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Verwaltungsgericht Bremen Urteil vom 13.08.2009 - 5 K 236/09 - Zum kostenpflichtigen Abschleppen bei Parken im Taxistand
VG Bremen v. 13.08.2009: Zum kostenpflichtigen Abschleppen bei Parken im Taxistand
Das Verwaltungsgericht Bremen (Urteil vom 13.08.2009 - 5 K 236/09) hat entschieden:
Ein in einem Taxistand verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug ist kostenpflichtig abzuschleppen. Dabei kommt es Interesse eines möglichst reibungslosen Taxiverkehrs nicht darauf an, ob im Einzelfall mit einer konkreten Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Taxifahrers zu rechnen ist.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid aus Anlass einer eingeleiteten Abschleppmaßnahme.
Der Kläger parkte am Donnerstag, den 07. Februar 2008, mindestens in der Zeit von 00.10 bis 00.18 Uhr seinen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen HB in Bremerhaven, Theodor-Heussplatz auf einem Taxenstand (Höhe Spielcasino).
Eine Polizeibeamtin bestellte nach erfolglosem Versuch einer telefonischen Benachrichtigung einen Abschleppwagen. Das Abschleppen erfolgte jedoch nicht, da der Kläger vor Eintreffen des Abschleppwagens erschien und das Fahrzeug selbst entfernte. Auf das Anhörungsschreiben vom 15. Februar 2008 erwiderte der Kläger mit Schreiben von 22. und 29. Februar 2008, dass er das Verwarnungsgeld in Höhe von 15,00 Euro für den Parkverstoß akzeptiere. Er habe jedoch niemanden behindert, denn es habe kein Taxi am Taxenstand beim Spielcasino gestanden. Lediglich an dem Taxenstand im Bereich Kinocenter und Gaststätte „Bodega“ in der Straße Karlsburg habe ein Taxi gestanden. Der Taxenstand gegenüber dem Spielcasino sei eine öffentliche Parkfläche, die seinerzeit erst ab 23.00 Uhr als Taxenstand ausgewiesen gewesen sei. Wofür dieser neben dem neuen Taxenstand in der Karlsburg benötigt werde, sei nicht nachvollziehbar. Am besagten Tag, einem Donnerstag, habe es zudem keine Behinderung gegeben, da es im Theater keine Veranstaltung gegeben habe, die später als 22.00 Uhr geendet habe und im Kino die üblichen Veranstaltungen gelaufen seien, die erfahrungsgemäß nicht durch Taxifahrten abgeschlossen würden.
Mit Bescheid vom 13. März 2008 setzte die Ortspolizeibehörde Bremerhaven gegen den Kläger Kosten für die Anfahrt des Abschleppwagens in Höhe von 45,00 Euro und eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,00 Euro fest. Zur Begründung wurde angeführt, das Abschleppen eines unberechtigt auf einer als Taxenstand ausgewiesenen Verkehrsfläche geparkten Fahrzeugs sei nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 13.09.2005 auch ohne konkrete Beeinträchtigung des Taxiverkehrs verhältnismäßig. Die Funktion von Taxiständen sei nur gewährleistet, wenn diese jederzeit von verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen freigehalten würden. Außerdem seien die Polizeibeamten vor Ort nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Bedarf an freizuhaltender Fläche vielleicht überschritten sei. Diese Aufgabe obliege der Straßenverkehrsbehörde.
Gegen den Kostenfestsetzungsbescheid ließ der Kläger am 03. April 2008 anwaltlich Widerspruch einlegen. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er das Vorbringen im Anhörungsverfahren. Der Taxenstand gegenüber dem Spielcasino sei wohl im Hinblick auf den am Wochenende herrschenden Publikumsverkehr beibehalten worden. Der Vorfall habe sich jedoch an einem Donnerstag, also einem nicht stark frequentierten Tag, ereignet, was sich auch daran zeige, dass bei seiner Rückkehr um ca. 0.30 Uhr lediglich ein Taxi am Taxenstand an der Karlsburg gestanden habe. Die eingeleitete Abschleppmaßnahme stelle eine reine Willkürmaßnahme dar. Die Metropole Hamburg sei mit der Stadt Bremerhaven nicht vergleichbar, so dass eine Parkproblematik wie in Hamburg nicht auftrete. Des Weiteren sei auch die Funktion des Taxenstandes nicht gefährdet gewesen; er bestreite, dass außerhalb der stark frequentierten Zeiten am Wochenende dort jemals mehr als drei Taxen warteten.
Den Widerspruch wies der Senator für Inneres und Sport mit Bescheid vom 28. Mai 2008, zugestellt am 27. Januar 2009, zurück. Die Begründung, dass durch das abgestellte Fahrzeug keine Behinderung eingetreten sei, sei zurückzuweisen. Da der Kläger nicht zum Kreis der Parkberechtigten auf dem amtlich ausgeschilderten Taxenstand gehöre, habe eine Behinderung des Taxiverkehrs vorgelegen. Das Verkehrszeichen 229 StVO mit Zusatzschild „23 – 5h“ bestimme, dass ausschließlich Taxen in dem angegebenen Zeitraum in diesem Bereich parken dürften. Gleichzeitig bestehe in diesem Zeitraum ein Haltverbot für alle übrigen Verkehrsteilnehmer. Dieses ergebe sich aus dem Zeichen 283 StVO (Haltverbot), welches in Verbindung mit der Aufschrift „TAXI“ einen Taxenstand kennzeichne. Dass in diesem Zeitraum keine Veranstaltungen stattgefunden hätten, sei unerheblich, denn dies rechtfertige kein verbotswidriges Parken auf einem Taxenstand. Berechtigte könnten unabhängig von Veranstaltungen jederzeit nach Beendigung einer Fahrt ihren Taxenstand nutzen.
Der Kläger hat am 24. Februar 2009 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt er vor, erfahrungsgemäß führen die herannahenden Taxen unmittelbar vor das Stadttheater, um so eventuelle Gäste aus dem Restaurant, dem Stadttheater und der Diskothek aufzunehmen. Zudem gebe es am Mittwoch erfahrungsgemäß weniger Publikumsverkehr. Er bestreite, dass das abgestellte Fahrzeug zum Zeitpunkt der Beauftragung der Ersatzvornahme ein Taxi behindert habe bzw. dass dort mehr als ein oder zwei Taxen zum Abruf bereit gewesen seien. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die dort aufgelaufenen Taxifahrer aufgrund ihrer Verärgerung über das dort abgestellte Fahrzeug die Polizei gerufen hätten.
Der Kläger beantragt,
1. den Kostenfestsetzungsbescheid der Ortspolizeibehörde der Seestadt Bremerhaven zum Aktenzeichen 90/32U vom 13.03.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Senators für Inneres vom 20.01.2009 zum Aktenzeichen 30-2\\120-10-09/013) aufzuheben;
- die Hinzuziehung seines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides. Ergänzend trägt sie vor, dass weder dem unberechtigt parkenden Verkehrsteilnehmer eine Einschätzungsbefugnis darüber zugestanden werden könne, ob und gegebenenfalls welche Anzahl von Plätzen eines Taxenstandes benötigt würden, noch den einschreitenden Polizeibeamten eine entsprechende Prognose angesonnen werden könne. Der zeitlich befristete Taxenstand am Theodor-Heuss-Platz sei als Nachrückplatz für den Taxenstand Karlsburg eingerichtet worden. In unmittelbarer Nähe der Taxenstände befänden sich ein neu eröffnetes und gut besuchtes Lokal sowie eine Diskothek, die nicht nur am Wochenende, sondern auch mittwochs ab 22.00 Uhr geöffnet habe.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 03. Juli 2009 auf die Einzelrichterin übertragen.
Das Gericht hat Beweis erhoben zu dem streitgegenständlichen Abschleppvorgang durch Befragung der Zeugin W. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Die den Kläger betreffenden Akten haben dem Gericht vorgelegen; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit das Urteil darauf beruht.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch die Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist.
II.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
II.1. Rechtsgrundlage für die im Kostenfestsetzungsbescheid vom 13. März 2008 festgesetzten Kosten und die Verwaltungsgebühr sind die §§ 11, 15, 19 Abs. 3 Bremisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (BremVwVG) i. V. m. § 40 Bremisches Polizeigesetz (BremPolG). Nach §§ 1, 40 BremPolG i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 1 BremVwVG kann Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr geboten erscheint und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. Zwangsmittel sind nach § 13 BremVwVG sind (Nr. 1) Zwangsgeld, (Nr. 2) Ersatzvornahme und (Nr. 3) unmittelbarer Zwang. Nach § 15 BremVwVG kann die Vollzugsbehörde einen anderen mit der Vornahme der Handlung auf Kosten des Pflichtigen beauftragen, wenn die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt wird. Wird die Handlung auf Kosten des Pflichtigen im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt, so setzt die Vollzugsbehörde die ihr daraus entstandenen notwendigen besonderen Aufwendungen (Kosten) nach § 19 Abs. 3 BremVwVG gegenüber dem Pflichtigen fest.
II.2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Einleitung der Abschleppmaßnahme im Wege der Ersatzvornahme lagen vor. Indem der Kläger sein Fahrzeug an einem Taxenstand parkte, begründete er eine Störung der öffentlichen Sicherheit. Die öffentliche Sicherheit umfasst unter anderem die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung und die subjektiven Rechtsgüter des Einzelnen (§ 2 Nr. 2 BremPolG). Der Pkw des Klägers war unter Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 9 StVO und damit ordnungswidrig geparkt. Das Verkehrszeichen 229 StVO („Taxenstand“) war deutlich sichtbar aufgestellt. Das darin enthaltene Haltverbotszeichen enthält neben dem Verbot des Haltens nicht parkberechtigter Verkehrsteilnehmer zugleich das Gebot des Wegfahrens und hält damit zur Vornahme einer vertretbaren Handlung an (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1996, Az. 11 C 15/95). Den Kläger traf daher die Verpflichtung, das ordnungswidrig geparkte Fahrzeug wegzufahren. Hierin liegt eine vertretbare Handlung im Sinne des § 15 BremVwVG. Die Polizeibeamtin handelte gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 BremVwVG im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse aus der Befugnisgeneralklausel des § 10 Abs. 1 BremPolG i.V.m. § 64 Abs. 1 S. 2 BremPolG. Einer Androhung nach § 17 Abs. 1 BremVwVG bedurfte es nicht, da es sich um eine Maßnahme im Sofortvollzug nach § 11 Abs. 2 BremVwVG handelte.
II.3. Die Beklagte hat bei der Veranlassung der Abschleppmaßnahme auch ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat weder die Ermessensgrenzen überschritten noch von dem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch gemacht (§ 114 VwGO). Die eingeleitete Ersatzvornahme war insbesondere verhältnismäßig. Eine Abschleppmaßnahme ist grundsätzlich verhältnismäßig, wenn sie im Hinblick auf den angestrebten Erfolg der Erfüllung der von dem Pflichtigen vorzunehmenden vertretbaren Handlung, das Entfernen des Kraftfahrzeugs, geeignet, als einzig wirksames Mittel erforderlich und auch unter Abwägung mit dem für den Pflichtigen eintretenden Nachteil angemessen ist. Auf ein Verschulden beim Verbotsverstoß kommt es nicht an. Nach diesen Maßgaben war die Anordnung, das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug des Klägers abzuschleppen, rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Einleitung der Abschleppmaßnahme war zum Zeitpunkt der Beauftragung des Abschleppunternehmens das einzig geeignete Mittel zur Beseitigung der Störung der öffentlichen Sicherheit. Die Maßnahme war auch angemessen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.02.2002, Az. 3 B 149/01; vom 01.12.2000, Az. 3 B 51.00; Urt. v. 14.05.1992, Az. 3 C 3.90; Beschl. v. 06.07.1983, Az. 7 B 182.82 und 7 B 179.89 und Beschl. v. 26.01.1988, Az. 7 B 189.87) rechtfertigt ein bloßer Verstoß etwa gegen straßenverkehrsrechtliche Verbote ohne konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer allein nicht ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme. Auch ohne konkrete Behinderungen sind Abschleppmaßnahmen aber nicht ausgeschlossen, hierbei bekommen die gegenläufigen Interessen des Betroffenen naturgemäß jedoch ein größeres Gewicht. Eine rechtmäßige Abschlepppraxis darf dabei in zulässiger Weise auch spezial- und generalpräventive Zwecke verfolgen; soweit Verkehrsteilnehmer nach Erfahrung der zuständigen Behörden zunehmend dazu übergehen, mit Hilfe von entsprechenden Angaben unter Inkaufnahme von Bußgeldern, aber in Erwartung eines hieraus folgenden „Abschlepp-Schutzes" Verkehrsverstöße zu begehen, die andere Verkehrsteilnehmer behindern, steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Abschlepppraxis, die solche Missstände zurückzudrängen sucht, nicht entgegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.02.2002, Az. 3 B 149/01). So ist nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung das Abschleppen eines im absoluten Haltverbot verbotswidrig abgestellten Kfz möglich, ohne dass es einer konkreten Verkehrsbehinderung bedarf (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1989, Az. 7 B 179.89; BayVGH, Urt. v. 17.09.1991, Az. 21 B 91.289; VGH Mannheim, Urt. v. 15.01.1990, Az. 1 S 3673/88; VGH Kassel, Urt. v. 22.05.1990, Az. 11 UE 2056/89). Dies rechtfertigt sich aus dem gerade in Innenstädten bestehenden spezial- und generalpräventiven Interesse an geordnetem Parkverhalten, denn bei absoluten Haltverbotszonen führt das verbotswidrige Abstellen dazu, dass typischerweise mit erheblicher Wahrscheinlichkeit Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs entstehen können. Die von einem im absoluten Haltverbot abgestellten Pkw ausgehende negative Vorbildwirkung für andere Kraftfahrer rechtfertigt das Abschleppen auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel.
Nach diesen Maßstäben war die Anordnung, das Fahrzeug des Klägers abschleppen zulassen, im vorliegenden Fall verhältnismäßig. Durch das Verkehrszeichen 229 StVO („Taxenstand“) und das darin enthaltene Haltverbotszeichen soll ein störungsfreier Taxenverkehr gewährleistet werden. Diese Funktion wurde durch das Parken des nicht parkberechtigten Klägers beeinträchtigt, denn die generelle Nutzungsmöglichkeit des Taxenstands wurde hierdurch nach den zutreffenden Ausführungen der Beklagten für Taxifahrer eingeschränkt. Dass sich im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme kein Taxi an dem streitgegenständlichen Taxenstand befand, mithin keine konkrete Behinderung eines bestimmten Taxis vorlag, steht dem nicht entgegen. Der Taxenstand, an dem der Kläger sein Fahrzeug parkte, befindet sich in zentraler Innenstadtlage von Bremerhaven. In diesem Bereich befinden sich zahlreiche Lokalitäten (Kinocenter, Gaststätte „Bodega“, Diskothek „Nachtschicht“), die insbesondere in den Abend- und Nachstunden frequentiert werden und einen erhöhten Taxiverkehr verursachen können. Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur an Wochenenden, sondern auch mittwochs nachts, denn ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Auskunft der Diskothek „Nachtschicht“ hat diese auch Mittwochs ab 22.00 Uhr geöffnet. Es bestand daher grundsätzlich die Möglichkeit, dass ein den Taxenstand anfahrendes Taxi durch ein dort verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug behindert wird. Dies gilt unabhängig davon, ob noch mehrere freie Plätze für Taxen zur Verfügung standen. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen und mit Sicherheit vorhersehbar, dass nur einzelne Taxen heranfahren. Vielmehr muss zu bestimmten Zeiten – wie hier in dem auch abends und nachts belebten Innenstadtbereich – davon ausgegangen werden, dass in Stoßzeiten auch sämtliche Plätze benötigt werden. Im Interesse eines möglichst reibungslosen Taxiverkehrs kann es deshalb nicht darauf ankommen, mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad im Einzelfall mit einer konkreten Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Taxifahrers zu rechnen ist. Die Funktion von Taxenständen wird in vollem Umfang nur dann gewährleistet, wenn diese jederzeit von verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen freigehalten werden. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn offensichtlich ist, dass zu einer bestimmten Zeit mit dem Erscheinen von Taxen nicht mehr gerechnet werden muss (vgl. BayVGH, Beschl. v. 31.08.2007, Az. 24 ZB 07.1687 und v. 15.12.2006, Az. 24 ZB 06. 2743; OVG Hamburg, Beschl. v. 07.03.2006, Az. 3 Bf 392/05). So liegt der Fall hier nicht. Ausweislich des Zeitungsartikels von Bl. 32 der Behördenakte hat die Belebung der Bremerhavener Innenstadt durch das „Havenhaus“ dazu geführt, dass der Taxenstand in der Karlsburg zu klein wurde, so dass die zeitliche Begrenzung auf 23.00 bis 05.00 Uhr für den in Rede stehenden Taxenstand aufgehoben wurde und dieser nunmehr ganztägig als Taxenstand genutzt wird. Im Hinblick auf die in der Nähe befindlichen Lokale und insbesondere der Öffnungszeiten der nahe gelegenen Diskothek „Nachtschicht“ (mittwochs ab 22.00 Uhr) war auch nicht auszuschließen, dass zu späterer Stunde noch eine Belebung des Taxiverkehrs stattfinden würde. Dies wird durch die Aussage der Zeugin W. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft, sie hat Erinnerungslücken offen zugegeben und es waren keine Umstände erkennbar, die ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens erkennen ließen. Die Zeugin ist aufgrund ihrer Streifendiensttätigkeit mit der betreffenden Örtlichkeit gut vertraut. Nach ihren Angaben wird der streitgegenständliche Taxenstand zu den Öffnungszeiten der Diskothek „Nachtschicht“ sowie nach Theater- und Kinovorstellungen stark frequentiert. Der Abschleppvorgang erfolgte mittwochs nachts – also während der Öffnungszeiten der Diskothek „Nachtschicht“ – und somit zu einer Zeit, in der mit einer starken Frequentierung des Taxenstandes jederzeit zu rechnen war. Im Übrigen ging von dem Fahrzeug des Klägers eine negative Vorbildwirkung für andere Verkehrsteilnehmer aus, ebenfalls verbotswidrig an dem Taxenstand zu parken. Aus dem oben erwähnten Zeitungsartikel von Bl. 32 der Behördenakte ergibt sich ebenfalls, dass die Belebung der Bremerhavener Innenstadt durch das „Havenhaus“ zu einer Zunahme von Parkverstößen in diesem Bereich geführt hat. Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen der Beklagten sind daher nicht ersichtlich.
Die unverzügliche Veranlassung des Abschleppens des im Haltverbot abgestellten Fahrzeugs war daher zulässig. Die Polizeibeamtin konnte auch nicht ausnahmsweise aufgrund konkreter Umstände davon ausgehen, dass der Kläger ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zum umgehenden Entfernen des verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs veranlasst werden konnte. Nur bei Vorliegen eines derartigen Ausnahmefalles kann das sofortige Abschleppen eines verbotswidrig im Haltverbot parkenden Fahrzeugs gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1989, a.a.O.). Die Behörde ist grundsätzlich nicht gehalten, den Aufenthaltsort des Pflichtigen zu erkunden, wenn dieser nicht selbst Vorkehrungen dafür getroffen hat, dass er leicht erreichbar ist, z. B. dadurch, dass er einen deutlich sichtbaren Zettel mit einem Hinweis auf einen jederzeit erreichbaren Aufenthalt in unmittelbarer Nähe in das Kraftfahrzeug gelegt hat (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 12.03.1985, Az. 1 BA 66/84 und v. 17.12.1985, Az. 1 BA 71/85, sowie Beschl. v. 20.11.1984, Az. 1 BA 65/84). Dies war vorliegend nicht der Fall. Gleichwohl hat die einschreitende Polizeibeamtin vor Einleitung der Abschleppmaßnahme (erfolglos) versucht, den Kläger telefonisch zu erreichen und dadurch überobligatorische Bemühungen unternommen. Weitere Anstrengungen waren ihr nicht abzuverlangen. Die Polizeibeamtin war insbesondere nicht verpflichtet, nachzuforschen, ob zum Vorfallszeitpunkt in Nähe des Taxenstandes noch Veranstaltungen stattfanden, die eine höhere Auslastung mit Taxen noch in den nächsten Stunden erwarten ließen oder ob die in der Nähe liegenden Lokale so stark frequentiert waren, dass konkret mit einer im Laufe der bevorstehenden Nacht ansteigenden Taxifrequenz zu rechnen gewesen wäre. Andere, weniger beeinträchtigende Mittel standen nicht zur Verfügung. Bei Erscheinen des Klägers erhielt er selbst Gelegenheit zum Versetzen seines Fahrzeugs. Der durch das beabsichtigte Abschleppen des Fahrzeugs für den Kläger etwaige Nachteil, sein Fahrzeug an einer anderen Stelle abzuholen und die Kosten des Abschleppvorgangs zu zahlen, steht nicht außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg, nämlich die Störung der öffentlichen Sicherheit zu beheben und den Taxenstand bestimmungsgemäß für parkberechtigte Taxen frei zu machen.
III.
Der Kläger ist zu Recht als Verursacher des ordnungswidrigen Zustandes in Anspruch genommen worden. Er war daher zur Erstattung der durch die Abschleppmaßnahme entstandenen Kosten verpflichtet. Dies umfasst auch die Kosten für die Anfahrt des Abschleppwagens. Das Abschleppunternehmen war berechtigt, der zuständigen Behörde die Leerfahrt Rechnung zu stellen. Diese durfte die ihr so entstandenen Kosten nach §§ 15, 19 Abs. 3 BremVwVG gegenüber dem Kläger festsetzen. Unter Berücksichtigung der schon angesichts der Vielzahl von Abschleppvorgängen zulässigen Pauschalierung bei der Vereinbarung der Entgelte zwischen der zuständigen Behörde und dem beauftragten Abschleppunternehmen bestehen im Hinblick auf die für den Arbeitsabbruch vereinbarte Vergütung von 45,00 Euro weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtliche Bedenken. Ein Missverhältnis zwischen dem vom Kläger geforderten Entgelt und der abgerechneten Leistung ist nicht erkennbar.
Zu den durch die Abschleppmaßnahme entstandenen Kosten gehört auch die Verwaltungsgebühr. Die Höhe der Verwaltungsgebühr von 55,00 Euro ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht der nach Ziffer 102.03 der Anlage zu § 1 BremAllKostV für das Anordnen einer vorher nicht schriftlich angedrohten Ersatzvornahme nach §§ 15, 19 BremVwVG oder entsprechenden anderen Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen vorgesehenen Gebühr.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.