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OLG Saarbrücken Urteil vom 28.02.2013 - 4 U 587/10 - Zur richterlichen Überzeugung vom Vorliegen eines HWS-Schleudertraumas
OLG Saarbrücken v. 28.02.2013: Zur richterlichen Überzeugung vom Vorliegen eines HWS-Schleudertraumas
Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 28.02.2013 - 4 U 587/10) hat entschieden:
Auch wenn das medizinische Erfahrungswissen zum sicheren Nachweis leichtgradiger Verletzungsfolgen und hieraus resultierender fortdauernder Beschwerden (hier: andauernde Beschwerden nach allenfalls mittelgradiger HWS-Distorsion) nicht in der Lage ist, kann das Gericht am Maßstab des § 287 ZPO seine Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere auf die Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrag stützen.
Gründe:
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der im Jahr 1966 geborene Kläger, der als selbstständiger Elektroinstallationsmeister in L. ein Unternehmen betreibt, die Beklagten wegen eines Verkehrsunfallereignisses, welches sich am 2.2.2005 gegen 7:40 Uhr im Bereich der B.-Brücke in S. ereignete, auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrzeug der Marke Peugeot Expert Kastenwagen, amtliches Kennzeichen 00-00-00, die Bundesautobahn A 000 aus der Richtung Saarlouis und verließ die Autobahn an der Ausfahrt B.-Brücke. Am Ende der Ausfahrt musste der Kläger an der für ihn Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage anhalten. Der Beklagte zu 3) fuhr mit dem Fahrzeug Opel Corsa, amtliches Kennzeichen 11-11-11, dessen Halter der Beklagte zu 2) und dessen Haftpflichtversicherer die Beklagte zu 1) war, hinter dem Kläger her, konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr auf das Heck des Fahrzeugs des Klägers auf. Der Kläger erlitt eine HWS-Distorsion. Er begab sich in ärztliche Behandlung. Vom 4. bis zum 24.3.2005 erfolgte eine stationäre Krankenhausbehandlung in L..
Die Beklagte zu 1) zahlte unter Rückforderungsvorbehalt an den Kläger auf den Personenschaden einen Vorschuss von 20.000 EUR. Der Sachschaden wurde in Höhe von 1.655,50 EUR laut Sachverständigengutachten reguliert. Weiterhin erstattete die Beklagte zu 1) eine Kostenpauschale in Höhe von 100 EUR, die Kosten des Sachverständigengutachtens sowie Heilkosten in Höhe von 201,44 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 28.4.2005 beanspruchte der Kläger von der Beklagten zu 1) als vorläufigen Schadensersatz beziehungsweise Vorschuss auf den Personenschaden weitere 45.453,75 EUR. Mit Schreiben vom 26.7.2005 teilte die Beklagte mit, dass sie lediglich bereit sei, dem Kläger unter Verzicht auf den Rückforderungsvorbehalt zur Abgeltung aller gegenseitigen Ansprüche weitere 10.000 EUR zu zahlen.
Der Kläger hat behauptet, er habe durch den Unfall nicht nur ein HWS-Schleudertrauma, sondern auch eine Prellung/Distorsion von BWS und LWS erlitten. Vor dem Unfall habe er niemals irgendwelche gesundheitlichen Probleme im Bereich der Halswirbelsäule gehabt und sei fit und leistungsfähig gewesen. Infolge des Unfalls sei er bis zum 31.8.2005 fortlaufend arbeitsunfähig gewesen. Die unfallbedingten Leiden seien bei ihm zunächst nicht abgeklungen. Er habe unter Nackenverspannungen und daraus resultierenden Kopfschmerzen sowie ziehenden Schmerzen im HWS-Bereich gelitten, die in den Kopf ausgestrahlt hätten. Dies habe ihn besonders beim Lesen, Schreiben und ähnlichen Tätigkeiten beeinträchtigt. Auch habe sich nach dem Unfall bis heute eine extreme Wetterfühligkeit eingestellt, so dass er bei Wetterveränderungen unter Kopf- und Nackenbeschwerden leide. Dementsprechend sei er erst wieder im Frühjahr 2006 in der Lage gewesen, seiner Erwerbstätigkeit als selbstständiger Elektroinstallationsmeister vollumfänglich nachzugehen.
Für die erlittenen Verletzungen hat der Kläger in der Klageschrift ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000 EUR geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 20.9.2010 hat der Kläger sodann ausgeführt, ganz unabhängig davon, auf welchen Gutachter man die Behandlungsdauer stütze, habe er im gesamten Jahr 2005 unter den Folgen des Verkehrsunfalls gelitten und sich schmerzhaften und risikoreichen Behandlungen und Infiltrationen unterziehen müssen. Das Schmerzensgeld habe nunmehr einen fünfstelligen Betrag erreicht und übersteige das in der Klageschrift angesetzte Minimum von 5.000 EUR inzwischen deutlich.
Sodann hat der Kläger einen Verdienstausfallschaden geltend gemacht. Hierzu hat er zuletzt vorgetragen, dass sich sein operatives Jahresergebnis stets auf konstantem beziehungsweise ähnlichem Niveau bewegt habe und lediglich im Unfalljahr bedingt durch die Unfallfolgen extrem abgesunken sei. Unfallbedingt stünden ihm 71.015,37 EUR zu: Der durchschnittliche Jahresgewinn im Zeitraum 2002 bis 2004 und im Zeitraum von 2006 bis 2007 habe 52.949,67 EUR betragen. Diesen Wert hätte der Kläger auch im Jahr 2005 erreicht. Hinzu komme ein operativer Verlust von 18.065,70 EUR.
Des Weiteren hat der Kläger einen Haushaltsführungsschaden geltend gemacht, den er monatlich auf 864,90 EUR beziffert hat, woraus bis zum 31.1.2006 unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Beeinträchtigung ein Betrag von 7.245,63 EUR resultiere.
Sodann hat der Kläger als materiellen Schadensersatz die Kosten einer mit Rechnung vom 7.12.2005 fakturierten Infiltrationsbehandlung in Höhe von 226,14 EUR geltend gemacht.
Der Kläger hat (zuletzt) beantragt,
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 5.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.7.2005 sowie 96.131,07 EUR Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.7.2005 abzüglich bereits gezahlter 20.000 EUR zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger die auf die unter Ziff. 1 auszuurteilende Entschädigungsleistung zu entrichtende Steuer zu ersetzen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, insbesondere alle zukünftig anfallenden Behandlungskosten, zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) vom 2.2.2005 in S. auch zukünftig noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind;
- die Beklagten ferner zu verurteilen, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers in Höhe von 1.589 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2005 zu zahlen;
- die Widerklage der Beklagten zu 1) abzuweisen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat im Wege der Widerklage beantragt, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) 15.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.7.2008 zu zahlen.
Die Beklagten haben bestritten, dass die fortdauernden Beschwerden in dem behaupteten Umfang vorlägen und unfallbedingt seien. Die auf den Körper des Klägers einwirkenden Kräfte seien nicht geeignet gewesen, neben einer HWS-Distorsion gleichzeitig eine Prellung und Distorsion der BWS und LWS hervorzurufen. Eine lang andauernde unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei bei dem Kläger nicht gegeben. Die objektivierbaren Unfallverletzungen begründeten allenfalls eine Arbeitsunfähigkeit von zwei Wochen.
Als Ausgleich für die nachgewiesenermaßen unfallursächlichen Beeinträchtigungen komme maximal ein Schadenersatzbetrag von 5.000 EUR in Betracht, weshalb die unter Rückforderungsvorbehalt geleisteten 20.000 EUR in Höhe des Differenzbetrages von 15.000 EUR ohne Rechtsgrund geleistet worden seien. Die Rückforderung dieses Betrages bildet den Gegenstand der Widerklage. Die Beklagten haben in Höhe von 5.000 EUR hilfsweise die Aufrechnung gegen etwaige Ansprüche des Klägers erklärt.
In der angefochtenen Entscheidung hat Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Es hat hierzu ausgeführt: Der Kläger habe nach Durchführung der Beweisaufnahme den ihm obliegenden Beweis dafür, dass er durch den Unfall nicht nur ein HWS-Schleudertrauma, sondern auch eine Prellung/Distorsion von BWS und LWS erlitten habe, nicht erbracht. Vielmehr sei nach Durchführung der Beweisaufnahme eine hinreichende Wahrscheinlichkeit unfallbedingter Beeinträchtigungen nur für leicht- bis mittelgradige HWS-Beschwerden in einem Zeitraum von etwa sieben Wochen gegeben. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Berufung wendet sich zunächst gegen das Sachverhaltsverständnis des Landgerichts, wonach die unfallbedingten Leiden des Klägers nach der Behauptung des Klägers bis heute nicht abgeklungen seien. Dies treffe nicht zu: Der Kläger habe mehrfach vorgetragen, dass er ab dem Frühjahr 2006 wieder vollständig in seiner Firma einsatzbereit gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Gericht im Urteil zu Grunde gelegt habe, dass die Beschwerden des Klägers nach dessen Behauptung bis Verkündungstag fortbestünden.
Aufgrund der augenfälligen Beschädigungen des klägerischen Pkws sei davon auszugehen, dass ein so genannter versetzter Heckaufprall stattgefunden habe, weshalb die durch die Kollision eingetretene Geschwindigkeitsänderung zwischen 7 und 14 km/h gelegen habe.
Sodann wendet sich die Berufung gegen die Feststellungen zu den Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers: Das Landgericht habe übersehen, dass der gerichtliche Sachverständige dazu tendiert habe, die erlittene HWS-Distorsion dem Schweregrad II zuzuordnen. Der Sachverständige habe diese Einschätzung plausibel damit begründet, dass die Halswirbelsäule des Klägers degenerativ vorgeschädigt gewesen sei (Gutachten S. 32). Das Landgericht habe den Beweisantritt übergangen, auch den Facharzt Dr. H. über die Beschwerden des Klägers und den Heilungsverlauf zu vernehmen. Auch sei der Sachverständige auf S. 38 seines Gutachtens davon ausgegangen, dass der Kläger mit abnehmender Intensität bis zum 28.1.2006 arbeitsunfähig gewesen sei. Dieses Ergebnis der sachverständigen Begutachtung habe das Landgericht nicht berücksichtigt.
Weiterhin habe das Landgericht die Aussage des Zeugen M. zur Kopfhaltung des Klägers im Moment der Kollision rechtsfehlerhaft nicht für glaubhaft erachtet.
Auch seien dem Kläger die Heilbehandlungskosten für die Infiltrationstherapie (226,14 EUR), die Selbstbeteiligungskosten (720 EUR) und die (genauer: unterbliebene) Beitragsrückerstattung für das Jahr 2005 (402,40 EUR) zu erstatten. Hinsichtlich der Kosten für die Infiltrationstherapie sei zu berücksichtigen, dass die Verordnung einer solchen Therapie nach der Einschätzung des Sachverständigen ein deutlicher Anhaltspunkt für das Vorliegen des Schweregrades II sei. Die Therapie sei unfallursächlich notwendig geworden.
Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens habe der Kläger durch Vernehmung der D. D.-J. Beweis dafür angeboten, dass er täglich bis zu drei Stunden im Haushalt mitgearbeitet habe. Diesen Beweisantritt habe das Landgericht übersehen. Es sei zwar so, dass der Arbeitsablauf des Klägers an manchen Tagen ein solches Pensum an häuslicher Arbeit nicht zugelassen habe. Allerdings wäre der Kläger am Wochenende an zwei Tagen in der Lage gewesen, auch einmal acht oder 10 Stunden mit Haus- und Gartenarbeiten zu verbringen. Unter Berücksichtigung einer Stundenvergütung von 9,61 EUR resultiere in dem vom Sachverständigen geschätzten Zeitraum bis zum 28.7.2005 ein Haushaltsführungsschadens von insgesamt 2.583,17 EUR (GA VI Bl. 892).
Der Kläger vertieft seine Rechtsauffassung, wonach ihm im Jahr 2005 ein Verdienstausfallschaden in Höhe von 71.015,37 EUR entstanden sei. Selbst wenn der entstandene Verdienstausfall wöchentlich zu schätzen sei, belaufe sich der wöchentliche Verlust auf 1.365,68 EUR (71.015,37 EUR/52). Setze man diesen Betrag in die Tabelle des Sachverständigen Prof. Dr. R. ein, verbleibe ein Verdienstausfallschaden von jedenfalls 29.225,55 EUR.
Die Beklagte zu 1) hat aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Widerklage die Zwangsvollstreckung eingeleitet, woraufhin der Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zu treuen Händen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten einen Betrag von 17.562,95 EUR überwiesen hat.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 17.11.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 9 O 332/05 - wie folgt zu entscheiden:
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 5.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.7.2005 sowie 74.947,08 EUR Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 59.947,08 EUR seit dem 27.7.2005 sowie aus (weiteren) 17.562,95 EUR seit dem 27.12.2010 abzüglich bereits gezahlter 5.000 EUR zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger die auf die unter Ziff. 1 auszuurteilende Entschädigungsleistung zu entrichtende Steuer zu ersetzen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, insbesondere alle zukünftig anfallenden Behandlungskosten, zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 2) vom 2.2.2005 in S. auch zukünftig noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind;
- die Beklagten ferner zu verurteilen, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers in Höhe von 1.589 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2005 zu zahlen;
- die Widerklage der Beklagten zu 1) abzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung. Auch nach dem Berufungsvortrag des Klägers könne eine höhere kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung als 14 km/h nicht festgestellt werden. Nach dem Vortrag des Klägers, wonach er heute unter keinen Beschwerden leide, sei das Feststellungsinteresse des Klägers am Klageantrag zu 3) entfallen.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine Vernehmung des den Kläger behandelnden Arztes nicht erforderlich, nachdem der gerichtliche Sachverständige den Befund des behandelnden Arztes vom 4.3.2005 sowie den Entlassungsbefund vom 25.3.2005 vollständig verwertet habe.
Hinsichtlich der Beeinträchtigungen habe der Sachverständige einerseits zwischen möglichen Standardwerten und andererseits den vorliegenden Unterlagen von Dr. H. differenziert. Diese Unterlagen würden eine Arbeitsunfähigkeit maximal bis zum Zeitpunkt der Entlassung belegen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 31.1.2011 (GA VI Bl. 881 ff.), der Berufungserwiderung vom 8.3.2011 (GA VI Bl. 908 ff.), die Schriftsätze der Klägervertreter vom 29.1.2011 (GA VI Bl. 919 ff.), der Beklagtenvertreter vom 13.12.2011 (GA VI Bl. 945 ff.) und 6.9.2012 (GA VI Bl. 1010 ff.) verwiesen. Der Senat hat aufgrund Beweisbeschlüssen vom 29.11.2011 (GA VI Bl. 928), 10.1.2012 (GA VI Bl. 961 f.) und 6.12.2012 (GA VI Bl. 1024) durch Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten Beweis erhoben und den Kläger gem. § 141 ZPO über seine Tätigkeit im Jahr 2005 angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 29.11.2011 (GA VI Bl. 927 ff.) und 31.1.2013 (GA VI Bl. 1040 ff.) sowie auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Ho. vom 9.8.2012 (GA VI Bl. 993 ff.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat im tenorierten Umfang anteiligen Erfolg. Dem Kläger stehen auf der Grundlage der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme Ansprüche auf Verdienstausfall, Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden und Kostenersatz für die Infiltrationstherapie zu, die in ihrer Addition die bereits geleisteten Zahlungen der Beklagten zu 1) übersteigen.
A. Zu den Leistungsanträgen:
1. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die dem Kläger aus dem Unfallereignis entstandenen Schäden nach § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, hinsichtlich des Beklagten zu 3) aus § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB steht zwischen den Parteien außer Streit.
2. Umstritten ist jedoch, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger infolge des Unfallereignisses erlitt und wie lange er in seinem körperlichen Wohlbefinden unfallursächlich beeinträchtigt war.
a) Nach dem Sachvortrag der Berufung hat der Kläger diesen Zeitraum vom Unfalltag bis zum Frühjahr 2006 begrenzt. Obwohl sich sowohl der Berufungsvortrag als auch der in der Berufungsbegründung in Bezug genommene erstinstanzliche Vortrag (GA II Bl. 305 f.; GA III 351, 456) explizit nur auf die volle Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit beziehen, ist der Sachvortrag nicht dahingehend zu verstehen, dass der Kläger über den genannten Zeitraum hinaus an fortdauernder Wetterfühligkeit und Beschwerden im Kopf- und Nackenbereich leidet.
b) Das Landgericht hat es als unstreitig angesehen, dass der Kläger durch den Aufprall ein HWS-Schleudertrauma erlitt. Es ist sodann nach Durchführung der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für einen Zeitraum von etwa sieben Wochen an leichten bis mittelgradigen HWS-Beschwerden gelitten habe. Diese Gesundheitsbeeinträchtigung habe bis zum 24.3.2005 die volle Arbeitsunfähigkeit des Klägers herbeigeführt. Demgegenüber sei der Beweis dafür, dass der Kläger über diesen Zeitraum hinaus unfallbedingt arbeitsunfähig gewesen sei, nicht mit der erforderlichen Sicherheit geführt.
Dagegen bestehen durchgreifende Bedenken: Nach dem Ergebnis der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass der Kläger mit abnehmender Intensität noch bis zum Jahresende 2005 unter den Folgen der HWS-Distorsion litt und seine Arbeitsfähigkeit nach Maßgabe der vom Sachverständigen Prof. Dr. R. für den Fall einer HWS-Distorsion des Grades II als Grenze des Ermessensspielraums ermittelten Werte (bis zum 16.6.2005 um 60%, bis zum 28.7.2005 um 40%, bis zum 28.10.2005 um 20% und bis zum Jahresende 2005 um 10%) gemindert war.
aa) Das Landgericht ist von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen: Der Kläger trägt die Beweislast dafür, dass auch fortbestehende (unstreitige oder bewiesene) Beschwerden adäquate Folgen des Unfallereignisses sind. Zwar hat die Rechtsprechung zugunsten des Geschädigten Beweiserleichterungen anerkannt: Steht nämlich fest, dass der Geschädigte eine Primärverletzung erlitten hat, so ist die Frage, ob der Unfall über diese Primärverletzung hinaus auch für die weiteren Beschwerden des Klägers ursächlich ist, eine Frage der am Maßstab des § 287 ZPO zu prüfenden haftungsausfüllenden Kausalität (st. Rspr. seit BGHZ 4, 192, 196, aus der neueren Rspr. vgl. nur BGH, Urt. v. 16.4.2004 - VI ZR 138/03, NJW 2004, 1945; Urt. v. 4.11.2003 - VI ZR 28/03, VersR 2004, 118; Urt. v. 28.1.2003 - VI ZR 139/02, VersR 2003, 474, 476; vgl. auch Zöller/Greger, 29. Aufl., § 287 Rdnr. 3; MünchKomm(ZPO)/Prütting, 4. Aufl., § 287 Rdnr. 13; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 287 Rdnr. 3 ff.; P/G/Laumen, ZPO, 4. Aufl.; § 287 Rdnr. 9).
Bei der Beweiswürdigung nach § 287 ZPO werden geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichtes gestellt. Im Gegensatz zum Vollbeweis des § 286 ZPO kann der Beweis nach § 287 ZPO je nach Lage des Einzelfalles bereits dann erbracht sein, wenn eine höhere oder deutlich höhere i.S. einer zumindest überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der zu beweisenden Tatsache spricht (BGH, Urt. v. 7.6.2006 - XII ZR 47/04, NJW-RR 2006, 1238; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 287 Rdnr. 43). Hierbei begegnet es keinen Bedenken, den Beweis am Maßstab des § 287 ZPO als geführt anzusehen, wenn das Gericht im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Überzeugung gelangt, dass der Unfall als einzige realistische Ursache für die Beschwerden in Betracht kommt (BGH, VersR 2003, 476). Ein solcher Rückschluss verbietet sich hingegen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass sich die Krankheit schicksalhaft entwickelt hat. Dann reichen allein die zeitliche Nähe zwischen dem Unfallereignis und der Entstehung der Beschwerden und die daran anknüpfende „gefühlsmäßige" Wertung, dass beide Ereignisse irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen, nicht aus (Senat, OLGR 2009, 897; 126; 2006, 186; 2005, 740; 489, 490 f.; Urt. v. 11.10.2005 - 4 U 566/04 - 51/05; BGH, VersR 2004, 119; zu den Beweisanforderungen im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO vgl. auch Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 287 Rdnr. 9 ff., P/G/Laumen, aaO, § 287 Rdnr. 17; Musielak/Foerste, aaO, § 287 Rdnr. 7).
bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist es zunächst von Relevanz, dass der Kläger unstreitig in Gestalt der HWS-Schleuderverletzung eine die Bagatellgrenze übersteigende Primärverletzung erlitt. Folglich ist die Beweisfrage, welche Weiterungen aus dieser Primärverletzung entstanden sind, nach dem abgeschwächten Beweismaß des § 287 ZPO zu beantworten.
cc) Im Rahmen der Beweiswürdigung ist insbesondere von Bedeutung, mit welcher Aufprallenergie der Unfallgegner auf das klägerische Fahrzeug auffuhr. Zwar gibt es keine Harmlosigkeitsgrenze, die den Schluss erlaubt, dass bei einer geringeren kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung eine Verletzung der Wirbelsäule ausscheiden muss. Vielmehr sind in die Prüfung, ob ein Unfall eine HWS-Verletzung verursacht haben kann, alle Umstände des jeweils zu betrachtenden Einzelfalles zu gewichten (BGH, Urt. v. 8.7.2008 - VI ZR 274/07, NJW 2008, 2845; Urt. v. 28.1.2003 - VI ZR 139/02, VersR 2003, 474; zur Harmlosigkeitsgrenze siehe auch: Schmidt/Senn/Wedig/Baltin, Schleudertrauma - neuester Stand, 2004, S. 154). Dennoch ist die Höhe der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für das Beweisergebnis nicht ohne Relevanz: Es ist nicht erfahrungswidrig, tendenziell mit umso schwereren Verletzungsfolgen zu rechnen, je stärker die Aufprallenergie auf den Körper des Unfallopfers einwirkt.
Demnach war im vorliegenden Sachverhalt durchaus in die Betrachtung einzubeziehen, dass der Aufprall des vom Beklagten zu 3) gesteuerten Fahrzeugs eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von maximal 14 km/h hervorrufen konnte. Diese Geschwindigkeitsänderung war nach der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen immerhin so groß, um das Verletzungsrisiko deutlich über 50% ansteigen zu lassen: So hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Landgericht am 4.10.2010 ausgesagt, bei einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung im Bereich von 4 bis 6 km/h sei ein Verletzungsrisiko von „vielleicht 10 bis 30 vom Hundert“ gegeben. Bei einer Geschwindigkeitsänderung von etwa 14 km/h steige „dieses Risiko deutlich über 50 vom Hundert“ (GA V Bl. 795). Soweit die Berufung die Feststellungen zur kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung angreift, ist die Relevanz nicht zu erkennen: Das Landgericht hat seiner Entscheidung den höheren Grenzwert zugrunde.
dd) Im Schwerpunkt beruht die Überzeugung des Landgerichts auf der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. R.. Dieser hat nach Auswertung der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen das Vorliegen einer schweren HWS-Distorsion für unwahrscheinlich erachtet und diese Einschätzung nachvollziehbar - und von der Berufung unangefochten - darauf gestützt, dass die Beschwerden nicht unmittelbar nach dem Unfall, sondern erst 45 bis 60 Minuten danach auftraten, der Kläger keine Schluckbeschwerden hatte und er dazu in der Lage war, das Fahrzeug durch den Stadtverkehr bis zum Landeskriminalamt zu steuern.
ee) Soweit das Landgericht indessen die nachgewiesene unfallursächliche Arbeitsunfähigkeit ausgehend von einer lediglich leichten HWS-Distorsion (Grad I nach Erdmann) auf einen Zeitraum von sieben Wochen bis zum 24.3.2005 beschränkt hat, hält die Beweiswürdigung des Landgerichts den Angriffen der Berufung nicht stand. Vielmehr ist der Senat auf der Grundlage der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme am Maßstab des § 287 ZPO davon überzeugt, dass der Kläger mit abnehmender Intensität zumindest bis zum Ende des Jahres 2005 an den Folgen der HWS-Distorsion litt.
aaa) Im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat der Gutachter Prof. Dr. R. die Beweisfrage nicht mit einer eindeutigen Einschätzung beantwortet, sondern bei genauer Betrachtung zwei alternative Leidenswege aufgezeigt:
Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. R. hat die Beweisfrage unter zwei unterschiedlichen methodischen Ansätzen beantwortet. So hat der Sachverständige zum einen die Frage gestellt, wie lange unter empirischem Blickwinkel ein Geschädigter in der Situation des Klägers üblicherweise, der Sachverständige spricht von „Standardverläufen“, arbeitsunfähig ist. Nach dieser standardisierten Betrachtung, die den Nachteil hat, dass sie den individuellen Besonderheiten nicht Rechnung tragen kann, gehe - so der Sachverständige weiter - mit einer leichten HWS-Distorsion üblicherweise eine Arbeitsunfähigkeit von „null bis vier Wochen“ einher. Unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen des Berufsbildes des Klägers wäre unter Zugrundelegung einer HWS-Distorsion nach Grad II nach Erdmann bei standardisierter Betrachtung mit rückläufiger Intensität bis zum 28.1.2006 Arbeitsunfähigkeit zu erwarten (GA V Bl. 751 f.).
Zum andern hat der Sachverständige die Arbeitsunfähigkeit nach dem aktenkundigen Verlauf beantwortet und zu diesem Zweck insbesondere den Entlassungsbericht der M.-Klinik in W. vom 24.3.2005 (GA I Bl. 25) sowie den Umstand ausgewertet, dass der den Kläger behandelnde Arzt Dr. H. dem Kläger bis zum 31.8.2005 Arbeitsunfähigkeit attestiert hat. Nach Auswertung dieser Unterlagen gelangte der Sachverständige zu der Einschätzung, dass die Befundung durch Dr. H. nicht kohärent sei. Mit Blick auf den im Entlassungsbericht enthaltenen Befund, der sehr nahe einem Normalbefund liege, sei nicht verständlich, weshalb der Verfasser des Berichts überhaupt eine Arbeitsunfähigkeit attestiert habe. Diese sei allenfalls nach den Kriterien der gesetzlichen Krankenversicherung zeitlich befristet zu bescheinigen gewesen. Damit fehle der AU-Bescheinigung die Plausibilität.
bbb) Soweit sich das Landgericht angesichts dieses recht offenen Beweisergebnisses auf das aus Sicht des Klägers ungünstigste Zeitintervall zurückgezogen hat, vermag die Entscheidung schon deshalb verfahrensrechtlich nicht zu überzeugen, weil das Landgericht der vom gerichtlichen Sachverständigen aufgezeigten fehlenden Plausibilität der vom behandelnden Arzt Dr. H. attestierten Arbeitsunfähigkeit nicht durch ergänzende Vernehmung des als Zeuge benannten Arztes nachgegangen ist. In jedem Fall hat das Landgericht das Beweismaß überspannt:
Bereits die Auffassung, es sei lediglich eine leichte HWS-Distorsion Grad I nachgewiesen, begegnet Bedenken. Der medizinische Sachverständige Prof. Dr. R. hält eine mittelschwere HWS-Distorsion und den für diese Verletzung nach standardisierter Betrachtung zu erwartenden längeren Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit für möglich. Ausdrücklich vertritt er die Auffassung, der Schweregrad liege bei „strenger Auslegung zwischen Grad I und II, bei großzügiger Auslegung kann eine Zuordnung nach Grad II, modifiziert erfolgen“ (GA V Bl. 753). Diese Einschätzung beruht einerseits auf dem Umstand, dass die Halswirbelsäule des Klägers in Gestalt vorauseilender altersdegenerativer Veränderungen vulnerabel war (GA V Bl. 748). Zum anderen wäre die gravierendere Folge plausibel, wenn der Kopf des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls in Rotationsstellung war.
Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen: Selbst wenn den Argumenten des Landgerichts zu folgen ist, wonach gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen M. Zweifel bestehen, weil der Zeuge nach aller Lebenserfahrung zum Zeitpunkt seiner Vernehmung keine positive Erinnerung an die Kopfstellung des Klägers besessen haben konnte, so kann die Aussage dennoch unter einem objektiven Blickwinkel wahr gewesen sein.
Auf der Prämisse einer mittelschweren HWS-Distorsion decken sich die vom Sachverständigen Prof. R. dargestellten Ergebnisse der standardisierten Betrachtung weitgehend mit dem attestierten Befund der behandelnden Ärzte.
ccc) Auch in der Beweisaufnahme vor dem Senat hat die medizinische Begutachtung des Sachverhalts keine eindeutigen Ergebnisse geliefert. Gleichwohl ist das Ergebnis der ergänzenden Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen Professor Dr. R. und die Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. H. durchaus in der Lage, in der Zusammenschau aller für die Beweiswürdigung maßgeblichen Umstände das Gericht im Wesentlichen von der Wahrheit des klägerischen Sachvortrags zu überzeugen:
So hat der sachverständige Zeuge Dr. H. ausgesagt, dass er den Kläger nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung regelmäßig bis Oktober 2005 behandelt habe. In diesem Zeitraum habe sich der Kläger 30-35-mal bei dem Zeugen vorgestellt und sich Therapien, zum Teil auch Infiltrationen, unterzogen. Aus Sicht des behandelnden Arztes habe der Kläger plausibel unter den Beschwerden gelitten, deren Ursache in der HWS-Verletzung zu suchen sei. Hierbei hat der Zeuge Dr. H. herausgestellt, dass das Beschwerdebild des Klägers auch das Ergebnis eines psychischen Begleitsyndroms gewesen sei, welches seinerseits Folge des Unfallgeschehens gewesen sei. Er hat hierbei auf die Feststellungen im Entlassungsbericht der M.-Klinik W. vom 24.3.2005 verwiesen. Dieser führt unter der Überschrift „psychologischer Bericht“ (GA I Bl. 26 f.) aus, dass der Patient aktuell sehr besorgt um die Organisation seiner Firma sei, er ein hohes Verantwortungsgefühl habe und sich von seinen beruflichen Verpflichtungen nicht gedanklich freimachen könne. Im Lauf der Behandlung und mit zunehmender Beschwerdelinderung und Bewegungsfreiheit sei es dem Patienten gelungen, wieder mehr Zutrauen in die eigene Regeneration zu gewinnen. Mit Blick auf seine medizinische Sachkunde hat der sachverständige Zeuge darauf hingewiesen, dass bei HWS-Verletzungen durchaus eine gewisse Bandbreite festzustellen sei.
Zwar hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. R. gegen die Einschätzung des behandelnden Arztes durchaus gewichtige Bedenken aufgezeigt. Diese beruhen in ihrem Kern darauf, dass es keine objektivierbaren Befunde gibt, deren Auswertung die subjektiven Beschwerden unter Anwendung einer wissenschaftlichen Maßstäben standhaltenden Methodik verifizieren könnte. Zum anderen hat der Sachverständige Prof. Dr. R. seine Bedenken - in Abweichung zu seiner erstinstanzlichen Einschätzung - auf neuere medizinische Studien gestützt, die belegen, dass eine gravierende HWS-Verletzung regelmäßig nicht zu erwarten ist, wenn die impulsinduzierte Geschwindigkeitsänderung bei einem Auffahrunfall unter 15 km/h liege. Beide Argumente sind im Ergebnis im vorliegenden Fall nicht stichhaltig:
Nicht selten bleiben objektiv existente und valide gesundheitliche Beschwerden ohne messbares oder in bildgebenden Verfahren nachweisbares Substrat. Gewissermaßen paradigmatisch sind in diesem Zusammenhang HWS-Distorsionen zu nennen, deren Vollbeweis - so der Sachverständige Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 21.4.2010, S. 29 - „im Rahmen der klinischen Diagnostik sowie der Röntgendiagnostik eigentlich dann nicht zu führen ist, wenn keine knöchernen Verletzungen oder Instabilitäten mit nachweisbarer Positionsänderung vorliegen“. Dies ist typischerweise bei leichten bis mittleren HWS-Verletzungen nicht der Fall. Hinzukommt, dass der erstbehandelnde Arzt den Geschädigten in aller Regel mit einer therapeutischen Zielsetzung untersucht und keine Veranlassung sieht, zum Zeitpunkt der Erstbehandlung aus therapeutischem Blickwinkel nicht indizierte Maßnahmen zu ergreifen, um für den Fall einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung Beweise zur Ursache der vom Patienten geklagten Beschwerden zu sichern. Würde man diese Unzulänglichkeit der objektivierbaren Tatsachenfeststellung ausreichen lassen, um durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Tatsachenschilderung zu wecken, wäre es dem Unfallopfer regelmäßig versagt, für die in Rede stehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen Schmerzensgelder durchzusetzen. Das vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr muss das gemäß §§ 286, 287 ZPO zu beachtende Beweismaß der eingeschränkten Aussagekraft objektiver Erkenntnismethoden Rechnung tragen: Ist das medizinisch-technische Erfahrungswissen zum sicheren Nachweis leichtgradiger Verletzungsfolgen nicht in der Lage, so begegnet es keinen Bedenken, wenn das Gericht die forensische Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache insbesondere auf die Glaubhaftigkeit und Plausibilität des Klägervortrags stützt (Senat NJW-RR 2011, 178, 179).
ddd) Unter dem ergänzenden Blickwinkel einer umfassenden Plausibilitätskontrolle sieht der Senat keine Veranlassung, die Glaubhaftigkeit des Klägervortrags in Zweifel zu ziehen:
Der Kläger suchte unmittelbar nach dem Unfall eine Arztpraxis in L. auf. Er begab sich vom 4. bis zum 24.3.2005 in stationäre Behandlung. Im Anschluss daran konsultierte der Kläger 30-35-mal den Arzt Dr. H. und unterzog sich hierbei mehrfach schmerzhaften Infiltrationstherapien. Nach aller Lebenserfahrung liegt es fern, dass sich ein Geschädigter derart intensiven Behandlungen nur deshalb unterzieht, um die Haftungsansprüche zu realisieren.
Eine solche Motivation liegt erst recht fern, wenn man die geschäftliche Situation des Klägers einbezieht: Der Kläger ist ein selbstständiger Elektroinstallateur und hatte nach dem Unfallereignis keine Angestellte, weshalb der wirtschaftliche Erfolg und sein Verdienst mit der eigenen Arbeitskraft stand und fiel. Der Kläger hatte allein schon mit Blick auf seine Selbständigkeit ein nachhaltiges Interesse daran, den Ausfall seiner Arbeitskraft so gering wie möglich zu halten. Dass dieses Interesse auch der tatsächlichen Intention des Klägers entsprach, wird durch die bereits zitierte Passage aus dem Abschlussbericht der M.-KlinikW. vom 24.3.2005 anschaulich bestätigt, in dem der Berichtsverfasser dem Kläger ein hohes Verantwortungsgefühl und eine ausgeprägte „Sorge um die Organisation seiner Firma“ (GA I Bl. 26) attestiert.
Zwar mag eine andere Einschätzung dann geboten sein, wenn es greifbare Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die wirtschaftliche Grundlage des Unternehmens zum Zeitpunkt des Unfalls ernsthaft gefährdet oder gar zerrüttet war. Davon ist indessen nach dem Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Analyse nicht auszugehen: Wie sogleich dargestellt werden wird, hatte der Kläger sowohl vor dem Unfall als auch ab 2006 Gewinne mit seinem Unternehmen erzielt, während der Sachverständige Ho. im Zeitraum nach dem Unfall durch Auswertung der Geschäftsunterlagen keine Tätigkeit festgestellt hat. Es widerspräche jeder wirtschaftlichen Vernunft, wenn der Geschädigte ohne dazu aufgrund gesundheitlicher Beschwerden veranlasst zu sein, während eines derart langen Zeitraums von zehn Monaten jegliche gewerbliche Tätigkeit eingestellt hätte.
Spricht somit alles dafür, dass der Kläger während der Behandlungsdauer durch den sachverständigen Zeugen Dr. H. aufgrund valider HWS-Beschwerden in Behandlung war, so stünde es einer Haftung der Beklagten dennoch entgegen, wenn die Beschwerden auf ein unfallunabhängiges Zweitereignis zurückzuführen wären. Für diese theoretische Möglichkeit streitet allenfalls, dass der Entlassungsbericht vom 24.3.2005 (GA I Bl. 25) sehr nahe an einem Normalbefund lag. Im Ergebnis verfängt dieser Einwand jedoch nicht: Denn dieser Befund kann aus den vom sachverständigen Zeugen Dr. H. genannten Gründen darauf zurückzuführen sein, dass der Kläger während seines stationären Aufenthalts intensiv auch unter Schmerzmittelgabe behandelt worden war, weshalb sich zum Zeitpunkt des Abschlussberichts ein Normalbefund eingestellt haben konnte. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beschwerden wieder einstellten, nachdem der Kläger nach Absetzung der Schmerzmittel den Versuch unternommen hatte, seine körperlich anstrengende Tätigkeit wieder aufzunehmen.
Schließlich stehen die vom Sachverständigen Prof. Dr. R. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erwähnten neueren empirischen Untersuchungen dem Nachweis der Unfallursächlichkeit der HWS-Beschwerden nicht entgegen: Selbst wenn die Unfallstatistik bei Auffahrunfällen der vorliegenden Art im statistischen Mittel nur in seltenen Fällen gravierende Unfallfolgen ausweist, besagt dies nicht zwingend, dass das Ereignis, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit die Statistik untersucht, gerade im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt eingetreten ist.
eee) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger über den 24.3.2005 hinaus unter weitergehenden Beschwerden litt, die mit degressiver Intensität zumindest bis zum Jahresende 2005 (im Dezember 2005 erfolgte eine letztmalige Infiltrationstherapie) als adäquate Folgen des Unfallereignisses anzuerkennen sind.
3. Das Ergebnis der Beweisaufnahme über die Dauer der erwiesenermaßen unfallursächlichen Beeinträchtigungen hat Auswirkungen für die Bemessung der Schadenshöhe.
a) Zum Ausgleich der unfallursächlichen immateriellen Schäden war dem Kläger gem. § 11 StVG, § 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld von 3.000 EUR zuzusprechen.
aa) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253 Rdnr. 16; MünchKomm(BGB)/Oetker, 6. Aufl., § 253 Rdnr. 36 ff.; Erman/I. Ebert, BGB, 13. Aufl., § 253 Rdnr. 20 ff.; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, 3. Aufl., § 253 Rdnr. 26 ff.). Auch die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes (Erman/I. Ebert, BGB, 13. Aufl., § 253 Rdnr. 16, 25 ff.; PWW/Medicus, BGB, 7. Aufl., § 253 Rdnr. 10). Hierbei kommt es auch auf das Alter des Geschädigten an: Ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (vgl. MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 253 Rdnr. 36, 43).
Bei der Schmerzensgeldbemessung verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen“ Schmerzensgeldhöhe zu führen (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1976 - VI ZR 216/74, VersR 1976, 967 f.; Beschl. v. 1.10.1985 - VI ZR 195/84, VersR 1986, 59).
bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erachtet der Senat die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 3.000 EUR für sachgerecht.
aaa) Hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger über einen recht langen Zeitraum von nahezu 10 Monaten unter den Folgen der Verletzung litt, er sich für die Dauer von drei Wochen in stationäre Behandlung begab, woran sich an 30 - 35 Terminen eine ambulante Behandlung anschloss, anlässlich derer sich der Kläger unter anderem unangenehmen Infiltrationstherapien unterzog. Andererseits waren die Beschwerden spätestens Anfang August nicht mehr gravierend (der Sachverständige hat den Grad der Minderung der Arbeitsfähigkeit mit lediglich 20% angesetzt). Diese Einschätzung erlaubt den Schluss, dass die Beschwerden des Klägers ab diesem Zeitpunkt durchaus erträglich waren, solange der Kläger belastende Tätigkeiten vermied.
bbb) Schließlich hat sich der Senat bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes an der einschlägigen Kasuistik orientiert (Senat, Urt. v. 31.1.2013 - 4 U 314/11: HWS-Distorsion Grad I mit Beschwerden über 3 Monate: 1.000 EUR; KG, SP 2011, 10: HWS Grad I, Thoraxprellung, posttraumatisches Belastungssyndrom, 2,5 Monate AU - 3.000 EUR; LG Dortmund, Urt. v. 14.11.2007 - 21 U 62/06: HWS-Distorsion und Distorsion rechter Daumen, MdE zu 100% für 3 Monate, zu 10% für weitere 5 Monate: 3.000 EUR; LG Traunstein, Urt. v. 20.10.2008 - 7 O 2602/06: HWS I bis II nach Erdmann, 3 Monate Beschwerden: 2.500 EUR).
b) Auf der Grundlage der länger fortbestehenden unfallursächlichen Beschwerden bedarf die landgerichtliche Entscheidung auch hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstausfalls einer Korrektur. Dem Kläger steht gem. § 252 BGB ein Anspruch wegen eines Verdienstausfalls in Höhe von 28.688,40 EUR zu.
aa) Auch hier ist das Landgericht von zutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Gemäß § 252 BGB umfasst der zu ersetzenden Schaden den entgangenen Gewinn. Dieser ist bei einer Tätigkeit aus selbstständiger Arbeit nicht nach dem Gehalt für eine gleichwertige, tatsächlich nicht eingestellte Ersatzkraft, sondern danach zu bemessen, welche konkrete Minderung des Gewinns durch die Arbeitsunfähigkeit des Selbstständigen eingetreten ist (vgl. MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 252 Rdnr. 12). Für den Nachweis des Schadens kann sich der Geschädigte auf die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO berufen. Hierbei obliegt es dem Geschädigten, durch die Darlegung konkreter Anhaltspunkte eine ausreichende Grundlage für die Wahrscheinlichkeitsprognose zu schaffen, inwieweit sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitskraft sichtbar im Betriebsergebnis konkret ausgewirkt hat (BGH, Urt. v. 23.2.2010 - VI ZR 331/08, NJW 2010, 1532). Dennoch sind an den Nachweis der hypothetischen Entwicklung keine überzogenen Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 2010, 1532; Urt. v. 16.3.2004 - VI ZR 138/03, VersR 2004, 874, 875). So begegnet es keinen Bedenken, den konkreten Gewinnverlust durch einen Vergleich mit den Betriebsergebnissen der letzten Jahre vor dem schädigenden Ereignis zu ermitteln. Allerdings ist in Betracht zu ziehen, dass der Gewinnrückgang auf unfallunabhängigen Faktoren - insbesondere konjunkturellen Schwankungen - beruhen kann, weshalb die Schätzung des Gerichts gegebenenfalls Veranlassung sehen muss, diese alternativen Faktoren auszuschließen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 252 Rdnr. 14).
Weiterhin ist zu beachten, dass eine Minderung der Erwerbstätigkeit bis zu 20% in aller Regel kompensationslos hinzunehmen ist (Palandt/Grüneberg, aaO, § 252 Rdnr. 14; KG, NZV 2006, 305).
bb) In der Anwendung auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hat sich das Landgericht zunächst eingehend mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2005 und mit den aus einem Vergleich mit den Jahresabschlüssen der Jahre 2001 bis 2004 und 2006-2007 zu ziehenden Folgerungen befasst. Hierbei hat das Landgericht festgestellt, dass der Vergleich des Gesamtwertes der zum Jahresende 2005 in Arbeit befindlichen Aufträge (333.447,67 EUR) zu dem korrespondierenden Wert des Vorjahres (360.361,46 EUR) einen Verdienstausfall nicht nachhaltig belege, zumal die Betrachtung der entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnung der Jahre 2001-2005 erhebliche Schwankungen aufweise. Auffallend sei weiter, dass die in Arbeit befindlichen Aufträge im Jahr 2006 am Ende dieses Jahres auf 46.206,89 EUR, im Jahr 2007 auf lediglich 10.903,71 EUR zurückgegangen seien. All dies sei nicht objektivierbar mit unfallbedingten Beeinträchtigungen zu erklären. Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass in der Bilanz des Jahres 2006 ein nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlust von 37.585,53 EUR, im Jahr 2007 ein Verlust von 10.903,71 EUR entstanden sei.
cc) Zwar ist die Argumentation des Landgerichts nicht von der Hand zu weisen: Die mit der Anlage BK1 vorgelegte Aufstellung belegt, dass die fakturierten Umsätze während des gesamten Betrachtungszeitraums deutlichen Schwankungen unterlagen: So betrug der Spitzenwert der fakturierten Umsatzerlöse im Jahr 2002 rund 470.000 EUR, während in den Jahren 2004 und 2005 lediglich rund 112.000 und 64.200 EUR abgerechnet wurden. Diese starken Schwankungen verbieten den auf den ersten Blick naheliegenden Schluss, dass der deutliche Einbruch des Jahres 2005 allein auf den krankheitsbedingten Ausfall zurückzuführen ist. Auffallend ist weiter, dass es im Jahr 2007 gegenüber dem Jahr 2006 einen starken, ebenfalls unfallunabhängigen Einbruch bei den Umsatzerlösen gab. Insgesamt hat der Kläger in den Jahren 2006 und 2007 nicht mehr an die Jahresgesamtleistungen der Jahre 2001 bis 2004 anknüpfen können.
dd) Dennoch ist die Betrachtung der Entwicklung der Umsatzerlöse allein nicht aussagekräftig. Denn die Schwankungen können auch darauf beruhen, dass bereits erbrachte Leistungen nicht im Kalenderjahr der Leistungserbringung, sondern erst in einem späteren Kalenderjahr abgerechnet wurden. Darüber hinaus sind die angefallenen Umsätze nicht unmittelbar Gegenstand des gemäß § 252 BGB zu kompensierenden Schadens. Für die Berechnung des erstattungsfähigen Schadens kommt es allein auf die Höhe des entgangenen Gewinns, nicht hingegen auf die ausgefallenen Umsatzerlöse an. Mithin muss sich die rechtliche Betrachtung zur Feststellung des erstattungsfähigen Gewinnausfalls mit der Frage befassen, in welchem Umfang sich der krankheitsbedingte Ausfall des Klägers im Geschäftsergebnis konkret niedergeschlagen hat. Diese Frage kann nur durch eine betriebswirtschaftliche Analyse unter Einblick in die Geschäftsunterlagen erfolgen, weshalb der Senat Veranlassung gesehen hat, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in eine eigene Tatsachenfeststellung einzutreten.
ee) Nach den Feststellungen des Sachverständigen Ho. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger tatsächlich im Jahr 2005 im Wesentlichen keine eigene werbende Tätigkeit entfaltete:
aaa) Die im Jahr 2005 erwirtschafteten Erlöse in Höhe von rund 64.058 EUR resultieren in Höhe von rund 42.480 EUR aus dem Zeitraum vor dem Unfallereignis. Nach dem Unfallereignis wurden lediglich Umsätze von 21.578 EUR erzielt, wobei ein erheblicher Anteil von rund 16.982 EUR auf Lieferungen von Material entfiel. Erst beginnend mit dem Oktober 2005 werden Umsätze nachgewiesen, die der Kläger aus Überprüfungs- und Instandhaltungsarbeiten erzielte. Darüber hinaus hat der Sachverständige Ho. keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Kläger im Jahr 2005 erbrachte Leistungen erst in einem späteren Zeitpunkt abrechnete. Auch konnte er nachvollziehbar ausschließen, dass es konjunkturelle Gründe für den Rückgang der betrieblichen Aktivitäten gab.
Dieses Beweisergebnis überzeugt: Wie der Sachverständige bereits in seinem Gutachten dargestellt hat, standen ihm für die Erstattung des Gutachtens detailliert bezeichnete, umfangreiche Geschäftsunterlagen des Klägers zur Verfügung. Er hat nach eigener Analyse der ihm zugänglichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten gefunden und sah sich nach Auswertung der Geschäftsunterlagen uneingeschränkt dazu in der Lage, die an ihn gerichtete Beweisfrage zu beantworten.
bbb) Vor diesem Hintergrund war dem Antrag der Beklagten auf Überlassung der dem Sachverständigen Ho. zur Einsicht übergebenen Geschäftsunterlagen nicht zu entsprechen:
Der Senat hat den Sachverständigen mit Verfügung vom 22.5.2012 (GA VI Bl. 992) gem. § 404a Abs. 4 ZPO dazu ermächtigt, die zur Beantwortung der Beweisfrage heranzuziehenden Befundtatsachen zu ermitteln.
Soweit ein Sachverständiger zur Sachverhaltsaufklärung Einsicht in Geschäftsunterlagen nimmt, ist er als Augenscheinsgehilfe des Gerichts tätig (vgl. MünchKomm(ZPO)/Zimmermann, aaO, § 404a Rdnr. 8). Ergeben sich nach der Erstattung des Gutachtens Zweifel an den vom Sachverständigen erhobenen Tatsachen, so können diese nicht dadurch überwunden werden, dass die Befundtatsachen der Gegenpartei zur eigenen Auswertung übergeben werden. Ein solches prozessuales Recht auf Überlassung eines Augenscheinsobjekts zum Zwecke der eigenen Begutachtung steht der Partei nicht zu. Vielmehr ist nach Maßgabe der §§ 355 ff. ZPO über die Validität der Befunderhebung Beweis zu erheben, wenn nach der Vorlage des Gutachtens Streit über die Anknüpfungstatsachen entsteht (Wieczorek/Ahrens, ZPO, § 404a Rdnr. 19). Diesen Weg hat der Senat durch Anhörung des Sachverständigen Ho. beschritten, der im Termin vor dem Senat die Tatsachengrundlage seiner Begutachtung anschaulich offengelegt hat:
Für die Zuerkennung des Verdienstausfallschadens ist es alleine von Relevanz, ob der Gutachter nach Auswertung der Geschäftsunterlagen des Klägers den Umsatzrückgang im Jahr 2005 nachvollziehen kann. Zur verlässlichen Beantwortung dieser Beweisfrage war es erforderlich, die Möglichkeit auszuschließen, dass im Jahr 2005 erwirtschaftete Umsätze erst im Jahr 2006 fakturiert worden sind. Auf diese nicht ausgeschlossene Möglichkeit einer Manipulation wurde das Augenmerk des Sachverständigen bereits aufgrund der Erläuterung des Beweisthemas im Beweisbeschluss vom 29.11.2011 gelenkt. In der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat der Senat überdies den nachhaltigen Eindruck gewonnen, dass der Sachverständige gerade diesem Aspekt eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat. Gleichwohl ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus den ihm zugänglichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden. Auch zeigt die Beklagte keine konkreten Umstände auf, die die Aussagekraft und Glaubhaftigkeit der vom Sachverständigen Ho. präsentierten Ergebnisse in Zweifel ziehen.
ff) Zum Ausgleich des nachgewiesenen Umsatzeinbruchs, der zur Überzeugung des Senats zumindest zum überwiegenden Teil auf den unfallbedingten Ausfall des Klägers zurückzuführen ist, war dem Kläger ein Verdienstausfall in Höhe von 28.688,40 EUR zuzuerkennen. Im Einzelnen beruht die Schadensschätzung auf folgenden Erwägungen:
aaa) Im Ausgangspunkt bieten die vom Kläger vorgelegten Steuererklärungen der Jahre 2001 - 2007 eine verlässliche Schätzgrundlage für die durchschnittlich erzielten Einkünfte. Die dort ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechen dem aus der gewerblichen Tätigkeit resultierenden Nettoverdienst. Dem steht nicht entgegen, dass in den gegenüber dem Finanzamt deklarierten Einkünften gem. § 7 ff. EStG gewinnmindernde Abschreibungen für Aufwendungen enthalten waren. Eine Berücksichtigung dieser Abschreibungen scheidet schon deshalb aus, weil kein erkennbarer Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der unternehmerischen Entscheidung zur Anschaffung eines abschreibungsfähigen Wirtschaftsguts besteht. Nach richtiger Auffassung (Geigel/Pardey, aaO, Kap. 4 Rdnr. 102) finden Abschreibungsmöglichkeiten in die Schadensberechnung nur dann Eingang, wenn dem Schädiger durch das Schadensereignis eine Abschreibungsmöglichkeit entgeht. Dessen ungeachtet wird nicht offengelegt, wie sich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Einzelnen zusammensetzen, weshalb auch der den Abschreibungen jeweils zugrunde liegende Sachverhalt nicht nachvollzogen werden kann. Schließlich war zu berücksichtigen, dass die in der Anlage BK 1 dargestellten Abschreibungen sich in den Jahren 2003 bis 2005 gegeneinander aufheben: So wird die im Jahr 2003 angesparte Abschreibung über 25.200 EUR im Jahr 2004 wieder aufgelöst. Ebenso verhält es sich mit der im Jahr 2005 aufgelösten Abschreibung über 32.500 EUR. Denn diese wurde betragsgleich im Jahr 2004 angespart, weshalb sich diese Abschreibungen im mehrjährigen Mittel rechnerisch neutralisieren.
bbb) Die Auswertung der Einkommenssteuerbescheide zeigt, dass das gemittelte Einkommen des Klägers in den Jahren 2001-2004 und 2006-2003 bei rund 45.810 EUR lag, wohingegen die Einkünfte im Jahr 2005 auf 13.934,30 EUR abgesunken sind. Folglich sind dem Kläger bei dieser Betrachtung im Jahr 2005 Einkünfte von rund 31.876 EUR entgangen.
ccc) Gleichwohl sieht der Senat Veranlassung, diesen rechnerischen Betrag mit Blick auf das Ergebnis der medizinischen Begutachtung herabzusetzen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aus den bereits dargelegten Erwägungen zur Überzeugung des Senats fest, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers längstens bis zum 31.8.2005 mehr als 20% gemindert war. Spätestens mit Ablauf der letztmalig dokumentierten Krankschreibung zum 31.8.2005 war der Kläger durchaus in der Lage, sich zumindest um solche Arbeiten zu bemühen, die mit nur mäßigen körperlichen Anstrengungen verbunden waren. Diese trotz der in geringem Umfang fortbestehenden Beschwerden zumutbare Verdienstmöglichkeit hat der Kläger ausweislich des Ergebnisses der betriebswirtschaftlichen Begutachtung indessen nicht ergriffen, da der Sachverständige Ho. nach Auswertung der Geschäftsunterlagen erst beginnend mit dem Monat Oktober 2005 eine geringfügige Tätigkeit festgestellt hat. Mithin war der anhand der Steuerbescheide errechnete Verdienstausfall, der ab dem Unfallereignis bis zum Jahresende während eines Zeitraums von 10 Monaten auflief, nicht in vollem Umfang adäquate Folge des Unfallereignisses, sondern beruhte zugleich auf der autonomen Entscheidung des Klägers, den Wiedereintritt in die berufliche Tätigkeit - möglicherweise um die Regeneration nicht zu gefährden - nicht mit der ihm zumutbaren Nachhaltigkeit voranzutreiben. Es erscheint daher sachgerecht, diesem Umstand durch einen 10%igen Abschlag Ausdruck zu verleihen.
Diesem Abschlag liegt die Erwägung zugrunde, dass sich der Zeitraum der zumindest im eingeschränkten Umfang zumutbaren Verdienstmöglichkeit über 4 von insgesamt 10 Monaten erstreckt, die der Kläger lediglich in geringem Umfang ab Oktober 2005 nutzte. Eingedenk der Erfahrungstatsache, dass die Tätigkeit des Klägers in ihrem Schwerpunkt erhebliche körperliche Anforderungen stellt, wäre hingegen selbst bei einer früheren und intensiveren Aufnahme der dem Kläger zumutbaren Betätigung ein substanzieller Verdienstausfall nicht zu vermeiden gewesen. Es erscheint daher sachgerecht, den schadensrelevanten Zeitraum für die Berechnung des Verdienstausfalls um einen Monat zu verkürzen, was rechnerisch in Anbetracht des 10-monatigen Beurteilungszeitraums einer anteiligen Kürzung um 10% entspricht, weshalb sich der zu erstattende Verdienstausfallschaden auf 28.688,40 EUR beläuft.
c) Auch hinsichtlich des zuerkannten Haushaltsführungsschadens bedarf die angefochtene Entscheidung mit Blick auf den verlängerten Zeitraum der unfallursächlichen Beeinträchtigung der Korrektur: Der Senat schätzt den erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden auf 1.500 EUR.
aa) Hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens hat das Landgericht lediglich einen Schadensersatz in Höhe von 480,50 EUR zugesprochen. Es hat hierzu ausgeführt: Vor dem Unfall sei lediglich von einer durchschnittlichen Tätigkeit des Klägers im Haushalt von 1 h auszugehen. Soweit der Kläger behauptet habe, er habe durchschnittlich 3 h im Haushalt mitgearbeitet, habe der Kläger den ihm obliegenden Beweis für eine so umfangreiche Haushaltstätigkeit nicht erbracht. Unter Berücksichtigung der behaupteten Arbeitszeiten als Bauhandwerker von 12-14 h am Tag und der Angaben zum Umfang der Haushaltführung gegenüber dem Sachverständige Prof. Dr. R. sei ein weitergehender Haushaltsführungsschaden nicht nachgewiesen. Unter Zugrundelegung einer erstattungsfähigen Stundenvergütung von 9,61 EUR ergebe sich für den Zeitraum vom 2.2. bis 24.3.2005 ein Betrag von 480,50 EUR.
bb) Auch hier hat das Landgericht den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gewählt:
Der gemäß § 843 Abs. 1 BGB zu erstattende Haushaltsführungsschaden gehört zu den vermehrten Bedürfnissen, soweit sich die ausgefallene Haushaltsführung auf die eigene Bedarfsdeckung bezieht. Erfüllte der Geschädigte in gesunden Tagen mit seiner Haushaltsführung eine Unterhaltsleistung für Familienangehörige, so führen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die den Ausfall der Haushaltstätigkeit bedingen, zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (so die allg. Meinung; statt aller: BGH, Urt. v. 10.10.1989 - VI ZR 247/88, NJW-RR 1990, 34; 25.9.1973 - VI ZR 49/72 - VersR 1974, 162, 163). Unter beiden rechtlichen Aspekten ist der Ersatzanspruch nicht nach den gesetzlich geschuldeten Arbeitsleistungen, sondern danach zu bemessen, welchen Wert die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen in gesunden Tagen besaßen (BGH, NJW 1974, 1651). Hierbei darf sich der Richter bei seiner Schätzung an den Tabellenwerten von Schulz-Brock/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) orientieren (BGHZ 104, 113, 117 f.; Urt. v. 3.2.2009 - VI ZR 183/08, NJW 2009, 2060) oder seinen gesunden Menschenverstand in die Schätzung nach § 287 ZPO einbringen.
cc) Weiterhin begegnet es in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze keinen durchgreifenden Bedenken, soweit das Landgericht die durchschnittliche Tätigkeit des Klägers im Haushalt mit 1 h in Ansatz gebracht hat. Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, wonach der vom Kläger behauptete höhere Arbeitseinsatz von täglich durchschnittlich 3 h schon allein mit Blick auf die behauptete betriebliche Arbeitszeit wenig plausibel erscheint. Demgegenüber hat die Zeugin D.-J. glaubhaft ausgesagt, dass der Schwerpunkt der Haushaltführung des Klägers in der Pflege des Gartens sowie darin bestanden habe, Holz für den Holzofen herbeizuschaffen. Soweit die Zeugin davon berichtet hat, der Kläger habe „auch im Haushalt mitgeholfen, manchmal die Wäsche gebügelt und (sei der Zeugin) ansonsten zur Hand gegangen“ - exemplarisch hat die Zeugin das Richten des Frühstücks und das Mitversorgen der Kinder erwähnt -, besitzen diese Tätigkeiten schon in der Darstellung der Zeugin erkennbar ein geringeres Gewicht. Nur so ist zu erklären, dass die Zeugin die Haushaltsführung im engeren Sinne erst an zweiter Stelle erwähnt hat und den Schwerpunkt der Tätigkeit indessen bei der Gartenpflege und dem Herbeischaffen des Holzes gesetzt hat.
dd) Angesichts des Umstandes, dass im Zeitraum des hundertprozentigen Ausfalls (vom 2. Februar bis 24.3.2005) jahreszeitbedingt Gartenarbeiten allenfalls in sehr untergeordnetem Umfang anfielen, begegnet es keinen Bedenken, den für diesen Zeitraum entstandenen Ausfall mit maximal 1 h anzusetzen. Frei von Rechtsfehlern hat das Landgericht die erstattungsfähige Stundenvergütung auf 9,61 EUR geschätzt, weshalb dem Kläger für die Zeit bis zum 24.3.2005 lediglich ein Haushaltsführungsschaden von 480,50 EUR zuzuerkennen war.
ee) Im anschließenden Zeitraum bis zum 16.6.2005 (für weitere zwölf Wochen) ist unter der Prämisse einer schwereren HWS-Distorsion nach der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. eine Arbeitsunfähigkeit von 60 % eingetreten. Auch während dieses Zeitintervalls war der Kläger in seiner Haushaltsführung beschränkt. Zwar war der Kläger mit Blick auf die stetige Verbesserung seines Gesundheitszustandes in diesem Zeitintervall nach der Überzeugung des Senats zumindest teilweise wieder dazu in der Lage, Hausarbeit im engeren Sinne - etwa das Richten des Frühstücks, das Beaufsichtigen der Kinder, das Zurhandgehen mit kleineren Tätigkeiten und auch das Bügeln der Wäsche - zu leisten. Dies scheint überdies in der Aussage der Zeugin D.-J. auf, die ausgesagt hat, dass der Kläger auch nach dem Unfall die Kinder mitversorgt habe, soweit dies nicht mit Schmerzen verbunden gewesen sei. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass während der Sommermonate erfahrungsgemäß vermehrt Gartenarbeiten anfallen, an deren Erledigung der Kläger weitgehend gehindert war.
Unter Berücksichtigung der nur teilweise eingeschränkten Haushaltsführung verbleibt ein erstattungsfähiger Haushaltsführungsschaden von 484,34 EUR (9,61 EUR * 7 * 12 * 60/100).
ff) Hinsichtlich des weiteren Zeitraums bis zum Ende des Jahres 2005 erachtet der Senat zum Ausgleich der ausgefallenen Haushaltstätigkeit die Zahlung eines Betrages von 500 EUR für angemessen. Zwar beinhaltet dieser weitere Zeitraum eine Periode, in der Kläger den Nachweis für eine 20% übersteigende Beeinträchtigung in der Haushaltsführung nicht führen kann. In aller Regel rechtfertigt eine solche geringe Beeinträchtigung von bis 20% die Zuerkennung eines Haushaltsführungsschaden noch nicht. Im vorliegenden Sachverhalt kommt jedoch hinzu, dass der Kläger nach der Überzeugung des Senats bis zum Schluss des Jahres 2005 noch nicht dazu in der Lage war, das Brennholz für den Ofen zu richten. Denn bei dieser Tätigkeit handelt es sich erfahrungsgemäß um eine schwere körperliche Arbeit, deren Verrichtung einer sich regenerierenden Halswirbelsäule nicht dienlich ist. In der Höhe des zuerkannten Schadensersatzes orientiert sich der Senat an den Brennholzpreisen, die im fraglichen Zeitraum einen Betrag von rund 35 EUR (woraus rechnerisch bei 15 lfd m ein Betrag von 525 EUR resultiert) nicht überstiegen.
gg) Die Summe der Einzelbeträge beläuft sich rechnerisch auf 1.464,84 EUR. Da Einzelwerte nicht auf einer exakten Ermittlung der tatsächlichen Haushaltsführung beruhen, erscheint es sachgerecht in Ausübung des Schätzermessens einen erstattungsfähigen Haushaltsführungsschaden von 1.500 EUR zuzuerkennen.
d) Weiterhin steht dem Kläger gem. § 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im Dezember 2005 veranlasste Infiltrationstherapie in Höhe von 226,14 EUR zu. Mit Blick auf die bis zum Jahresende fortbestehenden Beschwerden steht die Unfallursächlichkeit dieser Aufwendung nicht mehr in Zweifel.
e) Soweit der Kläger eine Beitragsrückerstattung seiner privaten Krankenversicherung begehrt, ist die Klageforderung nicht schlüssig: Aus der Anlage K 13 ist zu ersehen, dass dem Kläger für das Jahr 2004 eine Beitragsrückerstattung in Höhe des Klagebetrages (402,40 EUR) ausbezahlt wurde. Ob diese Beitragsrückerstattung auch in gleicher Höhe im Jahr 2005 gezahlt worden wäre, erschließt sich nicht. Ebenso wenig wird klar, ob die Beitragsrückerstattung nur deshalb nicht gezahlt wurde, weil der Kläger unfallbedingte Arztkosten etc. anmeldete. Es ist durchaus in Betracht zu ziehen, dass der Kläger im Beitragsjahr 2005 aus unfallunabhängiger Ursache Ärzte aufsuchte. Der Beleg K 12 (GA I Bl. 51) beschreibt lediglich den Abrechnungsstatus zum 3.6.2005.
f) Weiterhin steht dem Kläger dem Grunde nach gem. § 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Anwaltskosten zu, da die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Blick auf die Schwierigkeit der Sache eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung darstellte. Indessen hat der Kläger die Höhe dieser Nebenforderung lediglich im tenorierten Umfang schlüssig dargelegt:
Der Kläger hat in der Klageschrift vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 804,50 EUR eingefordert. Soweit der Kläger mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 15.8.2008 (GA III Bl. 454 ff.) die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.589 EUR erstrebt, kann die Berechtigung dieser Forderung mangels Sachvortrags indessen nicht nachvollzogen werden. Obwohl die berechtigte Klageforderung hinter der Forderung zurückbleibt, die der Gebührenberechnung des Klägers zugrunde lag, waren die in der Klageschrift geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten in vollem Umfang erstattungsfähig, da der Kläger ausgehend von dem höheren Streitwert in der Klageschrift die Nebenforderung lediglich nach dem hälftigen Gebührentatbestand berechnet hat. Stattdessen mindert sich nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG (VV Teil Vormerkung 3 Abs. 4) durch die Anrechnung die gerichtliche Verfahrensgebühr, weshalb der Anwalt die schon entstandene Geschäftsgebühr in vollem Umfang liquidieren kann (vgl. BGH, Beschl. v. 7.2.2011 - I ZB 95/09, Magazindienst 2011, 313).
g) Der Zinsanspruch beruht hinsichtlich der Hauptforderung auf Verzugsgesichtspunkten, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 26.7.2006 eine weitere Leistung endgültig und ernsthaft verweigert hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB). Hinsichtlich der Nebenforderung folgt der Zinsausspruch aus §§ 291, 288 BGB.
h) Zusammenfassend sind die Beklagten zur Erstattung von 3.000 EUR Schmerzensgeld, 28.688,40 EUR Verdienstausfall, 1.500 EUR Haushaltsführungsschaden und einer Arztrechnung über 226,14 EUR verpflichtet, woraus eine Gesamtforderung von 33.414,54 EUR resultiert. Bei der Tenorierung war die Urteilssumme zur besseren Verständlichkeit abzüglich des erhaltenen Vorschusses über 5.000 EUR in einer Summe auszuwerfen, da der Zeitpunkt der Vorschusszahlung in jedem Fall vor dem Verzugszeitraum lag, weshalb dem Kläger mit Blick auf § 367 BGB kein Nachteil geschieht.
B. Zu den Feststellungsanträgen
1. Mit dem Klageantrag zu 2) begehrt der Kläger festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger die auf die auszuurteilende Entschädigung zu entrichtende Steuer zu ersetzen. Dieser Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg.
Zwar steht dem Kläger auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung von Verdienstausfall zu. Der entgangene Gewinn ist auch zu versteuern, da Schadensersatzleistungen gem. § 24 Nr. 1a EStG der Einkommenssteuer unterliegen (MünchKomm(BGB)/Oetker, aaO, § 252 Rdnr. 14). Gleichwohl sind die Beklagten nicht verpflichtet, dem Kläger auch die auf den Verdienstausfall zu entrichtenden Steuer zu erstatten: Die Berechnung des Verdienstausfalls orientierte sich allein an den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Eine eventuelle Einkommensbelastung blieb demgegenüber bei der Schadensberechnung außer Betracht. Da der Kläger auch betragsgleiche Einkünfte hätte versteuern müssen, geschieht ihm durch eine nachträgliche Besteuerung des Schadensersatzes kein Nachteil.
2. Mit dem Klageantrag zu 3) begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagten auch zur Erstattung aller weiteren, zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet sind. Dieser Feststellungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil ein Feststellungsinteresse nicht nachgewiesen ist:
Die Erhebung einer Feststellungsklage setzt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein Feststellungsinteresse voraus. Dieses ist - sofern die Feststellungsklage bei der Verletzung eines absoluten Rechtsgutes die Einstandspflicht bezüglich künftiger Schadensfolgen betrifft - nachgewiesen, wenn der Eintritt künftiger Schadensfolgen möglich, nicht notwendigerweise wahrscheinlich ist (BGH, Urt. v. 16.1.2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1432, vgl. BGHZ 116, 60, 75; Zöller/Greger, aaO, § 256 Rdnr. 8a). Dieser Schluss ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Bei verständiger Würdigung besteht kein Grund, mit dem Eintritt unfallbedingter Dauerschäden zu rechnen. Die Auffassung der Berufung (GA VI Bl. 920), von keinem der Sachverständigen seien für den gesamten Lebensweg des Klägers Spätfolgen ausgeschlossen worden, ist substanzlos. Aus der allein nachgewiesenen unfallursächlichen, allenfalls mittelgradigen HWS-Distorsion sind - vor allem mit Blick auf die inzwischen symptomfrei verlaufene Zeit - keine Spätfolgen zu erwarten.
C. Zur Widerklage:
Die Widerklage unterliegt in vollem Umfang der Abweisung, da die Summe der berechtigten Schadensersatzforderungen den geleisteten Vorschuss übersteigt.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Erwägung, dass der Streitwert für den bezifferten Klageantrag zu 1) mit Blick auf die vorprozessuale Zahlung von 5.000 EUR, die nicht zurückgeflossen ist, lediglich 74.947,08 EUR beträgt. Die Streitwerte für die Klageanträge zu 2) und 3) waren aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses des Landgerichts vom 21.12.2010 (GA V Bl. 838 ff.) mit 20.000 EUR und 7.101 EUR (10% des geltend gemachten Verdienstausfalls) anzusetzen. Demgegenüber wirkt sich die Widerklage nicht streitwerterhöhend aus, da Klage und Widerklage wirtschaftlich dasselbe Interesse betreffen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).