Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Landgericht Zweibrücken Beschluss vom 12.12.2006 - Qs 131/06 - Keine Zwangsmittel bei Ausbleiben des Angeklagten im Strafbefehlsverfahren

LG Zweibrücken v. 12.12.2006: Keine Zwangsmittel bei Ausbleiben des Angeklagten im Strafbefehlsverfahren


Das Landgericht Zweibrücken (Beschluss vom 12.12.2006 - Qs 131/06) hat entschieden:
Im Strafbefehlsverfahren sehen §§ 412, 329 Abs. 1 StPO vor, bei unentschuldigtem Ausbleiben des Angeklagten den Einspruch ohne Sachverhandlung zu verwerfen. Diese Verfahrensweise hat schon nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Vorrang vor einem Vorführungsbefehl und einem nachfolgenden Haftbefehl.


Siehe auch Strafbefehl und Strafbefehlsverfahren und Säumnis des Betroffenen bzw. Angeschuldigten in der Hauptverhandlung im OWi- oder Strafverfahren


Gründe:

Zwar ist der Haftbefehl des Amtsgerichts Pirmasens vom 16.11.2006 in der Hauptverhandlung vom 21.11.2006, in der der Angeklagte seinen Einspruch gegen den auf 20 Tagessätze Geldstrafe erkennenden Strafbefehl mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zurücknahm, aufgehoben worden. Trotz der Erledigung des Haftbefehls hat der Angeklagte aber ein Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl., vor § 296 Rn. 18 a und zuletzt BVerfg. Beschl. v. 27.10.96, LBvR 473/06). Diese Prüfung führt zur Feststellung, dass die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO nicht vorlagen. Der Angeklagte war zum ersten Verhandlungstermin am 09.11.2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Danach war ein Vorführungsbefehl ergangen, der nach Aktenlage allerdings nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Zu dem Verhandlungstermin am 16.11.2006, zu dem der Angeklagte vorgeführt werden sollte – was scheiterte – war der Angeklagte nicht geladen worden. Neben dem Vorführungsbefehl bedarf es zwar keiner weiteren neuen Ladung, da Ort und Zeit der neuen Verhandlung aus ihm – bei ordnungsgemäßem Erlass zu entnehmen sind. Eine gesonderte Ladung ist aber als Voraussetzung für einen späteren neuen Vorführungs- bzw. Haftbefehl bedeutsam.

Das gilt insbesondere – wenn wie im vorliegenden Fall – die Vorführung scheitert und der Angeklagte auch zum neuen Termin ausgeblieben ist und Haftbefehl ergeht (vgl. BVerfG a.a.O., LR-Gollwitzer, StPO 25. Aufl., § 230 Rn. 32 und LG Zweibrücken, Beschl. vom 11.05.06, Qs 52/06, StraFo 2006, 289).

Ein Haftbefehl kam auch deshalb nicht in Betracht, weil hier die Möglichkeit bestanden hat, das Verfahren ohne den Angeklagten zu erledigen. Dem nach vergeblicher Einstellung nach § 153 a StPO wieder aufgenommenen Verfahren lag ein mit Einspruch angefochtener Strafbefehl zugrunde. Im Strafbefehlsverfahren sehen §§ 412, 329 Abs. 1 StPO vor, bei unentschuldigtem Ausbleiben des Angeklagten den Einspruch ohne Sachverhandlung zu verwerfen. Diese Verfahrensweise hat schon nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Vorrang vor einem Vorführungsbefehl und einem nachfolgenden Haftbefehl (vgl. LR-Gollwitzer a.a.O., Rn 27 und BVerfG NStZ 2001, 209).