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OLG Hamm Beschluss vom 10.05.2007 - 4 Ss OWi 255/07 - Zur Bemessung der Geldbuße und zur Tateinheit bei mehreren Verstößen

OLG Hamm v. 10.05.2007: Zur Bemessung der Geldbuße und zur Tateinheit bei mehreren Verstößen


Das OLG Hamm (Beschluss vom 10.05.2007 - 4 Ss OWi 255/07) hat entschieden:

1.  Wenn der Betroffene im Rahmen einer Tat im prozessualen Sinne mehrere Handlungen begeht, die mit Einzelgeldbußen geahndet werden, ist bei unbeschränkt eingelegter Rechtsbeschwerde die Summe der ausgeworfenen Geldbußen maßgebend, so dass die Rechtsbeschwerde auch eröffnet ist, soweit im Einzelnen Geldbußen bis zu 250 EUR verhängt wurden (BayObLG NStZ-RR 1997, 248; OLG Koblenz VRS 75, 71, 72, jeweils zu der seinerzeit maßgebenden Grenze von 200 DM; Senge, in Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Auflage 2006, § 79 Rdnr. 14; Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 79 Rdnr. 23).

2.  Gemäß Art. 15 Abs. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (ABl. EG Nr. L 370 S. 8) hat ein Berufskraftfahrer die nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung zu verwendenden Schaublätter für die laufende Kalenderwoche sowie das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, jederzeit vorzulegen. Um der Kontrollbehörde an Ort und Stelle die Möglichkeit zu geben, die für das Fehlen von Schaublättern vorgebrachten Gründe nachzuprüfen, sieht § 20 Abs. 1 Satz 1 FPersV anderenfalls die nach den § 21 Abs. 2 Nr. 15 FPersV, § 8 Abs. 1 Nr. 2 a) FPersG bußgeldbewehrte Verpflichtung des Fahrers vor, eine Bescheinigung des Unternehmers über lenkfreie Tage vorzulegen.

3.  Fahrlässige Verstöße gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung, die Anschnallpflicht und die Pflicht zur Vorlage des Nachweises über lenkfreie Zeiten sind als rechtliche Handlungseinheit anzusehen, die zur Annahme von Tateinheit gemäß § 19 Abs. 1 OWiG führt. Der Verstoß gegen das Anlegen eines Sicherheitsgurtes bildet als Dauerordnungswidrigkeit während der Fahrt ein Bindeglied zu den weiteren Verstößen. Die vom Betroffenen begangenen Gesetzesverstöße stehen auch in einem inneren, sowie zeitlich und örtlichen Beziehungs- bzw. Bedingungszusammenhang. Sie wurden bei ein und derselben Fahrt begangenen bzw. sind durch diese hervorgerufen worden.

4.  Außerhalb der Ermächtigung nach § 26 a StVG ergangenen Bußgeldkataloge sind trotz Vorliegens einer Indizwirkung für Gerichte grundsätzlich nicht verbindlich, weshalb die Sätze des jeweiligen Bußgeldkataloges auf ihre Angemessenheit im Einzelfall näher zu überprüfen sind. Sie dürfen aber aus Gründen einer möglichst gleichmäßigen Behandlung gleichgearteter Sachverhalte nicht unbeachtet gelassen werden (OLG Hamm, Beschl. v. 14.12.2000 in 3 Ss OWi 1012/00; KG VRS 77, 75;OLG Köln VRS 78, 61; AG Münster NZV 1990, 82; Göhler, OWiG, .a.a.O.; NStZ 1991, 73; KK-Mitsch, OWiG, a.a.O.).



Siehe auch

Fahrpersonal im Straßenverkehr - Lenkzeiten - Ruhezeiten - EG-Kontrollgerät

und

Tatmehrheit oder Tateinheit bei Lenkzeitverstößen


Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen "fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 3 III in Tateinheit mit fahrlässigem Verstoß gegen § 21 a I StVO, jeweils in Verbindung mit § 49 StVO und § 24 StVG eine Geldbuße von 55,00 Euro festgesetzt und wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 20 I, 21 II Ziff. 15 FPersVO in Verbindung mit § 8 I Nr. 2 FPersG eine Geldbuße von 200,00 Euro festgesetzt."

Zu den Vorwürfen hat der Bußgeldrichter folgende Feststellungen getroffen:

   "Der Betroffene arbeitet regelmäßig nur an Sonntagen als Aushilfsfahrer für eine Molkerei. Am Morgen des ... (Sonntag) fuhr er mit seinem LKW der Marke D von mehr als 3,5t, amtl. Kennzeichen Q mit Anhänger, Kennzeichen Q, zunächst Bauernhöfe in Ostwestfalen an, wo er die Milchprodukte in sein Fahrzeug auflud. Nach vollständiger Beladung seines LKW beabsichtigte der Betroffene, um spätestens ... Uhr mit dem LKW zurück zur Molkerei nach L3 zu fahren. Zu Gunsten des Betroffenen geht das Gericht davon aus, dass er ab spätestens wenige Minuten nach ... Uhr Autobahnen in der Bundesrepublik befuhr. Während dieser Autobahnfahrt überschritt der Betroffene zwischen ... Uhr und ... Uhr in mehr als zwei Fällen die für ihn geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um jeweils bis zu 15 km/h. Darüber hinaus hatte der Betroffene während der Fahrt auf der Autobahn versehentlich unterlassen, den Sicherheitsgurt anzulegen. Gegen ... Uhr wurde der Betroffene von der Autobahnpolizei angehalten. Der Betroffene führte dabei weder eine Bescheinigung seines Unternehmers über lenk- bzw. arbeitsfreie Tage oder einen anderen Nachweis über die Zeit vom ... bis ... bei sich. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Betroffene das mehrfache Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn erkennen können und müssen. Darüber hinaus hätte er von seiner Verpflichtung Kenntnis haben müssen, Nachweise über lenk- oder arbeitsfreie Tage bei sich führen zu müssen."


Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Rechtsbeschwerde vom 12.02.2007, die am selben Tag beim Amtsgericht eingegangen ist. Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe am 15.02.2007 hat der Verteidiger mit dem Gericht am selben Tage zugegangenen Schriftsatz vom 13.03.2007 beantragt, das Urteil aufzuheben. Gerügt wird die Verletzung formellen Rechts und mit näherer Begründung des materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.


II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde führt zu einer Berichtigung des Schuldspruchs und einer Ermäßigung der Geldbuße, so dass das Rechtsmittel für den Betroffenen nur im geringen Umfang Erfolg hat.

1. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft bedarf es im vorliegenden Fall keiner Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG, denn die Beschwerdegrenze des § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist überschritten, auch wenn die vom Amtsgericht ausgesprochenen Einzelgeldbußen jeweils den Wert von 250 EUR nicht erreichen.

Wenn der Betroffene im Rahmen einer Tat im prozessualen Sinne mehrere Handlungen begeht, die mit Einzelgeldbußen geahndet werden, ist bei unbeschränkt eingelegter Rechtsbeschwerde die Summe der ausgeworfenen Geldbußen maßgebend, so dass die Rechtsbeschwerde auch eröffnet ist, soweit im Einzelnen Geldbußen bis zu 250 EUR verhängt wurden (BayObLG NStZ-RR 1997, 248; OLG Koblenz VRS 75, 71, 72, jeweils zu der seinerzeit maßgebenden Grenze von 200 DM; Senge, in Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Auflage 2006, § 79 Rdnr. 14; Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 79 Rdnr. 23).

Auch wenn sich die ausführliche Rechtsmittelbegründung des Betroffenen beinahe ausschließlich mit dem Verstoß gegen das Fahrpersonalrecht befasst und die weiteren Verstöße nicht anspricht, kann hierin keine zulässige Beschränkung des Rechtsmittels auf die Überprüfung nur dieser Ordnungswidrigkeit gesehen werden. Denn eine Beschränkung ist wie im Strafverfahren nur auf abtrennbare Teile möglich, d.h. soweit eine selbständige Prüfung und rechtliche Beurteilung durchführbar ist. Demgegenüber ist sie gegenstandslos, wenn dies nicht der Fall ist, so z.B. wenn die Rechtsbeschwerde - wie hier - in einem Fall nicht auszuschließender Tateinheit auf eine von mehreren tateinheitlich begangene Ordnungswidrigkeiten beschränkt wird (OLG Hamm VRS 74, 447; KK-Senge, a.a.O., Rdnr 142.), weil schon die Frage der Tateinheit oder Tatmehrheit vom Rechtsbeschwerdegericht anders als vom Tatrichter beurteilt werden kann (BGH NStZ 1996, 203; NStZ-RR 1996, 267).

2. Die damit rechtzeitig eingelegte Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich der erhobenen Verfahrensrüge gleichwohl unzulässig, da ihre Begründung nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO entspricht. Denn ein bestimmter Verfahrensverstoß wird vom Beschwerdeführer nicht gerügt, obwohl es für die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO zwingend ist, dass die den Mangel begründenden Tatsachen vollständig vorgetragen werden (vgl. RGSt 42, 168; BGHSt 7, 162; StV 2004, 302; Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozess, 6. Aufl., Rdnr. 468, 468; Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 79 Rdnr. 27b).




3. Soweit der Betroffenen sich gegen den ausgeurteilten Schuldspruch wendet, ist sein Rechtsmittel unbegründet. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Lediglich das Konkurrenzverhältnis der verwirklichten Bußgeldtatbestände bedarf einer rechtlichen Korrektur.

a) Dass der Betroffene einen fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoß in Tateinheit mit fahrlässigem Verstoß gegen die Anschnallpflicht begangen hat, als er am ... als nichtangeschnallter Fahrer eines LKWs zwischen ... Uhr und ... Uhr auf der ... die für ihn geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um bis zu 15 km/h überschritt, steht außer Frage und wird von ihm auch nicht in Zweifel gezogen.

b) Auch ein fahrlässiger Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage eines Nachweises über lenkfreie Tage liegt vor, weil der Betroffene eine derartige Bescheinigung den ihn kontrollierenden Beamten nicht zeigen konnte, da er eine solche nicht bei sich führte, obwohl er hätte wissen müssen, hierzu verpflichtet zu sein.

Gemäß Art. 15 Abs. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (ABl. EG Nr. L 370 S. 8) hat ein Berufskraftfahrer die nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung zu verwendenden Schaublätter für die laufende Kalenderwoche sowie das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, jederzeit vorzulegen. Um der Kontrollbehörde an Ort und Stelle die Möglichkeit zu geben, die für das Fehlen von Schaublättern vorgebrachten Gründe nachzuprüfen, sieht § 20 Abs. 1 Satz 1 FPersV anderenfalls die nach den § 21 Abs. 2 Nr. 15 FPersV, § 8 Abs. 1 Nr. 2 a) FPersG bußgeldbewehrte Verpflichtung des Fahrers vor, eine Bescheinigung des Unternehmers über lenkfreie Tage vorzulegen (vgl. Lütkes/Ferner/Kramer, Straßenverkehr, Loseblattkommentar, Stand 2007, Band 7, § 20 FPersV Rdnr. 4; Häberle, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblattkommentar, Stand Januar 2006, Band 2, § 20 FPersV Rdnr. 1).

Vom sachlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift war die Fahrt des Betroffenen auch nicht ausgenommen. Zu Unrecht beruft sich hier der Betroffene auf die Ausnahmevorschrift des Art 4 Nr. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85. Danach gelten die dort statuierten Vorschriften nicht für Fahrzeuge, die zum Abholen von Milch bei landwirtschaftlichen Betrieben und zur Rückgabe von Milchbehältern oder von Milcherzeugnissen für Futterzwecke an diese Betriebe verwendet werden. Diese Freistellung ist leicht geändert den landwirtschaftlichen Sonderverkehren des § 89a GüKG (a.F.) nachempfunden und heute noch in § 2 Abs. 1 Nr. 6 GüKG enthalten. Ob die Vorschriften der EWG-VO Nr. 3820/85 auf ein im Sammel- und Verteilverkehr eingesetzten Fahrzeug Anwendung finden, hängt somit von dem Vertragsverhältnis zwischen dem Milcherzeuger und der Molkerei ab. Ist die Molkerei vertraglich verpflichtet, die Milch des Erzeugers abzunehmen und bei der Verarbeitung entstehende Milchprodukte an diese Betriebe zu Futterzwecken zurückzugeben, fallen die eingesetzten Fahrzeuge aus dem Anwendungsbereich heraus. Die Vorschrift ist daher so auszulegen, dass nur die Fahrzeuge ausgenommen sind, die aufgrund vertraglicher Verpflichtung im Einzugsbereich einer Molkerei verwendet werden (Lütkes/Ferner/Kramer, a.a.O., Bd. 7, Art 4 Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, S. 34). Diese Kraftfahrzeuge werden nur auf kurzen Strecken im regionalen Verkehr eingesetzt. Sie benötigen daher nach § 57 a Abs.1 S. 2 Nr. 5 StVZO auch keinen Fahrtenschreiben. Demgegenüber fallen nicht unter diese Befreiung daher Tankzüge von Molkereien, die - wie hier - weder Molkereiprodukte noch Milchbehälter an die Erzeuger zurückbefördern.

c) Die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums gemäß § 11 Abs. 2 OWiG entbehrt jeglicher Grundlage. Das Fahrpersonalrecht ist auf jede Person anzuwenden, die ein im Güterverkehr eingesetztes Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt (Art. 1 Nr. 3 EWG-VO 3820/85). Hiervon erfasst ist auch der Aushilfsfahrer, der sich vor Fahrtantritt über seine verkehrsrechtlichen Pflichten ausreichend zu vergewissern hat.

d) Der Schuldspruch ist jedoch im Hinblick auf das Konkurrenzverhältnis der erfüllten Bußgeldtatbestände zu berichtigen. Die fahrlässigen Verstöße gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung, die Anschnallpflicht und die Pflicht zur Vorlage des Nachweises über lenkfreie Zeiten sind als rechtliche Handlungseinheit anzusehen, die zur Annahme von Tateinheit gemäß § 19 Abs. 1 OWiG führt. Der Verstoß gegen das Anlegen eines Sicherheitsgurtes bildet hier als Dauerordnungswidrigkeit während der Fahrt ein Bindeglied zu den weiteren Verstößen. Die vom Betroffenen begangenen Gesetzesverstöße stehen auch in einem inneren, sowie zeitlich und örtlichen Beziehungs- bzw. Bedingungszusammenhang. Sie wurden bei ein und derselben Fahrt begangenen bzw. sind durch diese hervorgerufen worden.

3. Der Rechtsfolgenausspruch kann demgegenüber keinen Bestand behalten und ist vom Senat neu festzusetzen. a) Die Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Höhe der Geldbußen lassen besorgen, dass das Tatgericht sich des Vorliegens der Bußgeldkataloge F (Fahrpersonal) und U (Unternehmer) VO (EWG) Nr. 3820/85 und Nr. 3821/85, ABTR, Fahrpersonalverordnung und Fahrpersonalgesetz nicht bewusst war. Zwar sind diese Richtlinien für das Gericht nicht bindend (OLG Hamm VRS 91,156; DAR 1996, 68; OLG Karlsruhe VRS 67, 475; 91, 156; OLG Köln VRS 59, 393; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 17 Rdnr. 32; Mitsch in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 3. Aufl. 2006, § 17 Rdnr. 109). Die Regelsätze dieser Kataloge sind als grobe Orientierungshilfen zu werten (OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000, 218; NZV 2000, 425; GewArch. 1996, 36; JMBlNW 1995, 7 [Bauordnung]; 1989, 210; 1987, 45; VRS 80, 52, 54 f.; 79, 61, 64, 68; 72, 120, 122; 74, 204, 207). Dies ergibt sich daraus, dass sie nur interne verwaltungsbehördliche Weisungen enthalten und im Gegensatz zur BKatV keine Rechtssatzqualität haben. Demnach sind die außerhalb der Ermächtigung nach § 26 a StVG ergangenen Bußgeldkataloge trotz Vorliegens einer Indizwirkung für Gerichte zwar grundsätzlich nicht verbindlich, weshalb die Sätze des jeweiligen Bußgeldkataloges auf ihre Angemessenheit im Einzelfall näher zu überprüfen sind. Sie dürfen aber aus Gründen einer möglichst gleichmäßigen Behandlung gleichgearteter Sachverhalte nicht unbeachtet gelassen werden (OLG Hamm, Beschl. v. 14.12.2000 in 3 Ss OWi 1012/00; KG VRS 77, 75;OLG Köln VRS 78, 61; AG Münster NZV 1990, 82; Göhler, OWiG, .a.a.O.; NStZ 1991, 73; KK-Mitsch, OWiG, a.a.O.).

b) Gemäß § 79 Abs. 6 OWiG ist der Senat gehalten, trotz dieses Fehlers wegen der rechtsfehlerfrei getroffenen und hinreichend vollständigen Feststellungen eine eigene Sachentscheidung vorzunehmen.

Bei der Bemessung der festzusetzenden Geldbuße ist von dem Bußgeldrahmen des § 8 Abs. 2 2. Hs. FPersG auszugehen, der bis zu 5000 EUR reicht. Im Vergleich zu den anderen, ebenfalls in Tateinheit verwirklichten Ordnungswidrigkeiten droht diese Vorschrift die höchste Geldbuße an (§ 19 Abs. 2 OWiG).

Bei der konkreten Festsetzung der auszusprechenden Geldbuße hat sich der Senat aus Gleichbehandlungsgrundsätzen an dem Bußgeldkatalog F zum Fahrpersonalrecht orientiert. Dieser Bußgeldkatalog sieht in seiner Nummer 3.10 für fahrlässige Verstöße gegen die Nachweispflicht lenkfreier Tage eine Regelbuße von 150 EUR je Tag vor (abgedruckt bei Lütkes/Ferner/Kramer, Straßenverkehrsrecht, Loseblattsammlung, Stand 2007, Band 6, FPersV-Anhang, S. 17). Umstände, die dazu berechtigten hiervon abzuweichen, zeigt der vorliegende Fall nicht auf. Daher ist für diesen Verstoß eine Geldbuße von 150 EUR tat- und schuldangemessen.

Wegen des gleichzeitig, tateinheitlich begangenen Geschwindigkeitsverstoßes (BKat, Tabelle 1 a), lfd. Nr. 11.1.3: Regelbuße hier 40 EUR) und des Verstoßes gegen die Pflicht zum Anlegen eines Sicherheitsgurtes (BKat, lfd. Nr. 100: Regelbuße 30 EUR) ist die hier zu verhängende Geldbuße angemessen auf 190 EUR zu erhöhen.

4. Da der Erfolg des Rechtsmittels nur gering ist und der Betroffene sein eigentliches Ziel nicht erreicht hat, ist es nicht unbillig, ihn mit den gesamten Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten (§§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 4 StPO).

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