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Amtsgericht Köln Urteil vom 13.03.2012 - 264 C 79/11 - Standgebühren, An- und Abmeldekosten und Nutzungsausfallentschädigung in der Kaskoversicherung
AG Köln v. 13.03.2012: Standgebühren, An- und Abmeldekosten und Nutzungsausfallentschädigung in der Kaskoversicherung
Das Amtsgericht Köln (Urteil vom 13.03.2012 - 264 C 79/11) hat entschieden:
Standkosten, Nutzungsausfall oder Ersatz dafür, An- und Abmeldekosten sowie die Kosten der Wildunfallbescheinigung sind als Kaskoschäden nicht erstattungsfähig.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Kaskoversicherungsvertrag. Vertragsgrundlage sind die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kfz-Versicherung (Stand 01.01.2010). Insoweit wird auf die zu den Akten gereichten Kopien (Bl. 79 ff. d. A.) Bezug genommen.
Am 06.05.2010 erlitt der Kläger mit seinem bei der Beklagten entsprechend versicherten Fahrzeug, amtliches Kennzeichen ..., einen Wildschaden, bei dem das Fahrzeug beschädigt wurde. Das Fahrzeug wurde in der Folge, da es nicht mehr fahrbereit war, in das Autohaus S1 in Q geschleppt und dort eingestellt. Auf Veranlassung der Beklagten wurde das Fahrzeug dort seitens eines Sachverständigen der DEKRA begutachtet, der zum Ergebnis eines wirtschaftlichen Totalschadens kam. Auf dieser Basis rechnete die Beklagte zunächst ab. Der Kläger bezweifelte die Richtigkeit des Gutachtens und beauftragte seinerseits den Sachverständigen T aus Friedrichshafen mit einer Bewertung. Dieser setzte den Verkaufswert deutlich höher an, so dass hiernach kein wirtschaftlicher Totalschaden vorgelegen hätte. Hierauf wies der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2010 hin, worauf diese unter dem 07.07.2010 weitere Unterlagen, auch zu einem Vorschaden (Hagelschaden) sowie zur Umrüstung des Fahrzeugs auf eine LPG-Gasanlage anforderte. Mit Schreiben vom 08.07.2010 wurde die Beklagte erneut aufgefordert, die Reparaturkosten zu übernehmen. Mit Schreiben vom 18.08.2010 teilte das Autohaus S1, wo das Fahrzeug nach wie vor stand, dem Kläger mit, dass aufgrund hoher Auftragslage dort keine Reparatur erfolgen könne. Deshalb verbrachte der Kläger das Fahrzeug am 19.08.2010 in das Autohaus S2, wo schließlich die Reparatur durchgeführt und mit Rechnung vom 02.09.2010 berechnet wurde. Hiervon setzte er die Beklagte unter dem 07.09.2010 in Kenntnis. Nach weiterem Schriftverkehr übernahm die Beklagte letztlich die Reparaturkosten sowie weitere Kosten.
Der Kläger zahlte an das Autohaus S1, wo der Wagen zunächst stand, Abschleppkosten, Standgeld für die Zeit vom 06.05.2010 bis zum 19.08.2010 sowie Kosten für Zerlegung und Rücktransport zum Autohaus S2 zwei Rechnungen zu 311,78 EUR und zu 1.217,37 EUR. Die Beklagte erstattete dem Kläger die erstgenannte Rechnung vollständig und auf die zweite Rechnung zunächst 228,48 EUR und später weitere 351,05 EUR. Sie trägt vor, dies sei allein aus Gründen der Kulanz erfolgt. Eine Rechtspflicht dazu habe nicht vorgelegen. Den Restbetrag von 637,84 EUR verlangt der Kläger u. a. im jetzigen Verfahren.
Zudem macht der Kläger eine weitere Entschädigung von 1.000,00 EUR geltend. Hierzu behauptet er, er habe ein Fahrzeug zur Überbrückung für 2.000,00 EUR erworben und für 1.000,00 EUR wieder verkauft. Unterlagen dazu gebe es indes nicht. Hilfsweise stützt der Kläger diesen Anspruch auf einen täglichen Nutzungsausfallanspruch in Höhe von je 59,00 EUR.
Schließlich verlangt der Kläger An- und Abmeldekosten in Höhe von 134,20 EUR und Kosten von 25,00 EUR für die erforderliche Ausstellung einer Wildunfallbescheinigung.
Er ist der Ansicht, die Beklagte sei Schadensersatzpflichtig, weil sie gegen nebenvertragliche Pflichten aus dem Kaskoversicherungsvertrag gröblich verstoßen habe. Zudem habe sie das Verfahren in nicht hinnehmbarer Weise verzögert.
Der Kläger beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.797,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2010 zu zahlen sowie
- die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 229,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (02.09.2011) freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, nach den Versicherungsbedingungen handele es sich bei den jetzt geltend gemachten Positionen nicht um vereinbarte Versicherungsleistungen, wie unter Ziffer A.2.13.1 ausgeführt werde. Eine Verpflichtung zum Schadensersatz nach den allgemeinen Vorschriften sieht die Beklagte nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Urkunden und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz in Höhe der in Anspruch gestellten Positionen beanspruchen.
Zunächst ist festzustellen, wovon auch die Parteien auszugehen scheinen, dass die einzelnen Posten nicht unter A.2.7 der maßgeblichen Versicherungsbedingungen fallen. Soweit Abschleppkosten angefallen sind, sind diese jedenfalls aufgrund der erfolgten Zahlungen ausgeglichen. Gleiches gilt für die Reparaturkosten. Die Abzüge angesichts des Selbstbehalts, die im Übrigen nicht zu beanstanden sein dürften, sind zwar teilweise schriftsätzlich thematisiert. Dies hat aber keinen Einfluss auf die Schadensforderung selbst, weil sich die Anträge hierauf nicht erstrecken. Zur Klarstellung ist indes darauf hinzuweisen, dass aufgrund der vorgelegten Unterlagen die Erhöhung des Selbstbehaltes ausdrücklich vereinbart und klar darauf hingewiesen wurde. Das Gericht hat, auch wenn es darauf im Ergebnis nicht ankommt, keine Zweifel. dass der Selbstbehalt von jetzt 1.150,00 EUR für Wildunfälle wirksam ist und ausdrücklich vereinbart wurde.
Die offenen Kosten, nämlich Standkosten, Nutzungsausfall oder Ersatz dafür, An- und Abmeldekosten sowie die Kosten der Wildunfallbescheinigung unterfallen sämtlich Ziffer A.2.13.1 der Versicherungsbedingungen und sind als Kaskoschäden nicht erstattungsfähig.
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verzugs nach § 286 BGB ist nicht gegeben. Die Beklagte befand sich schon nicht in Verzug. Die Zahlung ist nämlich fällig erst 2 Wochen nach Feststellung von Zahlungspflicht und Höhe der Entschädigung (Ziffer A.2.14.1 der Versicherungsbedingungen). Bei Streit über die Höhe der Entschädigung gibt Ziffer A.2.14.2 lediglich einen Vorschussanspruch. Hiernach befand sich die Beklagte, die einen Vorschuss bezahlt hatte, jedenfalls vor der Reparatur des Fahrzeugs spätestens am 02.09.2010 noch nicht in Verzug.
Aber selbst wenn man Verzug annähme, wären jedenfalls die Kosten der An- und Abmeldung sowie die der Wildunfallbescheinigung kein kausaler Verzugsschaden, weil diese Kosten ohnehin angefallen wären.
Die Standgebühren waren zudem bereits bis zum 19.08.2010 angefallen, also zu einem noch früheren Datum. Der Umstand, dass insoweit eine Teilregulierung erfolgte, stellt kein Anerkenntnis oder eine andere Erklärung dar, aus welcher sich eine Einstandspflicht insgesamt ergeben könnte.
Insoweit und zum Nutzungsausfall gilt vielmehr, dass selbst im Falle von Verzug kein Schadensersatzanspruch bestünde. Schadensersatz wegen eines Verlustes der Gebrauchsmöglichkeit erfordert nämlich eine „unmittelbare, nachteilige Einwirkung auf das Fahrzeug selbst“ (so OLG Hamm Urteil vom 15.12.2010, 20 U 108/10 m. w. N., zitiert nach juris). Die Nichtzahlung der Versicherungssumme erfüllt diese Voraussetzungen nicht, weil diese Gelder nicht zweckgebunden gezahlt werden, sondern frei verwendet werden dürfen. Die Möglichkeit zur Reparatur aus eigenen Mitteln besteht jederzeit fort (OLG Hamm a. a. O.).
Schließlich können die späteren Streitigkeiten der Parteien im Rahmen des ggf. einzuleitenden Sachverständigenverfahrens nicht anspruchsbegründend wirken, weil zu diesem Zeitpunkt die geltend gemachten Schäden ohnehin längst entstanden waren.
Nach alldem kann der Kläger die streitgegenständlichen Beträge unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für sich beanspruchen, so dass die Klage abzuweisen war.
Da ein Anspruch zur Hauptforderung nicht besteht, kommt auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht in Betracht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, ZPO.
Streitwert: 1.797,04 EUR