Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss vom 29.04.2013 - 1 L 301/13.NW - Zum Entzug der Fahrerlaubnis nach eingeräumtem Konsum harter Drogen

VG Neustadt v. 29.04.2013: Zum Entzug der Fahrerlaubnis nach eingeräumtem Konsum harter Drogen


Das Verwaltungsgericht Neustadt (Beschluss vom 29.04.2013 - 1 L 301/13.NW) hat entschieden:
Eine Fahrerlaubnisinhaberin muss sich an der nach Belehrung als Beschuldigte von ihr selbst unterzeichneten Erklärung festhalten lassen, dass sie mehrfach Amphetamin zum Eigenkonsum erworben hat.

Allein das Bestehen einer Schwangerschaft begründet noch keine Zweifel an der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Konsum harter Drogen im Sinn der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV.


Gründe:

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 3. April 2013 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen, hat keinen Erfolg. Im derzeitigen Stand des Verfahrens überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug dieses Bescheides, mit dem der Antragsgegner der Antragstellerin die Fahrerlaubnis Klasse B (samt Einschlussklassen) wegen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß §§ 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG –, 46 Abs. 1 und § 11 Abs. 7 i.V.m. Nr. 9.1 Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung – FeV – entzogen hat, das private Interesse der Antragstellerin daran, von ihrer Fahrerlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter Gebrauch machen zu können.

Die Begründung des Sofortvollzugs wegen der besonderen Schutzinteressen der Allgemeinheit hält sich im Rahmen des § 80 Abs. 3 VwGO, da sich im Fahrerlaubnisrecht die Gründe für die Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Eignung mit den Gründen für deren sofortige Durchsetzung regelmäßig weitgehend decken und in der Begründung des Bescheides bereits die besondere Dringlichkeit des Einschreitens gegen die Antragstellerin deutlich gemacht wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Juli 2009 – 10 B 10508/09.OVG – und Beschluss der Kammer vom 5. Februar 2013 – 1 L 69/13.NW –).

Der Bescheid vom 3. April 2013 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bereits nach dem einmaligem Konsum sog. harter Drogen (wie hier Amphetamin) entfällt, unabhängig davon, ob der Betreffende unter dem Einfluss der Droge am Straßenverkehr teilgenommen hat. Auch nach Beendigung des Konsums darf die Fahrerlaubnisbehörde im Regelfall für den Zeitraum eines Jahres ohne weitere Ermittlungen von der andauernden Ungeeignetheit des Kraftfahrers ausgehen (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 10 B 11494/11.OVG – und Beschluss der Kammer vom 17. November 2011 – 1 L 981/11.NW –).

Im vorliegenden Fall ist von einem nachgewiesenen Amphetaminkonsum der Antragstellerin auch ohne ärztliches oder toxikologisches Gutachten auszugehen. Sie hat im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung vom 21. Januar 2013 nach Belehrung als Beschuldigte erklärt, dass sie im Zeitraum von September 2012 bis November 2012 in zwei bis drei Fällen Amphetamin erworben hat, und dass dieses Amphetamin jeweils für ihren Eigenkonsum bestimmt war. An dieser Erklärung, die sie im Anschluss an die Vernehmung eigenhändig unterzeichnet hat, muss sie sich festhalten lassen (vgl. Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr., Beschluss vom 1. März 2010 – 3 L 157/10.NW –). Im vorliegenden Eilverfahren sind keine Umstände erkennbar geworden, die an der Richtigkeit ihrer Erklärung und an dem nach dem Erwerb der Droge tatsächlich erfolgten Eigenkonsum auch nur Zweifel begründen könnten. Vielmehr sprechen gerade der zweite Kauf und der weitere Kaufversuch dafür, dass sie das zuvor zum Eigenkonsum erworbene Amphetamin verbraucht hatte. Abgesehen von dem Konsum im Herbst 2012 wurde sie bereits im Jahr 2006 nach vorangegangenem Amphetaminkonsum strafrechtlich verwarnt. Ihr Vortrag, sie habe zu keiner Zeit einen Konsum von Amphetamin bestätigt, trifft damit nach Aktenlage offensichtlich nicht zu. Die von ihr angeführten gerichtlichen Entscheidungen des VG Saarlouis und des Bundesverfassungsgerichts betreffen die Einholung ärztlicher Gutachten bei einem bloßen Besitz bzw. Verdacht des Betäubungsmittelkonsums, im Gegensatz zum hier eingeräumten Konsum.

Besonderheiten des Einzelfalls, die ausnahmsweise eine vom Regelfall abweichende Beurteilung der Fahreignung nach dem Konsum harter Drogen rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insofern beruft sich die Antragstellerin auf ihre aktuell bestehende Schwangerschaft, die darauf schließen lasse, dass ein Drogenkonsum zum Wohl des ungeborenen Kindes ausgeschlossen sei. Hierdurch werden indessen noch keine Zweifel begründet, die gemäß Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV statt der sofortigen Fahrerlaubnisentziehung ausnahmsweise zunächst die Durchführung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung rechtfertigen könnten. Es liegt auf der Hand, dass allein das Bestehen einer Schwangerschaft nicht den Schluss auf die zuverlässige Beendigung eines Drogenkonsums zulässt. Zusätzliche Umstände, die bei der Antragstellerin auf eine besondere Verhaltenssteuerung oder -umstellung im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV hinweisen würden, hat sie nicht vorgetragen. Bereits im zeitlichen Zusammenhang mit ihrem früheren Drogenkonsum im Jahr 2005 wurde sie schwanger und hat vorgebracht, nach Feststellen der Schwangerschaft ihren Drogenkonsum und die Kontakte zu den früheren Händlern beendet zu haben. Dennoch hat sie jedenfalls im Jahr 2012 erneut Drogen von einer bereits damals beteiligten Person erworben und den eigenen Drogenkonsum wieder aufgenommen. Auch nach der voraussichtlichen Geburt ihres Kindes im August 2013 (so ihre Erklärung bei der polizeilichen Vernehmung) wird die Jahresfrist noch nicht abgelaufen sein, innerhalb derer trotz behaupteter Beendigung eines Drogenkonsums wegen des Abhängigkeitspotentials harter Drogen und der daraus begründeten hohen Rückfallgefahr die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen regelmäßig weiter fehlt. Welche Umstände dann eine dauerhafte Verhaltensänderung bei der Antragstellerin begründen könnten, hat sie nicht dargetan. Die von ihr angebotenen Tests auf eine aktuelle Drogenfreiheit genügen hierfür jedenfalls nicht.

Im Ergebnis sieht die Kammer nach alledem keine hinreichenden Zweifel an der derzeitigen Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen, womit auch das besondere öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug der zwingend, ohne weitere Verhältnismäßigkeitserwägungen gebotenen Fahrerlaubnisentziehung vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert beträgt gemäß §§ 52 Abs. 1, 53 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichte 2.500,00 € (Hälfte des Regelstreitwerts für die Fahrerlaubnisklasse B im Eilverfahren).

Die Bewilligung Prozesskostenhilfe ist gemäß §§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen, da der Eilantrag aus den oben dargelegten Gründe keine Aussicht auf Erfolg hat.