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OVG Saarlouis Urteil vom 21.06.1995 - 9 R 14/95 - Zum Anspruch eines Anwohners auf Verlegung einer Bushaltestelle
OVG Saarlouis v. 21.06.1995: Zum Anspruch eines Anwohners auf Verlegung einer Bushaltestelle
Das OVG Saarlouis (Urteil vom 21.06.1995 - 9 R 14/95) hat entschieden:
- Der Anspruch eines Anliegers auf Verlegung einer Bushaltestelle setzt voraus, dass das der Straßenverkehrsbehörde insoweit nach § 45 Abs 3 StVO zustehende Ermessen gegenüber dem betreffenden Anlieger so reduziert ist, dass sich nur die Verlegung der Haltestelle als rechtmäßige Entscheidung darstellt.
- Die Tatsache, dass die Haltestelle anfahrende Busse die Grundstückszufahrt eines Anliegers kurzfristig zum Fahrgastwechsel blockieren, ist im Rahmen dieser Ermessensbetätigung zwar abwägungserheblich, ihr kommt jedoch regelmäßig kein durchschlagendes Gewicht zu.
- Parkt ein Bus in der Haltestelle vor der Grundstückszufahrt, liegt ein Verstoß gegen § 12 Abs 3 Nr 3 StVO vor, der nicht zu den typischen Auswirkungen einer Bushaltestelle gehört.
Tatbestand:
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in, das mit einem Einfamilienwohnhaus nebst Garage bebaut ist. Vor dem Grundstück weist das Verkehrszeichen 224 zu § 41 StVO eine Bushaltestelle aus, die von den Bussen der Beigeladenen montags bis freitags mit je 22 Bussen, in der Zeit zwischen 5.26 und 20.18 Uhr, samstags mit 12 und sonn- und feiertags mit einem Bus angefahren wird. Die Bushaltestelle war bereits vor Erwerb des Grundstücks durch den Kläger an dieser Stelle vorhanden.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 6. April 1992 wandte sich der Kläger erstmals an den Beklagten und forderte ihn auf, die Bushaltestelle zu verlegen, da die dort haltenden Busse die Toreinfahrt seines Grundstücks blockierten und er durch die dort insbesondere in den Wintermonaten mit laufendem Motor bis zu zehn Minuten wartenden Busse belästigt würde.
Unter dem 4. Mai 1992 lehnte die Beklagte eine Verlegung der Bushaltestelle ab. Zur Begründung wird ausgeführt, die Haltestelle bestehe an ihrem jetzigen Ort seit vielen Jahren.
Sie komme dort ihrer Sammelfunktion für die Bewohner des Wohnviertels in besonders günstiger Weise nach. Eine Überprüfung an Ort und Stelle habe ergeben, dass unter Berücksichtigung der vorhandenen Grundstückseinfahrten, der Parksituation in der Straße und der Lage der benachbarten Haltestelle allenfalls eine Versetzung des Haltestellenschildes um ca. 15 Meter in östlicher Richtung in Betracht komme mit der Folge, dass der Bus in ganzer Länge vor dem Haus der Kläger halten müsse. Zudem werde bei der Anfahrt durch die Busse darauf geachtet, dass die Zufahrt zum Grundstück des Klägers nicht blockiert werde. Sollte dennoch eine Blockade der Grundstückszufahrt unumgänglich sein, werde dieser Bereich sofort geräumt, wenn ein Fahrzeug ein- oder ausfahren wolle.
Am 2. Juni 1992 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht des Saarlandes Klage erhoben mit dem Ziel, die Aufhebung der vor seinem Grundstück ausgewiesenen Bushaltestelle zu erreichen. Er hat geltend gemacht, der Betrieb der Bushaltestelle beeinträchtige ihn in seinem Anliegerrecht im Sinne des Art. 14 GG, da ihm durch die seine Garage blockierenden Busse die ungestörte Teilnahme am öffentlichen Verkehr nicht möglich sei. Zudem komme es morgens zwischen 6.35 h und 6.45 h zu Lärmbelästigungen, da dann des öfteren zwei Busse bis zu zehn Minuten mit laufendem Motor vor der Grundstückszufahrt auf ihre Abfahrtszeit warteten.
Eine ungehinderte Zufahrt zu seinem Grundstück könne durch eine Verlegung der Bushaltestelle um ca. 80 Meter in östlicher Richtung erreicht werden. Sie befinde sich an dieser Stelle weiterhin in Reichweite zweier gegenüberliegender Hochhäuser, so dass der Betrieb der Buslinie weder lahmgelegt noch erheblich beeinträchtigt werde.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, das Verkehrszeichen 224 zu § 41 StVO (Haltestelle) aufzuheben;
hilfsweise:
den Beklagten zu verurteilen, die Allgemeinverfügung betreffend des Verkehrszeichen 224 und § 41 StVO in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 1992, daher die Haltestelle, aufzuheben;
äußerst hilfsweise:
den Beklagten zu verurteilen, die in der Höhe des klägerischen Anwesens befindliche Haltestelle zu verlegen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der Kläger werde durch die Bushaltestelle, die schon lange Zeit vor der Errichtung seines Wohnhauses vorhanden gewesen sei, in seinem Anliegerrecht in kaum nennenswertem Umfange beeinträchtigt.
Bei ihrer Anfahrt hielten die Busse in der Regel so an, dass die Grundstückszufahrt des Klägers nicht beeinträchtigt werde. Eine Kontrolle des Haltestellenverkehrs an zwei Tagen über insgesamt fünf Stunden habe ergeben, dass lediglich ein Bus kurzzeitig die Zufahrt des klägerischen Anwesens blockiert habe. Die Erkenntnisse in diesem Beobachtungszeitraum seien auf die übrige Nutzungszeit der Haltestelle übertragbar. Da die Bushaltestelle sehr zentral liege, müsse diese Haltestelle im Interesse einer optimalen Versorgung der Bevölkerung durch den öffentlichen Personennahverkehr gerade an dieser Stelle erhalten bleiben. Zur Vermeidung von Behinderungen seien die die Bushaltestelle anfahrenden Unternehmen immer durch die Beigeladene darauf hingewiesen worden, die Grundstücksausfahrt des Klägers freizuhalten und Standzeiten der Busse an der Haltestelle zu vermeiden.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. August 1994 - 5 K 251/92 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, da sie mangels Durchführung eines Vorverfahrens im Sinne des § 68 I VwGO bereits unzulässig sei: Gemäß § 68 VwGO sei vor der Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage grundsätzlich ein Vorverfahren durchzuführen. Vorliegend komme zur Durchsetzung des Begehrens des Klägers als richtige Klageart eine dieser beiden Klagearten in Betracht, da der Kläger der Sache nach die Aufhebung beziehungsweise den Erlass eines die Festsetzung der Haltestelle betreffenden Verwaltungsaktes begehre. Zuständig für den Erlass dieses Verwaltungsaktes sei der Beklagte als Straßenverkehrsbehörde. An ihn habe sich der Kläger erstmals mit seinem Antrag vom 6. April 1982 gewandt und hätte gegen den von diesem erteilten abschlägigen Bescheid vom 4. Mai 1992 zunächst Widerspruch einlegen müssen, über den dann der hierzu gemäß § 6 I Nr. 2 AG VwGO zuständige Kreisrechtsausschuss beim Landrat in hätte entscheiden müssen. Die Tatsache, dass dem Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 1992 keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden sei, sei gemäß § 58 II VwGO lediglich für den Lauf der Widerspruchsfrist, nicht jedoch für die Qualifizierung dieses Schreibens als förmlichen Bescheid maßgeblich.
Im vorliegenden Fall sei auch nicht die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens entbehrlich. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei das Vorverfahren aus Gründen der Prozessökonomie nur dann entbehrlich, wenn sich der auch für die Widerspruchsentscheidung zuständige Beklagte auf die Klage sachlich einlasse oder wenn die Widerspruchsbehörde zur Klage Stellung nehme. Der Sinn des Widerspruchsverfahrens bestehe darin, der Behörde Gelegenheit zu geben, die Einwendungen zu prüfen und, falls sie diese für berechtigt hält, dem Widerspruch abzuhelfen. Dem sei Genüge getan, wenn die Behörde anstelle eines förmlichen Widerspruchsbescheides im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringe, dass sie den Einwendungen nicht abhelfen wolle. Dieser Ausnahmefall sei vorliegend nicht gegeben, denn der für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständige Kreisrechtsausschuss sei mit der Sache nicht befasst gewesen. Da die Entscheidungsebene der Widerspruchsbehörde gerade im Falle einer - hier nach § 45 III 1 StVO zu treffenden - Ermessensentscheidung nicht übergangen werden dürfe, könne auf die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht verzichtet werden.
Gegen die ihm am 29. August 1994 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 26. September 1994 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, das Schreiben des Beklagten vom 4. Mai 1992 stelle keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG dar, sondern eine bloße Sachstandsmitteilung, so dass gegen dieses Schreiben auch kein Widerspruch habe eingelegt werden können. Bei sachgerechter Auslegung hätte das Verwaltungsgericht die Klage daher als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO bewerten müssen, deren Voraussetzungen zumindest bei Erlass des Gerichtsbescheides am 22. August 1994 vorgelegen hätten. Als Untätigkeitsklage sei die Klage jedenfalls zulässig und begründet. Durch den Betrieb der Haltestelle werde der Kläger in seinen Anliegerrechten in entsprechender Anwendung der §§ 906, 1004 BGB wesentlich beeinträchtigt. Dies ergebe sich aus seinem Vorbringen zur Sache in erster Instanz.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Gerichtsbescheides die Beklagte erforderlichenfalls unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Mai 1992 zu verpflichten, die Festsetzung der Haltestelle aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt sein Vorbringen erster Instanz.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag; sie weist darauf hin, die Haltezeit ihrer Busse sei mit ein bis zwei Minuten sehr gering. Lediglich morgens, beginnend um 6.45 Uhr, starte der Linienverkehr zweier Busse an dieser Haltestelle. Die Busfahrer seien angewiesen, die Haltestelle erst kurz vor der Abfahrtszeit anzufahren und die Haltestelle so zu bedienen, dass nach Möglichkeit die Ein- bzw. Ausfahrt des Anliegers frei bleibe und der Motor in Standzeiten abgestellt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte - entsprechend dem das erstinstanzliche Begehren klarstellenden Berufungsantrag - zur Aufhebung der Festsetzung der Haltestelle in verpflichtet wird.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die darauf zielende Klage allerdings zulässig.
Gemäß § 40 I VwGO ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Bei dem Streit um die Aufrechterhaltung oder Verlegung einer von dem Beklagten auf der Grundlage der Vorschriften des Straßenverkehrsrechts festgelegten Bushaltestelle handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die keine Sonderzuweisung zu einer anderen Gerichtsbarkeit besteht. Desweiteren ist die Verpflichtungsklage die richtige Klageart, denn bei der vom Kläger begehrten Aufhebung der Haltestelle handelt es sich ebenso wie bei ihrer Festsetzung um einen Verwaltungsakt.
In der Festsetzung einer Haltestelle liegt zunächst eine verkehrsregelnde Maßnahme nach § 45 III und IV StVO, die durch Anbringen des Verkehrszeichens Nr. 224 erfolgt. Mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung
BVerwG, Urteile vom 9. Juni 1967, E 27, 181 und vom 13. Dezember 1979, NJW 1980, 1640; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. März 1984, AS 18, 428
ist davon auszugehen, dass verkehrsregelnde Maßnahmen, soweit sie Gebote oder Verbote zum Inhalt haben, als Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen einzustufen sind. Das trifft auch auf die Festlegung einer Haltestelle zu.
Obwohl sich danach die Festsetzung der in Rede stehenden Haltestelle auch im Verhältnis zu dem in der Nutzung seines Grundstücks durch die Verkehrsregelung berührten Kläger als Verwaltungsakt darstellt, kann dieser vorliegend nicht (mehr) im Wege der Anfechtungsklage zulässigerweise dagegen vorgehen, da die Festsetzung der Haltestelle zwischenzeitlich ihm gegenüber Bestandskraft erlangt hat. Der Kläger hat sein Grundstück erst erworben, als die Haltestelle an dieser Stelle bereits ausgewiesen war. Zum Zeitpunkt des Erwerbes musste er aber die Existenz der Haltestelle zur Kenntnis nehmen und bedenken, dass die Festlegung der Haltestelle auch ihm gegenüber Rechtswirkungen entfaltet. Die Frist für den dagegen einzulegenden Rechtsbehelf war, da eine Bekanntgabe mit Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber dem Kläger nicht stattfand, gemäß § 58 II VwGO auf ein Jahr begrenzt. Der Kläger hat sich indes erst nach Fertigstellung seines Wohnhausneubaues am 6. April 1992 mit Einwendungen gegen die Haltestelle an den Beklagten gewandt. Zu diesem Zeitpunkt war die insoweit einzuhaltende Jahresfrist bereits verstrichen: Der Kläger hat sich schon lange zuvor mit Schreiben vom 3. August 1990 an die für sein Anliegen unzuständige Beigeladene mit seinem Verlegungswunsch gewandt. Daraufhin wurde er unter dem 22. August 1990 dahingehend beschieden, dass eine Verlegung der Haltestelle nicht in Betracht komme. In der Folge hat der Kläger zwei Jahre lang weiter nichts unternommen. Das hat die Bestandskraft des vom Kläger bekämpften Verwaltungsaktes herbeigeführt. Sein Rechtsschutzziel, die Beseitigung dieser Maßnahme, lässt sich damit allenfalls noch durch eine Verpflichtung des Beklagten zu einer für den Kläger günstigen neuen Sachentscheidung erreichen. Hierbei handelt es sich entweder um ein Wiederaufgreifen "im weiteren Sinne" im Verständnis des § 51 SVwVG oder um die Durchführung eines Aufhebungsverfahrens nach § 45 III StVO. Eine derartige Aufhebung auf der Grundlage des § 45 III StVO oder in Form einer Rücknahme beziehungsweise eines Widerrufs des bekämpften Verwaltungsaktes kann aber, wenn die Behörde wie hier das Verfahren zwar wiederaufgenommen, in der Sache aber ablehnend entschieden beziehungsweise keine abschließende Entscheidung getroffen hat, nur im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden.
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. April 1986, NJW 1986, 2779 und HessVGH, Urteil vom 29. April 1986, NJW 1986, 2781
Diese Klage ist hier in der Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, abweichend von § 68 I, II VwGO, zulässig.
Gemäß § 68 I, II VwGO ist vor Erhebung der Verpflichtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes abgelehnt worden ist. An letzterem fehlt es hier. Das Schreiben des Beklagten vom 4. Mai 1992 kann nämlich nicht als abschließende Entscheidung über den Verlegungsantrag des Klägers vom 6. April 1992 gewertet werden. Seiner Natur nach handelt es sich lediglich um eine Sachstandsmitteilung. Dafür spricht bereits, dass das Schreiben vom 4. Mai 1992 mangels eines Entscheidungssatzes und einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht in die äußere Form eines Verwaltungsakts gekleidet ist. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht insoweit entschieden, dass es zur Abgrenzung der Frage, ob es sich bei der in Rede stehenden Äußerung der Verwaltung um eine bloße Mitteilung oder eine Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls und damit um einen Verwaltungsakt handelt, allein auf den Inhalt der Entscheidung und nicht auf deren äußere Form ankommt.
BVerwGE 7, 55, Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rdnr. 38 a
Dennoch ist vorliegend unter den besonderen Umständen des Falles das Fehlen eines Entscheidungssatzes sowie einer Rechtsmittelbelehrung als gewichtiges Indiz für eine bloße Sachstandsmitteilung zu werten.
a.A. BayVGH, Urteil vom 2. Juli 1974 BayVBl. 1974, 701 (702); vgl. auch BVerwGE 26, 310 (313); 44,1 (2); 78,6
Zu berücksichtigen ist nämlich, dass verkehrsregelnde Anordnungen und damit auch deren actus contrarius in Form ihrer Aufhebung zwar von der herrschenden Meinung als Verwaltungsakte qualifiziert werden,
vgl. BVerwG. a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. März 1984, a.a.O.
diese - auch vom erkennenden Senat vertretene - Auffassung aber von einer durchaus gewichtigen Gegenmeinung nicht geteilt wird; sie wertet solche Anordnungen als Rechtssetzungsakte.
vgl. etwa BayVGH, BayVBl 1979, 341, m.w.N.
Demnach ist es keineswegs selbstverständlich, dass bei Ablehnung der Aufhebung einer Verkehrsregelung der für die Bestimmung der Rechtsnatur einer solchen Maßnahme heranzuziehende objektivierte Wille der handelnden Behörde auf ein Tätigwerden in Gestalt eines Verwaltungsakts gerichtet ist, wenn - wie hier - nach Wortlaut und Fassung der Äußerung in diese Richtung weisende Anhaltspunkte fehlen. Ergeben sich schon hieraus Zweifel an der Qualifizierbarkeit des Schreibens vom 4. Mai 1992 als Verwaltungsakt, so greifen die diesbezüglichen Bedenken bei Berücksichtigung des Inhalts der Mitteilung vollends durch. Der Beklagte hat darin nämlich keine abschließende Regelung getroffen, wie sie behördlichem Handeln in Verwaltungsaktform begriffsnotwendig eigen ist. Vielmehr hat er im vorletzten Abschnitt seines Schreibens ausdrücklich die Möglichkeit offengelassen, die Haltestelle (geringfügig) zu verschieben, und damit vor dem Hintergrund auch der Form der Mitteilung und des bestehenden Streites über die Rechtsnatur verkehrsregelnder Maßnahmen zu erkennen gegeben, dass er eine der Bestandskraft fähige förmliche Entscheidung über den Verlegungswunsch des Klägers nicht treffen wollte.
War demnach auf den Verlegungswunsch des Klägers vom insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont aus betrachtet keine (abschließende) Entscheidung in Gestalt eines Verwaltungsakts ergangen, so ist der Antrag vom 6. April 1992 bislang unbeschieden und die Klage jedenfalls zu dem für ihre Prüfung entscheidenden jetzigen Zeitpunkt gemäß § 75 Satz 1 VwGO abweichend von § 68 I VwGO zulässig. Die nach § 75 Satz 2 VwGO einzuhaltende dreimonatige Sperrfrist ist verstrichen. Gründe, die die Behörde daran gehindert haben könnten, eine abschließende Sachentscheidung zu treffen, sind nicht erkennbar.
Die somit zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlegung der Bushaltestelle, da die Ermessensentscheidung des Beklagten, die Haltestelle im öffentlichen Verkehrsraum vor seinem Grundstück beizubehalten, rechtlich nicht zu beanstanden ist und dem Kläger kein Aufhebungsanspruch zusteht. Ausgangspunkt der insoweit vorzunehmenden Beurteilung ist, dass die vom Beklagten zu treffende erneute Sachentscheidung im Rahmen eines auf eine entsprechende Initiative des Klägers eingeleiteten Aufhebungsverfahrens zu ergehen hat, wobei dahinstehen kann, ob insoweit die §§ 48, 49 SVwVfG maßgeblich sind oder § 45 III StVO einschlägig ist.
Die erstgenannten Bestimmungen stellen die Rücknahme beziehungsweise den Widerruf eines Verwaltungsaktes ins Ermessen der zuständigen Behörde. Das hat zur Folge, dass einem betroffenen Bürger, selbst wenn er die Aufhebung eines rechtswidrigen - bestandskräftigen - Verwaltungsaktes anstrebt, regelmäßig nur ein Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung zusteht. Dabei setzt die Rücknahme eines Verwaltungsakts gemäß § 48 SVwVfG voraus, dass er von vorneherein oder infolge nachträglich veränderter Umstände rechtswidrig ist, während ein Widerruf nach dem Wortlaut des § 49 SVwVfG nur möglich ist, wenn es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt handelt.
Ob die hier streitige Bushaltestelle ursprünglich rechtmäßig oder rechtswidrig festgesetzt wurde, kann jedoch letztlich offen bleiben. Denn es ist nicht zu beanstanden, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung über eine von dem betroffenen Bürger beantragte Aufhebung eines Verwaltungsaktes die Frage seiner Rechtswidrigkeit dahingestellt sein lässt.
Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG § 49 Rdnr. 4; Kopp, VwVfG, § 48 Rdnrn. 19, 39, § 49 Rdnr. 7
Das gilt insbesondere dann, wenn es sich - wie hier - um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung
zu Verkehrszeichen: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, NJW 1980, 1640; Stelkens/ Bonk/Sachs, a.a.O; § 48 Rdnr. 15; § 44 Rdnr. 5 a
handelt, dessen Aufhebung nur mit Wirkung "ex nunc" in Betracht kommt und die Behörde darüber auf der Grundlage einer erneuten Sachprüfung befindet. So ist der Beklagte vorliegend auch verfahren, in dem er neue Stellungnahmen der Beigeladenen über Zahl und Dauer der Busfrequenz an dieser Haltestelle eingeholt hat, ohne dabei auf die Frage der ursprünglichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Haltestellenfestsetzung abzustellen.