Das Verkehrslexikon
OVG Münster Beschluss vom 22.07.2003 - 10 B 890/03 - Zur Pflicht zur Beseitigung eines Reklameanhängers aus dem Straßenverkehr
OVG Münster v. 22.07.2003: Zur Pflicht zur Beseitigung eines Reklameanhängers aus dem Straßenverkehr
Das OVG Münster (Beschluss vom 22.07.2003 - 10 B 890/03) hat entschieden:
Ortsfeste Anlagen der Außenwerbung können nicht nur speziell zu Werbezwecken in den Verkehr gebrachte Pkw-Anhänger und Auflieger sein, sondern auch solche PKW-Anhänger, die mit ihrer Werbeaufschrift zwar bestimmungsgemäß am Straßenverkehr teilnehmen, dann aber zeitweise so geparkt werden, dass sie die Funktion einer ortsfesten Werbeanlage erfüllen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Aus den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist. Entgegen den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdeschrift handelt es sich bei dem streitigen Pkw-Anhänger mit Werbeaufdruck für das Antiquitätengeschäft des Antragstellers um eine Anlage der Außenwerbung (Werbeanlage) im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW. Werbeanlagen sind nach dieser Vorschrift alle ortsfesten Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Mit der Beschwerdeschrift greift der Antragsteller die Beurteilung des Verwaltungsgerichts an, bei dem Pkw-Anhänger mit Werbeaufdruck handele es sich um eine ortsfeste Einrichtung. Die zur Begründung angeführte Rechtsprechung des OVG NRW beziehe sich ausschließlich auf spezielle Werbeanhänger, die als Werbeträger ausgerüstet seien und nur zu diesem Zwecke am öffentlichen Straßenverkehr teilnähmen und im oder am Straßenraum geparkt würden. Nicht ortsfest genutzt würden hingegen Anhänger, die zwar mit Werbeaufdrucken versehen am Straßenverkehr teilnähmen und nur gelegentlich zum Parken abgestellt würden.
Dem Antragsteller ist zwar einzuräumen, dass es sich bei der an Taxen, Lieferwagen, Lastkraftwagen, Omnibussen, Verkaufs- und Werkstattwagen etc. angebrachten Reklame nicht um ortsfeste Werbemittel handelt. Diese am Straßenverkehr teilnehmenden Fahrzeuge unterliegen dann auch im Hinblick auf die angebrachten Werbemittel nur den straßenverkehrsrechtlichen, nicht aber den bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Wenn aber an sich nicht ortsfeste Objekte und Einrichtungen - wie beispielsweise Anhänger und Auflieger - längere Zeit oder immer wieder für kürzere Zeit an bestimmten werbeträchtigen Stellen - wie an Kreuzungen, viel befahrenen Straßen, Abzweigungen, auf Brücken usw. aufgestellt werden, erfüllen sie das Merkmal der Ortsfestigkeit
vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 1998 - 11 A 5274/96 -, BRS 60 Nr. 130 = NVwZ-RR 1999, 14, Beschluss vom 24. November 2000 - 7 A 1473/00 -, und vom 28. September 2001 - 10 A 462/01 -; Bay.OLG, Beschluss vom 31. Juli 1997 - 3 ObOwi 77/97 -, BRS 59 Nr. 135.
Dies gilt entgegen den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdeschrift nicht nur für speziell zu Werbezwecken in den Verkehr gebrachte Werbeträger, sondern auch für Kraftfahrzeuge, die mit ihrer Werbeaufschrift zwar bestimmungsgemäß am Straßenverkehr teilnehmen, dann aber zeitweise so geparkt werden, dass sie die Funktion einer ortsfesten Werbeanlage erfüllen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. August 1993 - 11 B 1703/93 -, Ortsfestigkeit bejaht für einen Lkw-Anhänger mit Werbeaufschrift, der wiederholt so postiert wurde, dass die Werbeaufschrift gut von einer Bundesautobahn aus sichtbar war; OLG Köln, Beschluss vom 15. September 1989 - Ss 440/89 (B) - NZV, 1990, 41 zu 2 Pkw-Anhängern mit Werbeaufdruck.
Bei der Beurteilung ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände den Schluss rechtfertigen, dass die Teilnahme des Anhängers am Straßenverkehr - jedenfalls vorübergehend - beendet ist und die Werbeflächen an einem günstigen Standort ihrem erkennbaren Bestimmungszweck nach ihre Werbewirkung entfalten sollen. Dabei kommt es weniger auf die konkrete Dauer der Aufstellung an, sondern darauf, ob die objektiven Umstände den abgestellten Anhänger wie eine Werbeanlage wirken lassen.
Vgl. hierzu Thüringisches OVG, Urteil vom 10. November 1999 - 1 KO 519/98 -, BRS 62 Nr. 160 = BauR 2000, 1043 zu einem Planwagen; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung NRW, Loseblattkommentar, Stand: Februar 2003, § 13 Rn. 15 m.w.N.
Der vom Antragsteller angemietete Stellplatz befindet sich kurz nach der Abzweigung einer Landesstraße von der Bundesstraße 511 unmittelbar an der Zufahrt zum Zentrum des Ortsteils Bad G. Ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Fotos wird der Anhänger dort so abgestellt und auf die stark befahrene Straße ausgerichtet, dass seine Werbeflächen vom öffentlichen Verkehrsraum her deutlich sichtbar sind. Er kann seine Werbewirkung besonders gut entfalten, weil er vor die Bauflucht tritt und somit von den Verkehrsteilnehmern nicht übersehen werden kann. Damit sind die Kriterien der Ortsfestigkeit erfüllt. Die Erklärungsversuche des Antragstellers, weshalb er gerade diesen Stellplatz wegen der Lage seines Geschäftes oder aus Sicherheitsgründen (Nähe des Polizeigebäudes) gewählt haben will, vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Abgesehen davon ändern sie nichts an der objektiven Werbewirksamkeit des Anhängers für das Antiquitätengeschäft des Antragstellers und die Ortsfestigkeit dieser Einrichtung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf die §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Senat bewertet den Streitwert für den beidseitigen Werbeaufdruck des Anhängers der Höhe nach ebenso wie das Verwaltungsgericht, ohne allerdings auf den Regelstreitwert zurückzugreifen. Wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung war der Streitwert von 4.000,-- EUR auf 2.000,-- EUR zu halbieren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).