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OLG Dresden Urteil vom 04.05.2012 - 1 U 1797/11 - Zur Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zwecks Schadensminderung

OLG Dresden v. 04.05.2012: Zur Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung zwecks Schadensminderung


Das OLG Dresden (Urteil vom 04.05.2012 - 1 U 1797/11) hat entschieden:
  1. Unabhängig davon, ob dies eine Frage der Erforderlichkeit der Kosten oder der Schadensminderungspflicht ist, besteht weder eine Obliegenheit, noch eine Pflicht des Geschädigten zur Entlastung des Schädigers seine Vollkaskoversicherung einzusetzen. Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers. Im Rahmen der Zumutbarkeit nicht zu vernachlässigen ist, dass auch die Geltendmachung eines Rabattverlusts nicht unproblematisch ist.

  2. Gemäß § 254 Abs. 2 BGB kann ein Mitverschulden des Geschädigten darin begründet sein, dass er es unterlassen hat, den Schädiger auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schädiger weder kannte, noch kennen musste. Insoweit kann ein Schädiger mangels anderweitiger Hinweise bei der Höhe des streitgegenständlichen Schadens damit rechnen, dass der Geschädigte in der Lage ist, die Reparaturkosten zunächst zu verauslagen. Ist der Geschädigte dies nicht und daher auf einen Vorschuss des Schädigers angewiesen, muss er den Schädiger darauf hinweisen, wenn eine Erweiterung der dann zur Schadensbeseitigung erforderlichen Mietwagenkosten droht.

  3. Ob die Kosten der Winterbereifung mit dem Grundmietpreis abgegolten sind, oder im Winterhalbjahr eine Sonderpauschale abgerechnet wird, obliegt allein der freien - und damit weder durch den Geschädigten noch durch den Schädiger überprüfbaren - unternehmerischen Kalkulationsentscheidung der Mietwagenunternehmen. Dass im Winterhalbjahr eine Winterbereifung zwingende Voraussetzung der Vermietung einer gebrauchstauglichen Mietsache ist, ist von der Frage der Art und Weise der Abrechnung der damit verbundenen Kosten zu trennen.

Siehe auch Schadensminderungspflicht bei der Ausfallentschädigung - Ausfalldauer bei Mietwagen und Nutzungsausfall und Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung


Gründe:

A.

Der Kläger verlangt von der Beklagten restliche Mietwagenkosten aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 11.02.2011 in L., hinsichtlich dessen die Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist. Streitig zwischen den Parteien ist lediglich die Dauer der Mietwagennutzung, für welche der Kläger Erstattung von der Beklagten verlangen kann, sowie die Frage, ob auch die Kosten für die Winterbereifung des Mietfahrzeuges erstattungsfähig sind.

Zu den tatsächlichen Feststellungen erster Instanz sowie den erstinstanzlichen Anträgen der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 20.10.2011 verwiesen. Ergänzend ist auszuführen:

Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass ein Aufschlag für die Nutzung von Winterrädern regelmäßig von den Mietwagenfirmen vorgenommen wird und am 11. Februar in der Region L. Winterbereifung notwendig war.

Der Kläger hat behauptet: Es sei ihm nicht möglich gewesen, die Reparaturkosten vorzufinanzieren. Die Zeugin N. S., Mitarbeiterin der Reparaturwerkstatt, habe am 15.02.2010, 23.02.2010 und 26.02.2010 bei dem KSA angerufen und mitgeteilt, dass dem Kläger die Vorfinanzierung der Reparaturkosten nicht möglich sei und der Kläger bereits einen Mietwagen nutze. Zum Beweis hat der Kläger die Vernehmung der Zeugin S. angeboten. Unstreitig ist der Kläger bis April 2010 arbeitslos ohne Leistungsbezug gewesen und hat das Girokonto des Klägers am 12.02.2010 ein Negativsaldo von 1.765,78 EUR ausgewiesen, so dass der Dispositionskredit von 1.300,00 EUR bereits ausgeschöpft gewesen ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, es bestehe nur unter besonderen Umstände eine Pflicht des Geschädigten, die Reparaturkosten zu verauslagen. Grundsätzlich sei es Sache des Schädigers, die Schadensbeseitigung zu finanzieren. Insoweit sei der Kläger auch nicht gehalten, eine eigene Kreditunwürdigkeit von sich aus offenzulegen. Die unstreitig vorhandene Vollkaskoversicherung des klägerischen Fahrzeuges habe der Kläger nicht einsetzen müssen. Freiwillige Versicherungsleistungen an den Geschädigten entlasten den Schädiger nicht. Die Entlastung des Schädigers sei nicht Sinn der Kaskoversicherung. Neben dem Schadensermittlungszeitraum und dem Reparaturzeitraum stehe dem Kläger jedenfalls eine Überlegungszeit, ob er die Reparatur durchführe, von bis zu 10 Tagen zu.

Der Kläger hat als Nebenforderung unstreitige außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 57,23 EUR geltend gemacht.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten: Der Kläger hätte die Reparatur sofort in Auftrag geben müssen, zumindest die Beklagte darüber informieren müssen, dass er zur Vorfinanzierung der Reparatur nicht in der Lage ist bzw. seine Vollkaskoversicherung einsetzen müssen. Die Kosten der Winterbereifung seien nicht erstattungsfähig. Für die Bereitstellung einer gebrauchstauglichen Mietsache sei es unerlässlich, dass im Winterhalbjahr Winterreifen montiert sind. Die Standardausstattung nach § 2 Abs. 3a StVO müsse mit dem Grundmietpreis abgegolten sein. Zudem fielen keine Mehrkosten an, da Mietfahrzeuge ohnehin im Winterhalbjahr mit Winterreifen ausgerüstet seien. Zumindest sei ein Vorteilsausgleich zu berücksichtigen, da Sommerreifen in dieser Zeit gar keine Abnutzung hätten.

Unstreitig hat der Kläger der Beklagten mit Schriftsatz vom 29.06.2010 eine Zahlungsfrist bis zum 12.07.2010 gesetzt. Die Mietwagenfirma Fa. … AG hat die sicherungshalber abgetretene Forderung wieder an den Kläger zurück abgetreten. Der Kläger hat die Rückabtretung angenommen.

Mit Endurteil vom 20.10.2011 hat das Landgericht Leipzig der Klage insgesamt stattgegeben. Die Beklagte hafte aus Amtshaftung, die Mietwagenkosten für insgesamt 34 Tage seien gerechtfertigt. Die Beklagte müsse darlegen und beweisen, inwiefern den Kläger ein Verschulden daran treffe, dass er den Mietwagen für insgesamt 34 Tage hat anmieten müssen. Dem sei die Beklagte nicht nachgekommen. Dem Kläger sei nicht zuzumuten gewesen, einen Kredit aufzunehmen oder die Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Der Kläger habe Anspruch auf sofortigen Ersatz seiner Schäden. Auch die Winterreifen seien zur Wiederherstellung i. S. v. § 249 BGB erforderlich und daher die entsprechenden Kosten erstattungsfähig.

Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit welcher sie Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Klagabweisung begehrt. Das Urteil verletze materielles Recht. Das Landgericht habe eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger verkannt. Der Geschädigte sei gehalten, dafür zu sorgen, dass der Ausfallzeitraum nicht länger als unbedingt erforderlich dauere. Dies müsse der Geschädigte darlegen. Der Geschädigte müsse den Versicherer des Schädigers deutlich und rechtzeitig darauf hinweisen, dass er Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten nicht vorfinanzieren könne und deshalb eine Schadensausweitung drohe. Zumindest wäre der Einsatz der Vollkaskoversicherung mit 300,00 EUR Selbstbeteiligung erforderlich gewesen. Eine entsprechende Zwischenfinanzierung über die Vollkaskoversicherung hätte auch nicht zu einer Rückstufung geführt. Dass der Kläger wie erforderlich die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass er die Reparaturkosten nicht vorfinanzieren könne, habe die Beklagte bereits erstinstanzlich bestritten. Im Übrigen könne auch das Autohaus nicht die entsprechenden Erklärungen für den Kläger abgeben und habe keinen Einblick in die finanziellen Verhältnisse des Klägers. Auch sei die Ersatzfähigkeit der Winterbereifung, wie bereits erstinstanzlich dargelegt, rechtsfehlerhaft.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und begehrt Zurückweisung der Berufung. Er habe die Kaskoversicherung nicht in Anspruch nehmen müssen, zumindest stehe dem Kläger in jedem Fall der Rabattverlust in der Kaskoversicherung in Höhe von 931,00 EUR zu. Auch bei einer Zwischenfinanzierung durch die Vollkaskoversicherung entstehe ein Rückstufungsschaden.

Zum übrigen Parteivortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen verwiesen.


B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Freistellung des Klägers von der Inanspruchnahme durch die Mietwagenfirma wegen der Mietwagenrechnung in Höhe eines Betrages von 2.132,82 EUR nebst Verzugszinsen sowie von der Inanspruchnahme seiner Prozessbevollmächtigten hinsichtlich außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 57,23 EUR nebst Prozesszinsen verurteilt. Da die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig ist und die Höchstbeträge der Gefährdungshaftung nach dem StVG nicht erreicht werden, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG und Gefährdungshaftung als Halterin des unfallverursachenden Kraftfahrzeugs nach § 7 Abs. 1 StVG oder - bei Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr außerhalb der Ausübung eines öffentlichen Amtes - ausschließlich nach § 7 Abs. 1 StVG haftet.

Der Kläger kann gemäß §§ 249, 257 Abs. 1 BGB restliche Mietwagenkosten und ausstehende außergerichtliche Rechtsanwaltskosten im Wege der Freistellung von der Beklagten erstattet verlangen, da die Kosten zur Schadensbeseitigung erforderlich waren und der Kläger nicht gegen die ihm gemäß § 254 BGB obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen hat.

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Bei Beschädigung einer Sache kann der Gläubiger gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Als erforderlichen Herstellungsaufwand kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 BGB jedoch nur Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich Denkender in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

1. Dies zu Grunde gelegt, sind die Kosten für die Winterbereifung des Ersatzfahrzeugs dem Grunde nach erstattungsfähig.

Erforderlich i. S. d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist der Geldbetrag, der nach den Marktgegebenheiten für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs aufgewendet werden muss. Wenn auf dem Mietwagenmarkt im Freistaat Sachsen - was zwischen den Parteien unstreitig und zudem gerichtsbekannt ist - Mietfahrzeuge mit Winterbereifung nur gegen Zahlung eines Zuschlags angeboten werden, dann ist der zusätzliche Kostenaufwand für die Ausstattung mit Winterreifen erforderlich. Der Senat teilt insoweit die Auffassung der Oberlandesgerichte Stuttgart und Celle (vgl. OLG Stuttgart vom 18.08.2011, 7 U 109/11, Rn. 68; OLG Celle vom 28.02.2012, 14 U 49/11, Rn. 69; jeweils zitiert nach juris). Diese Abrechnungspraxis der Mietwagenunternehmen wird auch durch die Schwacke-Listen bestätigt. Sie weisen Winterbereifungspauschalen regelmäßig aufgrund der Erhebungen bei unzähligen Autovermietern seit Jahren als typische Zusatzkosten aus. Da im Anmietzeitraum bis zum 16.03.2010 in L. ernstlich mit Winterwetterlagen gerechnet werden muss - auch im März kann es noch Schnee- und Eisglätte geben - und der Kläger unfallbedingt Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen musste, kann ihm, unabhängig davon, ob sein eigenes Fahrzeug mit Winterbereifung ausgerüstet war, nicht zugemutet werden, ein Mietfahrzeug ohne Winterreifen zu nutzen (vgl. OLG Stuttgart vom 18.08.2011, 7 U 109/11, Rn. 68; OLG Celle vom 28.02.2012, 14 U 49/11, Rn. 69; jeweils zitiert nach juris). Dies insbesondere auch weil § 2 Abs. 3a StVO eine Winterbereifung vorschreibt.

Die Argumentation der Beklagten, dass die Winterbereifung im Winterhalbjahr eine Selbstverständlichkeit sei und zu den vertraglichen Pflichten des Mietwagenunternehmens im Rahmen der Überlassung einer gebrauchstauglichen Mietsache gehöre, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ob die Kosten der Winterbereifung mit dem Grundmietpreis abgegolten sind, oder im Winterhalbjahr eine Sonderpauschale abgerechnet wird, obliegt allein der freien - und damit weder durch den Geschädigten noch durch den Schädiger überprüfbaren - unternehmerischen Kalkulationsentscheidung der Mietwagenunternehmen. Insoweit vermag auch die Gegenansicht (insbesondere OLG Köln vom 08.11.2011, 15 U 54/11, Rn. 18, zitiert nach juris) nicht zu überzeugen. Dass im Winterhalbjahr eine Winterbereifung zwingende Voraussetzung der Vermietung einer gebrauchstauglichen Mietsache ist, ist von der Frage der Art und Weise der Abrechnung der damit verbundenen Kosten zu trennen.

Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass Mehrkosten wegen einer ohnehin erfolgenden Ausrüstung der Mietfahrzeuge mit Winterbereifung im Winterhalbjahr nicht anfallen bzw. die Sommerbereifung entsprechend weniger abgenutzt wird. Die Anwendung des dem Schadensersatzrecht entstammenden Rechtsinstituts des Vorteilsausgleichs rechtfertigt dies nicht. Danach soll der Geschädigte durch den zu leistenden Schadensersatz nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Auf die unternehmerische Preisgestaltung ist der Vorteilsausgleich mangels Vergleichbarkeit nicht, auch nicht entsprechend anwendbar. Der Geschädigte jedoch, der im Winterhalbjahr einen Mietwagen mit Winterbereifung nutzt, hat keinen Vorteil daraus, dass die Sommerbereifung des Mietwagenunternehmens in geringerem Umfang abgenutzt wird.

2. Der Kläger hat Anspruch auf der Höhe nach unstreitige Mietwagenkosten für einen über den gewöhnlichen Reparaturzeitraum (einschließlich Begutachtung) von 11 Tagen hinausgehenden Zeitraum bis zur Kostenübernahmeerklärung der Beklagten von insgesamt 34 Tagen, da er weder nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit noch nach seiner Schadensminderungspflicht gehalten war, seine Vollkaskoversicherung zur Schadensbehebung zu Gunsten der Beklagten einzusetzen. Einen sonstigen Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht hat die Beklagte nicht dargetan / bewiesen.

a. Unabhängig davon, ob dies eine Frage der Erforderlichkeit der Kosten oder der Schadensminderungspflicht ist, besteht weder eine Obliegenheit, noch eine Pflicht des Geschädigten zur Entlastung des Schädigers seine Vollkaskoversicherung einzusetzen.

Nach dem Urteil des Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 19.02.2004 (4 U 146/03, zitiert nach juris) ist der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gehalten, seine Vollkaskoversicherung in den Fällen in Anspruch zu nehmen, in denen er davon ausgehen könne, dass der Schädiger voll hafte oder der Verlust des Schadensfreiheitsrabattes gleich oder höher als der zu bewertende Schaden sei (Rn. 49). Mit dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.10.2007, 1 U 52/07, Rn. 20 ff.; festgehalten im Urteil vom 24.05.2011, 1 U 220/10, Rn. 26; jeweils zitiert nach juris) hält der Senat eine derartige Verpflichtung des Geschädigten nicht für zumutbar.

Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers. Der Versicherungsnehmer einer Vollkaskoversicherung erkauft sich den Versicherungsschutz vielmehr für die Fälle, in denen ihm ein nicht durch andere zu ersetzender Schaden verbleibt. Insoweit sind auch die Erwägungen, die bei der Vorteilsausgleichung gelten, heranzuziehen. Versicherungsleistungen an den Geschädigten entlasten danach den Schädiger nicht (OLG Düsseldorf vom 15.10.2007, 1 U 52/07, Rn. 20 ff., zitiert nach juris).

Im Rahmen der Zumutbarkeit nicht zu vernachlässigen ist, dass auch die Geltendmachung eines Rabattverlusts nicht unproblematisch ist. Dass und aus welchem Grund ein Rabattverlust bei einer Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung als "Zwischenfinanzierung" von vornherein ausscheiden sollte, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar vorgetragen und ist nicht ersichtlich.

Der Geschädigte wäre zur Geltendmachung des Rabattverlusts zunächst zur Erhebung einer Feststellungsklage und dann über einen Zeitraum von mehreren Jahren zur Bezifferung des Schadens gehalten. Auch wäre der Geschädigte dem Risiko einer Falschbewertung des Verhältnisses eines künftigen Rabattverlusts zu den voraussichtlichen Kosten einer weiteren Mietwageninanspruchnahme ausgesetzt. Dafür, den Geschädigten diesen Risiken zu Gunsten des Schädigers auszusetzen, ist kein Grund ersichtlich. Es ist allein die Sache des Schädigers, alsbald den Schaden zu beheben bzw. den dazu erforderlichen Geldbetrag zu zahlen (OLG Düsseldorf vom 15.10.2007, 1 U 52/07, Rn. 20 ff.; BGH vom 26.05.1988, III ZR 42/87, Rn. 17; BGH vom 18.02.2002, II ZR 355/00, Rn. 18; jeweils zitiert nach juris). Der Schädiger hat grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die daraus herrühren, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat (BGH vom 26.05.1988, III ZR 42/87, Rn. 17, zitiert nach juris).

b. Dass dem Kläger anderweitige finanzielle Mittel zur Verfügung standen oder eine Kreditaufnahme möglich und zumutbar gewesen wäre, die ihn ausnahmsweise dazu verpflichtet hätten, die Schadensausweitung zu verhindern, hat die Beklagte nicht dargetan. Der Kläger ist insoweit seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und hat detailliert vorgetragen, dass er aufgrund seiner finanziellen und persönlichen Verhältnisse nicht in der Lage war, die Schadensbeseitigung vorzufinanzieren, insbesondere aufgrund seiner Arbeitslosigkeit auch nicht kreditwürdig war. Dem ist die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten.

c. Die Beklagte ist hinsichtlich eines Mitverschuldens des Klägers an der Höhe des Schadens durch Unterlassen eines Hinweises auf die Schadensausweitung beweisfällig geblieben.

Gemäß § 254 Abs. 2 BGB kann ein Mitverschulden des Geschädigten darin begründet sein, dass er es unterlassen hat, den Schädiger auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schädiger weder kannte, noch kennen musste. Insoweit kann ein Schädiger mangels anderweitiger Hinweise bei der Höhe des streitgegenständlichen Schadens damit rechnen, dass der Geschädigte in der Lage ist, die Reparaturkosten zunächst zu verauslagen. Ist der Geschädigte dies nicht und daher auf einen Vorschuss des Schädigers angewiesen, muss er den Schädiger darauf hinweisen, wenn eine Erweiterung der dann zur Schadensbeseitigung erforderlichen Mietwagenkosten droht.

Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass weder der von dem Kläger ausgefüllte Fragebogen noch der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 02.03.2011 einen Hinweis auf die mögliche Schadensausweitung enthielten. Auch der damals die Beklagte vertretende Kommunale Schadenausgleich (KSA) verfüge nicht über Vermerke zu entsprechenden Hinweisen. Die Beklagte ist insoweit ihrer primären Darlegungslast nachgekommen. Dieser Vortrag ist auch unstreitig zwischen den Parteien. Er spricht jedoch allenfalls indiziell gegen eine Information der Beklagten, zur Begründung eines Vollbeweises ist er nicht geeignet. Der Kläger trägt eine sekundäre Darlegungslast, da die Beklagte keine Kenntnis darüber haben kann, in welcher Art und Weise er die Beklagte informiert haben will. Diese sekundäre Darlegungslast hat der Kläger erfüllt indem er behauptet hat, die Mitarbeiterin des Autohauses S. habe den KSA am 15.02.2010, 23.02.2010 und 26.02.2010 telefonisch über die fehlende Vorschussmöglichkeit informiert. Dass der Kläger nicht den Gesprächspartner der Zeugin S. bei der Beklagten angeben konnte, schadet nicht. Ausreichend ist, dass er die Art und Weise der Übermittlung in den Empfangsbereich der Beklagten vorgetragen und der Beklagten dadurch eine Einlassung und Beweisführung ermöglicht hat. Die Beklagte hätte zudem die Zeugin S. zum Beweis anbieten können, worauf der Senat in der öffentlichen Sitzung vom 28.03.2012 hingewiesen hat. Die Beklagte ist jedoch mangels Beweisangebot insoweit beweisfällig geblieben.

Die von dem Kläger behauptete Information der Beklagten durch das Autohaus ist ausreichend zur Erfüllung der ihm obliegenden Hinweisverpflichtung. Das Autohaus handelt insoweit in Vertretung, zumindest jedoch als Erklärungsbote des Klägers. Ein Grund, dem Kläger die persönliche Erfüllung der Hinweisverpflichtung aufzuerlegen, ist nicht ersichtlich.

3. Der Kläger kann gemäß § 257 BGB auch Freistellung von der Inanspruchnahme des Mietwagenunternehmens verlangen, da er nach dem unstreitigen Parteivortrag den Erstattungsanspruch zurück abgetreten erhalten hat.

4. Dass der Kläger an das Mietwagenunternehmen ab dem 13.07.2010 auch Verzugszinsen zahlen muss, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Kläger kann auch diese sowie die unstreitigen restlichen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 249, 257 BGB - hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten i. V. m. §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, 7002, 7008 VV RVG - als erforderliche Kosten zur Schadensbeseitigung von der Beklagten im Wege der Freistellung ersetzt verlangen.


C.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 ZPO zuzulassen, weil die vorliegend aufgeworfenen Fragen (Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Winterbereifung, Einsatz der Vollkaskoversicherung) in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt werden.