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OLG Celle Urteil vom 15.02.2001 - 14 U 66/00 - Zur Schadensteilung bei einem Glätteunfall und zu sonstigen Nebenkosten der Schadensregulierung

OLG Celle v. 15.02.2001: Zur Schadensteilung bei einem Glätteunfall und zu sonstigen Nebenkosten der Schadensregulierung


Das OLG Celle (Urteil vom 15.02.2001 - 14 U 66/00) hat entschieden:
  1. Kommt es bei Kolonnenfahrt infolge eines Schleudervorgangs eines Vorausfahrenden zum Zusammenstoß mit dem nachfolgenden Kfz, haften beide jeweils zur Hälfte. Dabei ist unerheblich, welche genaue Ursache dem Schleudern seines Fahrzeuges zu Grunde lag. Wenn ein Kfz-Führer nicht durch äußere Umstände (z. B. plötzliches Abbremsen eines anderen Fahrzeuges) zu einem den Straßenverhältnissen nicht angemessenen scharfen Bremsvorgang gezwungen worden ist, so handelt es sich bei dem Schleudern im Rahmen des Bremsvorgangs um einen ihm zurechenbaren Fahrfehler. Sollte er tatsächlich durch das Bremen des vorausfahrenden Fahrzeuges zu einem den Straßenverhältnissen nicht mehr angepassten Bremsvorgang gezwungen worden sein, so hat er diese Gefahrenlage ebenfalls verschuldet. Denn gerade bei Straßenglätte ist ein Kraftfahrzeugführer besonders gehalten, den gemäß § 4 Abs. 1 StVO erforderlichen Sicherheitsabstand und die gemäß § 3 Abs. 1 StVO sich aus den Straßenverhältnissen ergebende Höchstgeschwindigkeit genau einzuhalten.

  2. Die Kosten der Vollkaskoversicherung eines Mietwagens sind erstattungsfähig, wenn das geschädigte Fahrzeug ebenfalls Vollkasko versichert war. In dem Fall, in dem für das verunfallte Fahrzeug keine Vollkaskoversicherung bestanden hat, steht dem Geschädigten nur dann ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Vollkaskoversicherung des Mietwagens zu, wenn sein wirtschaftliches Risiko durch die Nutzung des Mietwagens größer ist als bei der Nutzung des eigenen Fahrzeuges.

  3. Von den Mietwagenkosten sind weiterhin die ersparten Eigenkosten abzuziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates ist insoweit ein Abzug von 15 % vorzunehmen.

  4. Der unfallgeschädigte Mieter eines Ersatzfahrzeugs hat Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietwagens.


Gründe:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall am 17. Februar 1999 auf der B in der Gemarkung ... geltend. Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in einer Höhe von 6.213,48 DM gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG, 823 BGB, 3 PflVG gegenüber den Beklagten zu.

I.

Zutreffend geht das Landgericht von einer Haftungsquote zu jeweils ½ aus. Der Unfall war für den Kläger und den Beklagten zu 1 nicht unabwendbar. Vielmehr haben beide Fahrzeugführer ihre Fahrweise nicht den Witterungsverhältnissen angepasst und dadurch den Unfall verschuldet. Besondere weitere Verursachungs- und Verschuldensbeiträge sind nicht ersichtlich, sodass beiden Fahrzeugführern im Rahmen der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 StVG gleich schwer wiegende Verursachungs- und Verschuldensbeiträge zuzurechnen sind.

1. Der Kläger hat den Unfall dadurch verursacht und verschuldet, dass er mit seinem Fahrzeug ins Schleudern gekommen ist und dadurch eine erhöhte Kollisionsgefahr begründet hat. Dabei ist unerheblich, welche genaue Ursache dem Schleudern seines Fahrzeuges zu Grunde lag. Wenn der Kläger nicht durch äußere Umstände (z. B. plötzliches Abbremsen eines anderen Fahrzeuges) zu einem den Straßenverhältnissen nicht angemessenen scharfen Bremsvorgang gezwungen worden ist, so handelt es sich bei dem Schleudern im Rahmen des Bremsvorgangs um einen dem Kläger zurechenbaren Fahrfehler. Sollte der Kläger tatsächlich durch das Bremen des vorausfahrenden Fahrzeuges zu einem den Straßenverhältnissen nicht mehr angepassten Bremsvorgang gezwungen worden sein, so hat er diese Gefahrenlage ebenfalls verschuldet. Denn gerade bei Straßenglätte ist ein Kraftfahrzeugführer besonders gehalten, den gemäß § 4 Abs. 1 StVO erforderlichen Sicherheitsabstand und die gemäß § 3 Abs. 1 StVO sich aus den Straßenverhältnissen ergebende Höchstgeschwindigkeit genau einzuhalten. Derartige Vorsichtsmaßnahmen hat ein Kraftfahrzeugführer zu treffen und mit der notwendigen Aufmerksamkeit zu überwachen. Durch den Verstoß gegen diese Pflichten oder einen Fahrfehler hat der Kläger den Unfall in erheblicher Weise mit verschuldet, wofür schon ein Anscheinsbeweis spricht.

2. Auch den Beklagten zu 1 trifft ein erhebliches Mitverschulden an dem Unfall. Gemäß den §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 StVO hat ein Kraftfahrzeugführer mit ausreichendem Sicherheitsabstand und einer an die Straßenverhältnisse angepassten Geschwindigkeit zu fahren, um gerade einer glättebedingten Gefahrenlage ausreichend begegnen zu können. Dementsprechend wird in § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO ausdrücklich auch der Fall der plötzlichen Bremsung eines vorausfahrenden Fahrzeuges hervorgehoben. Bei den herrschenden Witterungsverhältnissen musste der Beklagte auch mit einem eventuellen Schleudern eines vorausfahrenden Fahrzeuges rechnen. Wie sich aus dem Unfallablauf ergibt, hat er diese Pflichten eines Fahrzeugführers nicht ausreichend beachtet. Soweit die Beklagten vortragen, der Sicherheitsabstand sei grundsätzlich in ausreichendem Maße eingehalten worden und erst durch das Schleudern des Fahrzeugs des Klägers auf ein unzureichendes Maß verringert worden, hat dies die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Vielmehr hat der Zeuge ... in seiner Vernehmung durch das Landgericht am 16. Dezember 1999 überzeugend ausgesagt, dass das Fahrzeug des Klägers zu keinem Zeitpunkt in Richtung des Fahrzeuges des Beklagten zu 1 (Richtung ...) auf der ... gerutscht sei. Diesbezüglich war auch kein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Sachverständiger aus den Schäden der Kraftfahrzeuge oder anderen Umständen zu einem ausreichend sicheren Ergebnis hinsichtlich einer möglichen rückwärtigen Bewegung des Fahrzeuges des Klägers kommen könnte. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Zeuge ... in seiner Vernehmung am 16. Dezember 1999 ausgesagt hat, dass die Spuren am Unfallort von der Polizei nicht mehr aufgenommen werden konnten, weil diese durch das Schneetreiben schon wieder verwischt waren.

II.

Die Summe der zu berücksichtigenden, unfallbedingten Schäden des Klägers beläuft sich auf 12.426,95 DM. Gemäß der obig festgestellten Haftungsquote haben die Beklagten als Gesamtschuldner die Hälfte dieses Schadens, nämlich 6.213,48 DM, zu tragen. Da der Kläger unstreitig vorsteuerabzugsberechtigt ist, sind der Schadensberechnung die Nettosummen zu Grunde zu legen. Der Schaden des Klägers setzt sich wie folgt zusammen:

Ausweislich der vorgelegten Rechnung der ... GmbH & Co. KG vom 11. März 1999 sind dem Kläger Reparaturkosten in einer Höhe von netto 9.220,20 DM entstanden. Dem Kläger ist durch die Inanspruchnahme eines Mietwagens ein Schaden in einer Höhe von 2.679,25 DM entstanden. Unstreitig musste er ein Grundmietpreis von netto 1.089 DM und ein Kilometerpreis von 2.016 DM netto zahlen.

Zu Recht hat das Landgericht die in der Rechnung der ... vom 10. März 1999 ausgewiesenen Versicherungskosten von 440 DM nicht berücksichtigt. Mangels anderen Vortrags des Klägers ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen Versicherungskosten um die Kosten der Vollkaskoversicherung des Mietwagens handelt. Diese wären erstattungsfähig, wenn das geschädigte Fahrzeug ebenfalls Vollkasko versichert gewesen wäre. Dies hat der Kläger trotz entsprechenden Hinweises nicht vorgetragen. In dem Fall, in dem für das verunfallte Fahrzeug keine Vollkaskoversicherung bestanden hat, steht dem Geschädigten nur dann ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Vollkaskoversicherung des Mietwagens zu, wenn sein wirtschaftliches Risiko durch die Nutzung des Mietwagens größer ist als bei der Nutzung des eigenen Fahrzeuges (BGH VersR 1974, Seite 143 ff.). Ein derartiges erhöhtes Risiko besteht regelmäßig jedoch nur dann, wenn das gemietete Fahrzeug einen erheblich höheren wirtschaftlichen Wert als das verunfallte Fahrzeug hat oder die Nutzung des Mietfahrzeuges faktisch ein höheres Unfallrisiko beinhaltet. Beides ist von dem Kläger ebenfalls nicht vorgetragen worden.

Von den Mietwagenkosten sind weiterhin die ersparten Eigenkosten abzuziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates ist insoweit ein Abzug von 15 % vorzunehmen. Hinzuzurechnen sind noch die Kosten der Zustellung und Abholung des Mietwagens in der Rechnung ausgewiesenen Höhe von 40 DM netto.

Weiterhin haben die Beklagten hälftig die Kosten des Gutachtens des Ingenieurbüros für Kfz-Technik Dipl.-Ing. ... GmbH zu tragen. Diese Kosten belaufen sich ausweislich der Rechnung vom 23. Februar 1999 auf 487,50 DM netto.

Als Unkostenpauschale sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats 40 DM zu zahlen.

III.

Der Kläger macht Zinsen in einer Höhe von 10 % ab dem 4. August 1999 geltend. Ausweislich des von ihm in Kopie vorgelegten Schreibens der Beklagten zu 3 vom 4. August 1999 hat diese in dem Schreiben eine Schadensregulierung vollständig abgelehnt. Somit ist ein Verzug gemäß den §§ 284, 242 BGB, 10 Abs. 5 AKB mit dem 4. August 1999 eingetreten. Die Höhe des Zinssatzes des behaupteten Bankkredites und den Umfang dieses Kredites hat der Kläger nicht nachgewiesen. Das Landgericht ist somit zu Recht von dem gesetzlichen Verzugszinssatz von 4 % ausgegangen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.