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OLG Stuttgart Urteil vom 18.05.2006 - 13 U 212/05 - Informationspflicht des Käufers
OLG Stuttgart v. 18.05.2006: Zur Rücktrittsberechtigung nach zwei durch Drittwerkstätten ausgeführten Nachbesserungsversuchen
Das OLG Stuttgart (Urteil vom 18.05.2006 - 13 U 212/05) hat entschieden:
Die Voraussetzungen des § 440 S. 2 BGB können gegenüber dem Verkäufer auch dann erfüllt sein, wenn eine Drittwerkstatt zweimal erfolglos nachgebessert hat und sich der Verkäufer dies zurechnen lassen muss. Sind zwischen den Parteien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern Stand April 2003 (NWVB) vereinbart, sollen die Interessen des Verkäufers, der die Herrschaft über die Nachbesserung aus der Hand gibt und sie einem anderen Betrieb anvertraut, dadurch gewahrt werden, dass Ziff. 2a) 2. Hs. NWVB dem Käufer eine Information des Verkäufers über Nachbesserungen in einer anderen Vertragswerkstatt vorschreibt. Der Käufer muss den Verkäufer insbesondere vor der Vornahme des zweiten und letzten Nachbesserungsversuchs informieren. Erfolgt die Information erst nach dem zweiten Nachbesserungsversuch unmittelbar vor einer Rücktrittserklärung, kommt die Fiktion des § 440 S. 2 BGB nicht zum Tragen und es besteht ohne weitere Fristsetzung zur Nacherfüllung keine Rücktrittsberechtigung.
Siehe auch Stichwörter zum Thema Autokaufrecht und Autokauf - Gewährleistung und Garantie beim Neuwagenkauf
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages vom 23.08.2003 über einen neuen Pkw Citroën C 3 Pluriel 1,4, nachdem sie mit Schreiben vom 07.03.2005 (K 2, Bl. 8) und 16.08.2005 (K 5, Bl. 65) den Rücktritt erklärt hat.
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass Ziff. VII 2 a) der unstreitig vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern, Stand April 2003 (NWVB) lautet:
„Ansprüche auf Mangelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen, vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon zu unterrichten ...“
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin sei zum Rücktritt nicht berechtigt, da sie der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe.
Dies sei auch im Hinblick auf die AGB der Beklagten, wonach sich die Klägerin zur Erledigung der Mangelbeseitigung an jede autorisierte Citroën-Fachwerkstatt wenden könne - was die Klägerin unstreitig bei zwei Citroën-Vertragshändlern in ... auch getan hat -, nicht entbehrlich. Hinsichtlich des relativ spät in den Prozess eingeführten Vorwurfs, das Fahrzeug sei nachlackiert worden, lasse der allgemein gehaltene Vortrag der Klägerin nicht erkennen, welcher Vorwurf der Beklagten gemacht werden solle.
Hiergegen wendet sich die Klägerin und verfolgt ihr Ziel, die Rückabwicklung des Kaufvertrages durchzusetzen, in vollem Umfang weiter.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, die grundsätzlich bestehende Notwendigkeit zur Fristsetzung sei gem. § 440 BGB entfallen, dessen Voraussetzungen gegenüber den in Stuttgart in Anspruch genommenen Drittwerkstätten erfüllt gewesen seien. Neben dem hauptsächlichen Mangel der Undichtigkeit des Fahrzeuges hätten weitere Fehler (im Bereich des Faltdaches, der Rückenlehnen der Sitze, des Standlichtes sowie der Kofferraumabdeckung) vorgelegen, die in ihrer Gesamtheit eine weitere Nachbesserung unzumutbar gemacht hätten. Diese Mängel seien allesamt gegenüber der Fa. ... beanstandet worden, die auch den hauptsächlichen Mangel der Undichtigkeit des Fahrzeuges trotz zweier Reparaturversuche am 07.10. und 04.12.2003 nicht zu beheben vermocht habe.
Auch die Citroën-Niederlassung in ... habe zweimal vergeblich versucht, nämlich am 03.02. und 29.06.2004, die dort gerügten weiteren Mängel sowie die Undichtigkeit des Fahrzeuges zu beheben. Nachdem schließlich ein weiterer Nachbesserungsversuch bei der Citroën-Niederlassung am 30.08.2004 gescheitert sei, hätten auch der Citroën-Niederlassung gegenüber die Voraussetzungen für einen Rücktritt vorgelegen.
Dies müsse sich die Beklagte nach ihren AGB zurechnen lassen. Der mit der Mängelbeseitigung beauftragte Betrieb sei Erfüllungsgehilfe des Verkäufers. Eine Verletzung der aus Ziff. VII 2 a) der Geschäftsbedingungen der Beklagten folgenden Informationspflicht könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden, da diese Pflicht weder zeitlich noch inhaltlich konkretisiert werde, was zur Folge habe, dass die entsprechende Mitteilung noch im Rücktrittsschreiben vom 07.03.2005 habe erfolgen können.
Wegen der zahlreichen gescheiterten Reparaturversuche wegen verschiedener Mängeln sei eine Fristsetzung zur Nacherfüllung auch gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen.
Schließlich sei der Rücktritt wegen der festgestellten Nachlackierungen, die bei einem Neufahrzeug einen nicht nachbesserungsfähigen Mangel begründen würden, berechtigt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 27.09.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 22 O 190/05 - wird
- die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Citroën C 3 Pluriel 1,4, Fahrzeug-Ident.-Nr. ... € 15.209,80 nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2005 zu bezahlen;
- festgestellt, dass sich die Beklagte/Berufungsbeklagte seit dem 16.03.2005 mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:
Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber dem Verkäufer sei nicht entbehrlich gewesen, zumal die Beklagte selbst ihre Erfüllungsbereitschaft erklärt habe. Die Nachbesserungsversuche durch andere Werkstätten müsse sie sich nicht zurechnen lassen, da diese nicht ihre Erfüllungsgehilfen seien. Ein weiterer Reparaturversuch sei der Klägerin zumutbar.
Hinsichtlich der Nachlackierung schließlich ergebe sich aus dem ADAC-Untersuchungsbericht nicht, dass diese bereits bei Übergabe vorgelegen habe.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises und Rückabwicklung des Kaufvertrages zu, da sie zum Rücktritt vom Vertrag (noch) nicht berechtigt ist.
Hinsichtlich der Undichtigkeit des Fahrzeugs scheitert der Rücktritt daran, dass die Klägerin der Beklagten unstreitig keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (1.). Zur weiter gerügten Nachlackierung des Fahrzeugs fehlt es an einem geeigneten Nachweis dafür, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe des Pkws vorlag (2.).
1. Grundsätzlich kann die Klägerin wegen eines Mangels des Fahrzeugs erst dann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn sie dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (BGH v. 23.02.2005, VIII ZR 100/04, BGH v. 21.12.2005, VIII ZR 49/05). Von diesem „Vorrang der Nacherfüllung“ geht nunmehr auch die Klägerin aus. Eine entsprechende Frist hat die Klägerin der Beklagten unstreitig nicht gesetzt.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, eine Fristsetzung sei nach § 440 BGB entbehrlich gewesen. Danach bedarf es einer Fristsetzung u. a. dann nicht, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Nach § 440 BGB S. 2 BGB gilt eine Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Letzteres ist hier der Fall.
Die Klägerin ist allerdings nicht schon deshalb an der Durchsetzung von Sekundäransprüchen gehindert, weil sie der Beklagten unstreitig nie Gelegenheit gegeben hat, die Undichtigkeit des Fahrzeugs, die beide Parteien als wesentlichen, zum Rücktritt berechtigenden Mangel ansehen, zu beseitigen, sondern zwei in ... ansässige Citroën-Vertragshändler am 08.10. und 04.12.2003 sowie am 30.08. und 29.06.2004 erfolglos eine Nachbesserung versucht haben.
Die Voraussetzungen des § 440 S. 2 BGB können gegenüber dem Verkäufer auch dann erfüllt sein, wenn eine Drittwerkstatt zweimal erfolglos nachgebessert hat und sich der Verkäufer dies zurechnen lassen muss. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.. Denn die Beklagte hat die Klägerin in Ziff. VII 2 a) 1. Hs. der NWVB formularmäßig von vornherein ermächtigt, die Nachbesserung bei einem anderen Citroën-Vertragshändler vornehmen zu lassen. Dieser wird dann mit im Voraus erteiltem Einverständnis der Beklagten für diese und an deren Stelle tätig (vgl. BGH NJW 1991,1882). Der Umstand, dass der genannten BGH-Entscheidung eine andere Fassung von Ziff. VII 2 a) der NWVB zugrunde lag, in denen es u. a. hieß: „Der Käufer kann die Ansprüche beim Verkäufer oder bei einem anderen BMW-Vertragshändler geltend machen...“ rechtfertigt entgegen der Auffassung der Beklagten keine andere Beurteilung, da der Kernbereich beider Klauseln, die Erweiterung des Rechtskreises des Käufers, identisch ist. Die Ermächtigung des Käufers, die Nachbesserung in einer Drittwerkstatt vornehmen zu lassen, hat zur Folge, dass sich der Verkäufer das Tun dieser anderen Werkstatt - mangels direkter vertraglicher Beziehungen - nach dem Rechtsgedanken des § 278 BGB zurechnen lassen muss. Die Auffassung der Beklagten, der Käufer habe ein entsprechendes Einverständnis des Verkäufers im Einzelfall vor Reparaturbeginn einzuholen, findet in der derzeitigen Fassung der NWVB keine Rechtfertigung.
Obwohl sich also die Beklagte die beiden erfolglosen Nachbesserungsversuche der Fremdwerkstätten zurechnen lassen muss, kann die Nachbesserung im vorliegenden Fall nicht als fehlgeschlagen i. S. v. § 440 S. 2 BGB gelten, da sich aus den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt und der Klägerin ein weiterer Nachbesserungsversuch durch die Beklagte und ein Festhalten am Vertrag bis dahin nicht unzumutbar ist. Die Klägerin kann sich auf die fehlgeschlagenen Reparaturversuche der Drittwerkstätten und den danach grundsätzlich denkbaren Vorteil der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber dem Verkäufer nicht berufen, weil sie die ihr nach Ziff. VII 2 a) 2. Hs. obliegende Informationspflicht verletzt hat.
Der Gesetzgeber ging bei der Fassung des § 440 BGB davon aus, dass der Verkäufer selbst erfolglos Nachbesserungsversuche unternommen hat. Dieser Konzeption entspricht die vorliegende Fallgestaltung nicht, in der sich der Käufer - auf der Grundlage von Ziff. VII 2 a) 1. Hs. zu Recht - mit dem Nachbesserungsverlangen an eine Fremdwerkstatt wendet.
Die Interessen des Verkäufers, der die Herrschaft über die Nachbesserung aus der Hand gibt und einem anderen Betrieb anvertraut, obwohl von ihrem Gelingen oder Misslingen das weitere Schicksal des Vertrages abhängen kann, sollen dadurch gewahrt werden, dass Ziff. VII 2 a) 2. Hs. NWVB dem Käufer eine Information des Verkäufers über Nachbesserungen in einer anderen Vertragswerkstatt vorschreiben. Eine ausdrückliche Vorgabe, wie und vor allem wann der Käufer den Verkäufer zu informieren hat, enthält die Klausel allerdings nicht. Ihr kann deshalb nicht entnommen werden, dass die Information vor Beginn der - ersten - Nachbesserung oder unverzüglich zu erfolgen hat, zumal die in Altverträgen noch enthaltene Textpassage „hat Käufer den Verkäufer hiervon unverzüglich zu unterrichten“ in die aktuellen NWVB nicht mehr aufgenommen wurde (vgl. dazu Reinking-Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl. 2005, Rn. 289 ff., 410). Gleichwohl ist die Klausel aus Sicht eines verständigen Käufers auch nicht dahin auszulegen, dass eine zeitliche Grenze für die Informationserteilung nicht besteht und im Extremfall der Käufer den bis dahin ahnungslosen Verkäufer in Zusammenhang mit dem Rücktritt über die gescheiterten Nachbesserungen durch Dritte informieren kann (so aber Reinking/Eggert, a.a.O. Rn. 289; Schattenkirchner, DAR 2004, 592, 593). Denn auch AGB sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie vom verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, § 305 c, Rn. 16 m.w.N.). So wird jedem verständigen Verbraucher bewusst sein, dass er sich im Normalfall mit Mangelrügen und Nachbesserungsverlangen an seinen Vertragspartner wenden muss und die in den NWVB enthaltene Regelung eine Ausnahme darstellt, die ihm eine Erweiterung seines Rechtskreises und eine flächendeckende Serviceleistung der Vertragshändler bietet. Dass der Verkäufer dann aber nicht gänzlich „außen vor“ sein will, sondern wissen muss, was „läuft“, legt zum einen schon die redaktionelle Fassung der Informationspflicht im zweiten Halbsatz der Ziff. VII 2 a) der NWVB nahe, der von dem die Ermächtigung zur Vornahme von Nachbesserungen bei anderen Vertragshändlern enthaltenden ersten Halbsatz nur durch ein Semikolon getrennt wird, was den inneren Zusammenhang der Regelungen und deren Abhängigkeit voneinander verdeutlicht. Zum anderen folgt dies daraus, dass Gewährleistungsansprüche und die damit verbundenen Kosten und Risiken ausschließlich den Verkäufer und nicht die Drittwerkstatt betreffen. Vor diesem Hintergrund ist unmittelbar einleuchtend, dass der Käufer trotz des durch Wegfall des Unverzüglichkeitsgebotes geschaffenen Freiraumes mit der Information des Verkäufers nicht so lange zuwarten kann, bis zwei Nachbesserungen durch den Drittbetrieb gescheitert sind, da die Information dem Verkäufer in einem solchen Fall und insbesondere dann, wenn sich die Nachbesserungen wie hier über mehr als eineinhalb Jahre hinziehen und er erst im Zusammenhang mit dem Rücktrittsverlangen hiervon überhaupt erfährt, nichts mehr nutzt. Der Käufer hat den Verkäufer vielmehr im zeitlichen Zusammenhang mit der Nachbesserung und insbesondere vor der Vornahme des zweiten und letzten Nachbesserungsversuchs zu unterrichten. Nur durch eine rechtzeitige Information wird der Zweck der Informationspflicht gewahrt, es dem Verkäufer doch noch zu ermöglichen, die Nachbesserung selbst durchzuführen oder den Drittbetrieb hierbei zu unterstützen.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, es sei nicht ersichtlich, was eine Information des Verkäufers, der zu einer Ferndiagnose gar nicht in der Lage sei, bewirken solle (vgl. BGH, NJW 1991, 1882, zitiert nach Juris; Schattenkirchner, a.a.O., S. 593). Es muss dem Verkäufer überlassen bleiben, ob es in Zeiten moderner Kommunikationstechniken um eine Potenzierung von Kompetenzen oder sogar darum geht, selbst an der Nachbesserung in der Drittwerkstatt teilzunehmen. So hat die Beklagte vorliegend stets eingewandt, die beteiligten Fremdbetriebe seien, da sie sich keinen Sekundäransprüchen ausgesetzt sähen, an einem Gelingen der Nachbesserung nicht in gleichem Maße interessiert wie der Verkäufer selbst.
Die so verstandene Informationspflicht hat die Klägerin dadurch verletzt, dass sie die Beklagte erst im Februar 2005, kurz bevor sie mit Schreiben vom 7.3.2005 vom Vertrag zurückgetreten ist, über die Nachbesserungsversuche der Fremdbetriebe in Kenntnis gesetzt und so mit einer Information der Beklagten bis zu einem Zeitpunkt zugewartet hat, in dem die Nachbesserungsbemühungen der Drittfirmen bereits als gescheitert i. S. v. § 440 S. 2 BGB gelten und die Beklagte vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Dies hat zur Folge, dass die Fiktion des § 440 S. 2 BGB nicht mehr zum Tragen kommt und die Klägerin nicht mehr ohne weitere Fristsetzung zur Nacherfüllung vom Vertrag zurücktreten kann. Vielmehr ist ihr eine Untersuchung und Reparatur im Fachbetrieb der Beklagten zumutbar, die die Beklagte unstreitig angeboten hat, sobald sie von den gerügten Mängeln erfahren hat (wie hier: Seel, DAR 2004, 563 ff., der die ordnungsgemäße Erfüllung der Informationspflicht durch den Käufer primär als Bedingung für die Zurechnung fremden Verhaltens resp. deren Folgen ansieht; LG Schwerin, DAR 2004, 590; a.A. Reinking/Eggert,a.a.O., Schattenkirchner, a.a.O.).
Aus dem oben Gesagten ergibt sich zudem, dass eine Fristsetzung auch nicht nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich wurde.
2. Der mit Schreiben vom 16.08.2005 (K 5, Bl. 65) erklärte Rücktritt wegen der behaupteten Nachlackierung des Fahrzeugs ist schon deshalb unwirksam, weil die Klägerin keinen geeigneten Nachweis dafür anbietet, dass dieser Mangel bei Gefahrübergang, also bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag (§§ 434, 446 BGB).
Die Vermutungsregelung des § 476 BGB kommt der Klägerin nicht zugute, da sich der Mangel nicht innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang gezeigt hat.
Der Klägerin wurde das Fahrzeug in Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages vom 23.08.2003 übergeben, erstmals im Bericht über die Gebrauchtwagenprüfung des ADAC vom 28.07.2005 (K 4, Bl. 61) wurden unter „sonstige Mängel“ Nachlackierungen festgestellt und von der Klägerin im Rücktrittsschreiben vom 16.08.2005 (K 5, Bl. 65) gerügt.
Zur Begründung ihrer Behauptung, dieser Mangel habe bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen, beruft sich die Klägerin auf das Protokoll des ADAC und hat mit Schriftsatz vom 16.08.2005 zum Beweis dafür, dass sich aus dem Bild der Nachlackierung ergebe, dass diese bereits im Zeitpunkt der Übernahme des Fahrzeugs vorhanden gewesen sei, die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten sowie Zeugnis ihres Ehemannes zum Beweis dafür, dass eine Nachlackierung eine Abwesenheit des Fahrzeuges von mehreren Tagen erfordert hätte, dieses aber - abgesehen von den Besuchen bei den Citroën-Vertragswerkstätten - nie abwesend gewesen sei.
Das Protokoll der ADAC-Gebrauchtwagenprüfung stellt die Nachlackierungen lediglich fest, ohne Aussagen über den Zeitpunkt der Vornahme zu treffen. Aus dem Bild der Nachlackierung sind keine Aussagen dazu möglich, wann diese Arbeiten vorgenommen wurden.
Schließlich ließe sich aus der Aussage des Ehemannes der Klägerin, sofern er deren Behauptungen überhaupt bestätigt, zum einen nicht entnehmen, dass das Fahrzeug tatsächlich nie abwesend war, weil denkbar ist, dass dies ohne seine Kenntnis der Fall war. Zum anderen kann auch der Zeuge nicht ausschließen, dass das Fahrzeug nicht anlässlich seiner mehrfachen Aufenthalte in Citroën-Vertragswerkstätten beschädigt und nachlackiert wurde, um dies zu kaschieren.
Erstmals in der Berufung und deshalb gem. § 531 Abs. 2 ZPO verspätet, trägt die Klägerin unter Beweisantritt vor, auch in den Citroën-Vertragswerkstätten in Stuttgart sei das Fahrzeug nicht nachlackiert worden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen zur Klärung der Frage, ob der Käufer eines Neuwagens die ihm nach Ziff. VII 2a) 2.Hs. obliegende Informationspflicht verletzt, wenn er seinen Verkäufer erst unterrichtet, nachdem zwei nach Ziff. VII 2a 1. Hs. der bundesweit verwendeten NWVB zulässigerweise nicht vom Verkäufer, sondern von einem Drittbetrieb durchgeführte Nachbesserungsversuche gescheitert sind und ob dies zur Folge hat, dass die Fiktion des § 440 S. 2 BGB nicht mehr eingreift und der Käufer nicht mehr ohne weitere Fristsetzung zur Nacherfüllung vom Kaufvertrag zurücktreten kann.