht ersichtlich.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).