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Landgericht Zweibrücken Beschluss vom 12.07.2005 - Qs 75/05 - Ablehnung des erkennenden Richters im Strafbefehlsverfahren

LG Zweibrücken v. 12.07.2005: Keine Ablehnung des erkennenden Richters im Strafbefehlsverfahren


Das Landgericht Zweibrücken (Beschluss vom 12.07.2005 - Qs 75/05) hat entschieden:
Der Angeklagte kann den Richter, der mit Erlass des Strafbefehls als erkennender Richter den hinreichenden Tatverdacht bejaht hat, nicht mehr wegen Befangenheit ablehnen. Nach Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl kann ein Beschluss, in dem die Ablehnung des Richters als unbegründet abgelehnt wird, nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden.


Siehe auch Strafbefehl und Strafbefehlsverfahren und Rechtsmittel im Strafverfahren


Gründe:

Am 19. April 2005 hat der abgelehnte Richter Strafbefehl gegen den Beschwerdeführer erlassen. Gegen diesen ist fristgemäß Einspruch eingelegt worden. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2005 wurde der Einspruch begründet sowie die Besorgnis der Befangenheit des Gerichts gerügt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die Ablehnung des RAG ... als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diesen (nicht förmlich zugestellten) Beschluss wendet sich der Angeklagte mit der sofortigen Beschwerde (– soweit das Rechtsmittel darüber hinaus als "außerordentliche" Beschwerde bezeichnet ist, ist ein solches Rechtsmittel der Strafprozessordnung fremd –).

Die am 23. Juni 2005 eingegangene sofortige Beschwerde war fristgemäß; auf den Mangel der förmlichen Zustellung kommt es deshalb nicht an. Das Rechtsmittel ist aber gem. § 28 Abs. 2 S. 2 StPO unzulässig, da die angefochtene Entscheidung einen erkennenden Richter betrifft und somit nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden kann. Der abgelehnte Richter ist erkennender Richter im Sinne des § 28 Abs. 2 S. 2 StPO.

Erkennende Richter im Sinne der genannten Vorschrift sind nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Richter, die zur Mitwirkung in der Hauptverhandlung berufen sind. Die Eigenschaft als erkennender Richter beginnt grundsätzlich mit der Eröffnung des Hauptverfahrens (vgl. Wendisch-LR, 25. Aufl. Rdr. 12 zu § 28 StPO; Pfeiffer-KK, 5. Aufl. Rdr. 3 zu § 28 m.w.N.). In besonderen Verfahrensarten, wie hier dem Strafbefehlsverfahren nach §§ 407 ff StPO, in denen das Verfahren ohne Eröffnungsbeschluss stattfindet, beginnt die Eigenschaft als erkennender Richter mit jeder gerichtlichen Verfügung, die erkennen lässt, dass eine Hauptverhandlung stattfinden soll und vor welchem Gericht (Wendisch, a.a.O., Rdr. 19 zu § 28 StPO m.w.N.), im Strafbefehlsverfahren mithin mit Erlass des Strafbefehls oder mit der Anberaumung der Hauptverhandlung (vgl. Pfeiffer, a.a.O., Rdr. 3 am Ende; OLG Köln MDR 1957, 437 m.w.N.). Nach seiner Anfechtung durch Einspruchseinlegung nimmt der Strafbefehl die Stellung des Eröffnungsbeschlusses ein, so dass das Verfahren bereits in das Stadium eines eröffneten Verfahrens gerückt wird. Die Hauptverhandlung schließt sich als notwendige Folge an. Die Gleichstellung zwischen Strafbefehlserlass und Eröffnungsbeschluss als Abgrenzungskriterium für den Begriff des erkennenden Richters findet ihre Rechtfertigung auch in der dogmatischen Überlegung, dass es in beiden Verfahrensstadien um die Prüfung der Frage des hinreichenden Tatverdachts geht (mehr setzt das summarische Strafbefehlsverfahren nicht voraus, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., Rdr. 1 vor § 407, in dem der Strafbefehl als lediglich vorläufige Entscheidung ergeht, bei der der Angeklagte durch rechtzeitige Einspruchseinlegung stets die Durchführung der Hauptverhandlung erzwingen kann).

Den Richter, der mit Erlass des Strafbefehls den hinreichenden Tatverdacht bejaht hat, kann ein Angeklagter mithin nicht mehr ablehnen, nicht anders als den Richter, der im allgemeinen Strafverfahren den Eröffnungsbeschluss gefasst hat (vgl. auch OLG Hamm in NStZ-RR 2002, 238).



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