Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 20.11.2003 - 4 StR 150/03 - Zu den Voraussetzungen eines tatbestandsmäßigen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer

BGH v. 20.11.2003: Zu den Voraussetzungen eines tatbestandsmäßigen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer


Der BGH (Urteil vom 20.11.2003 - 4 StR 150/03) hat entschieden:
Zur Auslegung des Tatbestandes des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer:

  1. Erforderlich ist eine zeitliche Verknüpfung dergestalt, dass das Opfer bei Verüben des Angriffs entweder Führer oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs ist.

  2. Führer im Sinne des § 316a StGB ist, wer das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist. Daran fehlt es, sobald der Fahrer sich außerhalb des Fahrzeugs befindet, ferner, regelmäßig wenn das Fahrzeug aus anderen als verkehrsbedingten Gründen anhält und der Fahrer den Motor ausstellt.

  3. Einen tatbestandsmäßigen Angriff auf die Entschlussfreiheit verübt, wer in feindseliger Absicht auf dieses Rechtsgut einwirkt. Dabei genügt es für die Vollendung, dass das Opfer den objektiven Nötigungscharakter der Handlung erkennt. List und Täuschung stellen regelmäßig noch keinen Angriff dar.

  4. Die "Vereinzelung" des Fahrers oder Mitfahrers begründet für sich allein noch kein Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs (Aufgabe von BGH, 12. Januar 1954, 1 StR 631/53, BGHSt 5, 280).


Siehe auch Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer und Stichwörter zum Thema Verkehrsstrafsachen


Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten und die früheren Mitangeklagten Wa. und A. jeweils des gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer für schuldig befunden und den Angeklagten W. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren sowie den Angeklagten D. zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagten Wa. und A., die keine Revision eingelegt haben, hat es zu Bewährungsstrafen verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten W. und D. mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel führen zur Änderung der Schuldsprüche hinsichtlich aller Angeklagten dahin, dass die Verurteilung wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer jeweils entfällt, und zur Aufhebung der Strafaussprüche; im übrigen sind sie unbegründet.


I.

1. Das Landgericht hat festgestellt:

Die vier Angeklagten nahmen am Abend des 6. Juli 2002 in Winsen/Luhe an einer Feier einer größeren Gruppe junger Leute teil, bei der sie in im einzelnen nicht mehr feststellbarem Umfang auch alkoholische Getränke zu sich nahmen. Nach Mitternacht entschlossen sie sich, noch nach Maschen zu fahren. Der Angeklagte W. bestellte deshalb ein Taxi, woraufhin gegen 1.30 Uhr der später Geschädigte Jürgen K. mit dem Taxi erschien. W. gab das Fahrtziel an und nahm auf dem Beifahrersitz Platz, die übrigen drei Angeklagten setzten sich auf die Rückbank. Während der Fahrt schlug er den anderen vor, den Taxifahrer zu überfallen und ihm dessen Geld abzunehmen. Alle Angeklagten waren mit dem Vorschlag einverstanden. Sie führten ihre Unterhaltung in russischer Sprache, so dass der Taxifahrer sie nicht verstehen konnte. In Maschen wies der Angeklagte W. den Taxifahrer an, auf einen von dem ursprünglich ins Auge gefassten Fahrziel nicht weit entfernten Parkplatz neben einem einsam gelegenen Baggersee abzubiegen und dort nach einer kurzen Strecke anzuhalten. Dem kam der Taxifahrer nach, der auch den Motor des Fahrzeugs ausstellte. Als er gerade dabei war, die Innenbeleuchtung einzuschalten, um die Fahrt abzurechnen, ergriff W. seine Arme und drückte sie nach unten, während der Mitangeklagte Wa. ihm den linken Arm um den Hals legte und mit großer Kraft den Kopf nach hinten zog, wodurch er in Todesangst geriet. W. forderte nunmehr von dem Taxifahrer die Herausgabe von Geld und entnahm aus der Mittelkonsole dessen Geldbörse, in der sich 200 bis 220 € befanden. Ferner nahm er das zum Taxi gehörende Mobiltelefon an sich und zog auch den Fahrzeugschlüssel ab. Sodann verließen die vier Angeklagten das Fahrzeug und liefen davon.

2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht ohne Rechtsfehler alle vier Angeklagten des gemeinschaftlich begangenen Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) für schuldig befunden. Dies gilt, wie der Generalbundesanwalt bereits in seiner Antragsschrift vom 23. April 2003 dargelegt hat, auch, soweit das Landgericht den Angeklagten D. nicht lediglich wegen Beihilfe, sondern wegen mittäterschaftlicher Beteiligung verurteilt hat. Diese Wertung des Landgerichts hält sich im Rahmen des dem Tatrichter insoweit eröffneten Bewertungsspielraums (vgl. Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. vor § 25 Rdn. 2a m.N.) und ist deshalb vom Revisionsgericht hinzunehmen, auch wenn eine andere Bewertung möglich gewesen wäre. Dagegen vermag der Senat die Schuldsprüche nicht zu bestätigen, soweit das Landgericht die Angeklagten und die nicht revidierenden Mitangeklagten auch wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer nach § 316 a StGB verurteilt hat.

3. Allerdings wäre die den Schuldsprüchen nach § 316 a StGB zugrundeliegende Rechtsauffassung des Landgerichts vom Standpunkt der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstanden.

a) So hat der Bundesgerichtshof bereits in seiner frühesten Grundsatzentscheidung nach Einführung des § 316 a StGB durch das 1. Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 (BGBl I 832) in einem Fall die Verurteilung des Täters nach § 316 a StGB a.F. ausdrücklich bestätigt (BGHSt 5, 280 f.), in dem der Täter spätestens während der Fahrt mit einem Taxi den Entschluss gefasst hatte, den Taxifahrer zu töten und sich dessen Pkw zu bemächtigen; in Ausführung dieses Tatplans hatte er den Taxifahrer veranlasst, an einer einsamen Stelle zu halten und mit ihm zusammen auszusteigen; als sie sich etwa 100 m vom Anhalteort entfernt hatten, führte der Täter seinen Tatplan aus. Der Bundesgerichtshof hat zum Schuldspruch nach § 316 a StGB a.F. ausgeführt, die Vorschrift diene dem Schutz des Kraftverkehrs und solle den besonderen Gefahren entgegenwirken, die sich aus seiner neuzeitlichen Entwicklung ergeben; diese Gefahren bestünden "namentlich in der Beanspruchung des Fahrers durch die Lenkung, in der Erschwerung der Flucht oder Gegenwehr, nicht zuletzt aber auch in seiner Vereinzelung und der damit verbundenen Nichterreichbarkeit fremder Hilfe" (aaO S. 281).

b) Ausgehend von dieser Entscheidung, die im Ergebnis an die Rechtsprechung des Reichsgerichts zum 1947 durch Kontrollratsgesetz aufgehobenen Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen vom 22. Juni 1938 (vgl. RGSt 73, 71 f.; dazu BGHSt aaO) anknüpfte, hat der Bundesgerichtshof den Tatbestand weit gehend im Sinne eines durch den bloßen Zusammenhang mit der Benutzung eines Kraftfahrzeugs qualifizierten Raubtatbestand mit weit vorverlagerter Strafbarkeit aufgefasst. So hat er die Erfüllung des Tatbestandes schon dann angenommen, wenn der mitfahrende Täter das Opfer an eine einsame Stelle lockt, um es dort unter Ausnutzung der so geschaffenen "Vereinzelung" auszurauben (vgl. nur BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 13 mit krit. Anm. Wolters JR 2002, 163 f.). Diesen Grundsätzen ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch noch nach Änderung von § 316 a StGB durch das am 1. April 1998 in Kraft getretene 6. StrRG (BGBl 1998 I 164) gefolgt (BGHR aaO).

4. An dieser Rechtsprechung hält der Senat in weit gehender Übereinstimmung mit der Literatur (vgl. nur Booß DAR 1953, 5, 6; Christian Fischer JURA 2000, 433 f.; Geppert JURA 1995, 310 f.; Günther JZ 1987, 16 f. und 369 f.; Ingelfinger JR 2000, 225 f.; Meurer-Meichsner, Untersuchungen zum Gelegenheitsgesetz im Strafrecht, zugleich ein Beitrag zu § 316 a StGB (Autostraßenraub), 1974; Roßmüller/Rohrer NZV 1995, 253 f.; Wolters GA 2002, 303 f.; jew. m.w.N.) nicht länger fest. Vielmehr erachtet er eine enger am Schutzzweck und den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 316 a StGB orientierte Auslegung (vgl. dazu Meurer-Meichsner aaO S. 66 f.; Wolters aaO S. 305) für geboten. Der Senat trägt damit zugleich dem gesetzgeberischen Anliegen des 6. StrRG Rechnung, durch das der Deliktscharakter des § 316 a StGB von dem früheren Unternehmensdelikt in ein Delikt geändert wurde, das durch "Verüben eines Angriffs" begangen wird (vgl. BTDrucks. 13/8587 S. 51). Denn Ziel dieser Änderung war es auch, unangemessene Ergebnisse zu vermeiden, die sich aus der weit in den Bereich der Vorbereitungshandlungen der Raubtaten verlegten Strafbarkeit ergeben können (vgl. BTDrucks. aaO).


II.

Die Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten unter Ausnutzung der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs einen tatbestandsmäßigen "Angriff" gegen das Tatopfer als Kraftfahrzeugführer verübt haben.

1. Schon die Einordnung der Vorschrift des § 316 a StGB in den Abschnitt über gemeingefährliche Straftaten verdeutlicht, dass die Vorschrift, deren Einführung durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 (BGBl I 832, 834) in erster Linie dem Schutz vor sog. "Autofallen" diente (vgl. BTDrucks. - 1. WP - 3774 S. 6; dazu BGHSt 39, 249, 250), neben individuellen Rechtsgütern zumindest gleichrangig den Schutz der Sicherheit des Kraftfahrverkehrs auf den Straßen bezweckt ("an der Nahtstelle zwischen Vermögens- und Verkehrsdelikten"; BTDrucks. III/2150 S. 494; IV/650 S. 534; zum Schutzzweck vgl. die Nachweise bei Tröndle/Fischer aaO § 316 a Rdn. 1 b).

Ausgehend von dieser Zielrichtung der Strafvorschrift des § 316 a StGB, erfasst der Tatbestand als taugliche Tatopfer eines unter den spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs in räuberischer Absicht auf Leib oder Leben oder die Entschlussfreiheit verübten "Angriffs" nur den "Führer" oder den "Mitfahrer" eines Kraftfahrzeugs. Erforderlich ist daher, dass das Opfer diese Eigenschaft im Tatzeitpunkt, d.h. nicht im Zeitpunkt des Tatentschlusses, sondern bei Verüben des Angriffs hat (vgl. Tröndle/Fischer aaO Rdn. 2 u. 3 b a.E.; Roßmüller/Rohrer aaO S. 255). An dieser zeitlichen Verknüpfung fehlt es hier: Solange der Geschädigte das Taxi führte, verübten die Angeklagten keinen Angriff auf ihn (dazu nachfolgend zu 2.); als sie zugleich mit dem Beginn des räuberischen Überfalls den Geschädigten angriffen, war dieser nicht mehr Führer seines Taxis (dazu nachfolgend zu 3.).

2. Einen Angriff auf die Entschlussfreiheit des Opfers - wie er hier allein zu erörtern ist - verübt, wer in feindseliger Absicht auf dieses Rechtsgut einwirkt (vgl. Senatsbeschluss BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Angriff 1). Ausreichend, aber auch erforderlich ist eine gegen die Entschlussfreiheit gerichtete Handlung, sofern das Opfer jedenfalls deren objektiven Nötigungscharakter wahrnimmt; die feindliche Willensrichtung des Täters braucht das Opfer dagegen nicht erkannt zu haben. Ebenfalls nicht vorausgesetzt ist, dass der verübte Angriff sich bereits unmittelbar gegen das Eigentum bzw. Vermögen des Opfers richtet.

a) Während der Geschädigte Führer seines Taxis war, haben die Angeklagten im vorbezeichneten Sinne keinen tatbestandsmäßigen Angriff auf seine Entschlussfreiheit verübt. Daran ändert nichts, dass sie, nachdem sie während der Fahrt den Raubentschluss gefasst hatten, planmäßig ihre räuberische Absicht vor dem Geschädigten verbargen und ihn etwas entfernt von dem ursprünglich angegebenen Fahrtziel anzuhalten veranlassten. Denn die darin liegende bloße List kann grundsätzlich ebenso wie die Täuschung noch nicht als Angriff auf die Entschlussfreiheit angesehen werden (so Tröndle/Fischer aaO Rdn. 2 a; Wolters aaO S. 315 f.; Horn in SK-StGB 49. Lfg. 7. Aufl. StGB § 316 a Rdn. 4a; Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht Bes.Teil, Teilband 1, 9. Aufl. § 35 Rdn. 51). Deshalb stellt allein die Angabe eines Fahrtziels bzw. dessen Änderung ebenso wie der Fahrtantritt selbst, auch wenn der Täter damit seine Raubabsicht verbindet, noch kein Verüben eines Angriffs dar, sondern regelmäßig ein nach der Vorstellung des Täters den Angriff vorbereitendes Geschehen. Für eine Beschränkung des Begriffs des Angriffs auf den Einsatz von Nötigungsmitteln spricht schon der Wortlaut der Vorschrift; denn eine Täuschung hindert nicht den Entschluss und beeinträchtigt auch nicht die Entschlussfreiheit, sondern bewirkt lediglich eine falsche Vorstellung bzw. ein falsches Motiv für die vom Opfer weiterhin als frei empfundene Willensbildung bzw. Willensbetätigung (ähnlich Roßmüller/Rohrer aaO S. 263; Sowada in LK 11. Aufl. § 316 a Rdn. 39; Wolters aaO S. 315 f.). Dass der Täter als Fahrgast seine Raubabsicht verbirgt, bringt für sich allein den Fahrer, solange er die Raubabsicht nicht erkennt, auch nicht in die für die Anwendbarkeit der Strafvorschrift notwendige verkehrsspezifische Gefahrenlage (vgl. Horn in SK aaO). Erst wenn der Täter das Opfer zu der Fahrt oder Weiterfahrt zwingt, liegt darin ebenso ein tatbestandsmäßiger Angriff wie in dem Bereiten eines Hindernisses, das das von dem Opfer benutzte Kraftfahrzeug zum Anhalten veranlasst ("Autofalle").

b) Dass sich die mit der Bestimmung des Fahrziels verbundene räuberische Absicht - wie hier - gegen einen Taxifahrer richtet, rechtfertigt keine andere Beurteilung und macht die List oder Täuschung noch nicht zu einem Angriff auf die Entschlussfreiheit des Kraftfahrzeugführers. Soweit im Schrifttum hierzu die Auffassung vertreten wird, in diesen Fällen nutze der Täter nicht lediglich die Gutgläubigkeit des Fahrers aus, sondern dessen aus gesetzlichen Vorgaben entstehende Pflicht, einem Beförderungswunsch des Kunden zu entsprechen (vgl. Roßmüller/Rohrer aaO S. 263), folgt dem der Senat nicht. Allerdings begründet § 22 PBefG - von Ausnahmen abgesehen (vgl. etwa § 13 BOKraft bei konkretem Verdacht auf Gefahren für die Sicherheit) - für Taxifahrer grundsätzlich einen Kontrahierungszwang. Dieser hat auf die Entschlussfreiheit eines Taxifahrers aber in der Regel keinen maßgeblichen Einfluss; denn der Beförderung eines Fahrgastes durch den Taxifahrer liegt in erster Linie dessen eigenes wirtschaftliches Interesse zugrunde. Schon deshalb wäre schwerlich zu begründen, weshalb dieselbe Handlung bei einem Taxifahrer im Hinblick auf die Tatbestandsmäßigkeit nach § 316 a StGB anders zu bewerten sein sollte als bei einem Kraftfahrzeugführer, der den Täter - wie etwa in den Anhalterfällen - aus Gefälligkeit in seinem Fahrzeug mitnimmt (vgl. Meurer-Meichsner aaO S. 106). Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der Täter bei bestehender Raubabsicht den Taxifahrer entgegen dessen erkennbaren Willen unter Berufung auf die Beförderungspflicht zur Durchführung der Fahrt veranlasst. Dann kann schon in dem dadurch ausgeübten zumindest psychischen Zwang ein Angriff auf die Entschlussfreiheit liegen. Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht festgestellt.

3. Einen Angriff auf den Geschädigten haben die Angeklagten allerdings verübt, als sie nach dem Anhalten noch im Taxi durch Gewalthandlungen unmittelbar zum Raub ansetzten. Zu diesem Zeitpunkt war der Geschädigte aber nicht mehr im Sinne des § 316 a StGB Führer des Fahrzeugs.

a) Welchen Inhalt der Begriff des Führers eines Kraftfahrzeugs im Rahmen des § 316 a StGB hat, ist in der Rechtsprechung bislang ersichtlich nicht näher thematisiert worden. Insoweit kann nicht ohne weiteres an die Auslegung des Begriffs des Führens durch die Rechtsprechung im Zusammenhang mit sonstigen Verkehrsdelikten (vgl. zu § 316 StGB BGHSt 35, 390, 393 f.) angeknüpft werden. Maßgeblich für die Begriffsbestimmung ist vielmehr die mit der Vorschrift des § 316 a StGB verfolgte gesetzgeberische Intention, Führer und Mitfahrer von Kraftfahrzeugen davor zu schützen, gerade wegen ihrer Teilnahme am Straßenverkehr leichter Opfer von räuberischen Angriffen zu werden. Führen eines Kraftfahrzeugs liegt deshalb zwar in erster Linie, aber nicht nur vor, wenn und solange das Fahrzeug sich in Bewegung befindet (vgl. Wolters aaO, 303, 309 m. krit. Bspr. BGH NStZ 2001, 197). Daher ist Führer im Sinne des § 316 a StGB, wer das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist (vgl. Sowada in LK aaO Rdn. 17 m.w.N.).

b) Daraus folgt, dass nicht Führer eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 316 a StGB ist, wer sich außerhalb des Fahrzeugs befindet, sei es, dass er dieses noch nicht bestiegen (so im Fall BGH bei Holtz MDR 1976, 988), sei es, dass er es - wenn auch nach seiner Absicht nur vorübergehend - verlassen hat (so mit überzeugender Begründung Günther JZ 1987, 369, 379 f.). Hält sich das (potentielle) Tatopfer dagegen im Fahrzeug auf, ohne dass sich dieses in Bewegung befindet, so ist darauf abzustellen, ob es als Fahrer mit der Bewältigung von Betriebs- oder Verkehrsvorgängen befasst ist. Dies wird etwa bei einem sogenannten verkehrsbedingten Halt (Beispiele: Halt an einer Rotlicht zeigenden Ampel, an einer geschlossenen Bahnschranke, bei einem Stau u. dergl.) zu bejahen sein, da der Lenker eines Kraftfahrzeugs in dieser Situation seine Aufmerksamkeit weiter auch auf das Verkehrsgeschehen richten muss und deshalb leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden kann (h.A. in Rspr. und Lit.; BGHSt 25, 315, 317; 38, 196 m. zust. Anm. Keller JR 1992, 515 f.; BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 7; Horn in SK aaO Rdn. 3; Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 316 a Rdn. 3; Roßmüller/Rohrer aaO S. 255). Letzteres trifft dagegen regelmäßig nicht zu, wenn das Opfer sein Fahrzeug aus anderen Gründen zum Halten gebracht und den Motor ausgestellt hat.

c) Ein verkehrsbedingter Halt lag hier nicht vor, als der Geschädigte auf Aufforderung des Angeklagten W. anhielt, um die Taxifahrt abzurechnen, und er den Motor ausstellte. Greift der Täter (erst) in einer solchen Lage in räuberischer Absicht den Fahrer des Fahrzeugs an, so nutzt er lediglich die günstige Situation, die ihm gerade das Halten des Fahrzeugs für die Tatausführung bietet. Anders als der 1975 ersatzlos weggefallene Tatbestand des Straßenraubs (§ 250 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F.) lässt § 316 a StGB für die (qualifizierte) Strafbarkeit aber nicht die Tatbegehung im öffentlichen Verkehrsraum genügen, sondern knüpft die Vorschrift - wie ausgeführt - an die besondere Gefährdung des Tatopfers gegenüber räuberischen Angriffen gerade in seiner Eigenschaft als Führer oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs an.

d) Nach diesen Grundsätzen war der Geschädigte in dem Zeitpunkt, als der Angeklagte W. erstmals auf ihn einwirkte, nicht mehr Führer des Taxis. Schon deshalb scheidet hier die Annahme einer vollendeten Tat nach § 316 a StGB aus. Auf die bislang in der Rechtsprechung als Entscheidungskriterium herangezogene, im Einzelfall schwierig zu beantwortende Frage, ob die Fahrt wegen Erreichens des Fahrtziels jedenfalls zunächst beendet oder nur unterbrochen war (vgl. BGHR StGB § 316 a Straßenverkehr 13; ebenso noch BGH, NStZ 2003, 35), kommt es nicht mehr an.

4. Die Angeklagten haben sich auch nicht eines Versuchs des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer schuldig gemacht. Wie im einzelnen beim Angriff im Sinne dieser Strafvorschrift bloße Vorbereitungshandlungen vom Versuch und der Versuch von der Vollendung abzugrenzen sind, ist noch weitgehend ungeklärt (zum Meinungsstand vgl. Ingelfinger JR 2000, 225 f. und die weiteren Nachw. bei Tröndle/Fischer aaO Rdn. 2 b u. 2 c), bedarf hier aber keiner abschließenden Entscheidung.

Zwar könnte ein Ansetzen zu einem Angriff schon in der Aufforderung des Angeklagten W. zu sehen sein, das Taxi am Tatort anzuhalten, um dort den Fahrer sogleich danach zu überfallen (vgl. BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 13; zustimmend Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 316 a Rdn. 9). Es fehlte den Angeklagten aber an einem auf die Verwirklichung sämtlicher objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Entschluss, wie dies die Strafbarkeit wegen Versuchs nach § 316 a StGB voraussetzt (vgl. Cramer/Sternberg-Lieben aaO). Selbst wenn sie bereit gewesen sein sollten, ihr Opfer auch noch bei laufendem Motor - mithin als Führer eines Kraftfahrzeugs - anzugreifen, sollte der Angriff jedenfalls nicht unter "Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs" erfolgen.

Der Tatplanung der Angeklagten kann nicht entnommen werden, dass sie sich die Befassung des Taxifahrers mit dem - gegebenenfalls - noch in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeug und eine gerade damit verbundene erhöhte Schutzlosigkeit zunutze machen wollten. Vielmehr kam es ihnen nach den Feststellungen darauf an, dass der Taxifahrer "aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit keine Abwehrchance" haben sollte (UA 7). Zwar bewirkte auch die "Vereinzelung" des Opfers an einem Ort, an dem fremde Hilfe nicht zu erreichen war, eine Herabsetzung seiner Abwehrmöglichkeit. Das reicht nach Auffassung des Senats - auch insoweit in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung (BGHSt 13, 27, 30; 15, 322, 324; BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 13) - für die Tatbestandsverwirklichung jedoch nicht aus, da die Abgelegenheit des Überfallortes gerade keine spezifische Eigenschaft des Kraftfahrzeugverkehrs ist (so zu Recht Horn in SK aaO § 316 a Rdn. 4; Roßmüller/Rohrer aaO S. 255; Sowada in LK aaO Rdn. 33).


III.

1. Hiernach muss die Verurteilung der Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer entfallen. Der Senat schließt aus, dass sich aufgrund neuer Hauptverhandlung noch weitere Feststellungen treffen lassen, die eine Verurteilung nach dieser Strafvorschrift tragen könnten. Er ändert deshalb hinsichtlich der Angeklagten sowie gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich der nicht revidierenden Angeklagten Wa. und A. die jeweiligen Schuldsprüche in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin ab, dass der Tatvorwurf nach § 316 a StGB entfällt.

2. Der Wegfall der Verurteilung der Angeklagten wegen eines Verbrechens nach § 316 a StGB zieht die Aufhebung aller Strafaussprüche des angefochtenen Urteils nach sich. Zwar hat das Landgericht - soweit es die erwachsenen Angeklagten W. und Wa. betrifft - die Strafen jeweils dem nach §§ 46 a, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 249 Abs. 1 StGB entnommen und dabei zudem - insoweit rechtsfehlerhaft zu Gunsten der Angeklagten - einen bis zu zehn Jahren statt bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen zugrundegelegt. Andererseits hat das Landgericht bei allen Angeklagten ausdrücklich die tateinheitliche Verwirklichung des § 316 a StGB straferschwerend gewertet. Schon deshalb kann der Senat nicht mit genügender Sicherheit ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die Angeklagten jeweils "nur" wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes nach § 249 StGB verurteilt, auf niedrigere Strafen erkannt hätte. Allerdings ist der neue Tatrichter nicht gehindert, bei der Bemessung der Strafen wegen Raubes strafschärfend zu werten, dass sich die Tat gegen einen Taxifahrer während der Ausübung seines auch im Interesse der Allgemeinheit liegenden Berufs richtete und die Angeklagten dabei ihr Opfer planmäßig in einen Hinterhalt gelockt haben.

Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten werden von dem Aufhebungsgrund nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben.