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OLG Köln Urteil vom 19.02.2014 - 16 U 99/10 - Unfallbedingtes Schleudertrauma und Depression

OLG Köln v. 19.02.2014: Forderungsübergang bei unfallbedingtem Schleudertrauma und Depression


Das OLG Köln (Urteil vom 19.02.2014 - 16 U 99/10) hat entschieden:
Sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls die HWS-Beschwerden unfallbedingt, beruhen die Arbeitsunfähigkeit und die Kosten für eine entsprechende Heilgymnastik auf dem Unfall und führen zu entsprechenden übergangsfähigen Ersatzansprüchen der zuständigen Sozialversicherungsträger auch dann, wenn daneben auch eine schwere reaktive Depression vorliegt. Es bedarf dann keiner weiteren Begutachtung zu den psychischen Beschwerden.


Siehe auch Halswirbelschleudertrauma - Lendenwirbelschleudertrauma - unfallbedingte Wirbelsäulenverletzungen und Psychische Unfallfolgen und Fehlverarbeitung traumatischer Erlebnisse - PTBS - posttraumatisches Belastungssyndrom


Gründe:

I.

Die Klägerin ist ein gesetzlicher Krankenversicherungsträger. Sie wurde nach Rechtshängigkeit mit Bescheid des Bundesversicherungsamtes vom 4.5.2011 mit Wirkung zum 1.7.2011 geschlossen. Die Klägerin macht als Krankenversicherer bzw. Rechtsnachfolgerin der C3 aus übergegangenem Recht nach § 116 SGB X Ansprüche der Zeugin X aus einem Verkehrsunfall vom 1.8.2003 auf der BAB 0 in L geltend. Der Beklagte zu 1) stieß mit dem bei der Beklagten zu 3) versicherten PKW der Beklagten zu 2) beim Spurwechsel gegen das Fahrzeug der Zeugin X, welches hierdurch ins Schleudern geriet und schwer verunfallte. Die alleinige Haftung der Beklagten für den Unfall ist nicht im Streit. Die Zeugin X erlitt jedenfalls eine Unterkieferfraktur, eine Risswunde am Ohr, multiple Gesichtsverletzungen, ein Schädel-​Hirn-​Trauma sowie eine Verletzung am rechten Unterschenkel. Ob die Zeugin X auch eine unfallbedingte HWS-​Verletzung und eine reaktive Depression erlitt, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten in der Berufung noch Erstattung behaupteter Aufwendungen für Krankengeld einschließlich Sozialversicherungsbeiträge aus dem Zeitraum 28.4.2004 bis 27.1.2005 in Höhe von 20.184,26 € abzüglich vorgerichtlich gezahlter 5.385,55 € sowie aus Heilgymnastik und Heilmitteln aus dem Zeitraum November 2003 bis Oktober 2005 in Höhe von 2.850,56 €. Ferner verlangt sie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für eventuelle zukünftige Schäden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und Verfahrens einschließlich der in 1. Instanz gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen, durch welches es nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage überwiegend (d.h. mit Ausnahme der Heilmittelverordnung vom 28.10.2005, der Kosten für Akteneinsicht und Begutachtungskosten) stattgegeben und die Beklagte zur gesamtschuldnerischen Zahlung von 17.581,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.12.2007 und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und ihre Ersatzpflicht für sämtliche weiteren Kosten, Schäden und Aufwendungen festgestellt hat, die der Klägerin aus der Verletzung der Zeugin X aus dem Unfall vom 1.8.2003 entstanden sind und noch entstehen werden.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie bestreiten, dass die HWS-​Beschwerden der Zeugin X auf den Unfall zurückzuführen sind, sie beruhten vielmehr auf einer Vorschädigung. Ferner bestreiten sie, dass der Unfall zu einer Depression der Zeugin geführt habe. Die Beklagten bestreiten darüber hinaus die behaupteten Aufwendungen.

Sie halten das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten für nicht verwertbar, weil es nicht von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen erstellt worden sei. Darüber hinaus erheben sie inhaltliche Einwendungen gegen das Gutachten.

Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des Urteils der Einzelrichterin der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.7.2010 – 23 O 289/08 – die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hinsichtlich des Feststellungsantrags mit der Maßgabe, dass die weiteren Behandlungskosten ab dem 1.7.2011 an die C, Vstraße 43, C2, zu zahlen sind.
Mit Schriftsatz vom 22.1.2014 macht sie geltend, dass es der Umstellung des Feststellungsantrags eigentlich nicht bedürfe, da der Wechsel der Kasse erst nach Rechtshängigkeit erfolgt sei. In der Sache verteidigt sie das angefochtene Urteil und erläutert die geltend gemachte Forderung näher.

Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 21.12.2011 (GA 605) durch Vernehmung der Zeugin X, Einholung amtlicher Auskünfte und Einholung eines schriftlichen fachorthopädisch-​/unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. L2 sowie mündliche Anhörung des Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Auskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 9.7.2013 (GA 757), das schriftliche Sachverständigengutachten vom 26.11.2012 (GA 664) und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 14.8.2013 (GA 766) und vom 8.1.2014 (GA 809) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.


II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage in dem zuerkannten Umfang zu Recht stattgegeben.

1. Die Schließung der Klägerin mit Ablauf des 30.6.2011 hat auf den Rechtsstreit keinen Einfluss. Die Klägerin gilt nach § 155 Abs. 1 SGB V bis zur Abwicklung ihrer Geschäfte, wozu auch der vorliegende Rechtsstreit gehört, als fortbestehend und wird nach wie vor durch den Vorstand vertreten.

2. Die Beklagten sind der Klägerin gegenüber gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 3 PflVG a.F., 116 SGB X aus übergegangenem Recht der Zeugin X zum Ersatz ihrer unfallbedingten Aufwendungen verpflichtet. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach für den Unfall ist unstreitig.

Die Heilgymnastikverordnungen und die Arbeitsunfähigkeit der Zeugin X in dem geltend gemachten Zeitraum beruhen auf den HWS-​Beschwerden, die Arbeitsunfähigkeit nach den vorliegenden Attesten und Arztberichten daneben auch auf einer schweren reaktiven Depression. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind jedenfalls die HWS-​Beschwerden unfallbedingt, so dass es einer weiteren Begutachtung zu den psychischen Beschwerden der Zeugin nicht mehr bedarf.

Für die Ersatzfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen genügt die Mitursächlichkeit des Unfalls (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., Vor § 249 Rn. 33 ff.). Die Verursachung einer Schadensfolge durch einen Unfall wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass auch andere Ursachen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben. Der Unfall muss nicht die "ausschließliche" oder "alleinige" Ursache einer gesundheitlichen Beeinträchtigung sein; auch eine Mitursächlichkeit, sei es auch nur als "Auslöser" neben erheblichen anderen Umständen, steht der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich (BGH NJW 2000, 3423). Eine richtungsgebende Veränderung des Unfalls ist nicht erforderlich. Auch eine zum Schaden neigende Konstitution des Geschädigten, die den Schaden ermöglicht oder wesentlich erhöht hat, schließt den Zurechnungszusammenhang nicht aus (BGH NJW 2012, 2964).

Darüber hinaus gilt entgegen der Ansicht der Beklagten das Beweismaß des § 287 ZPO, da die Primärverletzung feststeht. Unstreitig liegt ein schwerer Unfall vor, bei dem die Zeugin X erheblich verletzt wurde. Für die Feststellung der weiteren Verletzungsfolgen – HWS-​Beschwerde und reaktive Depression – gilt daher das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO, wonach zur Feststellung schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht. Die Anwendung des § 287 ZPO ist nicht auf Folgeschäden einer feststehenden Verletzung beschränkt, sondern umfasst auch weitere Körperschäden aus derselben Schädigungsursache (BGH VersR 2009, 69 m.w.Nachw.; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 11. Aufl., 2013, Rn. 30).

Ausgehend von diesen Grundsätzen steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass die nach dem Unfall erstmals akut aufgetretenen HWS-​Beschwerden der Zeugin X ursächlich auf den Unfall vom 1.8.2003 zurückzuführen sind. Sie beruhen nicht allein auf der – als solchen unstreitigen – Vorschädigung der LWS.

Der gerichtliche Sachverständige Prof. L2 führt die Beschwerden auf den Unfall zurück. Er führt in seinem Gutachten aus, dass es durch die mit dem Unfall verbundene erhebliche Krafteinwirkung auf Kopf und Hals zu mindestens einer schweren HWS-​Distorsion kam, die der Sachverständige als HWS-​Verletzung vom Schweregrad 2 bewertet. Im weiteren Verlauf sei es zu einer Chronifizierung dieser Halswirbelsäulendistorsion gekommen. Bei der chronischen Form der HWS-​Beschleunigungsverletzung könnten die Beschwerden über Monate und Jahre andauern. Als Risikofaktoren für eine Chronifizierung werden in der Literatur die hohe initiale Schmerzintensität sowie eine starke initiale Einschränkung bei Alltagsaktivitäten genannt. Ein Trauma wie das vorliegende auf eine bereits degenerativ vorgeschädigte Halswirbelsäule begünstigt die posttraumatische Beschwerdesymptomatik und die Chronifizierung der Halswirbelsäulendistorsion. Auch psychische Störungen wie posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen können Beschwerden im Bereich der HWS unterhalten, intensivieren und chronifizieren. Unter Berücksichtigung des dem Gutachter vorgegebenen, oben dargestellten Kausalitätsbegriffs stellt der Sachverständige fest, dass die degenerativen Vorschäden den Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden, die zur Arbeitsunfähigkeit führten, nicht ausschließen. Zusammenfassend führt der Sachverständige aus (Seite 20 des Gutachtens):
"Vor dem Unfall beklagte die Patientin keinerlei Beschwerdesymptomatik im Bereich der Halswirbelsäule. Diese traten erst nach dem Unfall auf. Durch die oben beschriebenen Schäden am Fahrzeug, die Verletzung im Bereich des Gesichtes und des Kiefers sowie die posttraumatisch kontinuierlich und ausführlich beschriebenen Beschwerden und Funktionseinschränkungen ist hier sicher von einer schweren Halswirbelsäulendistorsion auszugehen. Im weiteren Verlauf kam es zu einer Chronifizierung des Halswirbelsäulensyndromes, die die attestierte Arbeitsunfähigkeit verursachte und die aufgrund der Kausalität auf den Unfall zurückzuführen ist."
Der Sachverständige hat diese Ausführungen in seiner Anhörung vor dem Senat nochmals bekräftigt und verdeutlicht. Danach geht er – ebenso wie der Privatgutachter der Beklagten Prof. F – davon aus, dass auf der Computertomographie vom Unfalltag (1.8.2003) sowie einer Kernspintomographie (Kontrolluntersuchung) vom 14.11.2003 knöcherne Verletzungen im Sinne von Frakturen oder sonstigen Verletzungen der Halswirbelsäule nicht festzustellen sind. Auch geht der Sachverständige Prof. L2 mit dem Privatgutachter Prof. F von degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule bereits zum Unfalltage als unfallunabhängiger Vorerkrankung aus. Das schließt aber eine traumatische Bandverletzung durch den Unfall nicht aus. Aufgrund der Art und Heftigkeit des Unfallereignisses hält der Sachverständige es sogar für unplausibel, dass eine solche Bandverletzung durch den Unfall nicht eingetreten ist. Darüber hinaus ist – so der Sachverständige – die auf dem Röntgenbild sichtbare kyphotische Stellung der Halswirbelsäule zwischen dem 3. und 4. Wirbel mit der von ihm angenommenen Bandverletzung vereinbar. Die degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule haben die Bandverletzung durch den Unfall begünstigt, das schließt aber die Ursächlichkeit des Unfalls hierfür nicht aus.

Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. L2 an. Der Sachverständige hat seine Schlussfolgerungen im Einzelnen entwickelt und nachvollziehbar begründet. Es ist ohne weiteres plausibel, dass der schwere Unfall eine Verletzung der vorgeschädigten Halswirbelsäule zur Folge hatte. Das von der Beklagten zu 3) eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. F steht dem nicht entgegen. Es steht hinsichtlich der erhobenen Befunde nicht in Widerspruch zu dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen. Die unterschiedlichen Ergebnisse ergeben sich aus dem unterschiedlichen Kausalitätsbegriff, den die Sachverständigen ihrer Begutachtung zugrunde legen. Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass nicht feststeht, dass nicht schon vor dem Unfall behandlungsbedürftige Probleme der Halswirbelsäule aufgetreten sind, stellt dies die Überzeugungskraft des Gutachtens nicht in Frage. Konkrete Anhaltspunkte für solche Beschwerden haben sich in der Exploration der Zeugin oder den dem Sachverständigen vorliegenden Behandlungsunterlagen nicht ergeben. Der Sachverständige führt das Fehlen konkreter Beschwerden auch nur als zusätzliches Indiz für seinen Befund einer traumatischen Bandverletzung an. Entscheidend sind der Unfallhergang sowie der Röntgenbefund. In der Gesamtschau ergibt sich eine hinreichende, überwiegende Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) dafür, dass die Beschwerden der Halswirbelsäule und deren Chronifizierung und damit auch die Arbeitsunfähigkeit der Zeugin zumindest mitursächlich auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sind.

Das Gutachten des Sachverständigen ist entgegen der von Beklagtenseite geäußerten Bedenken verwertbar. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen § 407 a Abs. 2 ZPO nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist der Sachverständige verpflichtet, das Gutachten persönlich zu erstatten. Er ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht nur um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.

Die Bedenken, die sich daraus ergeben, dass das Gutachten nicht nur durch den gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. L2, sondern auch von dem Oberarzt Dr. T unterzeichnet ist, sind durch die mündliche Anhörung des Sachverständigen Prof. L2 ausgeräumt. Danach hat dieser nicht nur persönlich die Zeugin X untersucht, sondern verantwortet aufgrund seiner eigenen Urteilsbildung die Schlussfolgerungen des Gutachtens. Der Oberarzt hat die Exploration der Zeugin vorbereitet und an der Untersuchung und Besprechung mit der Zeugin teilgenommen, ferner hat er im Anschluss an eine Besprechung mit dem Sachverständigen, bei der dieser das Ergebnis des Gutachtens festgelegt hat, einen dieser Besprechung entsprechenden Gutachtenentwurf vorgelegt, der sodann in einer weiteren Besprechung ggfs. nach Vorgaben des Sachverständigen abgeändert wird. Diese Mitarbeit des Oberarztes Dr. T beruht auf einem sinnvollen Konzept, wonach der Oberarzt die Untersuchung und das Gutachten vorbereitet, der Sachverständige aber aufgrund eigener Untersuchung das Ergebnis und die endgültige Gestalt des Gutachtens bestimmt. Dem Sachverständigen steht im Rahmen seiner Begutachtung ein Gesprächspartner zur Verfügung, mit dem eine kritische Auseinandersetzung der Ergebnisse stattfinden kann. Diese Arbeitsteilung trägt dem Verantwortungsbereich des gerichtlich bestellten Sachverständigen Rechnung und ermöglicht diesem gleichzeitig neben dem laufenden Klinikbetrieb auch die Erstattung gerichtlicher Gutachten. Darüber hinaus wird hierdurch der Oberarzt an die gutachterliche Tätigkeit herangeführt. Eine solche Vorgehensweise ist sinnvoll und steht mit § 407 a ZPO in Einklang (so auch OLG Frankfurt/Main, VersR 1994, 610). Entscheidend ist, dass der Sachverständige die Zeugin auch selbst befragt und untersucht und das Ergebnis des Gutachtens bestimmt hat. Dies ist – wie der Sachverständige anhand seiner Unterlagen und Erinnerung an den vorliegenden Fall im Termin bestätigt hat – der Fall.

3. Die Aufwendungen, die noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, sind hinreichend (§ 287 ZPO) belegt und auf den Unfall zurückzuführen.

Die vom Landgericht zugesprochene Betrag von 17.581,07 € setzt sich zusammen aus Krankengeldzahlungen nebst Beiträgen zur Renten-​, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sowie entgangenen Krankenversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 28.4.2004 bis 27.1.2005, insgesamt 14.798,71 € (20.184,26 € abzüglich vorgerichtlich gezahlter 5.385,55 €) sowie Heilgymnastikverordnungen und Hilfsmittel in Höhe von insgesamt 2.782,36 €. Wegen der einzelnen Beträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

3.1. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin vom 28.4.2004 bis 27.1.2005 Krankengeld an die Zeugin X gezahlt hat. Das folgt aus der glaubhaften Aussage der Zeugin X und der von ihr im Termin übergebenen Belege (GA 770-​775).

Zum ersatzfähigen Schaden gehören auch die auf das Krankengeld anfallenden Sozialversicherungsbeiträge sowie entgangenen Krankenversicherungsbeiträge, die als fingierter Schaden des Verletzten nach § 224 Abs. 2 SGB V im Wege des Regresses geltend gemacht werden können (vgl. hierzu Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 11. Aufl. 2013, Rn. 616 a.E.; detailliert Hänel, NJW 1998, 105; Küppersbusch, NVZ 1992, 58). Die entsprechenden Beträge sind hinreichend belegt.

3.2. Hinzu kommen die Heilbehandlungskosten, die – wie auch der Sachverständige Prof. L2 bestätigt hat – auf die unfallbedingte HWS-​Verletzung zurückzuführen und durch die vorgelegten Unterlagen belegt sind. Soweit der Sachverständige die Verordnung vom 28.10.2005 über 68,20 € nicht als unfallbedingt ansieht, hat bereits das Landgericht die Klage abgewiesen.

4. Das Landgericht hat auch dem Feststellungsantrag mit Recht stattgegeben.

4.1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

Die Schließung der Klägerin hat keinen Einfluss auf den Feststellungsantrag. Soweit der Antrag Aufwendungen der Klägerin bis zum 30.6.2011 erfasst, ist sie weiterhin anspruchsberechtigt. Der Antrag ist indes auch hinsichtlich eventueller Behandlungskosten ab dem 1.7.2011 zulässig. Die jetzige Krankenkasse der Zeugin X ist als Rechtsnachfolgerin der Klägerin anzusehen, mit der Folge, dass die Feststellung auch zu ihren Gunsten wirkt. Bei einem Wechsel in der Zuständigkeit des Sozialversicherungsträgers erwirbt der neue (spätere) Leistungsträger bei gleichartigen Leistungen wie zuvor den gem. § 116 SGB X übergegangenen Ersatzanspruch im Wege der Rechtsnachfolge wie bei einer Zession nach §§ 398 ff., 412 BGB (BGH VersR 1998, 124; ebenso Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 11. Aufl. 2013, Rn. 667 f.; Pardey, Berechnung von Personenschäden, 4. Aufl. 2010 Rn. 1572).

Zwar ist mit dem Wechsel der Krankenkasse aus diesem Grund auch das Feststellungsinteresse der Klägerin hinsichtlich der nach dem Wechsel entstehenden Ansprüche entfallen (BGH VersR 1985, 732). Es fehlt hinsichtlich der nach dem Wechsel entstehenden Aufwendungen an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis (BGH VersR 1985, 732; NJW-​RR 2001, 957). Da der Wechsel indes nach Rechtshängigkeit erfolgte, liegt gem. §§ 265, 325 BGB kein Fall der Erledigung vor, vielmehr kann die Klägerin den Anspruch weiterhin geltend machen. Sie muss allerdings – wie im Termin erfolgt – den Antrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2013, § 265 Rn. 6a).

Der Verjährungsverzicht hindert das Feststellungsinteresse nicht, da er nur bis Ende 2015 erklärt ist.

4.2. Der Feststellungsantrag ist begründet, da aufgrund der unfallbedingten, chronischen HWS-​Beschwerden weitere unfallbedingte Aufwendungen in Betracht kommen.

5. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 3 ZPO. Im Hinblick auf die erheblichen Verletzungen, welche die Zeugin erlitten hat sowie den Umstand, dass die Parteien gegen die erstinstanzliche Bewertung des Feststellungsantrages durch das Landgericht keine Einwendungen erhoben haben, bleibt es auch für das Berufungsverfahren bei dem Streitwert von 10.000 € für den Feststellungsantrag. Hinzu kommt die vom Landgericht ausgeurteilte Hauptforderung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.