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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil vom 21.08.2012 - 14 K 2727/12 - Zum Abschleppen von einer Feuerwehrzufahrt
VG Düsseldorf v. 21.08.2012: Zum Abschleppen von einer Feuerwehrzufahrt
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 21.08.2012 - 14 K 2727/12) hat entschieden:
Das Abschleppen eines in einer Feuerwehrzufahrt geparkten Fahrzeugs ist rechtmäßig. Die Straßenverkehrsordnung kennt ein amtliches Verkehrszeichen "Feuerwehrzufahrt" nicht, vielmehr wurde die Kennzeichnung landesrechtlichen Vorschriften überlassen. Selbst wenn die Beschilderung als rechtswidrig angesehen werden müsste, wäre sie zu beachten gewesen. Denn Verkehrszeichen, bei denen es sich um einen Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung handelt, sind auch dann beachtlich, wenn sie sich als rechtswidrig erweisen.
Tatbestand:
Der Kläger stellte seinen PKW (Volvo) mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000 am 14.01.2012 um 12.00 Uhr auf der M Straße gegenüber der Haus-Nr. 2 ab. In diesem Bereich ist ein Hinweisschild mit dem Aufdruck "Feuerwehrzufahrt, Fläche für die Feuerwehr freihalten, Der Bürgermeister" sowie einem Drehleitersymbol und einem Pfeil nach links aufgestellt. Am Anfang der Straße befindet sich in ca. 15 m Entfernung von dem genannten Schild ein weiteres Schild mit dem Aufdruck "Feuerwehrzufahrt" und einem Pfeil nach rechts. Eine Mitarbeiterin der Beklagten ließ den PKW um 12.24 Uhr abschleppen.
Mit Schreiben vom 03.02.2012 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Auferlegung der Kosten der Maßnahme an.
Mit Leistungsbescheid vom 23.02.2012 legte die Beklagte dem Kläger die Kosten der Sicherstellung in Höhe von 121, 38 Euro auf und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 75,- Euro fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe in einer Feuerwehrzufahrt geparkt.
Der Kläger hat am 16.03.2012 Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, in der M Straße gebe es keine Zufahrten und erst recht keine Feuerwehrzufahrten. Schon aus diesem Grunde habe er keine Feuerwehrzufahrt zuparken können. Seinen PKW habe er unmittelbar vor einem Baum abgestellt und dort die Straßenbreite auch nicht eingeengt. Das Schild "Feuerwehrzufahrt" habe er aufgrund der örtlichen Gegebenheiten so interpretiert, dass es nur für den Bereich nach dem Straßenbaum gelten könne.
Der Kläger beantragt,
den Leistungsbescheid der Beklagten vom 23.02.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht sie geltend, die Feuerwehrzufahrt sei eingerichtet worden, weil sich an dieser Stelle der Notausgang des örtlichen Kinos befinde und abgestellte Fahrzeuge unter Umständen Besucher beim Verlassen des Kinos behindern könnten. Zudem müsse die Feuerwehr die Fläche zum Anleitern für Notfälle benutzen können, da nur darüber die Rettung von Personen aus den oberen Etagen möglich sei.
Mit Beschluss der Kammer vom 02.07.2012 ist das Verfahren der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- Und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten vom 23.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Leistungsbescheid findet seine Ermächtigungsgrundlage in § 77 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW (VwVG NRW) und § 20 Abs. 2 Nr. 8 der Ausführungsverordnung zum VwVG vom 8.12.2009 (VO VwVG NRW) i.V.m. § 24 Nr. 13 des Ordnungsbehördengesetzes NRW (OBG NRW) i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 1 und 3 des Polizeigesetzes NRW (PolG NRW). Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige Abschleppmaßnahme entstandenen Kosten zu ersetzen.
Die Sicherstellung des Fahrzeugs des Klägers war hier rechtmäßig. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäß § 14 OBG NRW als Voraussetzung für das polizeiliche Eingreifen bestand vorliegend. Im Zeitpunkt des Einschreitens lag ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, denn das Fahrzeug des Klägers war im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme im Bereich einer amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrt abgestellt. Die Straßenverkehrsordnung kennt ein amtliches Verkehrszeichen "Feuerwehrzufahrt" nicht, vielmehr wurde die Kennzeichnung landesrechtlichen Vorschriften überlassen. Die Feuerwehrzufahrt ist hier eindeutig und deutlich sichtbar mit entsprechenden Hinweisschildern ausgewiesen. Sowohl der Beginn der als auch das Ende des Bereichs ist mit Pfeilen gekennzeichnet. Dabei kann hier dahinstehen, ob eine Feuerwehrzufahrt auch ausgewiesen werden darf, um den Notausgang eines Kinos vor dem Zustellen durch PKW zu bewahren. Selbst wenn die Beschilderung als rechtswidrig angesehen werden müsste, wäre sie zu beachten gewesen. Denn Verkehrszeichen, bei denen es sich um einen Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung handelt,
König in Hentschel, Straßenverkehrsrecht 39. Aufl. 2007, RdNr. 247 zu § 41 StVO,
sind auch dann beachtlich, wenn sie sich als rechtswidrig erweisen. Lediglich bei offensichtlicher Willkür oder Sinnwidrigkeit oder bei objektiver Unklarheit, die sich durch Auslegung nicht beheben lässt, sind sie wegen Nichtigkeit unbeachtlich. Nichtig ist ein Verwaltungsakt nach § 44 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG NRW) nur dann, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Hiervon kann bei den aufgestellten Zeichen "Feuerwehrzufahrt" aber keine Rede sein. Es ist klar erkennbar, welche Regelungen die Verkehrszeichen treffen. Auf die Frage, ob es sich um eine "Zufahrt" etwa i.S. der baurechtlichen Vorschriften (vgl. § 5 BauO NRW) handelt, kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob durch das abgestellte Fahrzeug des Klägers die Straße verengt wurde oder nicht. Ausreichend für eine "Zufahrt" ist in diesem Zusammenhang, dass es sich um die für das Heranfahren an ein Gebäude benötigte Fahrspur bzw. um den Platz für entsprechende Rangiermöglichkeiten handelt. Dies ist hier bei der geschlossenen Bebauung in der M Straße gegeben. Es obliegt auch nicht dem einzelnen Verkehrsteilnehmer zu entscheiden, inwieweit der Bereich einer Feuerwehrzone zugeparkt werden kann, weil er zur Ein- oder Ausfahrt nicht erforderlich sein könnte.
Vgl. VG München, Urteil vom 03.05.2007 - M 7 K 06.1111 -; VG Würzburg, Urteil vom 31.03.2008 - W 5 K 07.1397; BayVGH, Beschluss vom 27.08.2007 - 24 ZB 06.1989 -.
Die Abschleppmaßnahme war erforderlich, denn eine weniger beeinträchtigende Maßnahme kam nicht in Betracht. Der Aufenthaltsort des Fahrers des PKW war unstreitig nicht bekannt. Der Nutzen der Sicherstellung stand auch nicht außer Verhältnis zu den der Klägerin entstandenen Unannehmlichkeiten. Die Höhe des zu zahlenden Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten sind geringfügig. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme erstrebten Erfolg in keinem offensichtlichen Missverhältnis. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen auch dann, wenn der Zweck des Abschleppens allein in der Beseitigung des im verbotswidrigen Parken liegenden Rechtsverstoßes besteht, ohne dass weitere Beeinträchtigungen (Behinderungen oder Vorbildwirkung) hinzu treten müssen.
vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.5.1990, 5 A 1687/89, NJW 1990, 2835 m.w.N., vgl auch Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 31.5.1994 - 11 UE 1684/92 -, NVwZ-RR 1995, 29f.
Gegen die vom Beklagten weiterhin festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 75,- Euro bestehen weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtliche Bedenken. Die Gebühr findet ihre Rechtsgrundlage in § 77 VwVG NRW und § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 46 Abs. 1 und 3 PolG NRW. Nach diesen Bestimmungen kann die Ordnungsbehörde als Vollstreckungsgläubigerin von dem Pflichtigen für eine (rechtmäßige) Abschleppmaßnahme eine Verwaltungsgebühr erheben. Die Sicherstellung war, wie oben dargelegt, rechtmäßig. Bezüglich der Höhe der Gebühr bestehen keine Bedenken. Sie liegt im mittleren Bereich des Gebührenrahmens von 25,- bis 150,- Euro und ist bereits mehrfach auf ihre Berechtigung hin überprüft worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.