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OLG Dresden Beschluss vom 12.02.2013 - Ss 911/12 (Z) - Terminsverlegung und rechtliches Gehör

OLG Dresden v. 12.02.2013: Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Ignorierung eines Antrags des Verteidigers auf Terminsverlegung


Das OLG Dresden (Beschluss vom 12.02.2013 - Ss 911/12 (Z) hat entschieden:
  1. Es ist Ausdruck des Anspruchs auf ein faires Verfahren, dass ein Betroffener - insbesondere auch, wenn er von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden ist - sich eines Anwalts seines Vertrauens bedienen darf.

  2. Die Versagung rechtlichen Gehörs kann darin liegen, dass der Tatrichter den Verlegungsantrag schon nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl dieser noch rechtzeitig bei der Geschäftsstelle eingegangen war und der Verteidiger darüber hinaus telefonisch versucht hat, die Vorlage an den Tatrichter sicherzustellen.

Siehe auch Terminsverlegung und Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren


Gründe:

I.

Mit Urteil vom 07. September 2012 hat das Amtsgericht Leipzig die Betroffene wegen "fahrlässigen Rotlichtverstoßes" zu einer Geldbuße von 90,00 € verurteilt. Die Betroffene war auf eigenen Antrag vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden und hat an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen.

Mit um 12.48 Uhr beim Amtsgericht eingegangenem Telefaxschreiben hatte der Verteidiger mitgeteilt, dass er aufgrund einer verzögerten Gerichtsverhandlung nicht zum Termin am 07. September 2012, 13.30 Uhr, pünktlich erscheinen könne und beantragte daher eine Verlegung des Termins auf 14.30 Uhr bzw. eine Aufhebung des Termins. Dieses Telefaxschreiben wurde dem Amtsrichter erst nach Durchführung der Hauptverhandlung vorgelegt. Gegen 14.15 Uhr erschien der Verteidiger bei Gericht.

Gegen das Urteil hat die Betroffene durch ihren Verteidiger form- und fristgerecht Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt und diese mit der Versagung rechtlichen Gehörs begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die Rechtsbeschwerde wegen Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen und das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.


II.

Die Rechtsbeschwerde war auf die zulässige Verfahrensrüge der Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen, das angefochtene Urteil in der Folge aufzuheben.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat in ihrer Stellungnahme vom 05. Februar 2013 hierzu wie folgt ausgeführt:
"I.

...

Die Betroffene trägt über ihren Verteidiger vor, dass diese am 07. September 2012 per Fax um 12.48 Uhr um Terminsverlegung bzw. Aufhebung gebeten habe, weil ein vorher wahrgenommener Gerichtstermin länger andauerte und sich das Eintreffen des Verteidigers deshalb verzögern würde. Des Weiteren sei erfolglos versucht worden, die zuständige Geschäftsstelle telefonisch zu erreichen.

Dieses Fax wurde von der Geschäftsstelle jedoch erst um 14.04 Uhr zur Kenntnis genommen.

II.

Der Zulassungsantrag hat Aussicht auf Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, denn die Betroffene hat über ihren Verteidiger insbesondere vorgetragen, was in der Hauptverhandlung zu ihrer Verteidigung vorgebracht worden wäre und auch die weiteren Umstände im Zusammenhang mit dem Verlegungsantrag des Verteidigers wurden hinreichend dargelegt.

Vorliegend ist ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gegeben, denn dem Terminverlegungsgesuch des Verteidigers hätte - wenn es rechtzeitig vom Amtsgericht hätte zur Kenntnis genommen werden können - stattgegeben werden müssen.

Es ist zwar dem Tatgericht nicht vorzuwerfen, dass es aufgrund der Kürze der Zeit und des laufenden Sitzungstages von dem Gesuch keine Kenntnis erlangt hatte, jedoch ist es Ausdruck des Anspruchs auf ein faires Verfahren, dass ein Betroffener - insbesondere auch wenn er von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden ist - sich eines Anwalts seines Vertrauens bedienen darf. Die gebotene Ermessensentscheidung im Hinblick auf das Verlegungsgesuch ist aufgrund der zeitlichen Umstände im hier gegenständlichen Fall gänzlich entfallen, so dass nur die Zulassung der Rechtsbeschwerde und die Aufhebung des Urteils in Betracht kommt."
Diese zutreffenden Ausführungen sind dahingehend zu ergänzen, dass die Versagung rechtlichen Gehörs darin liegt, dass der Tatrichter den Verlegungsantrag schon nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl dieser noch rechtzeitig bei der Geschäftsstelle eingegangen war und der Verteidiger darüber hinaus telefonisch versucht hat, die Vorlage an den Tatrichter sicherzustellen. Der Umstand, dass es dem Verteidiger aus Gründen, die in der Sphäre des Gerichts liegen, nicht gelungen ist, die Kenntnisnahme des Verlegungsantrages sicherzustellen, kann nicht zu Lasten der Betroffenen gehen. Daher war die Rechtsbeschwerde zuzulassen und das zugrundeliegende Urteil war aufzuheben.



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