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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil vom 19.01.2011 - W 6 K 10.1068 - Zum Anspruch auf Verlängerung einer gegenüberliegenden Grenzmarkierung
VG Würzburg v. 19.01.2011: Zum Anspruch auf Verlängerung einer gegenüberliegenden Grenzmarkierung
Das Verwaltungsgericht Würzburg (Urteil vom 19.01.2011 - W 6 K 10.1068) hat entschieden:
- Eine Grenzmarkierung (Zeichen 299, lfd. Nr. 73 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) hat ausnahmsweise konstitutive Bedeutung, wenn im Einzelfall ein ansonsten kraft Gesetzes bestehender Parkverbotsbereich (hier nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO) verkürzt wird. Die kraft Gesetzes bestehende Parkverbotsstrecke wird durch die Zickzacklinie des Zeichens 299 konkret markiert und mit der Wirkung verkürzt, dass außerhalb der Grenzmarkierung kein Parkverbot besteht.
- Der Eigentümer hat ausnahmsweise einen Anspruch darauf, dass bei einer schmalen Fahrbahn gegenüber seiner Grundstücksein- und -ausfahrt eine bestehende Grenzmarkierung verlängert wird.
Tatbestand:
I.
Der Kläger begehrt, die Beklagte zur Verlängerung einer Grenzmarkierung gegenüber zweier Garagen eines in seinem Eigentum stehenden Grundstücks zu verpflichten.
Der Kläger ist Eigentümer der beiden Grundstücke ... und ... in Würzburg. Die Grundstücke sind mit je einer Doppelhaushälfte und jeweils zwei Garagen an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken ... und ... bebaut. Das Haus und die Garagen ... werden durch den Kläger selbst genutzt; das Haus und die Garagen ... sind an Frau Dr. S... vermietet. Diese nutzte zunächst die Garage, welche sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze zur ... befindet; die andere Garage wurde teilweise durch ihren Mitarbeiter K... bzw. anderweitig benutzt. Die Straße weist vor den Grundstücken des Klägers eine Breite von 5,10 m auf. Zwischen der Straße und den Garagen ... befindet sich ein Freiraum von 2 m (gepflasterte Fläche plus Bordstein). Den Grundstücken des Klägers gegenüber befindet sich das Grundstück ..., welches im Eigentum der Beigeladenen steht. Auch dieses Grundstück ist mit zwei Garagen bebaut. Eine der Garagen liegt etwa je zur Hälfte gegenüber der durch Frau Dr. S... und Herrn K... genutzten Garagen; die zweite Garage liegt zur Hälfte gegenüber der durch Herrn K... genutzten Garage.
Bereits im Januar 2008 beantragte der Kläger die Aufbringung einer Grenzmarkierung mit einer Länge von 7 m auf der seinen Grundstücken gegenüberliegenden Straßenseite, beginnend ab der Außenwand der Garage auf dem Grundstück ... in Richtung der aufsteigenden Hausnummern. Diese Grenzmarkierung wurde letztlich mit verkehrsrechtlicher Anordnung der Beklagten vom 23. April 2008 aufgebracht. Frau Dr. S... beantragte mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 Maßnahmen der Verkehrsberuhigung in der ..., da diese durch Ausweichverkehr genutzt werde. An einem auf das Schreiben folgenden Ortstermin am 4. Januar 2010 nahm der Kläger anstelle von Frau Dr. S... teil. Im Zuge von Bauarbeiten an der Straße ab Ende Juni 2009 wurde die Fahrbahndecke aufgerissen, die Grenzmarkierung wurde hierbei entfernt. Sie wurde im ursprünglichen Umfang am 19. April 2010 wieder aufgebracht. Mit einer Vielzahl an Schreiben beantragte der Kläger bei der Klägerin die Verlängerung der Grenzmarkierung in Richtung der absteigenden Hausnummern bis auf die Höhe der letzten Hauswandgarage auf dem Grundstück ... Die Grenzmarkierung müsse verlängert werden, da die Beigeladenen häufig vor den eigenen Garagen parkten. Dann seien die Garagen auf dem Grundstück ... nicht mehr ausreichend nutzbar. Eine ordnungsgemäße Ein- und Ausfahrt in die Garagen sei nicht möglich. Seit längerem habe es immer wieder Probleme mit dem Halten gegenüber ihren beiden Garagen gegeben. Gegenüber den Garagen dürfe nicht geparkt werden. Die aufgebrachten Sperrstreifen seien ca. 3 m zu kurz.
Am 4. Mai 2010 beantragte der Kläger im Sofortverfahren W 6 E 10.397 bei Gericht, unverzüglich die Verantwortlichen der Beklagten nach geltendem Recht anzuweisen, vor allen vier Garagen Sperrstreifen anzubringen. Mit Beschluss vom 17. Juni 2010 wurde der Eilantrag des Klägers abgelehnt. Im Einzelnen wird auf die betreffenden Akten des Sofortverfahrens W 6 E 10.397 Bezug genommen.
Eine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 17. Juni 2010 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 21. Juli 2010 zurücknehmen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellte daraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 22. Juli 2010 ein (Az. 11 CE 10.1553).
In der Folgezeit schickte der Kläger zum einen zahlreiche weitere Schreiben an den Oberbürgermeister der Beklagten, in denen er sein Begehren vehement weiterverfolgte. Gleichermaßen schickte er Schreiben an weitere Stellen der Beklagten sowie an andere Behörden. Zum anderen richtete der Kläger eine ganze Reihe weiterer Schreiben an das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg, oftmals auch direkt an den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Würzburg adressiert. Darin verfocht er sein Begehren weiterhin mit Nachdruck. U.a. trug er vor, er habe seinen Bevollmächtigten beauftragt, das Hauptsacheverfahren durchzuführen, ohne dass aber von einem Bevollmächtigten des Klägers ein entsprechender Schriftsatz bei Gericht einging.
II.
1. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2010, bei Gericht eingegangen am 4. Oktober 2010, teilte der Kläger mit, dass er Notwehr-Klage gegen den rechtlich unhaltbaren Beschluss vom 17. Juni 2010 erheben müsse. Der Beschluss vom 17. Juni 2010 sei strafbar und sogar grundgesetzwidrig zustande gekommen. Er beantrage,
vor allem auch aus Todes-Not-Gründen seiner Frau, dass das Gericht mit Notarzt-Eile den Beschluss für nichtig erkläre und sofort Sperrstreifen gegenüber ihren zwei Garagen Nr. ... anordne, damit die Lebensgefahr für viele Patienten ihrer Mieterin Frau Dr. S... endgültig beseitigt werde.
Zur Begründung trug er in zahlreichen Schreiben vor: Bei beiden Garagen Nr. ... sei keine Zufahrt vorwärts rein und rückwärts raus möglich, wenn gegenüber ein Auto parke. Die Beklagte verweigere wider besseren Wissens die Sperrstreifen. Ihre Fertiggaragen seien beim Metalltorrahmen nur 2,26 m breit, so dass die Lenkung bei der Ausfahrt nur außerhalb der Garage beim Rangieren eingesetzt werden könne. Es sei „unmöglich“, wenn gegenüber ein Auto parke, so dass alle Nachbarn ihrer Straßenseite von Nrn. 1 bis 23, die es beantragt hätten, von der Stadt ein amtliches Parkverbot gegenüber erhalten hätten. Ab Nr. 23 sei die Straße zwar auch nur noch 5 m breit, jedoch seien dann die Vorplätze so groß, dass gegenüber geparkt werden könne. Beim Ortstermin am 4. Januar 2010 hätten die Vertreterin der Beklagten sowie der Polizist sogar mit großem Nachdruck versucht, teilweise die Sperrstreifen gegenüber den zwei Garagen Nr. ... außer Kraft zu setzen, so dass seine Frau schockiert ins Haus geflüchtet sei, wo er sie zitternd und weinend angetroffen habe. Seitdem könne seine Frau nicht mehr schlafen. Bis heute erleide sie drückende Alpträume, weil dieses Unrecht andauere. Es sei allergrößte Eile, dass der todernste Unrechts-Überdruck von seiner Frau genommen würde, sonst sei ihr Leben nicht mehr zu retten. Die Schreiben waren durchweg mit Formulierungen wie „Notarzt-Eile“, „tränenreichen todernsten Notwehr-Grüßen“, „Unrechts-Opfer“ und dergleichen versehen. Ihr Rechtsanwalt habe ihnen mitgeteilt, dass die Beigeladenen inzwischen akzeptierten, dass die Fläche gegenüber ihren Garagen nicht mehr als Parkfläche benutzt werde. Im krassen Gegensatz dazu stünde, dass die Beigeladenen kürzlich wieder zehn Stunden so auf dem Sperrstreifen geparkt hätten, dass sie ihre Garage hätten nicht befahren können. Der Beschluss des Gerichts vom 17. Juni 2010 sei rechtswidrig. Er stürze seine Frau in größte Lebensgefahr, die infolge der neuesten Parkverstöße größte Herzbeschwerden bekommen habe. Bei der Ausfahrt aus der Garage habe er keine Möglichkeit, die Lenkung einzuschlagen, wenn das Auto nur 30, 50, 70 und 80 cm auf dem Sperrstreifen stehe. Sie seien bereit, mit der Beklagten eine Probefahrt durchzuführen. Die Sperrstreifen gegenüber den zwei Garagen Nr. ... müssten unbedingt angebracht werden, weil das Parken der Beigeladenen dort lebensgefährlich für die Patienten sei, wenn diese Hausbesuche nötig hätten. Der Staat verletze so strafbar das Eigentumsrecht. Er habe schon mehrfach schriftlich den Beweis vor Ort angeboten. Die Vermieterin, Frau Dr. S., habe keine Rangiermöglichkeit, wenn gegenüber geparkt werde, da ihr Audi A4 4,65 m lang und 1,80 m breit sei. Zum Rangieren sei die Diagonallänge mit 5 m maßgebend. Wie solle damit ein Rangieren möglich sein bei einer Straßenbreite von 5 m und einem Vorplatz von 2 m, wenn gegenüber ein Auto parke, das in der Regel mehr als 2 m wegnehme? Sein Rechtsanwalt habe ihm geschrieben, dass gegenüber allen vier Garagen von den Maßen her nach dem Straßenverkehrsrecht Parkverbot bestehe. Da die Beigeladenen seinem Rechtsanwalt versprochen hätten, nicht mehr gegenüber ihren vier Garagen zu parken, habe die Beklagte gemeint, auf Sperrstreifen verzichten zu können. Doch die Beigeladenen hätten Wortbruch begangen. Zehn Nachbarn hätten amtliches Parkverbot bekommen. Es müsse gleiches Recht für alle gelten. Die Beigeladenen hätten auch zuletzt wiederholt länger gegenüber den Garagen geparkt. Das Parken auf Sperrstreifen sei rechtlich ein größerer Verstoß; sie hätten gegenüber den zwei Garagen ihrer Mieterin Frau Dr. S. geparkt, wo keine Sperrstreifen seien, aber schnellstens Sperrstreifen angebracht werden müssten, denn die Beigeladenen hätten ihm gegenüber wiederholt gesagt, dass sie nur ein amtliches Parkverbot beachteten. Nach seiner Zählung hätten die Beigeladenen seit dem 24. Dezember 2009 wohl 70 mal strafbar auf ihren Sperrstreifen geparkt und gut 20 mal gegenüber den zwei Garagen von Frau Dr. S.. Schon am 25. Dezember 2009 habe ihm Frau Dr. S. gesagt, dass sie und Herr K. unzumutbar bei der Garagenzufahrt behindert würden; kurz vor dem Ortstermin am 4. Januar 2010 habe sie ihn angefleht, ihre Interessen beim Ortstermin zu vertreten. Unwahr sei, dass die Sperrstreifen hier nicht verhältnismäßig seien. Ihm stehe das gleiche Recht zu wie den zehn Nachbarn. Bei seinem Einspruch gegen den Beschluss vom 17. Juni 2010 habe er mit vollem Recht betont, dass dieser Beschluss wegen Themaverfehlung von ihm mit der Note 6 bewertet werden müsste, denn so hätte er auch als Lehrer seine Schüler bei Themaverfehlung benoten müssen. Es sei gründlich zu überprüfen, ob das Gericht infolge dieses schwerwiegenden Fehlverhaltens alle Kosten streichen und somit auch die Beklagte von den Gerichtskosten verschonen könne. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2010 habe der Anwalt des Klägers zwei Mal ausdrücklich betont, dass nach dem Straßenverkehrsrecht gegenüber allen ihren vier Garagen Parkverbot bestehe. Der Anwalt habe die Maße genau festgestellt und sogar eine Fahrprobe mit Frau Dr. S... durchgeführt. Der Kläger habe vielmals schriftlich den Meterstab-Beweis angeboten. Der Ortstermin vom Gericht müsse unbedingt noch nachgeholt werden. Der Staat müsse alle Gerichtskosten streichen. Wenn die Sperrstreifen nicht sofort angeordnet würden, müssten sie leider als neue Märtyrer Würzburgs vorzeitig im Kampf gegen Lüge und Unrecht sterben. Die Beigeladenen hätten erneut 40 cm auf dem bestehenden Sperrstreifen geparkt; ihnen sei unverzüglich die gerichtliche Verfügung zuzusenden, dass sie gegenüber allen vier Garagen des Klägers nicht parken dürften.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 legte der Kläger ein Schreiben seines Rechtsanwaltes vom 20. Oktober 2010 vor. Darin führt der Rechtanwalt, der den Kläger im vorliegenden Verfahren nicht vertritt, aus, der Kläger habe mit Schreiben vom 9. September 2010 selbst mitgeteilt, dass die Beigeladenen nicht mehr auf dem Sperrstreifen parkten und ihn sowie Frau Dr. S... und ihre Patienten auch nicht mehr an der Garagenzufahrt hinderten. Auf Nachfrage hätten die Beigeladenen mitgeteilt, dass sie zumindest akzeptierten, dass die Fläche gegenüber den Garagen nicht mehr als Parkfläche benutzt werde, dass sie allenfalls nur kurze Zeit ihre Fahrzeuge abstellten, beispielsweise zum Be- und Entladen. Damit bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Werde aber die Fläche gegenüber den beiden Garagen von den Beigeladenen nicht mehr als Parkfläche benutzt, weil ohnehin jede Einfahrtsbehinderung straßenverkehrsrechtlich unzulässig sei, würde sich die Situation des Klägers durch das Anbringen von Sperrstreifen rechtlich nicht verbessern. Die Sperrstreifen hätten nur deklaratorische, jedoch keine konstitutive Bedeutung, weil nach dem Straßenverkehrsrecht ohnehin ein Parkverbot gegenüber den Garagen bestehe. Der Anwalt empfehle daher, die Hauptsacheklage zurückzunehmen, um Kosten zu ersparen, denn die Klage habe nach ihrer Einschätzung keine nennenswerte Erfolgsaussicht. Angesichts dieser Rechtssituation werde der Rechtsanwalt den Kläger im Klageverfahren jedenfalls nicht nach außen vertreten. Im Einzelnen wird auf die zahlreichen Schreiben des Klägers verwiesen.
2. Mit Schreiben vom 11. November 2010 teilte die Beklagte mit, dass eine Fahrprobe zum derzeitigen Sachstand keinen Sinn mache. Die neue Garagenaufteilung (Garage 1: Audi A4, Frau Dr. S...; Garage 2: verschiedene Fahrzeuge, Prof. Dr. M., Patienten) mache einen Fahrversuch überflüssig, da nun beide Garagen von großen Fahrzeugen genutzt würden. Der Kläger habe selbst erklärt, dass die Beigeladene zu 1) seit diesem Zeitpunkt nicht mehr vor ihrer Garage parke. Sie habe dies gegenüber der Beklagten bestätigt. Das Vorliegen einer schmalen Fahrbahn könne derzeit somit auch ohne Fahrversuch als gegeben angenommen werden; ein gesetzliches Haltverbot liege vor. Sowohl eine Grenzmarkierung als auch eine Haltverbotsbeschilderung seien als unverhältnismäßig abzulehnen. Der Grund für die geforderte Grenzmarkierung sei weggefallen, tatsächlich werde seit nahezu fünf Monaten hier nicht mehr geparkt. Die Anzahl und der gewählte Ton in den Briefen des Klägers lege die Vermutung nahe, dass der Kläger nicht an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sei. Um mögliche Verständigungsschwierigkeiten auszuräumen bzw. diesen vorzubeugen, werde darauf hingewiesen, dass das vom Kläger erwähnte Parken der Beigeladenen sich nicht auf die Garage von Frau Dr. S... bezogen habe, sondern auf die bereits bestehende Grenzmarkierung gegenüber den Garagen des Klägers. Die Beigeladene zu 1) habe zwischen der Garage Haus-Nr. ... und der Grenzmarkierung geparkt, wobei sie wohl aus Platzgründen etwas in die Markierung hineingestanden habe. Grundsätzlich handele es sich hier jedoch um keine Frage der Verkehrsregelung, sondern ausschließlich um eine Frage der Ahndung.
Mit Schriftsatz vom 17. November 2010 beantragte die Beklagte:
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung gab sie an, Streitgegenstand sei die Verlängerung der bestehenden Grenzmarkierung gegenüber den Garagen ... über die Garagen ... hinweg. Der Straßenquerschnitt im Bereich der Garagen weise folgende Breiten auf: „Gehweg 1,40 m – Fahrbahn 5,10 m – öffentlicher Seitenstreifen 0,50 m“. Hinzu komme ein 1,50 m tiefer privater Stauraum. Die Beklagte habe beim Ortstermin am 4. Januar 2010 und in einem Schreiben vom 14. Januar 2010 erläutert, dass nur mit einer Fahrprobe nachzuweisen sei, ob im Einzelfall aufgrund der gesamten baulichen Umstände und der Abmessungen des jeweiligen Fahrzeugs einschließlich der technischen Ausstattungen ein häufigeres als zwei- bis dreimaliges Rangieren notwendig sei, d.h., die Definition schmal i.S. von § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO zutreffe. Mit Schreiben vom 14. März 2010 habe erstmals Frau Dr. S... um Aufbringung einer Grenzmarkierung gebeten. Auf Rückfrage habe Frau Dr. S... in einem Telefonat erklärt, dass sie dieses Schreiben auf dringenden Wunsch des Klägers verfasst habe. Sie habe die Diskussion nicht angestoßen und möchte daher auch aus der Angelegenheit herausgehalten werden. Mit Schreiben vom 25. Juni 2010 habe der Kläger mitgeteilt, dass Frau Dr. S... mit ihrem Audi A4 nunmehr in der bisher von Herrn K... genutzten Garage parke und die Garage von Frau Dr. S... von Herrn Prof. Dr. M., der ebenfalls einen sehr großen Wagen fahre, den Patienten und Herrn K... beparkt werde. Die Beigeladene zu 1) habe erklärt, dass sie nicht mehr vor den Garagen parke, da Frau Dr. S... mit ihrem großen Auto sonst nicht mehr ein- und ausfahren könne.
Zur Begründung trug die Beklagte weiter vor, ein Anlieger, der seine Garagenausfahrt nicht benutzen könne, wenn auf der gegenüberliegenden Seite der Straße Fahrzeuge parkten, habe grundsätzlich gegen die Straßenverkehrsbehörde einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entschließung darüber, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Beseitigung dieser Behinderung zu treffen seien. Im vorliegenden Fall sei jedoch keine Behinderung gegeben, da die Beigeladenen seit Monaten nicht mehr gegenüber den Garagen parkten und daher eine ungehinderte Zu- und Abfahrt in und aus den Garagen der Mieter des Klägers jederzeit möglich seien. Eine Grenzmarkierung, Zeichen 299 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, bezeichne, verlängere oder verkürze vorgeschriebene Halt- und Parkverbote. § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO führe aus, dass bei schmalen Fahrbahnen auch gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten ein gesetzliches Haltverbot bestehe. Sinn und Zweck dieser Vorschrift seien die Sicherstellung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Garagen. Dabei sei es – unter Berücksichtigung der innerstädtischen Parkraumnot – nicht notwendig, dass der Fahrzeugführer in einem Zug, ohne jegliches Rangieren seine Garage befahren könne. Ein mäßiges Rangieren sei nach der Rechtsprechung zumutbar. Neben den örtlichen Verhältnissen sei auch der Fahrzeugtyp einschließlich der technischen Ausstattung entscheidend, ob und wie oft im Einzelfall rangiert werden müsse. Unmittelbar nach der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 17. Juni 2010 habe der Kläger mitgeteilt, dass sich die Aufteilung der Fahrzeuge in den von Frau Dr. S... vermieteten Garagen geändert habe. Die erste Garage in stadtauswärtiger Richtung gesehen werde nicht mehr von Herrn K... mit seinem kleinen Opel Corsa befahren, sondern nun von Frau Dr. S... mit ihrem Audi A4 genutzt. Die darauffolgende Garage werde ebenfalls mit einem großen Fahrzeug eines Mitarbeiters von Frau Dr. S... sowie von den Patienten befahren. Anders als vor dieser neuen Garagenaufteilung parke die Beigeladene zu 1) nicht mehr dort. Auch ohne Fahrprobe sei für die Beigeladenen klar, dass sie nun dort nicht mehr parken könnten. Hingewiesen sei auch darauf, dass die vom Kläger immer wieder geltend gemachte „Notarzt-Eile“ von Frau Dr. S... so nicht bestehe, da es sich bei ihr nicht um eine in der Notfallmedizin tätige Ärztin handele und sie außerdem nur ihr Privatfahrzeug nutze. Gemäß § 45 Abs. 9 StVO seien Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten sei. Es liege daher im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde, ob ein bereits gesetzlich bestehendes Parkverbot zusätzlich mit dem Zeichen 299 zu verdeutlichen sei. Eine Grenzmarkierung sei in der Regel dann sinnvoll, wenn die Verkehrsteilnehmer dieses gesetzliche Parkverbot nicht ohne Weiteres erkennen könnten. Da im vorliegenden Fall vor den Garagen der Beigeladenen auch ein gesetzliches Haltverbot nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bestehe, das für jedermann problemlos erkennbar sei und auch eingehalten werde, parkten nur die Beigeladenen als einzig Berechtigte vor ihren Garagen. Durch diese besondere Situation der zwei bestehenden gesetzlichen Haltverbote sei aber eine Grenzmarkierung vor den Garagen der Beigeladenen nicht eindeutig einem der beiden Haltverbote zuzuordnen und daher als Maßnahme ungeeignet. Allein aus der Markierung heraus sei nicht nachvollziehbar, ob sie sich auf die Garagenausfahrt der Beigeladenen beziehe (und diese als Berechtigte hiervon ausgenommen sei) oder ob sie sich auf das Parkverbot gegenüber den Garagen von Frau Dr. S... beziehe. Geeignet wäre neben einer Haltverbotsschilderung z.B. eine mündliche/schriftliche Aufforderung der Behörde gegenüber den Beigeladenen oder eine konsequente Überwachung des Bereichs einschließlich Kontrollen. Die Beklagte vertrete weiterhin die Ansicht, dass derzeit keine Maßnahme notwendig sei, da die Beigeladenen von sich aus – seit dem Garagentausch – hier nicht mehr parkten. Sollte es wider Erwarten zukünftig notwendig werden, dass die Beklagte tätig werden müsse, so seien, da es nur einen Adressaten gebe, mildere Mittel wie beispielsweise eine schriftliche Aufforderung gegenüber den Beigeladenen verhältnismäßig. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass nach Ansicht der Beklagten die Klage unbegründet sei, da das Aufbringen einer Grenzmarkierung wegen Ungeeignetheit und fehlender Erforderlichkeit im vorliegenden dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspreche. Die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 9 StVO lägen nicht vor und damit auch keine Verletzung des Klägers in seinen Rechten.
3. In der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2011 war von der Klägerseite niemand erschienen. Die Beklagtenbevollmächtigte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Erschienenen erörtert. Mit einem in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beiladungsbeschluss wurden Frau ... und Herr ..., ..., 97074 Würzburg, zum Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte des Eilverfahrens W 6 E 10.397 sowie auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten und die Sitzungsniederschrift vom 19. Januar 2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens des Klägers über die Klage entscheiden, da hierauf in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig und begründet.
Gegenstand der Klage ist bei sachgerechter Betrachtung des klägerischen Begehrens (vgl. § 88 VwGO), welches auf Verlängerung der bestehenden Grenzmarkierung gegenüber den Garagen ... bis in den Bereich gegenüber den Garagen ... zielt, der Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung und die Anbringung einer entsprechenden Grenzmarkierung nach Zeichen 299, lfd.Nr. 73 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO. Gegenstand der Klage ist hingegen nicht die Ahndung oder sonstige Rüge von Parkverstößen gegenüber den Garagen des Klägers, etwa durch Parken auf der Zickzacklinie der bereits vorhandenen Grenzmarkierung.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Das klägerische Begehren auf Anordnung und Anbringung einer Grenzmarkierung für ein Parkverbot richtet sich auf Erlass eines Verwaltungsaktes. Vorschriftenzeichen nach § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 sind Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG. Der Kläger ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Klagebefugnis ist bereits dann zu bejahen, wenn das Klagevorbringen es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die Unterlassung der begehrten Maßnahme eigene Rechte des Klägers verletzt. Vorliegend ist nicht ausgeschlossen, dass dem Kläger der geltend gemachte Klageanspruch auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 StVO zustehen kann. Diese Vorschrift dient zwar grundsätzlich nur dem Schutz der Allgemeinheit; in Einzelfällen kann sie jedoch auch für den Einzelnen einen Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten ergeben. Dies ist dann der Fall, wenn eine Verletzung der öffentlich-rechtlich geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Zum Schutz der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO gehören neben dem Recht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) auch die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG). § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO gewährt dem Einzelnen ein – auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung begrenztes – subjektiv öffentliches Recht auf ein verkehrsregelndes Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde, wenn öffentlich-rechtlich geschützte Individualinteressen durch Einwirkung des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigt, verletzt werden. Soweit sich der Kläger auf die ungehinderte Zu- bzw. Ausfahrt von seinem Grundstück bezieht, ist zudem eine Verletzung seines gesetzlich geschützten Anliegergebrauchs (Art. 17 BayStrWG) denkbar und möglich. In jedem Fall kann der Kläger auch geltend machen, dass er die Einschränkung der Benutzbarkeit seines Eigentums nur dann hinnehmen muss, wenn diese in rechtmäßiger Weise nach § 45 StVO geschieht (Art. 2 Abs. 1 GG). Dem Kläger fehlt auch nicht das erforderliche Rechtschutzbedürfnis für die Klageerhebung. Der Kläger hat sich mit einer Vielzahl von Schreiben an die Beklagte gewandt. Eine verkehrsrechtliche Regelung betreffend die streitgegenständliche Grenzmarkierung erfolgte jedoch nicht. Ein vorheriger Antrag bei der Behörde liegt somit vor. Die Frage, ob eine solche Grenzmarkierung etwa deshalb entbehrlich ist, weil bereits kraft Gesetzes ein Parkverbot besteht, betrifft nicht das Rechtsschutzbedürfnis, sondern die Begründetheit der Klage.
Die Klage ist begründet.
Die Ablehnung der Verlängerung der begehrten Grenzmarkierung gegenüber dem Grundstück ... ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Grenzmarkierung für Parkverbote (Zeichen 299, lfd. Nr. 73 Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) auch gegenüber den Garagen des Anwesens ... verkehrsrechtlich anzuordnen und anzubringen. Der Anspruch resultiert aus § 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1b Satz 2 StVO. Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Anbringung der Grenzmarkierung hat sich zu einer Ermessensreduzierung auf Null verdichtet.
Nach § 45 Abs. 1b Satz 2 StVO ordnen die Straßenverkehrsbehörden die Parkmöglichkeiten für die Bewohner. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. Zu derartigen Verkehrsbeschränkungen gehört auch die Anordnung eines Parkverbots. Nach § 45 Abs. 4 StVO erfolgen die Regelungen des Verkehrs durch die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. Dazu zählt auch die begehrte Grenzmarkierung nach § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Zeichen 299 der Anlage 2. Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen weiter nur dann anzuordnen, wo dies aufgrund besonderer Umstände zwingend geboten ist. Ob die vorgenannten Gründe vorliegen und der behördliche Eingriff erforderlich ist, unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Bei Erfüllung dieser Voraussetzungen verbleibt der Behörde für ihre Entscheidung, ob und wie sie eingreifen will, nach § 45 Abs. 1 StVO ein Ermessenspielraum, der gemäß § 114 VwGO gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar ist (BVerwG, U.v. 25.04.1980, Az: 7 C 19/78). Die Behörde hat bei der Auswahl den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Im Rahmen der Überprüfung der Ermessensbetätigung der Behörde ist besonders auch zu prüfen, ob die rechtlichen Interessen des Klägers in ausreichendem Maß Berücksichtigung gefunden haben und die Abwägung eingestellt wurden. Eine Verpflichtung zu einer bestimmten verkehrsrechtlichen Anordnung besteht nur, wenn das Ermessen der Behörde im konkreten Fall auf Null reduziert ist (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 45 RdNr. 28a).
Im vorliegenden Fall rechtfertigen die besonderen örtlichen Verhältnisse die Anordnung und Anbringung einer Grenzmarkierung auch gegenüber den Garagen ... Die jetzige Regelung, die eine Grenzmarkierung gegenüber den Garagen ... und nur zu einem kleinen Teil gegenüber ... vorsieht, verstößt gegen geltendes Recht und trägt zur Irreführung bei, weil sie gesetzlich bestehende Parkverbote nicht hinreichend kennzeichnet und damit konstitutiv zu Lasten des Klägers (und auch zu Lasten der Beigeladenen) verkürzt. Zeichen 299 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, die sogenannte Grenzmarkierung für Halt- oder Parkverbote, bezeichnet, verlängert oder verkürzt mit einer Zickzacklinie gesetzlich vorgeschriebene Halt- oder Parkverbote. Sie kann folglich nur dann aufgebracht werden, wenn das Gesetz wie hier ein Halt- oder Parkverbot auf der den vermieteten Garagen des Klägers gegenüberliegende Straßenseite vorsieht.
Nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ist das Parken unzulässig vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber. § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO dient dem Ziel, die bestimmungsgemäße Benutzung von Grundstücksein- und -ausfahrten zu gewährleisten und die Berechtigten vor Beeinträchtigungen dieser Benutzung zu schützen, die von gegenüber parkenden Fahrzeugen ausgehen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Parken als Bestandteil des an öffentlichen Straßen bestehenden Gemeingebrauchs im Grundsatz überall erlaubt ist, dass sich aus dem Parken jedoch auch Einschränkungen des gesteigerten Gemeingebrauchs der Anlieger ergeben. Bei näherer Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals „schmal“ ist nach Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auf die Verkehrsbestimmung der jeweiligen Straße sowie auf die Eigenheiten des ein- und ausfahrenden Verkehrs abzustellen (BayVGH, B.v. 21.12.2005, Az: 11 CS 05.1329; B.v. 12.01.1998, Az: 11 B 96.2895). Aufgrund des Umstandes, dass Parkraum innerorts knapp ist, müssen die Benutzer von Grundstücksein- und -ausfahrten im Interesse des ruhenden Verkehrs gewisse Unbequemlichkeiten hinnehmen. Als vollständig unzumutbar kann deshalb ein Rangieren vor Grundstückszufahrten nur angesehen werden, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalls trotz der sich aus § 10 Satz 1 und 2 StVO ergebenden Sicherungs- und Verhaltenspflichten eine möglichst ungehinderte Abwicklung von Ein- und Ausfahrtvorgängen angezeigt erscheinen lassen, z.B. weil die Straße besonders unübersichtlich ist, so dass der fließende Verkehr das rangierende Fahrzeug zu spät erkennt, oder weil auf der Straße mit hohen Geschwindigkeiten gerechnet werden muss. Allein die Notwendigkeit eines zwei- bis dreimaligen Rangierens ist angesichts der heute in den Innenstädten allgemein vorzufindenden Verkehrs- und Parkraumsituation nicht als ernsthafte Beeinträchtigung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs anzusehen. Sie können jedenfalls von einem durchschnittlich geschickten Kraftfahrzeugführer ohne ins Gewicht fallende Schwierigkeiten ausgeführt werden.
Vorliegend sind aufgrund der gegebenen örtlichen Verhältnisse sowie der Nutzung der Garagen des Klägers die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO mittlerweile unstreitig. Die Beklagte hat schriftsätzlich sowie auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, dass mit Blick auf die Garagen ... das Parken gegenüber gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO unzulässig ist. Auch das Gericht ist aufgrund der durch die vorgelegten Unterlagen der Beklagten einschließlich der durch die darin befindlichen Lichtbilder dokumentierten Situation vor Ort, die der Kammer zudem aus persönlicher Anschauung bekannt ist, vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO überzeugt. Aufgrund der Straßenbreite mit einem Gehweg von 1,40 m, einer Fahrbahn von 5,10 m, eines öffentlichen Seitenstreifens von 0,50 m sowie eines 1,50 m tiefen privaten Stauraums ist ein ungehindertes und zumutbares Ein- und Ausfahren aus den Garagen des Klägers nicht mehr gewährleistet, wenn auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Pkw parkt. In der Konsequenz besteht gegenüber den Garagen ... nach dem Gesetz aus zweierlei Gründen ein Parkverbot: zum einen zur Gewährleistung der Garagenein- und -ausfahrt des Klägers, zum anderen zur Sicherstellung der Garagenein- und -ausfahrt der Beigeladenen auf der gegenüberliegenden Seite.
Die begehrte Verlängerung der Grenzmarkierung gegenüber den Garagen ... ist auch erforderlich. Sie ist auch im Sinne von § 45 Abs. 9 StVO zwingend geboten. Zwar ist der Beklagten Recht zu geben, dass es grundsätzlich Sinn und Zweck einer Grenzmarkierung ist, ein bereits gesetzlich bestehendes Parkverbot zu markieren und dadurch zu verdeutlichen. Somit ist eine Grenzmarkierung dann sinnvoll, wenn die Verkehrsteilnehmer das gesetzliche Verbot nicht ohne Weiteres erkennen können. Der Einwand, dass im vorliegenden Fall auch aufgrund der Garagen der Beigeladenen ohnehin ein gesetzliches Parkverbot besteht, das für jedermann problemlos erkennbar sei und auch eingehalten werde, greift indes nicht durch. Allein aus dem Bestehen der Garagen der Beigeladenen wird das Parkverbot, welches zugunsten des Klägers besteht, nicht hinreichend deutlich. Abgesehen davon, dass es auch Fallgestaltungen geben kann, in denen vor Ein- und Ausfahrten kein Parkverbot besteht, etwa wenn diese offensichtlich unbenutzt sind (vgl. Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 12 RdNr. 47), verkennt die Beklagte bei ihrer Argumentation die besondere örtliche Situation. Die Beklagte hätte recht, wenn überhaupt keine Grenzmarkierungen vorhanden wären. Die im Verlauf der ... bereits bestehenden Grenzmarkierungen sowie das sich anschließende Parkverbot gemäß Zeichen 286 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO verändern die Sach- und Rechtslage jedoch entscheidend. Durch die bereits vorhandenen Grenzmarkierungen im Verlauf der Straße, wechseln sich stetig und in kurzen Abschnitten Parkbereiche mit Bereichen des Parkverbotes ab. Die vorliegenden Grenzmarkierungen sowie das sich anschließende Parkverbot gemäß Zeichen 286 erwecken den Eindruck, dass das Parken jeweils dort, wo eine ausdrückliche Regelung getroffen worden ist, verboten, im Übrigen aber erlaubt ist. Abzustellen ist auf den durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer, der die getroffenen Anordnungen bei zumutbarer Aufmerksamkeit im Vorbeifahren und durch einen beiläufigen Blick erfassen, verstehen und befolgen können muss. Dabei gelten für den ruhenden Verkehr niedrigere Anforderungen als für den fließenden Verkehr (vgl. Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 39 RdNr. 33). Verkehrszeichen dürfen nicht zur Irreführung beitragen. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde. Vorliegend leistet die Beklagte zumindest mit Blick auf den durchschnittlichen parkplatzsuchenden Autofahrer dem Eindruck Vorschub, überall dort wo keine ausdrückliche Parkverbotsregelung bestehe, dürfe im Straßenverlauf geparkt werden, ohne dass noch auf eventuelle Garagen links und rechts der Straßen Rücksicht genommen werden müsste.
Hinzu kommt vorliegend ein weiterer Aspekt, nämlich die konkrete Zickzacklinie der Grenzmarkierung (Zeichen 299) gegenüber der ... Diese Grenzmarkierung trifft aus der Sicht des durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers, der sich nicht mit den Einzelheiten der örtlichen Verhältnisse näher befassen kann, die konkrete Regelung, dass Parken im Bereich der Grenzmarkierung verboten ist, aber sowohl davor als auch dahinter ausdrücklich erlaubt ist. Denn eine Grenzmarkierung kann auch konstitutive Wirkung haben. Zwar dient sie zunächst nur zur Verdeutlichung der räumlichen Begrenzung, d.h. einer vertretbaren Verlängerung oder Verkürzung von bestehenden Halt- und Parkverboten, begründet also nicht von sich selbst heraus ein Verbot, sondern setzt eine solches voraus und nimmt darauf Bezug. Eine Grenzmarkierung hat jedoch insoweit ausnahmsweise rechtsgestaltende Wirkung, als sie auf der Zickzacklinie das Parken konkret verbietet, außerhalb derselben aber ausdrücklich gestattet, selbst wenn von Rechtswegen außerhalb der Grenzmarkierungen ansonsten ein Parkverbot bestünde (vgl. Janiszewski, StVO, 16. Aufl. 2000, § 12 RdNr. 63; OLG Düsseldorf, B.v. 06.05.1987, Az: 5 Ss (OWi) 121/87 - 116/87 I, VRS 74/1988, 68 ff. bzw. Verkehrsrechtliche Mitteilungen, 1988, 23 mit Anmerkung; OLG Karlsruhe, B.v. 05.01.1978, Az: 2 Ss (B) 237/77, Justiz 1979, 237). Danach hat die Grenzmarkierung nach Zeichen 299 der StVO insoweit konstitutive Bedeutung. Sie trifft konkret die selbständige Regelung, dass im Einzelfall der ansonsten ohne die Markierung bestehende Parkverbotsbereich verkürzt wird. Die Zickzacklinie vermittelt die Regelung, dass nur hier das Parkverbot besteht, davor und dahinter aber nicht. Mit der Aufbringung der Grenzmarkierung gegenüber der Garagen ... hat die Beklagte zu Lasten des Klägers (und auch zu Lasten der Beigeladenen) in Abweichung von der gesetzlichen Vorgabe des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO objektiv eine Regelung getroffen, selbst wenn sie subjektiv die Reichweite dieser Regelung nicht erkannt hat und die Anordnung so nicht erlassen wollte. Die Beklagte hat durch die Aufbringung der Grenzmarkierung die gesetzlich bestehenden Parkverbote verändert. Insbesondere hat sie die vor bzw. gegenüber den Garagen kraft Gesetzes bestehende Parkverbotstrecke auf die Länge der Zickzacklinie verkürzt. Die Fallgestaltung entspricht insoweit einem vom OLG Düsseldorf (a.a.O.) entschiedenen Fall, in welchem ein kraft Gesetzes nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO bestehendes Parkverbot verkürzt wurde. Die konkrete Wirkung der Grenzmarkierung verändert die rechtliche Situation. Danach dürften parkplatzsuchende Autofahrer, die zu Recht annähmen, nur auf der Grenzmarkierung selbst bestehe das Parkverbot, direkt vor der Garage der Beigeladenen bzw. gegenüber der Garage des Klägers in straßenverkehrsrechtlich zulässiger Weise parken. Die vorhandene Grenzmarkierung widerspricht dem kraft Gesetzes nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO vorgesehenen Parkverbot, indem sie nicht den gesamten Verbotsbereich einbezieht.
Die besonderen Umstände gebieten, seitens der Beklagten erneut tätig zu werden und die vorhandene Grenzmarkierung so zu verlängern, dass sie wieder der Rechtslage des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO entspricht. Die bislang konkret aufgebrachte Grenzmarkierung gegenüber den Garagen des Klägers beeinflusst die öffentlich-rechtliche Parkverbotssituation und damit auch aus der Sicht des betroffenen Autofahrers dessen Parkmöglichkeiten.
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Verlängerung der beantragten Grenzmarkierung bis gegenüber den Garagen ... Zwar ist nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO der Verkehrsbehörde bei Erlass verkehrsrechtlicher Maßnahme grundsätzlich ein Ermessen eingeräumt und der Einzelne hat dann nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn, wie vorstehend dargelegt, die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind, d.h. die geltend gemachte erhebliche Gefährdung bzw. Beeinträchtigung subjektiver Rechte unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs und der Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar ist. Jedoch kann der Kläger eine bestimmte verkehrsrechtliche Entscheidung dann verlangen, wenn angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls einzig und allein diese rechtmäßig sein kann (vgl. Kopp/Schenke, § 113 VwGO, RdNrn. 31, 33, 86 m.w.N.). Der Kläger hat einen Anspruch auf Einschreiten der Beklagten, weil die mittlerweile vorhandene verkehrsrechtliche Situation, die ein Parken gegenüber seiner Garage ermöglicht, nicht zumutbar ist. Das Ermessen der Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht nur bei der Frage, ob überhaupt straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden sollen auf Null reduziert, sondern auch bei der Frage, welche konkrete Maßnahme zu treffen ist.
Im streitgegenständlichen Fall ist allein eine Verlängerung der Grenzmarkierung ermessensfehlerfrei. Sowohl das Belassen des jetzigen Zustands der teilweisen Grenzmarkierung gegenüber den Garagen des Klägers als auch die theoretische Möglichkeit der Entfernung dieser bestehenden Grenzmarkierung sind keine zumutbaren Maßnahmen. Die Argumentation der Beklagten, Dritte würden dort konkret ohnehin nicht parken, allenfalls die Beigeladenen bzw. deren Besucher, da für jeden sonstigen Dritten klar sein dürfte, dass vor den Garagen der Beigeladenen nicht geparkt werden dürfe, greift nicht durch, weil nach der oben skizzierten Rechtslage nicht ausgeschlossen ist, dass auch Dritte und Außenstehende (z.B. auch Besucher der Beigeladenen) an dieser Stelle parken. Auch ein individueller Hinweis an die Beigeladenen, das Parkverbot zugunsten des Klägers zu beachten, genügt nicht. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, die Beigeladenen würden seit geraumer Zeit nicht mehr gegenüber den Garagen ... parken; die vorliegenden Schreiben des Klägers vermitteln jedoch ein anderes Bild. Durch die oben skizzierte Regelung, die für den durchschnittlichen parkplatzsuchenden Autofahrer den Eindruck erweckt, er dürfe außerhalb der Grenzmarkierung auch vor bzw. gegenüber den Garagen in diesem Bereich parken, ist ein isoliertes Vorgehen der Beklagten nur gegenüber den Beigeladenen – selbst wenn diese im Regelfall die Hauptnutzer dieser Parkfläche sind – nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass die Beklagte durch die Aufbringung der Grenzmarkierung gegenüber der ... gerade selbst einen rechtswidrigen und irreführenden, nun zu beseitigenden Zustand geschaffen hat, indem sie das kraft Gesetzes bestehende Parkverbot konstitutiv verkürzt hat. Verstärkend tritt der Umstand der wechselnden Abschnitte mit und ohne Grenzmarkierungen im Verlauf der ... hinzu, der auf einen mit der konkreten örtlichen Situation nicht vertrauten parkplatzsuchenden Autofahrer den Eindruck macht, dort dürfe geparkt werden, wo kein ausdrückliches Parkverbot verkehrsrechtlich explizit angeordnet sei. Da demnach auch die gänzliche Entfernung der Grenzmarkierung gegenüber den Garagen ... und ... keine ermessensfehlerfreie Lösung ist, ist die Verlängerung der Grenzmarkierung zwingend erforderlich, um eine für den Autofahrer eindeutige und mit der Rechtslage in Einklang stehende Verkehrssituation zu schaffen.
Des Weiteren verfängt der Verweis auf eine mögliche Ahndung von eventuellen Parkverstößen nicht. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass ihre Parküberwachung und wohl auch die Polizei bei Parkverstößen vor bzw. gegenüber den Garagen nicht einschreiten wird, weil sie davon ausgeht, dass die Betreffenden dort berechtigt parken würden (was nach dem oben Gesagten konkret auch nicht fern liegt). Im Übrigen ist es keine Lösung, verkehrsordnende Maßnahmen mit der Begründung zu unterlassen, Anlieger könnten sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Anlieger können auch nicht darauf verwiesen werden, ständig ihre Mitbürger zu überwachen und anzuzeigen, um der Straßenverkehrsbehörde eventuell gebotene Maßnahmen zu ersparen (vgl. HessVGH, U.v. 05.04.1977, Az: II OE 74/75, Verkehrsrechtliche Mitteilung 1977 Nr. 112). Schließlich greift auch nicht der Hinweis auf mögliches zivilrechtliches Vorgehen wegen verbotener Eigenmacht. Die zivilrechtlichen Möglichkeiten sind kein geeignetes Mittel, die öffentlich-rechtliche Parksituation zu regeln.
Ergänzend ist noch anzumerken, dass die Beigeladenen durch die Verlängerung der Grenzmarkierung keinen rechtlichen Nachteil erfahren, weil dadurch nur die von Gesetzes wegen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO vorgesehene Parkverbotsregelung wieder hergestellt und verdeutlicht wird. Vielmehr wird durch die Verlängerung der Zickzacklinie auch zu ihren Gunsten ein Zustand beseitigt, der wie vorstehend ausgeführt straßenverkehrsrechtlich jedem Autofahrer erlaubt, vor der Garage der Beigeladenen außerhalb der bislang bestehenden Grenzmarkierung zu parken.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls einzig und allein die geforderte Verlängerung der Grenzmarkierung rechtmäßig ist. Der Kläger hat einen dahingehenden Anspruch zum Schutz seiner Rechte, wie sie im Rahmen der Klagebefugnis aufgezeigt sind, insbesondere auch um den Schutz seines Eigentums. Der Kläger ist in der Nutzung seines Grundstücks durch die bestehende Verkehrsregelung in unzumutbarer Weise eingeschränkt. Die Beklagte kann aufgrund der geschilderten Gesamtumstände nicht tatenlos zusehen, ohne sich den Vorwurf einzuhandeln, in rechtwidriger Weise in die Rechte des Klägers eingegriffen bzw. gebotene Maßnahmen zu dessen Schutz unterlassen zu haben. Fest steht damit, dass der Kläger einen Anspruch auf eine konkrete verkehrsrechtliche Anordnung zur Anbringung einer Grenzmarkierung gegenüber den Garagen ... hat.
Nach alledem hat die Klage in vollem Umfang Erfolg.
Die Kostenentscheidung resultiert aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird 5.000,00 EUR festgesetzt.
Die Kammer hat sich bei der Festsetzung des Streitwerts an Abschnitt II Nr. 46.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327, 1332) orientiert, der für eine verkehrsrechtliche Anordnung den Auffangwert von 5.000,00 EUR vorsieht.