Das Verkehrslexikon
Verwaltungsgericht Koblenz Urteil vom 22.02.2010 - 4 K 774/09.KO - Zur Anbringung von Sperrpfosten zwecks Erleichterung der Garageneinfahrt
VG Koblenz v. 22.02.2010: Zur Anbringung von Sperrpfosten zwecks Erleichterung der Garageneinfahrt
Das Verwaltungsgericht Koblenz (Urteil vom 22.02.2010 - 4 K 774/09.KO) hat entschieden:
- Infolge der Neufassung des § 43 Abs. 1 und 3 StVO sind (schlichte) Sperrpfosten seit dem 1. September 2009 keine Verkehrseinrichtungen mehr.
- Eine nach altem Recht erteilte (rechtswidrige aber wirksame) Zusicherung zur Errichtung von Sperrpfosten im öffentlichen Verkehrsraum zwecks Erleichterung der Grundstückseinfahrt/-ausfahrt hat ihre Bindungswirkung am 1. September 2009 verloren.(Rn.39)(Rn.40)
- Sie kann auch nicht als Zusage eines Realaktes aufrecht erhalten werden.(Rn.41)(Rn.42)(Rn.43)
- Ein Anspruch auf Anordnung der Sperrpfosten kann auch nicht mehr auf § 45 Abs. 1 und Abs. 4 StVO gestützt werden.
Tatbestand:
Die Kläger begehren von der Beklagten die Errichtung von Pollern im öffentlichen Verkehrsraum vor ihrer Grundstücksausfahrt, um zu verhindern, dass ihr Grundstück zugeparkt wird.
Sie sind Miteigentümer zu je ½ hinsichtlich des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in H., Flur 24, Parzelle 13/86. Das Grundstück grenzt an die Straße „Am H.“ (Parzelle 13/98).
Die Kläger und die beiden Eigentümer der Nachbarparzelle 13/74 besitzen zusammen ferner je einen Halbanteil an den Splitterparzellen 13/68 und 13/71.
An der Grenze zum Nachbargrundstück (Parzelle 13/74) steht die Garage der Kläger. Von der Garage bis zu der – von der Straße aus gesehen – rückwärtigen Grenze der Parzellen 13/68 und 13/71 verläuft ein Zaun. Der Zaun endet ca. 7 m vor dem Straßengrundstück, so dass es möglich ist, von dem Wohngrundstück auf die Splitterparzellen 13/86 und 13/71 zu gelangen, ohne die Straße zu benutzen.
Die Kläger sind ferner Miteigentümer zu ½ hinsichtlich der dem Wohngrundstück unmittelbar vorgelagerten Parzelle 13/88, die nur eine ca. 5 m breite Garagenzufahrt zum Wohngrundstück frei lässt. Im notariellen Kaufvertrag vom 24.02.1989, den die Kläger mit der Gemeinde abgeschlossen hatten, war vereinbart, dass um die neu erworbene Teilfläche herum ein zwei Meter breiter Streifen innerhalb der Straßenfläche verlaufen sollte.
Nach Angaben der Kläger wollte die Beklagte nur in diesem Zwei-Meter-Bereich einen Parkstreifen anlegen. Im Januar 1998 wurde aber nicht nur der Zwei-Meter-Streifen, sondern ein großer Teil der Fläche vor der Grundstücksausfahrt der Kläger (den diese als Wendehammer bezeichnen) und sogar um den Baum herum mit Rasengittersteinen befestigt. Die Kläger behaupten, dass die Rasengittersteine im Unterschied zu der asphaltierten Fahrbahn den Eindruck eines Parkplatzes erwecken und dass die Grundstücksausfahrt der Kläger deshalb immer wieder von anderen Fahrzeugen zugeparkt worden sei.
Am 3. August 2006 wurde die Widmung der Straße „Am H.“ (Parzelle 13/98) als Gemeindestraße öffentlich bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 wandten sich die anwaltlich vertretenen Kläger an die Beklagte und forderten die Aufstellung eines Parkverbotsschilds vor ihrer Grundstücksausfahrt. Zur Begründung legten sie zahlreiche Fotos vor, die parkende Autos vor der Grundstücksausfahrt zeigten. Mit Schreiben vom 28. September 2007 ergänzten sie ihr Anliegen dahin gehend, dass sie auch mit einem eingeschränkten Halteverbotsschild und mit Pollern einverstanden wären, die auf einer gedachten Linie vom Ende ihres Zauns bis zu dem Baum aufgestellt werden könnten, aber nur, soweit die Linie im öffentlichen Verkehrsraum verlaufe.
Die Beklagte antwortete dem Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 17. Oktober 2007:
„Nach wiederholter Rücksprache mit dem Ortsbürgermeister wird entsprechend unserer Absprache die Zufahrt Ihrer Mandantschaft nach rechts hin durch Poller abgegrenzt. Die Kennzeichnung von Parkflächen ist jedoch nicht vorgesehen. Eine Verdeutlichung des bestehenden Halteverbots (§ 12 Abs. 3 Ziff. 3 StVO) vor der Ausfahrt Ihres Mandanten durch Zeichen 286 StVO kommt gem. § 39 Abs. 1 StVO nicht in Betracht. Wir hoffen, dass mit dieser Maßnahme die bestehenden Probleme beseitigt werden und stehen für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.“
Die Kläger sahen darin eine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG. Mit Schreiben vom 16. Januar 2008 nahmen sie Bezug auf diese Zusicherung und trugen vor, die Beklagte habe zwar zunächst Poller angebracht, diese jedoch auf Grund von Einwendungen der Nachbarn wieder beseitigt. Die Einwendungen der Nachbarn seien nicht berechtigt. Deshalb müsse die Beklagte die Poller bis spätestens 7. Februar 2008 wieder anbringen.
Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 23. Januar 2008 den Prozessbevollmächtigten der Kläger wie folgt:
„Einzelne Hinweise und Einwände von Nachbarn haben uns bewogen, von der Anbringung der Poller abzusehen. Wir gehen davon aus, dass eine entsprechende Markierung vor dem Grundstück Ihrer Mandantschaft ausreichen wird, die freie Zu- und Ausfahrt zu gewährleisten. Diese Maßnahme trägt nach unserer Auffassung allen Anwohnern, einschließlich Ihrer Mandantschaft, Rechnung und dürfte das Problem lösen. Sollten Sie diese Auffassung nicht teilen, stellen wir anheim, gerichtliche Schritte einzuleiten. Wir weisen jedoch nochmals darauf hin, dass Ihre Mandantschaft, wie jeder andere Grundstücksbesitzer, jederzeit die Ordnungsbehörde informieren kann, wenn die Grundstückseinfahrt zugeparkt wird und die Ein-/Ausfahrt nicht möglich ist. Unser Außendienst wird dann unverzüglich die notwendigen Schritte einleiten, ggfs. lässt er das Fahrzeug abschleppen.“
Eine Rechtsmittelbelehrung war nicht beigefügt.
In der Folgezeit ließ die Beklagte auf den Rasengittersteinen vor der Grundstücks-ausfahrt eine weiße Farbmarkierung in Form eines waagrecht liegenden „X“ anbringen.
Die Kläger wandten sich mit Schreiben vom 14. Februar 2008 an die Kreisverwaltung Montabaur und forderten diese auf, „die Sicherstellung der Ein- und Ausfahrt“ durch Poller oder durch eine absolute Halteverbotszone zu gewährleisten. Hierfür setzten sie eine Frist bis zum 7. März 2008.
Am 25.März 2008 hatten die Kläger sodann Klage gegen die Beklagte erhoben (3 K 339/08.KO) mit dem Ziel, diese zu verurteilen, 80 cm hohe Poller in gerader Linie zwischen dem Zaun und dem Baum in einem solchen Abstand anzubringen, dass Personenkraftwagen nicht mehr dazwischen fahren könnten. Sie trugen vor, die weiße Markierung vor ihrem Grundstück werde von den parkenden Autos missachtet. Hierzu legten sie zahlreiche Fotos vor, auf denen nicht nur die Autos auf den Rasengittersteinen im Bereich der weißen Farbmarkierung, sondern auch ein Anhänger der Kläger auf den Splitterparzellen 13/68 und 13/71 zu erkennen ist, welcher die Ausfahrt nach links versperrt.
Die Klage wurde mit Urteil vom 24. November 2008 – 3 K 339/08.KO – als unzulässig abgewiesen, weil es an dem erforderlichen Vorverfahren gefehlt habe. Die begehrten Poller seien Verkehrseinrichtungen im Sinne des § 43 StVO und damit Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen. Das Schreiben der Beklagten vom 23. Januar 2008 sei ein Ablehnungsbescheid gewesen und das Schreiben der Kläger vom 14. Februar 2008 an die Kreisverwaltung sei nicht als Widerspruch zu werten. Da der Ablehnungsbescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe, könne ein Widerspruch noch bis zum Ablauf der Jahresfrist eingelegt werden.
Daraufhin legten die Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2009, eingegangen am 13. Januar 2009, Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Januar 2008 ein. Sie beriefen sich erneut auf die ihres Erachtens erteilte Zusicherung vom 17. Oktober 2007 und darauf, dass die weiße Farbmarkierung von den nach wie vor parkenden Autos missachtet werde, was sie mit Fotos belegten. Darüber hinaus ergebe sich der Anspruch auf Anbringung der Poller auch aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Das Ermessen der Behörde sei zugunsten der Kläger reduziert. Den Klägern sei es nicht zumutbar, die Falschparker bei der Behörde anzuzeigen, da es sich um Bekannte von in der Nachbarschaft wohnenden Personen handele. Außerdem gebiete der Gleichheitssatz die Freihaltung einer geradlinigen Grundstücksausfahrt, denn diese Möglichkeit sei für alle andern Grundstücke geschaffen worden.
Mit Nichtabhilfebescheid vom 28. Januar 2009 wies die Beklagte darauf hin, dass die weiße Farbmarkierung im Vergleich zu starren Pfosten einen geringeren Eingriff in den Straßenverkehr darstelle, denn die Markierung behindere nicht das Wenden auf der Straße. Außerdem würden Pfosten erfahrungsgemäß immer wieder beschädigt und müssten auf Kosten der Allgemeinheit erneuert werden. Der Außendienst habe bei Kontrollen zu verschiedenen Zeiten, auch an Wochenenden und in den Abendstunden, keine Behinderungen der Grundstücksausfahrt festgestellt. Die Kläger hätten auch keine Behinderungen gemeldet.
Nachdem die Kläger den Kreisrechtsausschuss aufgefordert hatten, bis spätestens 15. Juni 2009 über den Widerspruch zu entscheiden, haben sie am 15. Juli 2009 Untätigkeitsklage erhoben. Sie wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen und tragen ergänzend vor, die Beklagte habe auch an drei anderen Stellen des Gemeindegebiets Poller aufgestellt, nämlich am Dorfplatz, an der Kurve zwischen B.-Straße und R.-Straße und auf der Straße Am alten B. in Richtung E.-Parkplatz. Außerdem legen sie neue Fotos aus der Zeit vom 28. Januar bis 8. Februar 2010 vor, auf denen jeweils ein parkendes Fahrzeug im Bereich der Rasengittersteine zu sehen ist.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 23. Januar 2008 zu verpflichten, gegenüber der Straßenbaubehörde anzuordnen, dass die Zufahrt zum Grundstück der Kläger (Flur 24, Parzelle 13/86) – in Einfahrtsrichtung nach rechts hin – in der Weise abgegrenzt wird, dass auf der mit Rasengittersteinen befestigten, unmittelbar vor der Grundstücksausfahrt liegenden Straßenfläche Poller in Form von im Erdboden verankerten, mindestens 80 cm hohen Metallstangen angebracht werden; die Poller müssen auf einer geraden Linie zwischen dem Ende des vor der Garage der Kläger befindlichen Zauns und dem auf der Rasengitterfläche stehenden Baum – aber nur im öffentlichen Verkehrsraum – mit solchen Abständen verwirklicht werden, dass ein Durchfahren der Abgrenzung für Personenkraftwagen unmöglich ist,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, die Aufstellung der beantragten Poller zu veranlassen,
äußerst hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. Januar 2008 zu verpflichten, über den Antrag der Kläger vom 16. Januar 2008 auf Anordnung der oben genannten Poller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Das Schreiben vom 17. Oktober 2007 enthalte keine Zusicherung. Die Beklagte habe darin keine verbindliche Erklärung abgegeben, sondern nur eine Auskunft erteilt. Selbst wenn eine Zusicherung vorgelegen haben sollte, sei diese mit Schreiben vom 23. Januar 2008 konkludent zurück genommen worden. Die Kläger hätten die Möglichkeit, am Ende ihres Zauns nach links aus dem Grundstück herauszufahren. Dort hätten sie jedoch einen Hänger abgestellt. Würde die Beklagte die beantragten Poller aufstellen, würde dadurch die Zufahrt zum Nachbargrundstück (Parzellen 13/74) unzumutbar erschwert. Im Übrigen habe die Beklagte nirgendwo Poller zum Schutz privater Garagenausfahrten errichtet bzw. veranlasst.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift und auf die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Es kann dahin stehen, ob die Klage als Untätigkeits-Verpflichtungsklage oder als allgemeine Leistungsklage zu betrachten ist. Soweit die Klage auf § 45 StVO gestützt ist, indem die Kläger (vermeintliche) Verkehrseinrichtungen in Form von Allgemeinverfügungen begehren, bestehen keine Bedenken gegen eine Untätigkeits-Verpflichtungsklage, denn über den Widerspruch der Kläger vom 7. Januar 2009 wurde ohne sachlichen Grund nicht in angemessener Zeit entschieden (§ 75 VwGO). Soweit die Klage auf Erfüllung einer Zusicherung gerichtet ist, nämlich auf Erlass der zugesagten Poller (Allgemeinverfügungen), war die am 15. Juli 2009 erhobene Untätigkeitsklage – wie noch auszuführen ist – nur bis zur Rechtsänderung am 1. September 2009 statthaft. Danach konnte sie insoweit als allgemeine Leistungsklage fortgesetzt werden.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Kläger können ihr Begehren weder auf eine Zusicherung bzw. Zusage noch auf § 45 StVO stützen.
Zunächst ist davon auszugehen, dass das Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2007 eine wirksame, wenn auch rechtswidrige Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG in Verbindung mit § 1 LVwVfG enthielt. Eine Zusicherung ist demnach die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ob eine derartige Zusage vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Am 17. Oktober 2007 galt § 43 StVO noch in der alten Fassung. Nach § 43 Abs. 1 StVO a.F. waren Sperrpfosten Verkehrseinrichtungen und nach § 43 Abs. 2 StVO a.F. entfalteten Verkehrseinrichtungen Regelungswirkungen. Mithin waren Poller nach herrschender Meinung Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen (vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.10.2003, NuR 2005, 415 und VG Koblenz, Urteil vom 24.11.2008 – 3 K 339/08.KO –). Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen waren auch ohne weiteres zusicherungsfähig (BVerwG, Urteil vom 25.01.1995, NJW 1995, 1977). Die Kenntnis dieser Rechtsprechung muss bei der Unteren Verkehrsbehörde als bekannt voraus gesetzt werden. Dass das Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2007 jedenfalls mehr als eine bloße Auskunft enthielt, folgt daraus, dass andere Maßnahmen, nämlich die Kennzeichnung von Parkflächen und die Anbringung eines Halteverbots (Verkehrszeichen Nr. 286) ausdrücklich abgelehnt wurden. Hinzu kommt, dass die Beklagte die Hoffnung zum Ausdruck brachte, dass „mit dieser Maßnahme“ die bestehenden Probleme beseitigt würden. Eine bloße Auskunft (etwa, dass die Beklagte lediglich erwäge, die Poller anzubringen), wäre keine „Maßnahme“ gewesen und wäre als solche noch nicht geeignet gewesen, die bestehenden Probleme zu beseitigen.
Die Zusicherung war von Anfang rechtswidrig, denn sie verstieß gegen § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO. Danach durften Verkehrseinrichtungen nur dort angeordnet werden, wo sie aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten waren. Letzteres war hier nicht der Fall. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob dem Vortrag der Kläger oder der Beklagten hinsichtlich des „Zuparkens“ zu folgen ist. Denn selbst wenn es zutrifft, dass die Grundstücksausfahrt „immer wieder“ zugeparkt war, brauchten die Kläger nur ihren Hänger von den Parzellen 13/68 bzw. 13/71 zu entfernen, um eine ungehinderte Ein- und Ausfahrt zu ihrer Garage zu haben. Auch wenn diese Ein- bzw. Ausfahrt schräg zur Garage verlaufen wäre, bedeutete dies nicht, dass die Poller zwingend notwendig gewesen wären. Denn niemand hat einen Anspruch auf geradlinige Grundstücksausfahrt.
Insoweit war das Ermessen der Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zugunsten der Kläger verdichtet. Zum einen trifft es nicht zu, dass alle andern Grundstückseigentümer eine geradlinige Ausfahrt haben (vgl. die Parzellen 13/43 und 13/44, wo sogar ein rechtwinkliges Abbiegen erforderlich ist), und zum andern ist diese Situation nicht von der Beklagten als Untere Verkehrsbehörde verursacht worden. Ein Recht zur Gleichbehandlung gibt es nur gegenüber derjenigen Behörde, die in ihrem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich eine ständige Verwaltungspraxis ausgeübt und dadurch ihr Ermessen selbst gebunden hat.
Die an anderen Stellen des Gemeindegebiets angebrachten Poller führen ebenfalls nicht zu einer Verdichtung des Ermessens zugunsten der Kläger. Sie wurden ausschließlich im öffentlichen Interesse errichtet; nirgendwo wurde eine öffentliche Verkehrsfläche abgeriegelt, um eine private Garagenausfahrt zu erleichtern.
Gleichwohl war die Zusicherung der Verkehrseinrichtungen wirksam. Zu ihrer Wirksamkeit ist nach § 38 VwVfG lediglich erforderlich, dass sie von der zuständigen Behörde in schriftlicher Form erteilt wird. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Anhörung „Beteiligter“ oder die Mitwirkung anderer Behörden war nicht erforderlich, denn über die Aufstellung und Entfernung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen entscheidet nach § 45 Abs. 3 StVO allein die zuständige Straßenverkehrsbehörde (BVerwG, a.a.O.).
Aus einer wirksamen Zusicherung kann auf Erfüllung geklagt werden (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 38 Rdn. 122). Dies gilt auch dann, wenn die Zusicherung rechtswidrig ist. Denn § 38 VwVfG nimmt in Kauf, dass durch rechtswidrige Zusicherungen auch solche subjektive öffentliche Rechte geschaffen werden, die das Gesetz nicht vorsieht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 38 Rdn. 34).
Allerdings hat die Zusicherung inzwischen ihre Wirksamkeit verloren. Dabei kann dahin stehen, ob die Wirksamkeit bereits dadurch entfallen ist, dass sich die Zusicherung durch die ursprüngliche Anbringung der Poller erledigt hat (§ 43 Abs. 2 VwVfG), oder ob sie durch die anschließende Beseitigung der Poller oder spätestens durch das Schreiben vom 23. Januar 2008 konkludent zurück genommen wurde. Würde man letzteres annehmen, müsste in dem Widerspruch der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Januar 2008 zugleich auch ein konkludenter Widerspruch gegen die in diesem Schreiben enthaltene konkludente Rücknahme gesehen werden. Insoweit bedurfte es jedoch keiner Erweiterung der (Untätigkeits-)Klage durch eine zusätzliche Anfechtungsklage gegen die Rücknahme, denn die Wirksamkeit der Zusicherung ist jedenfalls infolge des Wegfalls der Bindungswirkung nach § 38 Abs. 3 VwVfG entfallen.
Nach § 38 Abs. 3 VwVfG ist die Behörde nicht mehr an die Zusicherung gebunden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nach Abgabe der Zusicherung derart ändert, dass die Behörde die Zusicherung bei Kenntnis der Änderung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Im vorliegenden Fall hat sich die Rechtslage mit Wirkung vom 1. September 2009 geändert. Durch Art. 1 der Verordnung vom 5. August 2009 (BGBl I S. 263) wurden § 43 Abs. 1 und Abs. 3 StVO neu gefasst. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 StVO n.F. sind Verkehrseinrichtungen rot-weiß gestreifte Schranken, Sperrpfosten, Absperrgeräte sowie Leiteinrichtungen. Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 StVO n.F. ergeben sich die Verkehrseinrichtungen nach Absatz 1 Satz 1 aus der Anlage 4. Die Anlage 4 enthält in Abschnitt 1 die rot-weiß gestreiften Kennzeichnungen für vorübergehende Hindernisse und in Abschnitt 2 die Einrichtungen zur Kennzeichnung von dauerhaften Hindernissen oder sonstigen gefährlichen Stellen. Mit Ausnahme des Zeichens 620 (Leitpfosten) sind alle Verkehrseinrichtungen rot-weiß gestreift. Die Anlage 4 enthält keine „Sperrpfosten“, obwohl § 43 Abs. 1 Satz 1 StVO n.F. nach wie vor Sperrpfosten erwähnt. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich dadurch auflösen, dass die in der Anlage 4 genannten Zeichen auch ortsfest mit Pfosten im Straßenraum verankert werden können, so dass sie zugleich die Funktion von Sperrpfosten übernehmen. Jedenfalls folgt aus der ausdrücklichen Verweisung des § 43 Abs. 3 Satz 1 StVO n.F. auf die Anlage 4, dass die Darstellungen in der Anlage 4 abschließender Natur sein sollen. Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung zur 46. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BR-Drucks. Nr. 153/09). Danach ermöglicht es die neue Struktur in der Anlage 4, „sämtliche Verkehrseinrichtungen“ auf einen Blick zu erfassen (a.a.O. S. 101). Deshalb können (bloße) Poller seit dem 1. September 2009 nicht mehr als Sperrpfosten bzw. als Verkehrseinrichtungen im Sinne des § 43 StVO n.F. betrachtet werden. Sie sind allenfalls Straßenzubehör im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 4 LStrG (Verkehrsanlagen aller Art), wenn sie der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen. Andernfalls sind sie Gegenstände im Sinne des § 32 StVO.
Daraus folgt, dass die begehrten Poller auch keine Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen mehr sind. Also können sie aus rechtlichen Gründen nicht mehr im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG zugesichert werden. Damit ist die Bindungswirkung der Zusicherung entfallen.
Allerdings wird von einem Teil der Literatur und Rechtsprechung die Meinung vertreten, dass § 38 VwVfG analog auch auf die Zusage von Realakten anwendbar sei (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rdn. 29 ff und Rdn. 47 mit weiteren Nachweisen). Folgt man dieser Auffassung, dann wäre es denkbar, die ehemalige Zusicherung einer Verkehrseinrichtung in die Zusage eines Realaktes umzudeuten. Aber auch dann würde die analoge Anwendung des § 38 Abs. 3 VwVfG zu einem Wegfall der Bindungswirkung führen. Denn die Poller dürfen aus straßenrechtlichen und verkehrsrechtlichen Gründen nicht (mehr) zugesagt werden.
Die begehrten Poller sind im vorliegenden Fall keine „Verkehrsanlagen aller Art“ im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 4 LStrG. Sie dienen nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs. Sie stellen vielmehr ein Hindernis im befahrbaren Straßenraum dar. Die Straße „Am H.“ (Parzelle 13/98) wurde am 3. August 2006 vollständig und ohne Einschränkungen als Gemeindestraße gewidmet. Der Umstand, dass die Straße teilweise asphaltiert und teilweise mit Rasengittersteinen befestigt ist, ändert daran nichts. Die Poller sind auch nicht zum Schutz der Anlieger gerechtfertigt. Abgesehen davon, dass die Poller für die übrigen Straßenanlieger keinerlei Schutzwirkung entfalten, sind sie zum Schutz der Garagenausfahrt der Kläger auch nicht erforderlich. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach die Kläger nur ihren Hänger von den Parzellen 13/68 bzw. 13/74 zu entfernen brauchen.
Nach § 32 Satz 1 StVO ist es verboten, Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Da diese Vorschrift schon das bloße Verbringen von Gegenständen auf die Straße erfasst, gilt sie erst recht für das Einbetonieren von Gegenständen in der Straße, sofern dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wenn Metallpfosten im befahrbaren öffentlichen Straßenraum befestigt werden, kann dadurch der Fahrzeugverkehr gefährdet oder erschwert werden. Außerdem kann unter den Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO sogar eine Ordnungswidrigkeit vorliegen.
Es handelt sich auch nicht um den Sonderfall, dass Poller auf Gehwegen befestigt werden, um dort das Parken von Fahrzeugen zu verhindern (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.1995, NJW 1995, 2172). Rasengittersteine sind keine Gehwege und die Straßenparzelle 13/98 wurde uneingeschränkt als Gemeindestraße gewidmet. Sie ist folglich überall dort, wo keine Gehwege vorhanden sind, befahrbar. Der Umstand, dass ein Teil der Straßenfläche asphaltiert ist und ein anderer Teil mit Rasengittersteinen befestigt ist, ändert daran nichts.
Folglich ist die Bindungswirkung der Zusicherung am 1. September 2009 auch dann entfallen, wenn § 38 VwVfG analog auf die Zusage von Realakten anwendbar ist.
Die Kläger können ihr Begehren auch nicht auf § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO stützen. Zwar ist anerkannt, dass diese Vorschrift nicht nur der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dient, sondern auch den Individualrechtsgütern eines Anliegers dienen kann. Insoweit kommt zumindest ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 03.07.1986, NJW 1987, 1096). Allerdings bezieht sich dieser Anspruch nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Anbringung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, denn nach § 45 Abs. 4 StVO dürfen die Straßenverkehrsbehörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln. Da (schlichte) Poller seit dem 1. September 2009 keine Sperrpfosten bzw. keine Verkehrseinrichtungen im Sinne des § 43 StVO n.F. mehr sind, entfällt ein Anspruch aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO.
Der Hilfsantrag hat nach alledem ebenfalls keinen Erfolg.
Nur am Rande weist das Gericht noch darauf hin, dass eine Fahrbahnmarkierung in Form eines „X“ in der StVO zwar nicht ausdrücklich vorgesehen war und ist (vgl. § 41 Abs. 3 StVO a.F. und StVO, Anlage 2, Abschnitt 9, n.F.). Allerdings folgt aus Ziffer IV Nr. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu den §§ 39 bis 43 StVO, dass Markierungen nach den Richtlinien für die Markierung von Straßen (RMS) auszuführen sind. In der RMS vom 15.01.1980 (Verkehrsblatt 1980, 184) war eine Markierung in X-Form noch nicht enthalten. Sie wurde jedoch unter Ziffer 2.3 der Neufassung vom 23.08.1993 als eine weitere Möglichkeit „für die zusätzliche Kennzeichnung von Halt- und Parkverboten“ eingeführt. Da das Parken vor Grundstücksein- und -ausfahrten nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO verboten ist, handelt es sich bei der Markierung vor dem Grundstück der Kläger um eine zusätzliche Kennzeichnung im Sinne der Richtlinien. Sie ist nicht um ihrer selbst willen, sondern als Hinweis auf das gesetzliche Parkverbot zu beachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 abs. 2 VwGO.
Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, denn die Änderung der Rechtsnatur von Sperrpfosten (in Form schlichten Pollern) ist von grundsätzlicher Bedeutung.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.