Das Verkehrslexikon
OLG Karlsruhe Beschluss vom 13.08.2013 - 2 (6) Ss 377/13 - Hinweispflicht des Gerichts vor Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung
OLG Karlsruhe v. 13.08.2013: Benutzung des Mobiltelefons während der Fahrt - Hinweispflicht des Gerichts vor Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung
Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 13.08.2013 - 2 (6) Ss 377/13) hat entschieden:
Der Grundsatz, dass bei im Bußgeldbescheid nicht angegebener Schuldform von fahrlässigem Handeln auszugehen ist und eine Verurteilung wegen Vorsatzes nur nach einem Hinweis gemäß § 265 StPO erfolgen kann, gilt bei Verstößen gegen § 23 Abs. 1a StVO - Aufnehmen oder Halten eines Mobiltelefons während der Fahrt - nicht, weil ein solcher Verstoß, zumindest in aller Regel, nur vorsätzlich verwirklicht werden kann (Anschluss KG Berlin, 30. November 2005, 2 Ss 272/05 - 3 Ws (B) 600/05, NJW 2006, 3080 und OLG Hamm, 31. Juli 2008, 2 Ss OWi 580/08 (92/08), NZV 2008, 583 mwN).
Siehe auch Funktelefon - Handy-Benutzung - Gebrauch des Mobiltelefons
Gründe:
Durch das Urteil des Amtsgerichts H. wurde der Betroffene, der von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden war, wegen vorsätzlichen Benutzens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs mit der Geldbuße von 40.- Euro belegt.
Sein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde bleibt erfolglos.
Im Hinblick auf die Höhe der verhängten Geldbuße von 40 Euro findet die Rechtsbeschwerde wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs und wegen der Anwendung anderer Rechtsnormen nur zur Fortbildung des materiellen Rechts, nicht aber wegen der Anwendung von Vorschriften über das Verfahren statt (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, bei der Auslegung von Rechtssätzen und der rechtsschöpferischen Ausfüllung von Gesetzeslücken Leitsätze aufzustellen und zu festigen. Es sind keine Rechtsfragen ersichtlich, die entscheidungserheblich, klärungsbedürftig, zweifelhaft oder bestritten und zusätzlich abstraktionsfähig sind (vgl. Göhler, OWiG 15. Aufl. § 80 Rdn. 3).
Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör greift nicht durch. Mit ihr macht der Betroffene geltend, das Amtsgericht habe seine Hinweispflicht aus § 265 StPO verletzt. Es habe den Betroffenen wegen vorsätzlicher Tatbegehung verurteilt. Hierauf hätte es hinweisen müssen, denn dem Bußgeldbescheid habe nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf zugrunde gelegen, da in ihm keine Schuldform angegeben gewesen sei.
Die Rüge bleibt erfolglos, weil für das Amtsgericht keine Veranlassung zur Erteilung des von dem Betroffenen vermissten Hinweises gemäß § 265 StPO bestand, dass ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO in Betracht komme. Ein solcher Verstoß kann ohnehin, zumindest in aller Regel, nur vorsätzlich verwirklicht werden (KG NJW 2006, 3080; OLG Hamm NZV 2008, 583 mwN). Der sonst geltende Grundsatz, dass bei im Bußgeldbescheid nicht angegebener Schuldform von fahrlässigem Handeln auszugehen ist und eine Verurteilung wegen Vorsatzes nur nach einem Hinweis gemäß § 265 StPO erfolgen kann, gilt bei Verstößen gegen § 23 Abs. 1a StVO deshalb nicht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass in dem vorliegenden Bußgeldbescheid die Schuldform zwar nicht ausdrücklich benannt ist, dem Sachverhalt aber eindeutig ein von Vorsatz getragenes Verhalten des Betroffenen - „Handy mit der linken Hand ans rechte Ohr gehalten“ - zu entnehmen ist.