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OLG Hamm Urteil vom 14.09.1999 - 34 U 26/99 - Vorschäden des Unfallfahrzeugs
OLG Hamm v. 14.09.1999: Beweislast bei Vorschäden des Unfallfahrzeugs
Das OLG Hamm (Urteil vom 14.09.1999 - 34 U 26/99) hat entschieden:
Kann der Unfallgeschädigte den ihm angesichts substantiierten Bestreitens obliegenden Beweis nicht führen, dass sämtliche Fahrzeugschäden durch den Verkehrsunfall verursacht worden sind, steht vielmehr fest, dass Vorschäden vorlagen, die dem behaupteten Kontakt des Fahrzeugs mit dem Unfallgegner nicht zugeordnet werden können, dann führt dies nicht dazu, dass zumindest die Verursachung eines Teilschadens durch die behauptete Kollision als bewiesen angesehen werden kann, weil infolge der feststehenden Unredlichkeit des Geschädigten nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch dieser Teilschaden einem anderen Ereignis zugeordnet werden kann. Ist eine fachgerechte Reparatur der Vorschäden nicht nachgewiesen, ist eine Schadensschätzung nach ZPO § 287 Abs 1 nicht möglich.
Siehe auch Alt- bzw. Vorschäden am Fahrzeug und Inkompatible Schäden am Unfallfahrzeug
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Kläger ist der ihm angesichts des substantiierten Bestreitens der Beklagten obliegende Beweis, dass sämtliche Schäden am Pkw Opel-Senator durch den Verkehrsunfall vom 25.11.1996 verursacht worden sind, nicht gelungen. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. T vom 18.12.1997 i.V.m. der mündlichen Erläuterung dieses Gutachtens im Senatstermin vom 14.09.1999 fest, dass die am Pkw Opel-Senator vorliegenden Schäden nicht allein auf den Unfall vom 25.11.1996 zurückgeführt werden können. Der Sachverständige hat schon in seinem Gutachten vom 18.12.1997 dargelegt, zwar könne ein Anstoß des vom Beklagten zu 3) gefahrenen Pkw VW Golf gegen das Heck des klägerischen Pkw Opel-Senator aus technischer Sicht nicht ausgeschlossen werden, jedoch könne bei einem solchen Anstoß der umfangreiche Schaden am Heck des Pkw Opel-Senator nicht entstanden sein. Der Sachverständige hat diese Ausführungen im Senatstermin vom 14.09.1999 dahingehend ergänzt, dass bei einem geraden Auffahren des Pkw VW Golf auf das Heck des Pkw Opel-Senator größere Schäden am Pkw VW Golf hätten eintreten müssen. Der Sachverständige hat diese Ausführungen durch die zur Erläuterung im vorgenannten Termin vorgelegte Lichtbildmappe als Dokumentation zu einem von ihm durchgeführten sogenannten "Crash-Test" eindrucksvoll belegt. Insbesondere aus dem oberen Lichtbild der Anlage A 12 i.V.m. der sich aus der Anlage A 11 ergebenden Kollisionsgeschwindigkeit von 33,572 km/h folgt, dass bei einer solchen Aufprallgeschwindigkeit erhebliche Deformationen am Vorderteil des bei diesem "Crash-Test" verwendeten VW Golf eingetreten sind. Demgemäß müssten am vom Beklagten zu 3) zum Unfallzeitpunkt gesteuerten Pkw VW Golf beim Zusammenstoß mit dem vom Kläger gesteuerten Pkw Opel-Senator eher noch größere Verformungen eingetreten sein, weil der Beklagte zu 3) ausweislich seiner erstinstanzlich erfolgten persönlichen Anhörung im Kammertermin vom 04.07.1997 mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h auf das klägerische Fahrzeug aufgeprallt ist. Dabei ist vom Sachverständigen vor Durchführung dieses sogenannten "Crash-Tests" am Pkw VW Golf noch eine sogenannte "amerikanische Stoßstange", d.h. eine besonders stabile Stoßstange, befestigt worden. Der Sachverständige weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass selbst diese stabile Stoßstange gebrochen ist.
Der Senat ist aufgrund dieser Ausführungen des Sachverständigen daher davon überzeugt, dass bei einem geraden Auffahrvorgang erhebliche Schäden am vom Beklagten zu 3) gesteuerten Pkw VW Golf hätten auftreten müssen. Aus den nach dem Unfall gefertigten Lichtbildern vom VW Golf ergibt sich jedoch, dass dies nicht der Fall ist.
Soweit der Kläger im Senatstermin vom 14.09.1999 behauptet hat, das von ihm gesteuerte Fahrzeug habe schräg gestanden, als der vom Beklagten zu 3) gesteuerte Pkw von hinten aufgefahren sei, hat der Sachverständige zwar bekundet, in diesem Fall hätten erhebliche Verformungen beim auffahrenden Fahrzeug nicht auftreten müssen. Dann seien aber die – auf den nach dem Unfall gefertigten Lichtbildern zu sehenden – seitlichen Verformungen insbesondere am von hinten gesehen rechten hinteren Seitenblech des klägerischen Fahrzeugs nicht erklärbar. Diese Verformungen müssten dann bereits vor dem Unfall vorgelegen haben. Daraus folgt, dass durch einen schrägen Auffahrvorgang nicht sämtliche Schäden, die dem klägerischen Schadensersatzanspruch zugrunde liegen, am klägerischen Pkw verursacht worden sein können. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden kann dann jedenfalls teilweise nicht dem behaupteten Unfalltatbestand zugeordnet werden; vielmehr liegen dann Vorschäden vor, die dem vom Kläger behaupteten Kontakt zwischen dem Opel-Senator und dem VW Golf nicht zugerechnet werden können.
Auch wenn es nach der letztgenannten Unfallversion dabei bleibt, dass ein Teil der Schäden am Pkw Opel-Senator einer Berührung mit dem VW Golf technisch-physikalisch zugeordnet werden kann, führt das nicht dazu, dass die Verursachung dieses Teilschadens durch die behauptete Kollision als bewiesen angesehen werden kann. Denn im Hinblick auf das durch die nicht gegebene Kompatibilität einiger Schäden mit dem behaupteten Zusammenstoß der unfallbeteiligten Fahrzeuge feststehende unredliche Vorgehen des Klägers kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch dieser Teilschaden einem anderen Ereignis zugeordnet werden kann (vgl. dazu Geyer, VersR 1989, 882, 884 f. m.w.N.). Außerdem hätte es dem Kläger oblegen, Art und Umfang des Vorschadens sowie Art und Weise der Schadensbeseitigung unter Beweisantritt darzulegen, um dem Senat eine Prüfung zu ermöglichen, ob durch den Zusammenstoß mit dem Pkw des Beklagten zu 3) ein abgrenzbarer weiterer Schaden entstanden ist (OLG Köln, NZV 1996, 241; OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1123, 1124). Mangels entsprechender Darlegungen und Anknüpfungspunkte ist daher auch eine Schadensschätzung gem. § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht möglich.
Im übrigen hat der Kläger dann, wenn der Pkw Opel-Senator eine Vorschädigung aufzuweisen hatte, eine vollumfängliche, sach- und fachgerechte Reparatur der festgestellten Vorschäden nachzuweisen (vgl. Goerke, VersR 1990, 707). An einem solchen Nachweis fehlt es aber.
Bei diesem Sachverhalt hatte der Senat auch keinen Anlass, die vom Kläger für den Umstand, dass der Pkw Opel-Senator vor dem Unfall absolut unbeschädigt gewesen sei, benannten Zeugen zu vernehmen. Zum einen haben die Beklagten diese Behauptung unstreitig gestellt. Zum anderen kann diese Behauptung als wahr unterstellt werden, weil sie nichts daran ändert, dass es vor dem der Klage zugrundeliegenden Unfallschaden zu einem anderen Unfallgeschehen gekommen sein kann, welches der Kläger im nachhinein über einen gestellten Unfall regulieren lassen wollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.