Das Verkehrslexikon

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OLG Hamm Beschluss vom 31.07.2008 - 2 Ss OWi 580/08 (92/08) - Keine Erhöhung der Geldbuße bei vorsätzlicher Handybenutzung

OLG Hamm v. 31.07.2008: Keine Erhöhung der Geldbuße bei vorsätzlicher Handybenutzung


Das OLG Hamm (Beschluss vom 31.07.2008 - 2 Ss OWi 580/08 (92/08)) hat entschieden:
Das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der Fahrt wird regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden. Daher wird eine Erhöhung der Regelgeldbuße wegen vorsätzlicher Begehungsweise nicht in Betracht kommen.


Gründe:

I.
Das Amtsgericht Bochum hat den Betroffenen durch Urteil vom 23. April 2008 wegen vorsätzlicher Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr gemäß den §§ 24 StVG i.V.m. §§ 23 Abs. 1 a, 49 Abs. 1 Ziffer 22 StVO zu einer Geldbuße von 60,- € verurteilt. Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.


II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zu verwerfen, da es weder geboten ist, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen, noch das Urteil, durch das der Betroffene nur zu einer Geldbuße von 60,- € verurteilt worden ist, wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 OWiG).

Zur Fortbildung des Rechts ist die Beschwerde nur zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze über die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. OLG Hamm VRS 56, 42). Eine Zulassung unter diesem Gesichtspunkt kommt daher nur bei entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und abstraktionsfähigen Rechtsfragen in Betracht (Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 80 Rn. 3 m.w.N.).

Die materiell-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils führt indes nicht zur Aufdeckung einer solchen Rechtsfrage. Die Ausführungen des Betroffenen erschöpfen sich lediglich in Angriffen gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung und die Erhöhung der im Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße durch das Amtsgericht. Insoweit sind aber Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennbar.

Der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons i.S. des § 23 Abs. 1 a StVO ist in Rechtsprechung und Literatur ausreichend geklärt (vgl. dazu u.a. OLG Bamberg DAR 2007, 395 [Ls.]; OLG Hamm NJW 2003, 912 = NZV 2003, 98 = DAR 2003, 473 = VRS 104, 222; OLG Köln NJW 2005, 3366, vgl. auch die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Burhoff VRR 2008, 18).

Der Betroffene hat keine Umstände dargetan, die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts geboten erscheinen lassen könnten. Soweit er sich gegen die Verwendung des Beweisergebnisses wendet, handelt es sich um unzulässige Angriffe gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die tatrichterliche Überzeugung gebunden. Diese ist vorliegend nachvollziehbar und weist keine Lücken auf. Die Rechtsbeschwerde übersieht zudem, dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass der Betroffene "ein Mobiltelefon mit der linken Hand an das linke Ohr [hielt] und telefonierte mit diesem".

Die Rechtsbeschwerde war auch nicht deshalb zuzulassen, weil das Amtsgericht wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen § 23 Abs. 1 a StVO die "Regelgeldbuße" von 40,- € auf 60,- € erhöht hat. Nach allgemeiner Meinung wird das verbotswidrige Benutzen eines Mobiltelefons während der Fahrt regelmäßig nur vorsätzlich begangen werden können (vgl. u.a. OLG Hamm StRR 2007, 76; VRR 2007, 317 = NZV 2007, 483 = VRS 2007, 75; siehe auch noch Beschluss des Senats vom 4. Januar 2008 in 2 Ss OWi 865/07) und wird daher eine Erhöhung der Regelgeldbuße wegen vorsätzlicher Begehungsweise nicht in Betracht kommen (KG NJW 2006, 3018; OLG Jena VRS 107, 472 = NZV 2005, 108; OLG Hamm im Beschluss vom 4. Januar 2008, a.a.O.). Dass das Amtsgericht die Geldbuße dennoch wegen des vorsätzlichen Verstoßes erhöht hat, führt indes nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde, da zudem auch auf eine einschlägige Vorbelastung des Betroffenen abgestellt worden ist. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er diese Frage bereits in seinem Beschluss vom 4. Januar 2008 (a.a.O.) gegenüber dem AG Bochum problematisiert hat.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung formellen Rechts kommt nicht in Betracht, da die Geldbuße nur 60,- € beträgt. Soweit der Betroffene die Versagung rechtlichen Gehörs geltend macht, hat er auch damit keinen Erfolg. Dazu hat die Generalstaatsanwaltschaft wie folgt Stellung genommen:
"Die Versagung rechtlichen Gehörs muss im Wege der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (zu vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflg., § 79 Rdn. 27 d). Vorliegend fehlt es aber an einer den Anforderungen der §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Darstellung dieser Verfahrensrüge. Um die Zulässigkeit dieser Rüge zu begründen, müssen die den Mangel enthaltenen Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Beschwerdegericht schon anhand der Rechtsbeschwerdeschrift ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen (zu vgl. Göhler, a.a.O.; Thüringer OLG, Beschluss vom 18.03.2004 - 1 Ss 40/04 - m.w.N.). Der Betroffene hätte zur Begründung der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs darlegen müssen, was er im Falle einer Anhörung nach einem entsprechenden Hinweis geltend gemacht und wie er sein Verteidigungsverhalten darauf eingerichtet hätte. Nur so wird es dem Rechtsbeschwerdegericht ermöglicht, zu prüfen, ob die amtsgerichtliche Entscheidung auf der Versagung rechtlichen Gehörs beruht (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22.12.1992 - 3 Ss OWi 1124/92 - m.w.N.; Thüringer OLG a.a.O.). Soweit der Betroffene rügt, er sei ohne vorherigen Hinweis nach § 265 StPO wegen einer Vorsatztat verurteilt worden, obwohl aus dem Bußgeldbescheid nicht hervorgehe, ob ihm die vorsätzliche oder fahrlässige Begehungsweise vorgeworfen werde, ist darin zugleich die Rüge enthalten, der Betroffene sei aufgrund des fehlenden Hinweises nicht ausreichend in der Lage gewesen, sich umfassend zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf zu äußern. Soweit sich aus dem Bußgeldbescheid die Schuldform nicht ergibt, berührt dies die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides nicht. In der Regel wird bei Verkehrsordnungswidrigkeiten vom Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen sein (zu vgl. Göhler, a.a.O., § 66 Rdn. 14). Aus dem Zulassungsantrag ergibt sich jedoch nicht, was der Betroffene im Falle der Erteilung des rechtlichen Hinweises geltend gemacht und wie er sein Verteidigungsverhalten darauf eingerichtet hätte."
Diesen Ausführungen tritt der Senat nach eigener Sachprüfung bei.

Insgesamt war daher der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der sich aus §§ 473 Abs. 1 StPO, 79 Abs. 3 OWiG ergebenden Rechtsfolge zu verwerfen.