Das Verkehrslexikon

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Landgericht Karlsruhe Urteil vom 01.08.2008 - 3 O 381/07 - Verkehrsunfall beim Wenden durch den Mittelstreifendurchbruch

LG Karlsruhe v. 01.08.2008: Verkehrsunfall beim Wenden durch den Mittelstreifendurchbruch


Das Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 01.08.2008 - 3 O 381/07) hat entschieden:
  1. Ist beim Umdrehen des Fahrzeugs in die Gegenrichtung auf derselben Straße die Gegenfahrbahn erreichbar, ohne dass zuvor nach Einbiegen in den Mittelstreifendurchbruch eine gewisse Strecke geradeaus gefahren wird, so ist regelmäßig ein Wenden i.S.v. § 9 Abs. 5 anzunehmen. In derartigen Fällen kann sich der im Kreuzungsbereich wendende Fahrzeugführer nicht auf den Vorrang des sog. Nachzüglers berufen.

  2. Nach § 11 Abs. 1 StVO darf dann, wenn der Verkehr stockt, trotz Vorfahrt oder grünem Lichtzeichen niemand in die Kreuzung oder Einmündung einfahren, wenn er auf ihr warten müsste. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift muss auch, wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf der andere jedoch nur vertrauen, wenn er sich mit dem Verzichtenden verständigt hat.

Siehe auch Wenden und Verzicht auf das Vorfahrtrecht - Vorrangverzicht


Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall gegen die Beklagten geltend.

Er befuhr am 25.04.2007 gegen 22:20 Uhr mit seinem Motorrad BMW, amtliches Kennzeichen ...., die D. Straße in P. in südlicher Fahrtrichtung zur Stadtmitte hin. An der Ampelkreuzung zur K. Straße/W. Straße/H. Straße musste er aufgrund Rotlichts der dortigen Lichtzeichenanlage auf dem rechten Fahrstreifen anhalten. Neben ihm standen auf dem linken Fahrstreifen, zum Linksabbiegen in die K. Straße, mehrere PKW, die auch wegen Rotlicht der Lichtzeichenanlage warten mussten. Der Beklagte Ziff. 1 stand mit seinem PKW, amtliches Kennzeichen ..., dessen Halter und Eigentümer er ist, und der bei der Beklagten Ziff. 2 zum Unfallzeitpunkt haftpflichtversichert war, im Kreuzungsbereich. Er hatte sich noch bei Grünlicht der Lichtzeichenanlage für seine Fahrtrichtung in die Kreuzung eingeordnet und kam aus östlicher Richtung über die W. Straße. Er beabsichtigte, sein Fahrzeug um 180° zu wenden, um die W. Straße in entgegengesetzter Richtung zu befahren. Der Kläger seinerseits beabsichtigte, die Kreuzung zu überqueren und in Richtung der H. Straße zu fahren. Nachdem die Lichtzeichenanlage für seine Fahrtrichtung auf Grünlicht umgeschaltet hatte, fuhr der Kläger los. Es kam zur Kollision im Kreuzungsbereich mit dem PKW des Beklagten Ziff. 1.

Der Kläger wurde bei dem Unfall verletzt. Er erlitt eine OS Naviculare-Fraktur des linken Handgelenkes sowie eine Distorsion des rechten Handgelenkes und musste für einige Wochen einen Gips tragen. Bis einschließlich zum 30.07.2007 war er krankgeschrieben.

Dem Kläger entstand unfallbedingt zumindest folgender Schaden:

Fahrzeugschaden 5.800,00 EUR
Sachverständigenkosten 730,66 EUR
Sachschaden (Helm, Motorradjacke) 461,07 EUR
Zulassungskosten Neufahrzeug 80,00 EUR
Differenz Krankengeld, 81 Tage à 5,36 EUR 434,16 EUR
Auslagenpauschale 25,00 EUR


Der Kläger hält einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 2.500,00 EUR für angemessen und begehrt darüber hinaus mit der Klage Nutzungsausfall für vierzehn Tage à 56,00 EUR, mithin 784,00 EUR. Er hat seinen gesamten unfallbedingten Schaden derzeit auf 10.814,89 EUR beziffert.

Die Beklagte Ziff. 2 hat vorgerichtlich an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.014,90 EUR bezahlt, wobei sie einen solchen in Höhe von 1.250,00 EUR auf den Schmerzensgeldanspruch des Klägers erbracht hat.

Der Kläger behauptet, der Beklagte Ziff. 1 habe, so wie er sich auf der Kreuzung eingeordnet habe, aus seiner - des Klägers Sicht - scheinbar nach links in die D. Straße, aus der er - der Kläger - gekommen sei, abbiegen wollen. Der PKW des Beklagten Ziff. 1 habe mitten in der Kreuzung gestanden. Er habe danach davon ausgehen können, dass der Beklagte Ziff. 1 auch nach links in die D. Straße abbiege. Die Fahrspur sei für ihn in Richtung Stadtmitte völlig frei gewesen. Er habe grundsätzlich bereits zuvor Pfingsten 2007 eine Motorradausfahrt mit Bekannten gebucht gehabt, die unfallbedingt nicht habe stattfinden können. Der Kläger meint, hinsichtlich des Motorrads greife der Kommerzialisierungsgedanke, weshalb es nicht darauf ankäme, ob ihm ein anderes Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Da die Beklagten ihm zu hundert Prozent haften würden, habe er auch Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 837,52 EUR, auf welche die Beklagte - insoweit unstreitig - einen Betrag in Höhe von 501,45 EUR gezahlt hat. Ein Dauerschaden sei bei ihm nicht auszuschließen.

Der Kläger beantragt,
  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 5.799,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.08.2007 zu zahlen.

  2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 348,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.08.2007 zu bezahlen.

  3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 25.04.2007 auf der W. Straße/D. Straße in P. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
16 Die Beklagten behaupten, der Kläger sei unbekümmert mit einem Blitzstart losgefahren, als die Lichtzeichenanlage in seine Fahrtrichtung Grünlicht gezeigt habe, obwohl er den im Kreuzungsbereich noch stehenden PKW des Beklagten Ziff. 1 gesehen habe. Nachdem der Beklagte Ziff. 1 den Wendevorgang bereits beendet gehabt habe und schon wieder vollständig in Fahrtrichtung der W. Straße gestanden sei, sei der Kläger seitlich in sein Fahrzeug gefahren, obwohl er durch Reduzierung seiner Geschwindigkeit den Unfall habe leicht vermeiden können. Die Beklagten meinen, die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung stehe dem Kläger nicht zu, weil dieser - insoweit unstreitig - aufgrund der unfallbedingt erlittenen Verletzung nicht in der Lage gewesen sei, das Motorrad zu nutzen und ihm - ebenfalls unstreitig - zur Fortbewegung ein Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Das Schmerzensgeld sei, ausgehend von einem Betrag in Höhe von 2.500,00 EUR und einer fünfzigprozentigen Mithaftung mit dem regulierten Betrag in Höhe von 1.250,00 EUR hinreichend reguliert.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27.02.2008 (AS 101-123) Bezug genommen.

Die Akten der Stadt P. - Bußgeldbehörde - Az. 505.70.765376.5 - lagen vor und waren zu Beweiszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeuginnen C. Z. und N. K. sowie Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.02.2008 (AS 101-123) verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Der zulässige Zahlungsantrag ist weitgehend begründet, der zulässige Feststellungsantrag hat dagegen in der der Sache keinen Erfolg.

I.

Der Kläger hat gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 9 Abs. 3, Abs. 5 StVO, 1, 3 PflVG a. F., 249, 426 BGB gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz eines unfallbedingten Schadens zu hundert Prozent. Danach stehen dem Kläger über die von der Beklagten Ziff. 2 vorgerichtlich gezahlten 5.014,90 EUR noch weitere 5.015,99 EUR zu.

1. Der Unfall ist allerdings für keine der Parteien durch höhere Gewalt - von außen wirkender betriebsfremde Ergebnisse aufgrund elementarer Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen - verursacht oder auch bei Wahrung äußerst üblicher Sorgfalt nicht abzuwenden gewesen (unabwendbares Ereignis), so dass die Ersatzpflicht der einen oder anderen Seite nicht von vornherein gemäß §§ 7 Abs.- 2, 17 Abs. 3 StVG, 1, 3 Nr. 1 PflVG a. F. ausgeschlossen ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (s. u.) hat der Beklagte Ziff. 1 den Unfall, was sich die Beklagte Ziff. 2 zurechnen lassen muss, vielmehr durch einen schuldhaften nicht ordnungsgemäßen Wendevorgang i.S.v. § 9 Abs. 3, Abs. 5 StVO verursacht. Auch der Kläger erbringt jedoch nicht den Beweis, dass der Unfall durch höhere Gewalt verursacht oder für ihn unabwendbar war, insbesondere er bei gehöriger Aufmerksamkeit mit dem vom Beklagten Ziff. 1 vorgenommenen Wendevorgang nicht hätte rechnen und den Unfall dadurch vermeiden können.

2. Danach hängt gemäß §§ 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG die Verpflichtung zum Schadensersatz, wie auch der Umfang der Ersatzpflicht von den Umständen, insbesondere davon ab, wie weit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Im Rahmen der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Halter und Fahrer der beteiligten Fahrzeuge und unter Berücksichtigung der von beiden Kraftfahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nach §§ 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 254 BGB sind neben unstreitigen und zugestandenen Tatsachen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen, wobei auch die Regeln des Anscheinsbeweises Anwendung finden. Danach ist es vorliegend gerechtfertigt, dass der Kläger seinen unfallbedingten Schaden in vollem Umfang von den Beklagten ersetzt erhält.

a) Der Beklagte Ziff. 1 hat den Unfall schuldhaft durch einen Verstoß gegen § 9 Abs. 3, Abs. 5 StVO verursacht, den sich die Beklagte Ziff. 2 zurechnen lassen muss.

aa) Der Beklagte Ziff. 1 hat einen Wendevorgang i.S.v. § 9 Abs. 5 StVO vorgenommen. Wenden ist das Umdrehen des Fahrzeugs in die Gegenrichtung auf derselben Straße, gleichviel wie und zu welchem Zweck (Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 9 StVO, Rn. 50 m. w. N.). Bei durch Mittelstreifen getrennten Fahrbahnen ist dessen Breite von Bedeutung. Ist die Gegenfahrbahn erreichbar, ohne dass zuvor nach Einbiegen in den Mittelstreifendurchbruch eine gewisse Strecke geradeaus gefahren wird, so ist Wenden i.S.v. § 9 Abs. 5 anzunehmen. Dies gilt insbesondere, wenn ein Anhalten in der Mittelstreifenunterbrechung nicht möglich wäre und jedenfalls dann, wenn der Mittelstreifen schmaler ist als das wendende Fahrzeug lang. Ähnelt er dagegen baulich einer Kreuzung oder Einmündung in dem Sinne, dass bis zur Gegenfahrbahn nach dem Einbiegen in den Mittelstreifen erst eine Geradeausfahrt erforderlich ist, so gewinnt der Kraftfahrer die Gegenfahrbahn nicht durch Wenden im Rechtssinn, sondern durch zweimaliges Linksabbiegen, so dass § 9 Abs. 1-4 gelten (Jagusch/Hentschel, a. a. O. m. w. N.; OLG Hamm, NZV 1997, 438; OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.04.2008, Az. 4 U 193/07, zit. n. juris; BGH, VersR 1977, 154; KG Berlin, NZV 2005, 95; KG Berlin, Urteil vom 13.08.1998, Az. 12 U 67/97, zit. n. juris, KG Berlin, DAR 1975, 297; OLG Hamburg, DAR 1981, 327, 328).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte Ziff. 1 einen Wendevorgang vorgenommen. Er hat bei seiner informatorischen Befragung gemäß § 141 ZPO im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.02.2008 selbst ausgeführt, er habe die 180°-Kurve machen wollen, sei losgefahren, habe die 180°-Kurve genommen und dann plötzlich auf der rechten Seite einen Schlag wahrgenommen. Ob er mit seinem Fahrzeug bereits wieder vollständig in Geradeausfahrtrichtung auf der W. Straße sich befunden habe, könne er nicht mehr genau sagen. Ausweislich der von Sachverständigen gefertigten und vorgelegten Lichtbilder, insbesondere Nr. 6 u. 7 (AS 129/131) sowie dem vorgelegten Kreuzungsplan (AS 141) befindet sich zwar in Fahrtrichtung des Beklagten Ziff. 1 bis zur Lichtzeichenanlage ein Mittelstreifen, der jedoch im eigentlichen Kreuzungsbereich unterbrochen ist. Die Breite des Mittelstreifens ist im Übrigen ersichtlich geringer als die Länge handelsüblicher PKW.

bb) Der Beklagte Ziff. 1 hat gegen § 9 Abs. 3 StVO schuldhaft verstoßen und die ihm gemäß § 9 Abs. 5 StVO obliegende äußerste Sorgfalt beim Wenden nicht beachtet. Beim Wenden muss die Gefährdung anderer ausgeschlossen sein. Wenn sich ein Verkehrsunfall im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit einem Wenden auf der Fahrbahn ereignet hat, spricht gegen den Wendenden der Beweis des ersten Anscheins, den ihn treffenden besonderen Sorgfaltspflichten nicht genügt und den Unfall verschuldet zu haben (Jagusch/Hentschel, a. a. O., m. w. N.; KG Berlin, Urteil vom 13.08.1998, Az. 12 U 1760/97, zit. n. juris; KG Berlin, NZV 2002, 230 ff.; BGH, DAR 1985, 316).

Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht zu erschüttern vermocht. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtes fest (§ 286 ZPO), dass der Beklagte Ziff. 1 den ihm obliegenden Sorgfaltsanforderungen beim Wenden schuldhaft nicht hinreichend nachgekommen ist.

aaa) Die Beklagten können sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, der Kläger habe dem Beklagten Ziff. 1 als sog. „Nachzügler“ den Vorrang einräumen müssen. Allerdings entbindet die Freigabe der Kreuzungseinfahrt durch grünes Ampellicht den Fahrer nicht von der Pflicht, die Einfahrt in die Kreuzung zurückzustellen, wenn dies die Verkehrslage erfordert. Dies gilt insbesondere, wenn sich noch liegengebliebene Nachzügler im Kreuzungsbereich befinden, denen zunächst im Interesse des fließenden Verkehrs die Räumung der Kreuzung zu ermöglichen ist. Nachzügler in diesem Sinn sind grundsätzlich Fahrzeugführer, die ihrerseits bei Grün in die Kreuzung eingefahren waren und dort aufgehalten wurden (vgl. KG Berlin, NZV 2004, 574; KG Berlin, DAR 2003, 516, 517; OLGR Karlsruhe 1998, 390 f.; OLG Koblenz, NZV 1998, 465; OLG Hamm, VersR 1991, 353; AG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2006, 125). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar. Unter den Begriff des Kreuzungsräumers fallen nur Fahrzeuge, welche die Kreuzung im kreuzenden Verkehr überqueren wollen, entweder als Geradeausfahrer oder als Linksabbieger, dagegen nicht solche, die - wie der Beklagte Ziff. 1 - auf einer Kreuzung wenden. Beim Wenden auf einer Vorfahrtstraße im Bereich einer Kreuzung mit einer wartepflichtigen Nebenstraße gebietet die besondere Sorgfalt aus § 9 Abs. 5 StVO es dem Wendenden vielmehr, einem für ihn von links aus der Nebenstraße kommenden Kraftfahrer - wie hier dem Kläger - den Vorrang einzuräumen, ehe er dessen Fahrlinie im Ausgang seines Wendebogens kreuzt. Dies gilt selbst dann, wenn der Verkehr aus der Nebenstraße infolge Zeichen 205 zu § 41 StVO grundsätzlich wartepflichtig ist (vgl. KG Berlin VerkMitt 1981, Nr. 67, Urteil vom 22.01.1981, Az. 12 U 874/80; KG Berlin, Beschluss vom 06.07.1998, Az. 2 Ss 107/98-3 Ws (B) 320/98, zit. n. juris; OLG Hamburg, DAR 1981, 327 f., LG Berlin, NZV 1999, 515, 516; LG Berlin, VersR 2001, 78; LG Karlsruhe, DAR 2000, 123; Jagusch/Hentschel a. a. O., § 9 StVO Rn. 50). Diese Grundsätze müssen umso mehr gelten, wenn die Straße, aus welcher der Unfallgegner des Wendenden in die Kreuzung einfährt, wie hier, durch Lichtzeichenanlage geregelt ist, die bei der Einfahrt des Unfallgegners Grünlicht zeigt.

Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass der Kläger bei Einfahrt in die Kreuzung gegenüber dem wendenden Beklagten Ziff. 1 Vorrang hatte, vgl. auch § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO. Diesen Vorrang hat der Beklagte Ziff. 1 ersichtlich nicht beachtet. Er hat vielmehr durch ein nicht deutliches Fahrtrichtungszeichen mit Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers beim Kläger den berechtigten Eindruck erweckt, er werde nach links in die D. Straße einbiegen und hat sodann den bei Grünlicht für seine Fahrtrichtung in die Kreuzung einfahrenden Kläger im Zuge des Weiteren Wendevorgangs nicht beachtet, so dass es zur Kollision kam. Nach seinen eigenen Angaben im Termin zur mündlich Verhandlung vom 27.02.2008 hat er den Kläger in keiner Weise beachtet.

bbb) Der Kläger hat seinen Vorrang auch nicht dadurch verloren, dass er bei Grünlicht unbekümmert mit einem Blitzstart losgefahren ist, obwohl er den in der Kreuzung in seiner Fahrspur stehenden PKW des Beklagten Ziff. 1 gesehen hat. Die Beklagten erbringen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den ihnen dafür obliegenden Beweis. Die Zeugin Z. hat zunächst bekundet, sie könne nicht genau sagen, ob der Motorradfahrer zu dem Zeitpunkt, als die Ampel für ihn und auch für sie auf Grünlicht umsprang, sozusagen ungehindert durch das andere Fahrzeug von dessen Standposition auch hätte Geradeausfahren können. So genau habe sie darauf nicht geachtet. Sie hat erst auf nochmalige Nachfrage ausgesagt, sie meine, dass der PKW des Beklagten Ziff. 1 allenfalls zu einem geringfügigen Teil in die gedachte Verlängerung der D. Straße hineingeragt habe. Es habe nicht etwa komplett die Fahrspur versperrend dort gestanden. Der PKW des Beklagten Ziff. 1 habe sich höchstens mit lediglich einem geringen Teil in der Fahrspur des Motorradfahrers befunden. Für sie sei es eigentlich nicht völlig eindeutig gewesen, als sie den Jeep des Beklagten Ziff. 1 habe stehen sehen, ob er jetzt nach links habe abbiegen wollen oder ob er eine 180°-Wendung habe machen wollen. Sie fahre die Strecke sehr häufig und wisse deshalb, dass es ab und zu passiere, dass Fahrzeuge aus Fahrtrichtung der D. Straße dort eine 180°-Drehung vornehmen würden. Die Aussage der Zeugin K. ist insoweit unergiebig. Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. lässt sich die Ausgangsposition des PKW des Beklagten Ziff. 1 nicht genauer ermitteln. Der PKW habe sich praktisch im Bereich vor der kombinierten Geradeaus-Links-Abbiegerfahrspur befinden können, wie vom Kläger angegeben, der Wendevorgang habe jedoch auch direkt nach dem dortigen Verkehrsverteiler durchgeführt worden sein können. Die Angaben der Zeugin Z. entsprächen der letztgenannten Variante, bei der bereits zu Beginn des Anfahrvorgangs des Klägers der PKW des Beklagten Ziff. 1 direkt in der gedachten Verlängerung der Fahrlinie des Motorrads des Klägers positioniert gewesen sei. Zum einen war sich die Zeugin Z. jedoch ersichtlich nicht hinreichend sicher, wo genau das Fahrzeug des Beklagten Ziff. 1 positioniert war, als dass darauf eine Überzeugung des Gerichtes gemäß § 286 ZPO begründet werden kann. Sie hat vielmehr zunächst bekundet, sie habe darauf nicht so genau geachtet und könne dies nicht genau sagen. Im Übrigen hätte der Kläger selbst dann, wenn der PKW des Beklagten Ziff. 1 entsprechend der Aussage der Zeugin Z. zu einem allenfalls geringfügigen Teil in der Fahrspur des Klägers stand, seinen Vorrang dadurch nicht verloren.

b) Die Beklagten erbringen nicht den Beweis, dass der Kläger den Unfall durch einen schuldhaften Verkehrsverstoß mit verursacht hat.

aa) Der Kläger hat unstreitig nicht gegen § 37 Abs. 2 Satz 7 StVO verstoßen. Er ist bei Grünlicht für seine Fahrtrichtung in die Kreuzung eingefahren.

bb) Die Beklagten weisen nicht nach, dass der Kläger schuldhaft in Unfallursächlicherweise gegen §§ 11 Abs. 1, Abs. 3, 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Nach § 11 Abs. 1 StVO darf dann, wenn der Verkehr stockt, trotz Vorfahrt oder grünem Lichtzeichen niemand in die Kreuzung oder Einmündung einfahren, wenn er auf ihr warten müsste. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift muss auch, wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf der andere jedoch nur vertrauen, wenn er sich mit dem Verzichtenden verständigt hat. § 1 Abs. 2 StVO enthält das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme. Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Der Kläger war er nach dem oben Gesagten berechtigt, vorrangig vor dem Beklagten Ziff. 1 in die Kreuzung einzufahren. Der Beklagte Ziff. 1 kann sich nicht auf den Vorrang des sog. Nachzüglers berufen. Der Kläger war auch nach den o. G. Vorschriften nicht verpflichtet, davon Abstand zu nehmen, von seinem Vorrang Gebrauch zu machen. Es bestehen weder hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass er die Wendeabsicht des Beklagten Ziff. 1 erkennen konnte und musste, noch dass er sich sein Vorrecht erzwingen wollte (vgl. auch KG Berlin, Urteil vom 02.07.1990, Az. 12 U 4112/89, zit. n. juris). Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. war für den Kläger dann, wenn man von einer Ausgangsposition ausgeht, dass der PKW des Beklagten Ziff. 1 praktisch im Bereich vor der kombinierten Geradeaus-Links-Abbiegerfahrspur stand, eine Vermeidbarkeit aus technischer Sicht nicht gegeben. Die Abwehrzeit war zu gering, als dass eine Abwehrmaßnahme zur Vermeidung hätte führen können. Wenn man demgegenüber davon ausgeht, dass der Wendevorgang des PKW des Beklagten Ziff. 1 direkt nach dem Verkehrsteiler durchgeführt wurde, war für den Kläger aus technischer Sicht eine Vermeidbarkeit nur dann gegeben, wenn er seine Anfahrabsicht revidiert hätte oder langsam angerollt wäre, um das weitere Bewegungsverhalten des PKW des Beklagten Ziff. 1 einzuschätzen bzw. abzuwarten. Nach dem oben Gesagten steht nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest, in welcher der beiden Positionen der PKW des Beklagten Ziff. 1 sich vorkollisionär befand. Im Übrigen musste der Kläger selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass sich der PKW des Beklagten Ziff. 1 zu einem geringfügigen Teil in seiner Fahrspur befand, nicht damit rechnen, dass der Beklagte Ziff. 1 sein Fahrzeug wenden würde, ohne ihm den Vorrang einzuräumen. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen war auch bei dieser Konstellation der Wendevorgang des PKW des Beklagten Ziff. 1 für den Kläger nicht bereits zum Zeitpunkt des Anfahrvorgangs erkennbar und erfolgversprechende Abwehrmaßnahmen seinerseits aus technischer Sicht nicht hinreichend wirksam. Der Kläger musste auch bei einer Positionierung des Jeeps geringfügig in seiner Fahrspur nicht damit rechnen, dass der Beklagte Ziff. 1 nicht nach links in Richtung Dietlingen abbiegen, sondern mit seinem PKW wenden würde. Zwar hat die Zeugin Z. bekundet, für sie sei es nicht völlig eindeutig gewesen, als sie den Jeep dort habe stehen sehen, ob er jetzt nach links habe abbiegen oder eine 180°-Wendung machen wollen. Die Zeugin verfügt jedoch insoweit über ein spezielles Wissen. Sie fährt die Strecke sehr häufig und wusste deshalb nach ihrer Aussage, dass es ab und zu passiert, dass Fahrzeuge aus Fahrtrichtung der D. Straße dort eine 180°-Drehung machen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass auch der Kläger über ein derartiges Wissen verfügte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es gibt kein Gebot, auf den bloßen Verdacht hin, bei Grünlicht der Lichtzeichenanlage für die eigene Fahrtrichtung nicht in eine Kreuzung einzufahren, lediglich weil dort ein anderer Verkehrsteilnehmer, der verpflichtet ist, einem den Vorrang einzuräumen, mit seinem Fahrzeug in Warteposition leicht in die eigene Fahrspur hineinragend steht. Als der Kläger den eigentlichen Wendevorgang des PKW des Beklagten Ziff. 1 erkennen konnte, war für ihn nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen eine hinreichende Unfallvermeidende Reaktion nicht mehr möglich (vgl. auch KG Berlin, NZV 2002, 230 ff.).

c) Die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile gemäß § 17 StVG führt nicht zu einer Kürzung des dem Kläger zustehenden Schadensersatzanspruchs. Zwar mag der Unfall für ihn nicht durch höhere Gewalt verursacht bzw. unabwendbar gewesen sei. Gegenüber dem erheblich ins Gewicht fallenden Verursachungs- und Verschuldensbeitrag des Beklagten Ziff. 1 tritt jedoch bei der Abwägung die vom Fahrzeug des Klägers ausgehende Betriebsgefahr zurück. Sie war nicht durch ein Verschulden seinerseits gesteigert. Der Kläger brauchte nach dem o. G. nicht damit zu rechnen, dass der nach links blinkende PKW des Beklagten Ziff. 1 nicht in Richtung Dietlingen abbiegen, sondern unter Missachtung seines Vorrangs wenden würde. Der Beklagte Ziff. 1 war gehalten, etwaig aus Fahrtrichtung Dietlingen bei Grünlicht in die Kreuzung einfahrenden Verkehr im Auge zu behalten und sich zu vergewissern, dass dieser sich auf das beabsichtigte Wenden einstellte. Das Gericht hat keine Zweifel, dass der ganz überwiegende Anteil der Verkehrsteilnehmer an dieser vielbefahrenen Stelle - anders als der Beklagte Ziff. 1 - nicht wendet, sondern dem allgemeinen Verkehrsfluss folgend, nach links in Fahrtrichtung Dietlingen abbiegt. Fahrzeugführer - wie der Kläger aus Fahrtrichtung Dietlingen - rechnen an dieser Stelle nicht mit dem „ungewöhnlichen“, sondern mit dem üblichen Fahrverhalten von Verkehrsteilnehmern aus Fahrtrichtung des Beklagten Ziff. 1, nämlich dem Linksabbiegen (vgl. auch OLG Hamm, NZV 1997, 438; OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.04.2008, Az. 4 U 193/07, zit. n. juris; LG Berlin, NZV 1999, 515, 516; LG Berlin, VersR 2001, 78; KG Berlin, NZV 2002, 230 ff.; Jagusch/Hentschel, a. a. O., Rn. 50/52). Im Übrigen wäre ein etwaiges Verschulden des Klägers derartig gering, dass es vollständig hinter dem weit überwiegenden Verursachungs- und Verschuldensbeitrag des Beklagten Ziff. 1 zurücktreten würde.

3. Der Kläger hat gemäß §§ 249, 253 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von noch 5.015,99 EUR.

a) Dem Kläger ist - ausgenommen die streitige Position Nutzungsentschädigung - unfallbedingt ein materieller Schaden in Höhe von 7.530,89 EUR entstanden, den er von den Beklagten ersetzt verlangen kann.

b) Die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 784,00 EUR steht dem Kläger dagegen nicht zu.

aa) Zwar hat der Eigentümer eines privat genutzten PKW, der die Möglichkeit zur Nutzung seines Fahrzeugs einbüßt, auch dann einen Schadensersatzanspruch, wenn er kein Ersatz-KFZ mietet. Geschützt wird insoweit auch das Motorrad (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., vor § 249 Rn. 20 m. w. N.). Anspruchsvoraussetzung ist jedoch eine fühlbare Beeinträchtigung. Erforderlich sind daher Nutzungswille und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit. Hätte der Eigentümer das Fahrzeug wegen unfallbedingter Verletzungen nicht nutzen können, besteht kein Anspruch, es sei denn, dass die Benutzung durch einen Angehörigen möglich und beabsichtigt war. Der Anspruch entfällt ferner, wenn der Einsatz eines Zweitwagens möglich und zumutbar ist (Palandt/Heinrichs, a. a. O., Rn. 22, m. w. N.).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen steht dem Kläger die geltend gemachte Nutzungsentschädigung nicht zu, denn er war unstreitig aufgrund der unfallbedingt erlittenen Verletzung nicht in der Lage, das Motorrad zu nutzen. Im Übrigen stand ihm - ebenfalls unstreitig - zur Fortbewegung ein Fahrzeug für die Übergangszeit zur Verfügung.

c) Dem Kläger steht ferner unter Berücksichtigung aller Umstände ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR zu, § 253 Abs. 2 BGB.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist von seiner Doppelfunktion auszugehen. Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung dafür schuldet, was er ihm angetan hat. Die wesentliche Grundlage für die Höhe der Bemessung des Schmerzensgeldes bilden das Maß und die Dauer der Lebensbeeinträchtigung, die Größe, Heftigkeit und die Dauer der Schmerzen und Leiden sowie die Dauer der Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit, die Übersehbarkeit des Weiteren Krankheitsverlaufes, die Fraglichkeit der endgültigen Heilung sowie ferner der Grad des Verschuldens und die Gesamtumstände des Falles. Der Kläger musste im Hinblick auf die unstreitigen Verletzungen einige Wochen einen Gips tragen und war bis einschließlich 30.07.2007 krankgeschrieben. Bei der Bemessung kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger unfallbedingt noch weitere ärztliche Behandlungen drohen oder die Gefahr eines Dauerschadens besteht. Er hat sein diesbezügliches Beweisangebot im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.02.2008 fallengelassen (Sitzungsniederschrift Seite 11, AS 121). Unter Berücksichtigung des Unfallgeschehens und der übrigen Umstände hält das Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR für angemessen. Darauf hat die Beklagte Ziff. 2 vorgerichtlich 1.250,00 EUR gezahlt.

d) Danach steht dem Kläger unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten Ziff. 2 in Höhe von 5.014,90 EUR noch ein restlicher Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.015,99 EUR zu.

4) Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Ein weitergehender Zinsanspruch steht dem Kläger nicht gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB zu. Er hat nicht näher dargelegt, aufgrund welcher Umstände eine Verzinsungspflicht seit dem 09.08.2007 bestehen soll. Sein von ihm vorgelegtes Schreiben an die Beklagte Ziff. 2 vom 27.04.2007 (K 1, AHK 1/3 rechtfertigt keine andere Beurteilung. In diesem Schreiben wurde unter Fristsetzung auf den 11.05.2007 lediglich eine Erklärung zur Eintrittspflicht sowie die Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 5.000,00 EUR begehrt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten dem nicht fristgerecht nachgekommen sind. Andere verzugsbegründende Maßnahmen oder eine Selbstmahnung der Beklagten vor dem Zeitpunkt der Klagezustellung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

5) Der Kläger hat ferner gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 9 Abs. 3, Abs. 5 StVO, 1, 3 PflVG a. F., 249, 426 BGB einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von noch 348,07 EUR.

a) Die Ersatzpflicht des Schädigers erstreckt sich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten, mithin vor allem auf Rechtsanwaltskosten, die auch bei Ansprüchen aus § 823 BGB und § 7 StVG in den Schutzbereich der verletzten Norm fallen. Die Ersatzpflicht besteht insoweit unabhängig von den Voraussetzungen des Verzuges gemäß § 286 BGB oder der Pflichtverletzung gemäß § 280 BGB (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 249 Rn. 38, 39; BGH, NJW 2006, 1065). Die Rechtsverfolgungskosten sind hier ersatzfähig, denn sie beruhen adäquat kausal auf dem Schadensereignis und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war unter den Umständen des Falles erforderlich. Dies mag zwar in einfach gelagerten Schadensfällen zweifelhaft sein (vgl. BGH, NJW 1995, 446, 447); vorliegend kann von einem derartig einfach gelagerten Schadensfall jedoch nicht ausgegangen werden. Die Haftung nach Grund und Höhe war nicht derart klar, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der Ersatzpflicht des Schädigers bestand.

b) Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger kann allerdings grundsätzlich - wie auch hier - nur der Gegenstandswert zugrundegelegt werden, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, WuM 2008, 97, 98). Die berechtigte Schadensersatzforderung belief sich auf 10.030,89 EUR. Durch die unberechtigte Geltendmachung der Nutzungsentschädigung in Höhe von 784,00 EUR tritt jedoch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten keine Reduzierung ein, denn der unberechtigte Teil der Schadensersatzforderung löst keinen Gebührensprung aus.

c) Zutreffend legt der Kläger seiner Berechnung zugrunde, dass die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VVRVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens zu einer Reduzierung der letztgenannten Gebühr führt, so dass sich nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr sondern die Verfahrensgebühr im Umfang der Anrechnung reduziert. Diese Anrechnung ist erst im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen (BGH, NJW 2007, 3500, 3501, m. w. N.).

6) Der Zinsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, wieso eine Verzinsungspflicht seit dem 09.08.2007 bestehen soll.

7) Der zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat sein Beweisangebot fallengelassen zu seiner Behauptung, dass weitere Verletzungen noch möglich sind und die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.

II.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom 10.03.2008 sowie der Beklagten vom 17.03.2008 boten keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §§ 296a, 156 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss vom 01.08.2008
Der Streitwert wird gem. § 63 Abs. 2 GKG auf 7.799,99 EUR festgesetzt
(Klageantrag Ziff. 1: 5.799,99 EUR, Klageantrag Ziff. 3: 2.000,00 EUR).