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OLG Stuttgart Urteil vom 10.02.2014 - 5 U 111/13 - Schmerzensgeldbemessung nach serbischem Recht bei posttraumatischer Belastungsstörung

OLG Stuttgart v. 10.02.2014: Zur Schmerzensgeldbemessung nach serbischem Recht bei posttraumatischer Belastungsstörung


Das OLG Stuttgart (Urteil vom 10.02.2014 - 5 U 111/13) hat entschieden:
Nach serbischem Recht fallen Folgen für die Lebensqualität aus nicht objektiv gesicherten Empfindungen oder unfallneurotischen Ursachen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht ins Gewicht. Danach ist für die Ermittlung eines Schmerzensgeldes der Umstand, dass der Geschädigte wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in seiner Lebensführung erheblich beeinträchtigt und vollständig erwerbsunfähig ist, nicht zu berücksichtigen. Eine gewisse Erhöhung des Schmerzensgeldes im Blick auf inländische Bemessungsgrößen kann nach serbischem Recht erfolgen, wobei eine Erhöhung über eine Verdoppelung hinaus nicht in Betracht kommt.


Siehe auch Psychische Unfallfolgen und Fehlverarbeitung traumatischer Erlebnisse - PTBS - posttraumatisches Belastungssyndrom und Unfälle mit Auslandsberührung


Gründe:

I.

Der Kläger fordert von der Beklagten, einem österreichischen Kraftfahrzeughaftpflicht-​versicherungsunternehmen, Schadenersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall, der sich in Serbien unter Beteiligung eines Versicherungsnehmers der Beklagten ereignete. Die volle Haftung der Beklagten für unfallbedingte Schäden des Klägers ist dem Grunde nach inzwischen unstreitig. Die Parteien streiten noch um die Höhe der dem Kläger entstandenen Schäden, insbesondere um die Höhe des Schmerzensgeldes und des Verdienstausfallschadens.

Der in Deutschland lebende Kläger befuhr am ...0X.2007 gegen 07.15 Uhr mit seinem Pkw VW Touran mit dem deutschen Kennzeichen ... auf der Fahrt in die Türkei die rechte Spur der Autobahn von Belgrad in Fahrtrichtung Niš. In der Nähe des serbischen Ortes V... P... überholte ihn der damals in M.../Österreich wohnhafte A... B... mit seinem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw VW Scharan mit dem österreichischen Kennzeichen ... Bei dem Versuch, einem auf der Fahrbahn liegenden Reifenteil auszuweichen, verlor der Versicherungsnehmer der Beklagten die Kontrolle über sein Fahrzeug und es kam zu einem streifenden Kontakt mit dem vom Kläger gelenkten Pkw. Dadurch wurde der Wagen des Klägers von der Autobahn abgedrängt und überschlug sich mehrfach im Gelände rechts der Autobahn. An dem Fahrzeug entstand Totalschaden.

Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine Trümmerfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers. Er wurde vier Tage stationär in S... behandelt und anschließend mit der ADAC-​Luftrettung nach Deutschland zurückgeholt. Am ...2007 wurde die Lendenwirbelfraktur in der ... Klinik, T... operativ versorgt. Der zwölfte Brustwirbel wurde dabei mit dem ersten Lendenwirbel „verblockt“, die beiden Wirbel also versteift (ventrale Spondylodese mittels Beckenkammspan und Metallplatte, Arztbericht vom 18.09.2007, Anlage K 11 zur Klageschrift). Es verblieb eine leichtgradig eingeschränkte Drehbeweglichkeit an der Brust- und Lendenwirbelsäule und eine leichtgradig beschränkte Seitenneigung.

Der Kläger befand sich nach dem Unfall insgesamt 20 Tage in stationärer Behandlung. Es schlossen sich stationäre Rehabilitationsbehandlungen vom 16.12.2007 bis 03.01.

2008 sowie vom 06.05.2009 bis 05.06.2009 und vom 24.09.2009 bis 22.10.2009 an.

Der Kläger kann nach seiner Wirbelsäulenverletzung keine schweren Druckwalzen mehr auswechseln, was zu seinen Aufgaben in seinem früheren Beruf als Druckereihelfer gehörte. Er kann generell keine schweren Lasten mehr heben. Seine frühere Arbeitsstelle in der Druckerei und eine daneben ausgeübte geringfügige Beschäftigung als Verpacker und Bote wurden ihm gekündigt.

Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen, er sei wegen eines unfallbedingten Schmerzsyndroms dauerhaft erwerbsunfähig. Er hat seine Schadensersatzansprüche zunächst nach den Grundsätzen des deutschen Rechts berechnet und in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 € und zur Zahlung von 42.610,07 € als Ersatz für materielle Schäden zu verurteilen.
Außerdem begehrte er die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche Schäden aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie war der Meinung, es sei serbisches Sachrecht anzuwenden. Außerdem war sie der Auffassung, der Kläger sei längst wieder arbeitsfähig. Er übertreibe seine Schmerzen und bemühe sich nicht hinreichend um Wiedereingliederung in das Arbeitsleben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die zum Landgericht eingereichten Schriftsätze und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Einholung von Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. H... zum anzuwendenden Recht, Prof. Dr. T... zur psychischen Situation und Dr. M... zur chirurgisch-​orthopädischen Situation des Klägers und nach Vernehmung des Dipl.-​Ing. A... zum Unfallverlauf die Klage zum überwiegenden Teil abgewiesen.

Die Schadensersatzansprüche seien nach serbischem Recht zu beurteilen. Danach hafte die Beklagte für Schäden des Klägers in vollem Umfang. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs sei aber weitaus geringer als vom Kläger beantragt.

Ein Verdienstausfallschaden sei nur in der Zeit vom Ende des Lohnfortzahlungszeitraums, also vom ...09.2007, bis zum 1X.02.2008 in Höhe von insgesamt 4.292,05 € entstanden. Der Kläger sei nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M... bis Ende Dezember 2007 vollständig arbeitsunfähig gewesen. Ab Januar 2008 sei er partiell arbeitsfähig gewesen und hätte ab Mitte Februar 2008 wieder voll arbeiten können, hätte er den im Januar 2008 begonnenen Arbeitsversuch nicht abgebrochen. Zwar habe der Sachverständige Dr. M... eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10% festgestellt, bei der weder eine künftige Verbesserung noch eine Verschlechterung zu erwarten sei. Der Kläger hätte daher nur noch ein um 10% vermindertes Einkommen beziehen können, da er keine schweren Lasten mehr heben könne. Diese Einkommensminderung um 10% werde aber durch die vom Kläger bezogene Erwerbsminderungsrente ausgeglichen. Er habe also ab Mitte Februar 2008 keinen Verlust mehr, da ihm ab diesem Zeitpunkt fiktiv das Einkommen zuzurechnen sei, das ihm bei gebotener Anstrengung zur Schadensminderung zu verdienen oblegen hätte (tabellarische Übersicht: S. 15 d.U.).

Ab Mitte Februar 2008 habe es dem Kläger oblegen voll zu arbeiten. Die von ihm behaupteten intensiven Rückenschmerzen, die ihm Arbeit angeblich unmöglich machten, hätten sich durch den Sachverständigen Dr. M... nicht objektivieren lassen. In Anbetracht der radiologischen Befunde müsse von einer nahezu vollständigen und bei fehlender Belastung auch schmerzfreien Beweglichkeit ausgegangen werden. Aus orthopädischer Sicht könne das Schmerzempfinden daher nur mit psychischen Beeinträchtigungen erklärt werden, wobei sich allerdings auch Hinweise auf Simulation des Klägers ergeben hätten.

Der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. T... habe festgestellt, dass der Kläger zwar nicht psychisch gesund sei, aber dennoch vollschichtig arbeiten könne.

Dem stehe auch das in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten des Dr. A... nicht entgegen. Dieser habe zum einen keine brauchbare testpsychologische Untersuchung des Klägers durchgeführt und habe daher nicht dessen Tendenz zur Hypochondrie bemerkt. Zum anderen sei es sozialrechtlich unerheblich, ob der Kläger behandlungsfähig sei. Zivilrechtlich sei die von ihm unterlassene Behandlung, die zur Erwerbsfähigkeit geführt hätte, aber ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach Art. 192 des serbischen Obligationenrechts.

Zum Schmerzensgeld hat das Landgericht ausgeführt, nach serbischen Maßstäben sei ein Betrag in Höhe von 3.000,00 € angemessen. Da die Behandlung des Klägers und die Folgen auf dessen Lebensalltag in Deutschland einträten, sei der Betrag aber zu erhöhen. Hier sei eine Verdopplung auf 6.000,00 € angezeigt, jedoch nicht mehr.

Weitere Schadenspositionen hat der Kläger in Höhe von 6.558,42 € geltend gemacht. Hiervon hat ihm das Landgericht 2.877,97 € zugesprochen. Insofern wird auf S. 24 ff. d. U. Bezug genommen.

Die verlangten Zinsen ab Rechtshängigkeit könnten auch nach serbischem Recht zugesprochen werden. Hinsichtlich des Schmerzensgeldes seien Zinsen aber erst mit der Klagerweiterung vom 23.07.2010 (rechtshängig seit 03.09.2010) geltend gemacht worden.

Anwaltskostenersatz könne nur für Gebühren aus dem tatsächlich geschuldeten Betrag verlangt werden. Berechtigt seien daher 712,33 € bei Ansatz einer 1,1 Geschäftsgebühr (vorgerichtliche Anwaltskosten wurden erst mit der Klageerweiterung geltend gemacht, daher hat das Landgericht auch insofern erst ab dem 03.09.2010 die Verzinsung angeordnet).

Auf den Feststellungsantrag hat das Landgericht schließlich festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, etwaige künftige materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen. Soweit auch die Feststellung der Ersatzpflicht für in der Vergangenheit entstandene Schäden begehrt wurde, wurde der Antrag als unzulässig angesehen.

Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche sowie den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten uneingeschränkt weiter. Die Teilabweisung des Feststellungsantrags nimmt er dagegen hin.

Er trägt zunächst vor, das Landgericht habe verkannt, dass aufgrund des Direktanspruches gegen den Versicherer österreichisches Recht zur Anwendung komme. Im Folgenden wird dann aber nur gerügt, das Landgericht habe das serbische Recht unrichtig angewandt.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes habe das Landgericht verkannt, dass eine Anpassung an die inländische (also deutsche) Bezugsgröße hätte erfolgen müssen, was auch das serbische Recht zulasse. Eine Reduzierung der Schmerzensgeldbeträge, nur weil der Unfall zufällig in Serbien passiert sei, sei nicht angemessen.

Zum Verdienstausfall sei die Entscheidung ebenfalls unzutreffend. Das Landgericht hätte sich nicht auf das Gutachten T... berufen dürfen, sondern hätte wegen des Widerspruchs zum Gutachten A... ein Obergutachten einholen müssen. Dies zumal der Gutachter T... gegenüber Südländern voreingenommen sei. Er habe nur das Gespräch mit dem Kläger wiedergegeben und es mit seinen subjektiven Meinungen ergänzt. Das Gutachten A...s zeige hingegen, dass der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig sei.

Auch die weiteren Schadenspositionen hätten entsprechend dem serbischen Recht ersetzt werden müssen, was der Kläger allerdings nicht näher ausführt.

Zudem wendet er sich gegen den Zinsausspruch.

Er beantragt,
  1. Unter Abänderung des am 08.04.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 27 O 218/09 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 44.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  2. Unter Abänderung des am 08.04.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 27 O 218/09 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 35.440,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

  3. Unter Abänderung des am 08.04.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 27 O 218/09 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 983,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Auffassung, den Kläger treffe die Obliegenheit seine Arbeitskraft zu verwerten. Dem sei er nicht nachgekommen. Das Gutachten des Sachverständigen A... aus dem rentenrechtlichen Verfahren binde den Zivilrichter nicht, zumal es auch falsch sei. Tatsächlich sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit überhaupt nicht beeinträchtigt. Die MdE von 10% falle praktisch nicht ins Gewicht.

Die Forderung nach Anwendung österreichischen Rechts bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sei abwegig. Das Landgericht habe zu Recht serbisches Recht angewandt. Das Landgericht habe auch nicht verkannt, dass die serbischen Schmerzensgeldbeträge zu erhöhen seien. Tatsächlich habe es diese sogar gegenüber dem serbischen Niveau verdoppelt. Ob bei einem Unfall in einem anderen Land unter Anwendung des dortigen Rechts höhere Schmerzensgeldbeträge bezahlt werden müssten, sei unerheblich.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

In erster Instanz haben die Ehefrau des Klägers und seine Kinder (die erstinstanzlichen Kläger Nr. 2 bis 5), die ebenfalls in dem Unfallfahrzeug saßen, gleichfalls Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Die Klagen wurden durch Prozessvergleich vom 14.02.2011 erledigt.


II.

Die Berufung ist zulässig.

Zwar fehlt es hinsichtlich der vom Landgericht vorgenommenen Teilabweisung hinsichtlich der im angefochtenen Urteil auf S. 24 aufgezählten „weiteren Schadenspositionen“ an einer hinreichenden Begründung des Berufungsangriffs im Sinne des § 520 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 ZPO. Dies führt jedoch nicht zu einer Teilunzulässigkeit der Berufung. Vielmehr ist bei einer aus sonstigen Gründen zulässigen Berufung, die hier mit den Angriffen gegen die Entscheidung des Landgerichts zum Schmerzensgeld und zum Verdienstausfall vorliegt, gemäß § 529 Abs. 2 S. 2 ZPO eine umfassende Prüfung vorzunehmen.

In der Sache hat die Berufung aber lediglich hinsichtlich eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs Erfolg und war im Übrigen zurückzuweisen.

Das Landgericht hat zu Recht serbisches Recht angewandt (dazu 1.) und ging zutreffend von der vollen Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus (2.). Ebenfalls zutreffend hat es dem Kläger Schmerzensgeld- und Verdienstausfallschadensersatzansprüche zugesprochen, allerdings zu Recht nicht in der vom Kläger verlangten Höhe (3. und 4.). Auch zu den „weiteren Schadenspositionen“ hat das Landgericht richtig entschieden (5.). Erfolg hat die Berufung nur insoweit, als Prozesszinsen bereits ab einem früheren Zeitpunkt zuzusprechen waren als vom Landgericht bestimmt (6.).

1. Die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind ausschließlich nach serbischem Recht zu beurteilen.

Der Kläger weist zwar in der Berufungsbegründungsschrift zutreffend darauf hin, dass der Sachverständige Prof. Dr. H... in seinem Gutachten zum anwendbaren ausländischen Recht die Auffassung vertreten habe, dass auf den Direktanspruch gegen die Beklagte österreichisches Recht Anwendung finde.

Diese Meinung des Sachverständigen, die er im Gutachten vom 29.08.2009 (im Folgenden GA I, Bl. 56 d.A., S. 5 des Gutachtens) und vertiefend im Gutachten vom 31.10.2012 (im Folgenden: GA II, Bl. 396 d.A., S. 2, 8 und 9 des Gutachtens) vertreten hat, teilt auch der Senat. Sie besagt jedoch nur, dass sich die Frage, ob der Kläger direkt gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers vorgehen kann (wie es auch § 115 VVG für das inländische Recht zulässt), statt den Unfallverursacher persönlich verklagen zu müssen, gemäß dem auf den vorliegenden Unfall noch anwendbaren Art. 40 Abs. 4 EGBGB nach österreichischem Recht beurteilt (so GA II, S. 2 unter Bezugnahme auf GA I S. 5, wo darauf hingewiesen wird, dass alternativ auch ein Direktanspruch nach serbischem Recht in Betracht käme - Art. 86 des serb. Versicherungsgesetzes Nr. 55/2004, so GA II, S. 9). Inzwischen wäre statt Art. 40 Abs. 4 EGBGB der inhaltsgleiche Art. 18 der Rom-​II-​VO vom 11.01.2009 anwendbar, der aber für Fälle vor seinem Inkrafttreten nicht zur Anwendung kommt, dazu S. 6 des angefochtenen Urteils). Weiter führt der Sachverständige aus, dass nach österreichischem Recht ein solcher Direktanspruch gegen den Versicherer besteht. Der Anspruch ergibt sich aus § 26 des österreichischen Kraftfahrzeug-​Haftpflichtgesetz (KHVG, dazu GA II, S. 9). Daraus folgt aber lediglich, dass der Kläger seine Ansprüche gegen die Beklagte direkt geltend machen kann. Für das in der Sache selbst anwendbare Recht ist damit nichts ausgesagt. Die Klage gegen den Versicherer kann der Kläger gemäß Art. 8 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 c und 11 EuGVVO an seinem Wohnsitz erheben.

Die Ansprüche aus der unerlaubten Handlung selbst hingegen sind nach serbischem Recht zu beurteilen. Dies folgt, da weder vorrangige staatsvertragliche Regelungen existieren, noch die Rom-​II-​VO in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist, aus den Artt. 3 ff. und insbesondere aus Artt. 40, 41 und 42 EGBGB. Nach Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist grundsätzlich das Recht des Staates anwendbar, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Ersatzpflichtig ist der Versicherungsnehmer der Beklagten, der in Serbien gehandelt hat. Einer der in Artt. 40 Abs. 2, 41, 42 EGBGB genannten Ausnahmefälle, in denen das Recht eines anderen Staates zur Anwendung kommt, liegt nicht vor (GA I S. 4, S. 6 des angefochtenen Urteils). Das serbische Kollisionsrecht nimmt die Gesamtverweisung des Art. 40 EGBGB an (Art. 4 Abs. 1 EGBG, GA II, S. 7). Nach dem serbischen Recht sind zusätzlich die Regeln des Haager Straßenverkehrsübereinkommens anwendbar, auch wenn Deutschland nicht Vertragsstaat ist (GA II, S. 7). Auch nach Art. 3 des Haager Übereinkommens ist das Recht des Unfallortes, also das serbische Recht, anwendbar (GA II, S. 8). An der Anwendbarkeit des serbischen Rechts für den materiell-​rechtlichen Anspruch (Deliktstatut) hat auch der Sachverständige Prof. Dr. H... nie einen Zweifel gelassen (GA I S. 3 ff. und GA II, S. 5 f.). Ein Anknüpfungspunkt für die Anwendung österreichischen Rechts existiert insoweit nicht. Einen Anknüpfungspunkt gibt es nur, wie dargelegt, für die versicherungsrechtliche Frage der direkten Einstandspflicht der Beklagten für ihren Versicherungsnehmer, die ohnehin außer Streit steht. Die Einstandspflicht der Haftpflichtversicherung geht, dem Wesen einer Haftpflichtversicherung entsprechend, nicht über die Haftpflicht des Versicherungsnehmers hinaus. Da dieser dem Kläger nur nach serbischem Recht haftet, muss es auch im Verhältnis zur Beklagten bei der Anwendung serbischen Rechts bleiben.

Der Senat hat den Fall daher so zu entscheiden, wie ein serbisches Gericht ihn entscheiden würde. Er wendet deshalb serbisches Recht an.

Das maßgebliche Recht ist im Gesetz über Obligationenverhältnisse vom 30.03.1978 der damaligen Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien geregelt, das in der heutigen Republik Serbien - mit Änderungen - weiterhin in Kraft ist (SerbOG, GA II, S. 10).

2. Die volle Haftung der Beklagten für den Unfall dem Grunde nach steht außer Streit. Sie ergibt sich aus Artt. 174, 176, 178 SerbOG i.V.m. § 26 des österreichischen KHVG. Davon geht der Senat im Folgenden aus.

3. Die Bemessung des Schmerzensgeldes mit 6.000,00 € durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.

a) Das Schmerzensgeld ist gemäß den Regeln des Art. 200 des SerbOG zu bemessen (GA II, S. 28). Danach hat der Geschädigte „für erlittene körperliche Schmerzen“ und andere Beeinträchtigungen Anspruch auf eine „gerechte Entschädigung in Geld…unabhängig vom Ersatz des materiellen Schadens“ (GA II, S. 14). Bei Dauerschäden wird Art. 200 SerbOG durch Art. 203 SerbOG ergänzt, der einen Anspruch auf Ersatz künftiger immaterieller Schäden gewährt, „wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sicher ist, dass ein solcher Schaden auch in der Zukunft besteht“ (GA II, S. 14). Was im serbischen Recht als immaterieller Schaden anzusehen ist, definiert Art. 155 SerbOG, nämlich „körperliche und seelische Beeinträchtigungen und die Zufügung von Angst“ (GA II, S. 28). Die Rechtspraxis ist über diesen engen Wortlaut hinausgegangen und sieht heute den immateriellen Schaden in der Verletzung von subjektiven Rechten und Interessen einer Person, die keinen vermögensmäßigen Inhalt haben (GA II, S. 28). Das Schmerzensgeld ist somit auch nach serbischem Recht vor allem eine Kompensation für immaterielle Nachteile, wie Schmerzen, das Erleben von Angst und die Unbill, die mit Aktivitätsverlusten verbunden ist (GA II, S. 29). Außerdem kommt dem Schmerzensgeld auch eine Genugtuungsfunktion zu (GA II, S. 32, 33).

Die Höhe des Schmerzensgeldes wird von den serbischen Gerichten aufgrund einer Einzelfallentscheidung festgelegt, für die nicht, wie in Deutschland, auf Tabellenwerke zurückgegriffen wird. Solche Tabellen existieren für Serbien nicht (GA II, S. 33 f.). Es ist somit auch keine aufeinander abgestimmte Entscheidungspraxis der Gerichte erkennbar. (GA II, S. 34). Vielmehr ist die gerichtliche Einzelwürdigung prägend, die auch zu regional unterschiedlichen Bewertungen führen kann (GA II, S. 39). Dabei wird die ärztliche Begutachtung als Ansatzpunkt verwendet, aber aufgrund eigenen richterlichen Ermessens entschieden. Für dieses Ermessen wird - ohne feste Werte und Anteile - auf die durch körperliche Schmerzen erlittene Unbill, auf die Unbequemlichkeiten von stationären Aufenthalten und deren Wiederholung, auf Angstzustände, zu denen auch „sekundär aufgetretene Ängste“ rechnen, die bei dem Geschädigten erst nach dem Schadensereignis bei dessen unvollkommener Verarbeitung auftreten, und auf die Verminderung von Lebensaktivitäten abgestellt. Hinsichtlich der Intensität dieser Verminderung wird mit auf den Grad der Invalidität und der Minderung der Erwerbsfähigkeit abgestellt (GA II, S. 39).

Entsprechend der Praxis serbischer Gerichte sind damit auf Basis der Würdigung der medizinischen Sachverständigengutachten die festgestellten Schmerzzustände und ihre Folgen für die Lebensqualität des Klägers zu würdigen. Die nicht gesicherten, subjektiven Empfindungen des Klägers, die als subjektiv nicht bewältigte Folgen des Unfalls beschrieben werden können, lässt das serbische Recht hingegen nicht ins Gewicht für die Bemessung des Schmerzensgeldes fallen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Angstzustände. Zu berücksichtigen ist aber der Verlust an Aktivitätsmöglichkeiten, wofür die eingetretene Invalidität und die MdE heranzuziehen ist. Auch der Unbill der stationären Behandlungsaufenthalte ist bei der Bemessung von Bedeutung (GA II, S. 39 f.).

b) Auf der Basis dieser Kriterien hat das Landgericht die zu berücksichtigenden Umstände zutreffend von den nicht zu berücksichtigenden unterschieden.

Die für die Schmerzensgeldbemessung vom Landgericht herangezogenen Gesichtspunkte (S. 20 f. d.U.) sind, wie weder von der Berufung angegriffen oder von der Beklagten in Abrede gestellt wird, zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere für die Schwere der Wirbelsäulenverletzung, die Dauer der stationären Aufenthalte, die Züge einer posttraumatischen Belastungsstörung und eine leichte bis mittlere depressive Verstimmung sowie die dauerhafte MdE von 10%.

Nicht zu berücksichtigen ist hingegen die vom Kläger behauptete dauerhafte gänzliche Erwerbsunfähigkeit. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger wieder arbeiten könnte und es sich bei seinen psychischen Störungen um Fehlverarbeitungen handelt.

aa) Das Landgericht ist auf Basis des Gutachtens des Dr. M... vom 14.07.2010 (Bl. 222 d.A. mit Ergänzung vom 18.05.2011, Bl. 335 d.A.) zu der Auffassung gelangt, dass die noch vorhandenen objektivierbaren körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers lediglich eine MdE von 10% bezogen auf die vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit als Druckhelfer begründen (S. 13 d.U.). Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) bestehen nicht. Diese Feststellung gründet sich auf die Begutachtung des Dr. M..., der nach einer Analyse der Röntgenaufnahmen zu dem Ergebnis kam, dass die Fusion der beiden Wirbelkörper, also deren Verblockung am 31.07.2007 „sehr gut“ gelungen sei (Gutachten vom 14.07.2010, Bl. 222 d.A., S. 10). Die vom Kläger behaupteten Schmerzen ließen sich nicht objektivieren. Vielmehr sprächen die radiologischen Befunde für eine mindestens weitgehend schmerzfreie Beweglichkeit beim Kläger (a.a.O. S. 12). Überdies hätten sich Anhaltspunkte für Simulationstendenzen ergeben (a.a.O. S. 14). Jedenfalls könne ausgeschlossen werden, dass starke Schmerzen aufgrund der Operation Ursache für psychische Probleme des Klägers seien, da nach der Operation über mehrere Monate Beschwerdefreiheit oder jedenfalls Beschwerdearmut bestanden habe und die radiologischen Befunde schwere Schmerzen nach menschlichem Ermessen ausschlössen (a.a.O. S. 15). Aus chirurgisch-​orthopädischer Sicht sei der Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeit voll arbeitsfähig (a.a.O. S. 16).

bb) Weiter hat das Landgericht in Auseinandersetzung mit dem in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. A... festgestellt, dass die psychiatrischen Beeinträchtigungen des Klägers ihn nicht hindern würden, nach einer entsprechenden Therapie wieder ins Berufsleben eingegliedert zu werden (S. 19 d.U.).

Darauf kommt es für die Bemessung des Schmerzensgeldes jedoch nicht an. Selbst wenn man mit dem Gutachten des Dr. A... davon ausginge, dass der Kläger wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in seiner Lebensführung erheblich beeinträchtigt und vollständig erwerbsunfähig wäre, wäre dies nach serbischem Recht für die Ermittlung des Schmerzensgeldes nicht zu berücksichtigen.

Nach serbischem Recht fallen Folgen für die Lebensqualität aus nicht objektiv gesicherten Empfindungen oder unfallneurotischen Ursachen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht ins Gewicht (GA II, S. 39). Um eine solche Fehlverarbeitung handelt es sich vorliegend aber. Dies sieht auch der Sachverständige Dr. A... so, der von einer „deutlichen Schmerzverarbeitungsstörung“ beim Kläger ausgeht (Gutachten K 57 nach Bl. 348 d.A., dort S. 24). Auch der Sachverständige Prof. Dr. T... stellte eine Fehlverarbeitung fest. So erklärte er im Termin vom 14.02.2011, der Kläger leide an einer hypochondrischen Fehlhaltung (S. 4 d. Prot. = Bl. 321 d.A.). Zudem sehe er auch simulative Tendenzen. So habe der Kläger etwa, als er eine Uhr malen sollte, die Zeiger bewusst „verwechselt“, um dazustellen, dass er infolge des Unfalls auch Schaden an seinem Geist genommen habe (S. 5 d. Prot. = Bl. 322 d.A. sowie Gutachten vom 26.04.2010, Bl. 189 d.A., dort S. 13).

Da das serbische Recht bei der Bestimmung der Schmerzensgeldhöhe, wie der Gutachter Prof. Dr. H... dargelegt hat, nur typische seelische Folgezustände berücksichtigt, nicht aber Fehlverarbeitungen, können die auf dieser Fehlverarbeitung beruhenden Unfallfolgen nicht zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen. Dies gilt auch für die vom Kläger behauptete dauerhafte Erwerbsunfähigkeit, die ebenfalls, sofern sie nicht auf Simulation beruht, nur die Folge der Fehlverarbeitung des Unfalls sein kann, da sein körperlicher Zustand den Kläger nicht an der Aufnahme einer Arbeit hindert. Ebenso gilt das für die vom Kläger in der Berufungsbegründung (dort S. 6 oben) vorgetragenen anhaltenden Schmerzzustände, die ebenfalls Folge einer Fehlverarbeitung sind. Soweit der Kläger noch darauf hinweist, er habe nach dem Unfall vier Tage lang keine Schmerzmittel erhalten, war bei der Bemessung des Schmerzensgeld durch das Landgericht der viertägige Krankenhausaufenthalt in Serbien mit dem nicht deutschen Standards entsprechenden Niveau der Krankenbehandlung bereits berücksichtigt.

c) Auch die Höhe des Schmerzensgeldes hat das Landgericht mit 6.000,00 € zutreffend bemessen.

Es hat ausführlich und im Anschluss an das zweite Gutachten Prof. Dr. H... dargelegt, wie das angemessene Schmerzensgeld nach der serbischen Rechtsprechungspraxis zu ermitteln ist (S. 21 ff. d.U., das dabei dem GA II, S. 35 ff. in weiten Teilen folgt). Es hat sich dazu insbesondere überzeugend auf einen vom Appellationsgericht Kragujevac am 02.03.2010 (Az.: 1802/10) entschiedenen Vergleichsfall berufen. In diesem Fall wurde einem Verletzten ein Schmerzensgeld in Höhe von umgerechnet etwa 3.000,00 € zugesprochen. Er war beim Entladen eines Lkw von einem Bus angefahren worden und lag etwa einen Monat im Koma. Nach einer Operation konnte er als im Wesentlichen geheilt entlassen werden, trug aber dauerhafte Folgen in Form von Gangunsicherheit, Hitzeunverträglichkeit, Konzentrationsstörungen und Schwächung des logischen Überlegens davon. Außerdem geriet er wegen des Unfalls wiederholt in Angstzustände (S. 23 d.U., GA II, S. 37).

Die Berufung auf einen solchen Vergleichsfall ist auch möglich. Zwar hat der Gutachter Prof. Dr. H... dargelegt, dass sich die serbischen Gerichte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht, oder jedenfalls nicht offen, auf Präjudizien anderer Gerichte beziehen (GA II, S. 38). Das bedeutet aber nicht, dass bei Ermittlung der serbischen Rechtspraxis eine Orientierung an Vergleichsentscheidungen zu unterbleiben hat. Vielmehr wäre es auf andere Weise nicht möglich, die maßgebliche serbische Gerichtspraxis zu ermitteln. Aus dem Gutachten folgt im Übrigen auch, dass sich der in dem Vergleichsfall zugesprochene Betrag in die gegenüber deutschem Recht generell weitaus niedrigere serbische Entschädigungspraxis einordnen lässt.

Das Landgericht hat dann weiter ausgeführt, dass nach serbischem Recht mitberücksichtigt werden könne, dass der Kläger die Verletzungsfolgen im Umfeld seines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts zu verarbeiten habe, was eine Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages ermögliche (S. 23 d.U., GA II, S. 42). Dementsprechend hat es den zu bezahlenden Schmerzensgeldbetrag auf 6.000,00 € verdoppelt.

Entgegen der Berufungsrüge des Klägers hat das Landgericht also nicht verkannt, dass nach serbischem Recht eine gewisse Erhöhung im Blick auf inländische Bemessungsgrößen erfolgen kann, wie der Sachverständige bereits in seinem ersten Gutachten ausgeführt hat (GA I, S. 39, darauf beruft sich der Kläger in der Berufungsbegründung). Der Sachverständige hat an der zitierten Stelle aber auch ausgeführt, dass die Anpassung „vorsichtig“ erfolgen und „sich in Grenzen“ halten müsse. Soweit sich der Kläger ferner auf das Urteil des österreichischen OGH vom 18.09.1991 (Az.: 2 Ob 35/91) beruft (zitiert in GA I, S. 40 und S. 37 unten), mit dem der OGH ein eher an österreichischen Maßstäben ausgerichtetes Schmerzensgeld für angemessen gehalten hat, beruht diese Entscheidung nur darauf, dass es den österreichischen Gerichten seinerzeit nicht gelungen ist, Auskünfte über die serbische Rechtsanwendungspraxis zu erhalten. Solche Auskünfte liegen im Streitfall jedoch mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H... vor.

Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes über die vom Landgericht vorgenommene Verdoppelung hinaus kommt nicht in Betracht. Zwar hat es Prof. Dr. H... auch für möglich gehalten, den Betrag zu verdreifachen (GA II, S. 43). Der Senat hält es allerdings für kaum vorstellbar, dass ein serbisches Gericht Ausländer gegenüber den eigenen Landsleuten in solch hohem Maße begünstigen würde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass serbische Gerichte eine ähnliche Position einnehmen würden wie deutsche Gerichte gegenüber US-​Amerikanern, denen deutsche Schmerzensgeldbeträge gering erscheinen. In diesen Fällen wird eine Erhöhung der Schmerzensgeldbeträge jedenfalls allein wegen der ausländischen Staatsangehörigkeit abgelehnt (OLG Koblenz NJW-​RR 2002, 1030; KG NJW-​RR 2002, 1031).

4. Auch die Bemessung des Verdienstausfallschadens durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.

a) Nach Art. 185 SerbOG hat der Kläger Anspruch auf „Totalreparation“ seines Schadens, wozu auch der Ersatz des Verdienstausfallschadens gehört (Art. 195 SerbOG), der grundsätzlich in Form einer Geldrente zu leisten ist (Artt. 188, 195 Abs. 2 SerbOG), während die Zahlung von Rückständen in einer Summe zu erfolgen hat. Der Anspruch besteht für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und wird bei unselbstständig Beschäftigten nach der Nettolohnmethode ermittelt. Von Sozialversicherungsträgern erbrachte Leistungen sind dabei zugunsten des Schädigers in Abzug zu bringen (darauf, ob diese bei der Beklagten Regress nehmen könnten, kommt es vorliegend nicht an). Dem Geschädigten ist grundsätzlich eine Rente in Höhe des entgangenen Arbeitsverdienstes zu leisten, die sich auch in Serbien - was der Kläger bestreitet, ohne dies jedoch zu belegen - bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit auf die Differenz zwischen noch bezogenem Einkommen und dem früher erzielten beläuft (zum Ganzen: GA II, S. 15 ff.).

Nach der Praxis der serbischen Gerichte bei Anwendung der Art. 188, 195 Abs. 2 SerbOG ist dabei entscheidend die Höhe der Einkünfte, die der Geschädigte tatsächlich erzielt. Gelingt dem Geschädigten trotz teilweise verbliebener Erwerbsfähigkeit die Erzielung von Einkünften nicht, geht dies grundsätzlich zu Lasten des Schädigers. (GA II, S. 22). Den Geschädigten trifft aber nach Art. 192 SerbOG eine Schadensminderungspflicht (GA II, S. 22). Ob er diese erfüllt hat, ist im Streitfall, in dem der Geschädigte vor und nach dem Unfall in Deutschland lebte, nach deutschen Verhältnissen zu beurteilen, ohne dass damit von der maßgeblichen Anwendbarkeit serbischen Rechts abgewichen würde (GA II, S. 23).

Von diesen rechtlichen Gesichtspunkten ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen (S. 10 ff. d.U. mit Abdruck der maßgeblichen Bestimmungen des serbischen Rechts in deutscher Übersetzung). Es hat, dem Gutachten H... folgend, die Nettolohnmethode als Ausgangspunkt gewählt. Weiter hat es zu Recht Leistungen Dritter (Krankengeld, Lohnfortzahlung u.ä.) vom Anspruch des Klägers abgezogen. Zusätzlich hat es unter der Annahme einer nur geminderten, nicht vollständigen Erwerbsunfähigkeit des Klägers Schadensersatz nur in Höhe der Differenz der Höhe der Bezüge, die ohne den Unfall erzielt worden wären, und der Bezüge, die trotz der Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen werden könnten, zugesprochen. Dies zum einen, weil es dem Kläger aus Gründen der Schadensminderungspflicht oblegen hätte, mit seiner verbliebenen Arbeitskraft eine Anstellung zu finden. Dementgegen habe er im Januar 2008 einen Wiedereingliederungsversuch in das Erwerbsleben vorschnell abgebrochen (S. 10. ff. d.U., zur Berechnung im Einzelnen S. 13 ff. d.U.). Zum anderen aber auch deshalb, weil sich nicht habe feststellen lassen, dass der Kläger vollständig arbeitsunfähig sei (S. 16 d.U.). Er sei zwar aktuell aus psychischen Gründen nur eingeschränkt erwerbsfähig. Eine Rehabilitation sei jedoch möglich. Der Kläger könne nach einer therapeutischen Behandlung wieder einer Arbeit nachgehen. Daher liege ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor (S. 19 d.U.)

b) Den rechtlichen Ausgangspunkt der Überlegungen des Landgerichts greift auch die Berufung nicht an. Sie ist aber der Meinung, der Kläger sei tatsächlich nicht in der Lage, erwerbstätig zu sein, auch nicht in geringem Umfang.

Entscheidungserheblich ist somit, ob der Kläger noch in der Lage ist, 90% seines zuvor erzielten Einkommen zu verdienen, wie das Landgericht annimmt. In diesem Fall bestünde kein Ersatzanspruch, da die Differenz zu seinem früher erzielten Einkommen durch Sozialleistungen gedeckt war und auch künftig durch die Erwerbsunfähigkeitsrente voraussichtlich gedeckt sein wird. Dabei verlangt das serbische Recht im Rahmen der Schadensminderungspflicht auch, dass der Geschädigte Begehrensvorstellungen bekämpft und sich keiner vermeidbaren Unfallneurose hingibt (GA II, S. 24).

Die Beweislast insoweit liegt auch nach serbischem, ebenso wie im deutschen Recht beim Schädiger (GA II, S. 24). Maßgeblich für die Bestimmung der materiellen Beweislast ist das Deliktsstatut, also das serbische Recht. Dies ergibt sich, da hier noch nicht die Rom-​II-​VO gilt, aus Art. 32 Abs. 3 EGBGB a.F. in analoger Anwendung (dazu Erman/H..., BGB, 13. Aufl., Anh. Art. 42 EGBGB - Rom-​II-​VO Art. 22 Rn. 3 und GA II S. 24). Nach serbischem Recht trägt der Geschädigte die Beweislast für das Bestehen des Ersatzanspruchs, der Schädiger für den Einwand des Mitverschuldens auch im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht. Zu betonen ist jedoch, dass die Voraussetzung für das Bestehen eines Ersatzanspruchs vom Kläger zu beweisen ist (dazu noch nachfolgend unter d).

c) Das Landgericht hat nach Auseinandersetzung mit dem mehrfach im Hinblick auf neue prozessuale Situationen ergänzten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. T..., dem Gutachten des Dr. M... nebst Ergänzungsgutachten und dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Dr. A..., das dieser in einem sozialgerichtlichen Verfahren erstellt hat, den von der Beklagten zu führenden Nachweis als erbracht angesehen, dass der Kläger nach einer Therapie wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte. Eine Rehabilitation des Kläger sei also möglich. In der unterbliebenen Therapie sei somit ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. Art. 192 SerbOG zu sehen (S. 16 - 19 d. U.).

Von den damit verbundenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts kann der Senat nur abweichen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Solche Zweifel bestehen nicht. Daher war auch kein weiteres Gutachten einzuholen.

aa) Nach allen Gutachten bestehen aus orthopädisch-​chirurgischer Sicht keine Bedenken gegen die Arbeitsfähigkeit des Klägers.

Insbesondere der Sachverständige Dr. M... kam, wie oben bereits ausgeführt, zum Ergebnis, dass die orthopädische Versorgung der Wirbelverletzung - wie mehrfach radiologisch bestätigt - „sehr gut“ gelungen sei (Gutachten vom 14.07.2010, Bl. 222 d.A., dort S. 10). Dies wird auch durch das radiologische Zusatzgutachten des Dr. Pa... vom 11.06.2010 untermauert (Bl. 216 d.A.). Ausgehend von dem Röntgenbefund müsse man beim Kläger von einer nahezu vollständigen und bei fehlender Belastung auch schmerzfreien Beweglichkeit ausgehen (Gutachten vom 14.07.2010, Bl. 222 d.A., dort S. 12). Dementgegen gebe der Kläger an, dass bereits die bloße Berührung der Haut ihm Schmerzen bereite (a.a.O. S. 8). Dieser Schmerzzustand sei durch das Unfallereignis nicht hinreichend erklärbar (a.a.O. S. 12). Die Schmerzsymptomatik sei weit mehr dem psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnen (a.a.O. S. 15). Überdies hätten sich auch Hinweise auf Simulation ergeben (a.a.O. S. 14). Allerdings geht der Sachverständige (fachfremd) von einer Kombinationsproblematik aus Subdepressivität sowie einer autonomen somatoformen Schmerzstörung aus, bei der ein Krankheitswert gegeben sei (a.a.O. S. 15). Aus (isoliert) chirurgisch-​orthopädischer Sicht sei der Kläger aber arbeitsfähig und könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausüben. Ob er allerdings aus psychiatrischer Sicht jemals wieder arbeitsfähig werden könne, sei erheblich zweifelhaft (a.a.O. S. 16). Die volle Arbeitsfähigkeit - unter Berücksichtigung einer MdE von 10% - habe ab Mitte Februar 2008 bestanden (Gutachten vom 18.05.2011 Bl. 335 d.A., dort S. 5).

Weiter ist in diesem Zusammenhang noch der Therapieverlauf beim Kläger von Bedeutung (Gutachten vom 14.07.2010 a..O., S. 3 f. und nochmals, tiefgehender Gutachten vom 18.05.2011 a.a.O., dort S. 3 f.). Danach begann die besondere Schmerzsymptomatik sich erst mehrere Monate nach dem Unfall zu manifestieren, etwa ab Ende Oktober 2007. Dabei ließen sich niemals Zusammenhänge zwischen den Schmerzen und der Wirbelsäulenoperation herstellen. Auch dies spricht gegen einen chirurgisch-​orthopä​dischen Ausgangspunkt der Schmerzsymptomatik.

bb) Die vom Kläger behauptete dauerhafte Arbeitsunfähigkeit kann sich daher nur aufgrund einer psychischen Erkrankung ergeben, die es ihm unmöglich macht zu arbeiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das serbische Recht, wie oben ausgeführt, im Rahmen der Schadensminderungspflicht verlangt, dass der Geschädigte Begehrensvorstellungen bekämpft und sich keiner vermeidbaren Unfallneurose hingibt (GA II, S. 24).

(1) Der Sachverständige Prof. Dr. T... hat dazu in seinem ersten Gutachten vom 26.04.2010 (Bl. 189 d.A.) die Auffassung vertreten, der Kläger neige zu „Klagsamkeit und hypochondrischer Verhaltensweisen“ (a.a.O. S. 12). Er habe eine Anpassungsstörung entwickelt, die schwer anzugehen sein dürfte und an der sich die Psychotherapeutin die „Zähne ausbeiße“ (a.a.O. S. 12). Er sei zwar nicht gesund, müsste aber seine frühere Arbeit, vermindert um das schwere Heben, ausüben können. Er sei nicht erwerbsunfähig, sondern könne rehabilitiert werden (a.a.O. S. 17).

In dieser Bewertung des Sachverständigen sieht der Kläger einen Widerspruch. Entweder sei der Kläger arbeitsfähig, dann müsse er nicht rehabilitiert werden, oder er sei erwerbsunfähig und müsse dann rehabilitiert werden (S. 10 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.07.2013 = Bl. 468 d.A.). Hierin einen Widerspruch zu sehen, ist jedoch eine Fehldeutung. Unter „Erwerbsunfähigkeit“ versteht der Sachverständige Prof. Dr. T... einen Zustand, in dem der Betroffene trotz Behandlung nicht wieder einer Arbeit nachgehen kann. Beim Kläger ist er hingegen der Meinung, eine Behandlung - die aber ernsthafte Behandlungswilligkeit - voraussetzt würde ihm die Aufnahme einer Arbeit ermöglichen, weshalb er nicht erwerbsunfähig sei (a.a.O. S. 17).

Die Einschätzung des Sachverständigen, dass der Kläger bei gehöriger Anspannung seiner Willenskräfte wieder arbeiten könnte, wird bestätigt durch den bereits erwähnten Uhrentest nach Shulman, bei dem der Kläger nach Überzeugung des Sachverständigen bewusst den großen und den kleinen Zeiger der Uhr vertauschte (a.a.O. S. 13 und deutlicher Protokoll vom 14.02.2011, Bl. 318 d.A., dort S. 5). Daraus lässt sich eine Neigung des Klägers zur Simulation ableiten, die wiederum dafür spricht, dass er sich dem Arbeitsmarkt bewusst verweigert. Der Kläger weist zwar darauf hin, dass der Uhrentest den Sinn habe, eine Demenz festzustellen. Auch wenn dies zutreffen sollte, wird dadurch nicht ausgeschlossen, den Uhrentest auch zu anderen Zwecken zu verwenden. Die Überlegungen des Sachverständigen und seine Folgerungen aus dem Verhalten des Klägers erscheinen dem Senat schlüssig und nachvollziehbar. Sie decken sich zudem mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M..., der beim Kläger ebenfalls eine Neigung zur Simulation festgestellt hat. Die in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung des Klägers, der Sachverständige T... sei der einzige Gutachter, der simulative Tendenzen des Klägers festgestellt habe, trifft also nicht zu.

Demgegenüber stellte zwar der Sachverständige Dr. A... in seinem sozialgerichtlichen Gutachten (nach Bl. 348 d.A.) fest, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer somatoformen Schmerzstörung und einer Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom leide (a.a.O., S. 24). Weiter führte er aus, die Prognose sei unsicher und eher schlecht. Es handle sich um einen „progredienten Krankheitsverlauf“ (a.a.O. S 27). Außerdem war auch der Sachverständige Dr. A... der Meinung, dass die Schilderung seiner körperlichen Beschwerden durch den Kläger in Teilen so dargestellt erscheine, dass diese mit einem organischen Korrelat kaum deckungsfähig seien, was ohne genauere Betrachtung als Aggravation verstanden werden könnte. Unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes wie auch der eingeschränkten Selbstreflexionsfähigkeit sei dies jedoch von einer Aggravation abzugrenzen und einer Somatisierungsstörung zuzuordnen. In diesem Sinne ergäben sich keine relevanten Hinweise auf Simulation, Aggravation oder Bagatellisieren (a.a.O. S. 16). Auch der Sachverständige Dr. A... ist aber der Auffassung, dass der Kläger nach ausreichender Gewöhnung an einen Arbeitsplatz noch vier Stunden pro Tag arbeiten könnte (a.a.O. S. 26).

Mit dem Gutachten Dr. A...s hat sich Prof. Dr. T... in seinem Ergänzungsgutachten vom 14.11.2011 (Bl. 358 d.A.) auseinandergesetzt. Er hat dargelegt, dass Dr. A... die Angaben des Klägers nicht ausreichend kritisch geprüft habe, sondern die Angaben des Klägers als Tatsachen genommen habe, ohne zu bedenken, dass sie nur darauf beruhen könnten, dass er eine Rente erhalten wolle (a.a.O. S. 10 und S. 13). Die von Dr. A... durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen seien ungeeignet, weil leicht durchschaubar und daher nicht in der Lage Simulation aufzudecken (a.a.O. S. 12). Er selbst hingegen habe bei einer Wiederholung des Uhrentests nach Shulman wiederum deutliche Anzeichen für Simulation gefunden (a.a.O. S. 8 f. - was genau diese Anzeichen sind, stellt der Sachverständige nicht dar). Hinsichtlich der Diagnose komme er zu einem vergleichbaren Ergebnis wie Dr. A... Er sei nur der Meinung, dass die Relevanz der Beschwerden und die Auswirkung der Symptome anders als bei Dr. A... zu betrachten seien (a.a.O. S. 14).

(2) In Würdigung dieser Gutachten ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger nach dem von ihm für richtig gehaltenen Gutachten des Sachverständigen Dr. A... in der Lage wäre, mindestens drei Stunden und nach Gewöhnung auch vier Stunden täglich zu arbeiten. Gründe, warum er nicht wenigstens einer solchen Tätigkeit nachgeht oder sich um eine solche bemüht, hat er nicht vorgetragen.

Der Senat ist darüber hinaus aber auch mit dem Sachverständigen Prof. Dr. T... der Auffassung, dass der Kläger seine Kräfte nicht ausreichend anspannt, um eine Wiedereingliederung in das Berufsleben zu erreichen und damit gegen seine Obliegenheit zur Schadensminderung verstößt.

Sowohl Dr. A... als auch Prof. Dr. T... kommen zu Diagnosen, die sich nicht wesentlich unterscheiden. Der entscheidende Unterschied der Gutachten besteht darin, dass Prof. Dr. T... der Auffassung ist, das Krankheitsempfinden des Klägers entspreche nicht dem, das sich aus den objektivierbaren Befunden ergebe und die Darstellungsform des Beschwerdebildes werde vom Kläger überhöht (Gutachten vom 14.11.2011, Bl. 358 d.A., dort S. 13). Das deckt sich mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M..., der ebenfalls Hinweise für solche Überhöhungen gefunden hat. Bei ihm konnte der Kläger angeblich schon leichtes Klopfen auf den Rücken nicht aushalten, was physiologisch nicht erklärbar ist. Selbst Dr. A... hat gesehen, dass der Kläger seine Beschwerden so darstellt, dass sie „mit einem organischen Korrelat kaum deckungsfähig…sind“ (Gutachten vom 06.12.2010, K 57 nach Bl. 348 d.A., dort S. 16).

Es ist daher als gesichert anzusehen, dass der Kläger die Intensität seines Krankheitszustandes in der Darstellung gegenüber Dritten deutlich übertreibt. Dr. A... ist der Meinung, dies sei unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes wie auch der eingeschränkten Selbstreflexionsfähigkeit und seiner von ihm als beschämend erlebten sonstigen Defizite von einer Aggravation abzugrenzen. Ebenso wie Prof. Dr. T... (erstes Gutachten, S. 15 = Bl. 203 d.A.) ist also auch Dr. A... der Meinung, dass beim Kläger bereits aufgrund seiner Herkunft mit Übertreibungen zu rechnen sei. Eine solcherlei angeblich kulturbedingte typische Verhaltensweise kann allerdings für die rechtliche Beurteilung nicht herangezogen werden. Selbst wenn es zutreffen sollte, wie Prof. Dr. T... unter Bezugnahme auf eigene Forschungen meint, dass bei „Südländern“ bestimmte Verhaltensweisen „immer wieder auftreten würden“ (a.a.O. S. 14 = Bl. 202 d.A.), würde damit nicht feststehen, dass diese Verhaltensweisen auch beim Kläger auftreten. Argumentationen, die allein auf der Herkunft des Klägers beruhen, kann, will und wird der Senat bei der Bewertung des Verhaltens des Klägers daher nicht berücksichtigen. Die Beurteilung, dass der Kläger übertreibt, beruht bei allen drei Sachverständigen aber nicht in erster Linie auf seiner Herkunft, sondern darauf, dass seine Beschwerden nicht mit seiner „sehr gut“ operierten Wirbelsäulenverletzung erklärbar sind und bei den Sachverständigen Prof. Dr. T... und Dr. M... zusätzlich darauf, dass sich Anhaltspunkte für Simulation ergeben haben. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum es dennoch zu solchen Beschwerden kommt, kann auch der Sachverständige Dr. A... nicht liefern. Warum der Kläger wegen eingeschränkter Selbstreflexionsfähigkeit und als beschämend erlebten Defiziten zu einer übertriebenen Darstellung von Schmerzen kommen soll, wird aus dem Gutachten nicht verständlich.

Demgegenüber hat sich Dr. A... nicht mit der naheliegenden Frage beschäftigt, ob der Kläger sich nicht deshalb so verhält, weil es ihm darum geht, eine Rente zu erhalten oder weil er an einer Begehrensneurose leidet, die nicht zu einem Schadens-​ersatzanspruch führt.

Mit dieser Frage hat sich der Sachverständige Prof. Dr. T... auseinandergesetzt. Er kam zu dem Ergebnis, der Kläger sei zwar nicht etwa ein Lügner oder ein grober Simulant. Sein Krankheitsgefühl entspreche aber nicht dem, das sich aus den Befunden ergebe und die Darstellungsform der Krankheit sei funktionell überhöht (Gutachten vom 14.11.2011, B. 358 d.A., S. 13). Er kommt deshalb zum Ergebnis, dass durch Dr. A... keine neuen Aspekte in die Beurteilung eingeführt worden seien (a.a.O., S. 371), was besagt, dass er bei seiner Beurteilung aus dem ersten Gutachten bleibt, wonach der Kläger bei hinreichender Behandlung in zeitlicher Hinsicht wieder voll arbeiten könnte, wenn auch mit gewissen Belastungseinschränkungen. Diese Beurteilung ist überzeugend. Der Senat folgt ihr.

Dem kann der Kläger nicht, wie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschehen, entgegenhalten, das Gutachten sei schon deshalb falsch, weil Prof. Dr. T... davon ausgehe, der Kläger werde nicht mehr psychiatrisch behandelt (S. 6 d. Protokolls = Bl. 499 d.A.). Dieser Vortrag ist hinsichtlich seiner tatsächlichen Basis nämlich unzutreffend. Im Gutachten von Prof. Dr. T... vom 14.11.2011 ist auf S. 8 festgehalten, dass der Kläger bei der Untersuchung durch den Sachverständigen angegeben hat, er befinde sich in psychologischer und psychiatrischer Behandlung. Am Wahrheitsgehalt dieser Angaben hat der Sachverständige keinerlei Zweifel geäußert. Außerdem hat Prof. Dr. T... schon in seinem Gutachten vom 26.04.2010 dargelegt, der Kläger befinde sich in einer alle 14 Tage stattfindenden Psychotherapie (S. 15).

Aber auch der mit der Behauptung weiter verbundene Zweck, darauf hinzuweisen, dass der Kläger sich, wie es seiner Obliegenheit entspreche, in Therapie befinde, also alles in seiner Macht stehende unternehme, um eine Heilung herbeizuführen (so S. 11 der Berufungsbegründung), dies alles aber nicht zum Erfolg führe, vermag den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Erwerbsunfähigkeit des Klägers von ihm bei Anspannung seiner Kräfte nicht erfolgreich bekämpft werden könnte.

Die Ausführungen Prof. Dr. T...s sind im Ergebnis so zu verstehen, dass es dem Kläger an hinreichender Motivation fehlt, wieder eine Arbeit aufzunehmen. Stattdessen stellte er sich gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. T... als ein Mensch dar, der eine zweckgerichtete funktionell überhöhte Leidensdarstellung produzierte (Gutachten vom 14.11.2011, S. 9 f.). Solange der Kläger solche Zustände auch produziert um gegenüber Sozialleistungsträgern und Versicherern Vorteile zu erlangen, wird er sich nicht ernstlich auf eine Therapie einlassen.

Der Sachverständige Prof. Dr. T... ist als langjähriger Chefarzt einer psychiatrischen Klinik auch hinreichend sachkundig dies zu beurteilen. Es bedurfte daher nicht der vom Kläger beantragten Vernehmung seines Psychotherapeuten, um noch weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

Insgesamt liegen damit keine Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Feststellung des Landgerichts vor, dass der Kläger die Obliegenheit verletzt hat, seine Arbeitskraft im vollen, ihm möglichen Umfang einzusetzen.

d) Darüber hinaus ist noch folgender weiterer rechtliche Gesichtspunkt zu beachten:

Die Frage, ob der Kläger arbeitsfähig ist oder nicht, stellt sich nicht nur unter dem Blickwinkel einer Obliegenheitsverletzung. Seine vollständige oder partielle Arbeitsunfähigkeit ist auch Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs überhaupt. Hierfür trägt jedoch der Kläger die Beweislast. Nach den vorgelegten Gutachten ist es jedoch, selbst wenn man der Überzeugung des Senats nicht folgen wollte, so, dass der Kläger vollschichtig arbeiten könnte, wenn er sich nur hinreichend bemühen würde, mindestens nicht erwiesen, dass der Kläger über das Maß hinaus arbeitsunfähig ist, das vom Landgericht angenommen wurde.

5. Hinsichtlich der im angegriffenen Urteil abgehandelten weiteren Schadenspositionen (S. 24 ff. d.U.) trägt der Kläger lediglich vor, der geltend gemachte Ersatzbetrag (6.558,42 €) hätte in voller Höhe zugesprochen werden müssen. Das Landgericht habe insoweit nicht richtig entschieden. Eine Begründung für diese Auffassung gibt der Kläger nicht.

Das Landgericht hat seine hiervon abweichende Auffassung, dem Sachverständigen Prof. Dr. H... folgend, sorgfältig begründet. Der Senat vermag keine Unrichtigkeiten zu erkennen.

6. Hinsichtlich der Forderung des Beklagten, Prozesszinsen bereits ab der Rechtshängigkeit des Schmerzensgeldantrags, also ab dem 15.06.2009, und nicht erst ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 23.07.2010, mit der der Zinsanspruch geltend gemacht wurde, also ab dem 02.09.2010 zuzusprechen, hat die Berufung Erfolg.

Das Landgericht hat im Anschluss an den Gutachter H... (GA II, S. 52 ff.) zutreffend dargelegt, dass auch hinsichtlich der Prozesszinsen serbisches Recht Anwendung finde und danach Prozesszinsen jedenfalls in der vom Kläger verlangten Höhe ab dem Tag der Klagezustellung (also anders als nach § 187 BGB nicht erst ab dem Folgetag) verlangt werden könnten (S. 31 f. d.U.). Da für den Schmerzensgeldantrag (Antrag Nr. 1) in der Klageschrift noch nicht die Zahlung von Prozesszinsen beantragt worden sei, sondern diese Zinsen erst mit der Klageerweiterung vom 23.07.2010 (Bl. 260 d.A.) geltend gemacht wurden, sei die Rechtshängigkeit des Zinsanspruchs erst mit der Zustellung der Klageerweiterung am 02.09.2010 (Zustellungsnachweis nach Bl. 284 d.A.) eingetreten. Zinsen hat es daher erst ab dem 03.09.2010 - möglicherweise in Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB - zugesprochen (Nr. 1 der Urteilsformel).

An der Auffassung des Landgerichts ist zwar zutreffend, dass der Zinsanspruch erst nach Zustellung der Klageerweiterung rechtshängig wurde. Prozesszinsen können aber ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Anspruchs verlangt werden, dessen Verzinsung gefordert wird, hier also ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Schmerzensgeldanspruchs am 15.06.2009. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Zinsforderung erst später rechtshängig wird.

7. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung beruht auf einer Anwendung von in der Rechtsprechung geklärten Grundsätzen auf den Einzelfall.