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Kammergericht Berlin Beschluss vom 31.08.2009 - 12 U 129/09 - Unfall beim Wenden durch einen Mittelstreifendurchbruch

KG Berlin v. 31.08.2009: Haftung bei einem Unfall beim Wenden durch einen Mittelstreifendurchbruch


Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 31.08.2009 - 12 U 129/09) hat entschieden:
  1. Im Falle der Kollision des Nachfolgenden mit einem vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer, der den linken Fahrstreifen befährt und zum Zwecke des Wendens durch einen Mittelstreifendurchbruch anhält, ergibt sich kein Anscheinsbeweis gegen den Wendenden.

  2. Im Falle der Kollision des Nachfolgenden mit einem vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer, der zum Zwecke des Wendens sich nicht möglichst weit eingeordnet hat, aus dem mittleren Fahrstreifen nach links gewechselt hat oder direkt vom Fahrbahnrand angefahren war, spricht jedoch gegen letzteren der Anscheinsbeweis für die schuldhafte Verursachung des Unfalls.

  3. Der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden greift nicht ein, wenn gegen die hintere Seite des Vorausfahrenden gestoßen wird; erforderlich ist vielmehr ein Anstoß gegen dass Heck, wobei bei den Anstoßstellen der Fahrzeuge wenigstens eine Teilüberdeckung von Heck und Front vorliegen muss.

Siehe auch Anscheinsbeweis - Beweis des ersten Anscheins - Beweis prima facie und Wenden


Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 17. Oktober 2005 gegen 10.40 Uhr auf der Wichertstraße in Berlin; die Kollision zwischen dem vom Kläger gehaltenen und von H. Y. geführten Pkw Honda Accord und dem von der Erstbeklagten gehaltenen, bei der Zweitbeklagten gegen Haftpflicht versicherten sowie von O. K. geführten Mietwagen (Pkw BMW) ereignete sich, als der Klägerfahrer beim Versuch, durch den Mittelstreifendurchbruch zu wenden, verkehrsbedingt anhalten musste und das Beklagtenfahrzeug gegen die hintere linke Seite des Honda stieß.

Die Zweitbeklagte lehnte die Regulierung des Schadens mit Schreiben vom 5. April 2006 ab, weil der Klägerfahrer von ganz rechts plötzlich nach links hinüber gezogen sei; demgegenüber hat der Haftpflichtversicherer des Klägers den gegnerischen Schaden unstreitig reguliert (vgl. auch Schreiben der Rechtsanwälte …. P. und A. vom 8. Februar 2006, Bl. 29 der vom Landgericht beigezogenen Akten des Owi-​Verfahrens 58.90.099285.6 des Polizeipräsidenten in Berlin).

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme am 28. April 2009 (Zeugnis des Klägerfahrers Y. sowie der Fußgänger N. J. und A. P.)) abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es dem Kläger nicht gelungen, den gegen den Klägerfahrer sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern, dass er als Wendender seinen Sorgfaltspflichten aus § 9 Abs. 5 StVO nicht genügt habe; den Angaben des Zeugen Y. sei nicht zu folgen; denn sie seien widersprüchlich und deshalb nicht glaubhaft und würden durch die überzeugenden Ausführungen der Zeugin P. widerlegt, dass er aus dem rechten Fahrstreifen nach links abgebogen sei.

Daher stehe fest, dass der Zeuge Y. seine Sorgfaltspflichten verletzt und den Unfall damit allein verursacht habe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er nach wie vor eine Verurteilung der Beklagten nach einer Haftungsquote von 100 % erstrebt.

Er macht geltend: Das Landgericht habe eine Fehlbewertung der vorliegenden Beweismittel vorgenommen; es erschließe sich auch nicht, wie das Landgericht einen Anscheinsbeweis gegen den Klägerfahrer habe annehmen können; vielmehr sei der Beklagte gegen die linke Seite des Klägerfahrzeugs gestoßen und habe also die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet.


II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr den in Kern und Ergebnis zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.

1. Beweiswürdigung des Landgerichts

Die Angriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden, sondern wird vom Senat geteilt.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Januar 2004 - 12 U 184/02 -; vgl. auch KG [22. ZS], KGR 2004, 38 = MDR 2004, 533; Senat, Urteil vom 8. Januar 2004 - 12 U 184/02 - KGR 2004, 269).

§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 286 Rn 13).

Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2009, § 286 Rdnr. 3, 5).

b) An diese Regeln der freien Beweiswürdigung hat das Landgericht sich gehalten. Auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts auf S. 5 des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Der Kläger macht auf S. 2 der Berufungsbegründung geltend, nie habe der Fahrer seines Pkw ausgesagt, ein Wendemanöver von dem einen auf den anderen Fahrstreifen vorgenommen zu haben oder auf der rechten Abbiegespur gefahren zu sein, sondern erklärt, dass er auf dem linken Fahrstreifen fuhr; dies habe auch der Zeuge J. bestätigt. Dagegen habe sich die Zeugin P. bei ihrer Zeugenaussage in Widersprüche verstrickt; dies folge daraus, dass sie sich nicht mehr genau habe erinnern können, ob sie einer Polizeibeamtin oder dem Unfallgegner ihre Handynummer gegeben habe.

Diese Argumentation ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, die zutreffende Beweiswürdigung des Landgerichts zu entkräften.

Allein daraus, dass der Kläger selbst das Beweisergebnis anders wertet, folgt kein Rechtsfehler des Landgerichts. Der Senat ist auch hinsichtlich des Beweisergebnisses derselben Auffassung wie das Erstgericht.

Dieses hat zutreffend festgestellt, dass nach den glaubhaften und sicheren Angaben der Zeugin P., die den Unfall aus unmittelbarer Nähe wahrgenommen hat, der Klägerfahrer aus dem rechten Fahrstreifen nach links abgebogen sei. Der Senat folgt insoweit dem Landgericht, und zwar auch nach Prüfung der Berufungsangriffe des Klägers.

aa) In den Urteilsgründen ist auch das Landgericht davon ausgegangen, dass der Fahrer des Klägers als Zeuge nicht angegeben hat, auf der rechten Abbiegespur gefahren zu sein, so dass entsprechende Angriffe auf S. 2 der Berufungsbegründung ins Leere gehen.

bb) Wenn der Kläger, a.a.O., weiter geltend macht, der Zeuge J. (richtig: J.) habe bestätigt, dass das Klägerfahrzeug im linken Fahrstreifen gefahren sei, so trifft dies nicht zu; vielmehr hat der - von der Polizei vor Ort nicht notierte - Zeuge, der den Kläger vom Sehen kannte, am 28. April 2009 vor dem Landgericht u. a. erklärt
„Ich habe nur unmittelbar den Unfall wahrgenommen. Vorher habe ich auf die Fahrzeuge nicht geachtet. ... Als es zum Unfall kam, war der Honda schon auf der linken Spur bzw. halb drin.“
cc) Die Rüge des Klägers, der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs und die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten seien nicht vernommen worden, lässt keinen Verfahrensfehler des Landgerichts zu seinen Lasten erkennen, da der Kläger derartige Vernehmungen nicht beantragt hat.

dd) Die vom Kläger betonte ungenaue Erinnerung der Zeugin P., wem sie ihre Handynummer genannt habe, berührt nicht die Überzeugungskraft ihrer Aussage zum Kerngeschehen des Unfalls. Nach dieser Aussage vor dem Landgericht ist der Klägerfahrer Y. „erst auf den Rechtsabbiegerstreifen gefahren, bevor er links auf die Durchfahrt abbog. Ob rechts oder links geblinkt wurde, kann ich nicht mehr sagen. Ich kann nicht sagen, ob der erste Wagen schon ganz auf der Abbiegespur war oder nur ausgeholt hat. Es hat direkt vor mir geknallt. ... Die Rechtsabbiegerspur beginnt ungefähr 10 m vor meinem Standort“, wobei die Zeugin unmittelbar an der Ecke des Mittelstreifendurchbruchs stand (vgl. der von ihr auf Bl. 15 der Owi-​Akten markierte Standort).

Diese von der Zeugin geschätzte Entfernung des Beginns der Rechtsabbiegerspur lässt sich auch gut mit dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichten Foto (Bl. 169 d. A., unten) vereinbaren, wobei nach dem Foto die Rechtsabbiegerspur eher schon etwa drei Fahrzeuglängen vor dem Mittelstreifendurchbruch beginnt.

Nicht mit dem Foto vereinbaren lässt sich dagegen die Zeichnung des Zeugen Y. (Anlage zu seiner schriftlichen Erklärung gegenüber der Polizei vom 9. Dezember 2005 (Beiakten Bl. 15), wonach die Rechtsabbiegerspur erst genau am Mittelstreifendurchbruch beginnt.

Nicht mit der vorgenannten Zeichnung des Zeugen und auch nicht mit dem Foto vereinbar sind auch die vom Kläger als Anlage zu seinem Schriftsatz vom 7. Dezember 2006 eingereichten Zeichnungen (Bl. 60, 61 d. A.), wonach die Rechtsabbiegerspur etwa 1, 5 Wagenlängen (ca. 7 m) vor dem Mittelstreifendurchbruch beginnt.

Im Ergebnis ist also die Aussage der Zeugin auch mit den örtlichen Gegebenheiten gut zu vereinbaren. Es ist auch nach der Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich, dass nach rechts ausgeschert oder ausgeholt wird, um nach links abzubiegen.

ee) Das Landgericht hat nicht ausgeführt, die unstreitigen Anstoßstellen seien nicht mit der Aussage Y. zu vereinbaren, so dass eine diesbezügliche Rüge fehlgeht.

2. Anscheinsbeweis gegen den Kläger

Der Kläger macht geltend, es erschließe sich für ihn nicht, wie das Landgericht zu einem Anscheinsbeweis gegen seinen Fahrer gelangt sei.

a) Insoweit ist richtig, dass sich aus der Darstellung des Klägers (Fahren links auf der Fahrbahn oder im linken Fahrstreifen und beabsichtigtes Wenden nach links durch den Mittelstreifendurchbruch) kein Anscheinsbeweis gegen den Wendenden ergibt (vgl. Senat KGR 2008, 196 = VRS 113, 402 = NZV 2008, 197 = DAR 2008, 87 L).

(1) Zwar spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den Wendenden, der mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug zusammenstößt (BGH DAR 1985, 316; Senat, NZV 2002, 230; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., StVO § 9 Rn 50; Janiszewski, Straßen​verkehrsrecht, 19. Aufl., StVO § 9 Rn 59).

Ebenso spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den wendenden Verkehrsteilnehmer, der mit einem nachfolgenden Fahrzeug kollidiert, das den Wendenden überholen wollte (vgl. Senat, DAR 2002, 557 = NZV 2003, 389 = MDR 2003, 507; MDR 2005, 202; NZV 2006, 309).

(2) Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs ist dem Klägerfahrzeug unstreitig nicht entgegengekommen und hat auch nicht versucht, dieses zu überholen, sondern ist von hinten mit dessen Fahrzeug kollidiert. Es gibt jedoch keinen Erfahrungssatz, nach dem eine Kollision mit einem hinter dem Wendenden fahrenden Fahrzeug typischerweise auf ein Fehlverhalten des vorausfahrenden Fahrzeugführers schließen lässt.

b) Allerdings ist die Unfalldarstellung des Klägers nicht bewiesen und das Landgericht (UA 4) ist nach bei dem von ihm festgestellten Sachverhalt zutreffend von einem gegen den Kläger sprechenden Anscheinsbeweis ausgegangen, weil sich der Unfall in örtlichem und zeitlichen Zusammenhang mit dem von dem Fahrer des klägerischen Fahrzeugs eingeleiteten Wendemanöver ereignet hat.

(1) So kommt ein Anscheinsbeweis gegen den vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer bei Kollision mit einem Nachfolgenden in Betracht, wenn der andere zum Zwecke des Wendens aus dem mittleren Fahrstreifen nach links gewechselt hatte (vgl. Senat, Urteil vom 23. Oktober 2003 - 12 U 46/02 -, Beschluss vom 6. Mai 2004 - 12 U 58/04 - sowie vom 21. September 2006 - 12 U 41/06) oder direkt vom Straßenrand angefahren war (Senat, Beschluss vom 18. Oktober 2004 - 12 U 143/04 -).

Denn der Wendende muss sich nach § 9 Abs. 5 StVO so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (höchste Sorgfaltsstufe).

Hierzu gehört auch, dass der Verkehrsteilnehmer, der mittels Abbiegens nach links wenden will, sich rechtzeitig möglichst weit links einzuordnen hat (§ 9 Abs. 1 Satz 2 StVO).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Klägerfahrer sich nicht rechtzeitig möglichst weit links eingeordnet hatte, sondern aus dem rechten Fahrstreifen - oder jedenfalls nach einem Ausbiegen nach rechts - nach links abgebogen ist.

War er aus dem rechten Fahrstreifen nach links zum Wenden abgebogen, dann spricht - neben dem ungerechtfertigten Verstoß gegen die Pflicht, sich rechtzeitig möglichst weit links einzuordnen - auch viel für einen sorgfaltswidrigen Fahrstreifenwechsel (§ 7 Abs. 5 StVO).

Denn „Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt“ (§ 7 Abs. 1 Satz 2 StVO) und setzt keine Fahrbahnmarkierung voraus (BGH VersR 2007, 262; Senat, VRS 109, 10; NZV 2003, 82; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., StVO § 7 Rn 5).

Es mag jedoch letztlich dahinstehen, welche Alternative zutrifft; denn - wie bereits ausgeführt - ist das Landgericht zutreffend von einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Klägers ausgegangen, dessen Fahrzeug sich im Unfallzeitpunkt im Wendevorgang befand, wobei das Fahrzeug zuvor nicht rechtzeitig möglichst weit nach links eingeordnet war.

Daher steht - auch unabhängig von der Frage eines Anscheinsbeweises gegen den Kläger - jedenfalls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine unfallursächliche Sorgfaltspflichtverletzung des Klägerfahrers fest.

3. Anscheinsbeweis gegen die Beklagten

Die Auffassung des Klägers auf S. 3 der Berufungsbegründung, weil der Unfallgegner als erstes gegen die linke Seite seines PkW gestoßen sei, habe der Unfallgegner die notwendige Sorgfaltspflicht nicht beachtet, trifft nicht zu.

Es ist auch nicht richtig, dass sich ein Anscheinsbeweis gegen die Beklagten richte, da deren Fahrzeug von hinten gegen das klägerische Fahrzeug gefahren ist.

Denn es handelt sich im Streitfall nicht um einen „typischen“ Auffahrunfall, an dessen Typizität der Anscheinsbeweis anknüpft. Der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden wird nämlich nach ständiger Rechtsprechung nicht allein durch den bloßen Zusammenstoß mit einem Vorausfahrenden begründet (vgl. nur Senat, Urteil vom 25. September 2003 – 12 U 34/02 -; Urteil vom 26. August 2004 - 12 U 195/03 - KGR 2005, 99 = DAR 2005, 157 = VRS 108, 25 = VersR 2005, 1746 L).

Der Anscheinsbeweis kann vielmehr nur dann eingreifen, wenn gegen das Heck des Vorausfahrenden gestoßen wird und bei den Anstoßstellen der Fahrzeuge wenigstens eine Teilüberdeckung von Heck und Front vorliegt (vgl. Senat, VM 1996 Nr. 8; VM 2004, 29 Nr. 26; KGR 2008, 816 = VM 2008 66 Nr. 60 L).

Dies ist hier nicht der Fall, weil bei dem streitgegenständlichen Zusammenstoß unstreitig sich das Fahrzeug des Klägers in Querstellung befand und auf der linken Seite beschädigt worden ist. Kollidiert aber ein nachfolgendes Kraftfahrzeug mit der linken Seite eines zunächst vorausgefahrenen und im Kollisionszeitpunkt - zum Zwecke des Wendens - in Querstellung befindlichen Kraftfahrzeugs, so handelt es sich nicht um den typischen Auffahrunfall, aus dem ein Anscheinsbeweis gegen den Nachfolgenden abgeleitet werden kann.


III.

Der Antrag des Klägers auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil (§§ 707, 719 ZPO) hat keinen Erfolg, weil der Berufung - wie vorstehend dargelegt - die erforderliche Erfolgsaussicht fehlt.

IV. Im Übrigen hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO).

Es wird angeregt, die Rücknahme der Berufung zu erwägen.