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OLG Köln Beschluss vom 08.04.2013 - 11 U 214/12 - Zum Ersatz beim Vorhandensein von inkompatiblen Unfallschäden
OLG Köln v. 08.04.2013: Zum Ersatz beim Vorhandensein von inkompatiblen Unfallschäden
Das OLG Köln (Beschluss vom 08.04.2013 - 11 U 214/12) hat entschieden:
Dem Geschädigten obliegt es, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzulegen und zu beweisen. Der Geschädigte kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen muss.
Siehe auch Inkompatible Schäden am Unfallfahrzeug und Fahrzeugschaden
Gründe:
1. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 27.2.2013 verwiesen. Dort hat der Senat ausgeführt:
"Nach der vom Landgericht zutreffend zusammengefassten Rechtsprechung obliegt es dem Geschädigten, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzulegen und zu beweisen. Der Geschädigte kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen muss (KG NZV 2007, 521; NZV 2010, 350 und 580; ferner etwa KG NJW 2008, 1006; Schaden-Praxis 2011, 255; OLG Köln NZV 1999, 378 = VersR 1999, 865; OLG Hamburg MDR 2001, 1111 = R+S 2001, 455; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Auflage, § 249 BGB Rdn. 82 ff m.w.N.). Dies gilt entgegen der Ansicht der Berufung nicht nur dann, wenn unstreitig oder bewiesen ist, dass die Vorschäden in dem Fahrzeugbereich vorlagen, der Gegenstand des Schadensersatzbegehrens ist. Es genügt, wenn von dem Anspruchsgegner ernsthafte Anhaltspunkte für derartige Vorschäden geltend gemacht werden. Dann muss der Anspruchsteller dies konkret bestreiten und gegebenenfalls den Beweis des Gegenteils führen. Ein für eine Unfallverursachung streitender Anscheinsbeweis kann in diesem Falle nicht mehr eingreifen, so dass die allgemeine Beweislastregel zum Zuge kommt, dass der Anspruchsteller den Schaden als Anspruchsvoraussetzung zu beweisen hat (vgl. KG Schaden-Praxis 2011, 255 unter Hinweis auf BGHZ 71, 339 = VersR 1978, 862 = NJW 1978, 2154).
Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Vorschadens vom 15.4.2011 fehlt - wie das Landgericht ausgeführt hat - eine konkrete Darlegung, dass dieser Schaden sach- und fachgerecht repariert wurde. Der Verweis auf das Gutachten des TÜV Rheinland vom 13.9.2011 genügte hierfür nicht, da sich hieraus nicht ergibt, dass die ordnungsgemäße Reparatur von Vorschäden in dem begutachteten Bereich überhaupt zu erkennen gewesen wären. Dass der Sachverständige "augenscheinlich weder reparierte, noch unreparierte Vorschäden" feststellen konnte (S. 7 des Gutachtens), ist hierfür ohne Aussagekraft. Der Haupteinwand des Klägers geht denn auch dahin, dass der Vorschaden vom 15.4.2011 den Heckbereich betroffen habe und daher für die Frage der Kompatibilität unerheblich sei. Das Landgericht hat allerdings darauf hingewiesen, dass bei dem streitgegenständlichen Unfall auch die Stoßfängerecke hinten links beschädigt wurde. Darauf kommt es letztlich aber nicht entscheidend an, weil auch weitere Vorschäden in Rede stehen. Die Beklagten haben behauptet, das Fahrzeug habe bei einem Unfall am 2.7.2007 einen Vorschaden auf der streitgegenständlichen rechten Fahrzeugseite erlitten. Hierzu hätte der Kläger angesichts der von der vormaligen Beklagten zu 2. genannten Schadensnummer konkret vortragen müssen. Dass der Schaden vor seiner Besitzzeit lag, enthob den Kläger nicht von seiner Darlegungs - und Beweislast (Burmann/Heß/Jahnke/Janker § 249 BGB Rdn. 83; LG Flensburg Urt. v. 26.7.2008 - 1 S 59/07, BeckRS 2008, 13264; allgemein für den Fall der Rechtsnachfolge Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. § 138 Rdn. 16 a.E.). Dem Kläger stand es im Übrigen offen, die vormalige Beklagte zu. 2 als Zeugin dafür zu benennen, dass der Unfall vom 2.7.2007 nicht die rechte Fahrzeugseite betroffen habe. Auch im Hinblick auf die von den Beklagten behaupteten - in seine Besitzzeit fallenden - Schäden vom 24.10.2009 und 28.4.2010 hat sich der Kläger auf die Behauptung beschränkt, "im wesentlich identischen Schadensbereich" habe es keine reparierten oder unreparierten Vorschäden gegeben. Im Schriftsatz vom 24.10.2012 hat er sich schließlich auf die Behauptung zurückgezogen, die weiteren von den Beklagten behaupteten Vorschäden beträfen weder die streitgegenständliche Fahrzeugseite noch vergleichbare Schäden. Der im Schriftsatz vom 13.9.2012 genannte Schaden vom 17.1.2011 betreffe einen Glasschaden, außerdem sei einmal ein Außenspiegel beschädigt gewesen. Damit hat er die beiden Vorschäden vom 24.10.2009 und 28.4.2010 - zumal vor seiner Äußerung im vorprozessualen Schreiben vom 8.3.2012 gegenüber der Beklagten zu 2., wonach das Fahrzeug "in der Vergangenheit in verschiedene Unfälle verwickelt" gewesen sei - nicht konkret bestritten. Wenn es aber Vorschäden gab, so war es seine Sache, deren Art und Umfang und eine etwaige Reparatur in Einzelnen darzulegen. Den im Schriftsatz von 8.3.2012 angekündigten "Lebenslauf" des Fahrzeuges hat der Kläger nicht vorgelegt. Jedenfalls in Anbetracht der unstreitig verschwiegenen Vorschäden war vom Kläger eine lückenlose "Schadensbiographie" zu fordern."
Die Stellungnahme der Beklagten vom 2.4.2013 enthält keine erheblichen und noch nicht berücksichtigten Gesichtspunkte. Sie gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht durch Urteil, so dass über die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden konnte.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Berufungsstreitwert: 8.701.97 EUR