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Landgericht Saarbrücken Urteil vom 06.09.2011 - 14 S 2/11 - Verschweigen von Vorschäden gegenüber dem Privatgutachter des Versicherers

LG Saarbrücken v. 06.09.2011: Zum Verschweigen von Vorschäden an einem Wohnwagen gegenüber dem Privatgutachter des Kaskoversicherers


Das Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 06.09.2011 - 14 S 2/11) hat entschieden:
  1. Hat ein kaskoversicherter Wohnwagen Vorschäden und macht der Versicherungsnehmer aus einem neuen Versicherungsfall Ansprüche geltend, so muss er darlegen und beweisen, dass der gesamte Schaden auf den Versicherungsfall zurückzuführen ist und dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht bzw. nicht mehr vorhanden waren. Eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO kommt erst dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer darlegt und beweist, welcher eingrenzbare Vorschaden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden ist.

  2. Gibt der Versicherungsnehmer gegenüber dem vom Kfz-Kaskoversicherer beauftragten Privatgutachter wahrheitswidrig an, dass kein Vorschaden vorliegt, so liegt hierin eine Verletzung der Auskunftsobliegenheit. Ist der Versicherungsnehmer der Meinung, dass er den Privatgutachter nicht über den Vorschaden zu informieren braucht, weil sich dieser bereits "erledigt" habe, so handelt er gleichwohl vorsätzlich und arglistig. Eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG ist entbehrlich, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

Siehe auch Alt- bzw. Vorschäden am Fahrzeug und Obliegenheitsverletzungen / Leistungsfreiheit und Regress der Kfz-Versicherung


Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Fahrzeugteilversicherung auf Leistung wegen eines Hagelschadens in Anspruch.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer ... (Bl. 72 GA) für den Wohnwagenanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen ... eine Fahrzeugteilversicherung, die u.a. das Risiko des Hagelschadens abdeckt. Bestandteil des Vertrages sind die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-​Versicherung (AKB, Bl. 73 ff. GA). Im Jahre 2005 erlitt das versicherte Fahrzeug einen ersten Hagelschaden, der über die damalige Fahrzeugversicherung des Klägers auf Gutachtenbasis reguliert wurde; die abgerechneten Reparaturkosten betrugen seinerzeit 4.188,77 Euro zzgl. MwSt. Am 3. Juli 2009 geriet der Kläger mit dem versicherten Fahrzeug auf einer Fahrt von Gelsenkirchen nach Illingen in einen Hagel- Schauer. Der von der Beklagten mit der Begutachtung beauftragte Sachverständige, der Zeuge L., gelangt in seinem nach Besichtigung des Fahrzeugs angefertigten Gutachten zu notwendigen Reparaturkosten in Höhe von 3.686,98 Euro zzgl. MwSt. Der Kläger teilte dem Sachverständigen L. bei der Erstellung des Gutachtens nicht mit, dass der Wohnwagen einen Vorschaden erlitten hatte, woraufhin der Sachverständige in seinem Gutachten vermerkte, dass bei der Fahrzeugbesichtigung keine reparierten oder unreparierten Vorschäden festgestellt worden sein. In einer schriftlichen Schadensanzeige vom 11. September 2009 (Bl. 20 f. GA) beantwortete der Kläger die Fragen nach "unreparierten Vorschäden" mit "nein", die nach "reparierten Vorschäden" mit, ja". Weitere Angaben hierzu erfolgten nicht. Mit Schreiben vom 11. September 2009 (Bl. 10 GA) teilte der Kläger der Beklagten auf entsprechende Nachfrage mit, dass der Vorschaden bei der H.-​Versicherung unter der Nummer: ... gemeldet und privat repariert worden sei. Des weiteren erklärte er wörtlich: "Da der Schaden 2006 behoben wurde, war ich nicht der Meinung, dass Herr L. darüber informiert werden muss. Für mich war die damalige Angelegenheit erledigt". Die Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 29. September 2009 (Bl. 9 GA) den Versicherungsvertrag und lehnte ihre Eintrittspflicht wegen Obliegenheitsverletzung des Klägers ab.

Der Kläger hat behauptet, sämtliche Vorschäden aus dem ersten Schadensereignis seien im Jahre 2006 ordnungsgemäß behoben worden. Der Kläger habe das Fahrzeug zu diesem Zweck seinem Bruder aus Gelsenkirchen übergeben, das Fahrzeug sei dann in Zusammenarbeit mit dem Zeugen F. E. und einem aus Polen stammenden Kfz-​Fachmann repariert worden. Sämtliche Fragen der Beklagten seien wahrheitsgemäß beantwortet worden. Materialrechnungen hätten nicht vorgelegen. Weitere Angaben in der Schadensanzeige seien auf Anraten der Versicherungsagentin der Beklagten nicht gemacht worden.

Der Kläger hat beantragt:
  1. Der beklagte Verein wird verurteilt, an den Kläger 3.536,98 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29. September 2009 zu zahlen.

  2. Der beklagte Verein wird weiter verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 402,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung berufen, weil der Kläger in der Kaskoschadensanzeige unvollständige Angaben gemacht habe; trotz ausdrücklichen Hinweises auf die Folge der Leistungsfreiheit habe der Antragsteller die erforderlichen Angaben zu einem gleichartigen Vorschaden am Dachbereich unterlassen.

Mit am 15. Februar 2011 verkündetem Urteil - 2 C 320/09 - (Bl. 213 ff. GA), auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Ottweiler nach Vernehmung der Zeugen M. E. und L. die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es könne letztlich offenbleiben, ob die Beklagte wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers von ihrer Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag gem. § 28 WG freigeworden sei, weil der Kläger auf die konkrete Nachfrage des Sachverständigen L. das Vorliegen bestehender Vorschäden wahrheitswidrig verneint habe, was die Beweisaufnahme ergeben und was sich die Beklagte im Zweifel zu ihren Gunsten zu eigen gemacht habe. Denn der für den Versicherungswert seines Fahrzeugs beweisbelastete Kläger habe jedenfalls nicht den Nachweis geführt, dass der Wohnwagen zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Schadensereignisses auch den tatsächlich versicherten Wert repräsentiert habe, insbesondere dass der erhebliche Vorschaden aus dem Jahre 2005 fachgerecht repariert worden sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er auch weiterhin die vollumfängliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des begehrten Betrages erstrebt. Er vertritt die Auffassung, es sei aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme bewiesen, dass das Fahrzeug vor dem streitgegenständlichen Schadensfall ordnungsgemäß repariert worden sei. Auch sei nachgewiesen, dass nicht alle bei dem streitgegenständlichen Ereignis entstandenen Schäden im Zusammenhang mit dem Hagelschaden aus dem Jahre 2005 gestanden hätten. Letztlich hätte das Amtsgericht zum Nachweis der ordnungsgemäßen Reparatur ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Im übrigen leide das Urteil daran, dass das Amtsgericht sich mit der Frage der Obliegenheitsverletzung, auf die sich die Beklagte zur Begründung ihrer Leistungsfreiheit maßgeblich gestützt habe, nicht auseinandergesetzt habe.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Ottweiler, Az. 2 C 320/09 (81) vom 15. Februar 2011 aufzuheben und
  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.536,98 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. September 2009 zu zahlen;

  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 402,82 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, insbesondere auch unter Hinweis auf die vom Kläger getätigten Falschangaben gegenüber dem Sachverständigen L., in denen sie eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung des Klägers erblickt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


II.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil ist richtig. Es beruht weder auf einem Rechtsfehler, noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§513 ZPO). Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht wegen des fehlenden Nachweises eines versicherten Hagelschadens abgewiesen. Darüber hinaus ist die Beklagte aber auch gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG wegen einer vom Kläger arglistig begangenen Obliegenheitsverletzung von ihrer Leistungspflicht frei:

1. Der Kläger hat schon nicht dargelegt und bewiesen, dass durch den streitgegenständlichen Vorfall vom 3. Juli 2009 im Umfang des geltend gemachten Ersatzanspruches ein versicherter Hagelschadens an dem streitgegenständlichen Fahrzeug entstanden ist; bereits aus diesem Grunde konnte seine Klage keinen Erfolg haben:

a) Gem. Ziff. A.2.8 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-​Versicherung (AKB, Bl. 73 ff. GA) zahlt der Versicherer bei einer Beschädigung des Fahrzeugs durch ein versichertes Ereignis die für die Reparatur erforderlichen Kosten, und zwar für den Fall, dass das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert wird, bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswertes nach Ziff. A.2.6.6 AKB. Versichertes Ereignis in der hier gegenständlichen Teilversicherung ist gem. Ziff. A.2.2.3 AKB u.a. die unmittelbare Einwirkung von Hagel auf das Fahrzeug. Der Umfang der Ersatzpflicht des Versicherers ist zulässigerweise auf die erforderlichen Reparaturkosten beschränkt. Erforderlich sind die Reparaturkosten, die ein verständiger Versicherungsnehmer aufwenden muss, um den durch ein versichertes Kaskoereignis entstandenen Schaden vollständig und fachgerecht beseitigen zu lassen, also den Zustand vor dem Schaden wiederherzustellen (Meinecke, in Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., Ziff. A.2.7 Rn. 3). Daraus folgt, dass Vorschäden, also Schäden an dem Fahrzeug, die nicht durch das in Frage stehende versicherte Ereignis verursacht worden sind, nicht zu den erforderlichen Kosten der Reparatur gehören (OLG Celle VersR 2007, 1510; Meinecke, in Stiefel/Maier a.a.O., Ziff. A 2.7 Rn. 7). Sie sind daher vom Versicherer nicht zu ersetzen (OLG Celle a.a.O.; ebenso zur Kfz-​Haftpflichtversicherung KG NZV 2010, 348; OLG Düsseldorf DAR 2006, 324 und öfter). Will der Versicherungsnehmer, dessen Fahrzeug - wie hier - unstreitig einen Vorschaden erlitten hat, aus einem neuen Versicherungsfall Rechte für sich beanspruchen, so muss er darlegen und beweisen, dass der gesamte Schaden, dessen Ersatz er jetzt beansprucht, auf den Versicherungsfall zurückzuführen ist. Dazu muss er im einzelnen darlegen und ggf. beweisen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht bzw. nicht mehr vorhanden waren. Auch eine bloße Schadensschätzung nach § 287 ZPO kommt nämlich erst dann in Betracht, wenn der Kläger dargelegt und bewiesen hat, welcher eingrenzbare Vorschaden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden ist (vgl. KG a.a.O. mw.N.; Meinecke, in Stiefel/Maier a.a.O., Ziff. A 2.7 Rn. 7).

b) Diesen Nachweis hat der Kläger vorliegend jedoch nicht geführt. Unstreitig ist an dem Dach des versicherten Wohnwagens bereits aufgrund eines Ereignisses aus dem Jahre 2005 ein Hagelschaden entstanden, der über die damalige Versicherung des Klägers auf Gutachtenbasis reguliert worden ist. Auch aus Anlass des streitgegenständlichen Versicherungsfalles vom 3. Juli 2009 soll der Wohnwagen des Klägers durch Hagel u.a. am Dach beschädigt worden sein. Dass die bei diesem Ereignis erneut beschädigten Flächen zuvor ordnungsgemäß repariert worden sind, hat der Kläger indes nicht bewiesen. Das Amtsgericht ist aufgrund der Vernehmung der vom Kläger angebotenen Zeugen zu der Einschätzung gelangt, dass an der vom Kläger behaupteten Durchführung einer privaten Reparatur dieser Schäden im Jahre 2006 Zweifel bestünden, und es hat den Kläger insoweit als beweisfällig angesehen. An diese Feststellungen ist die Kammer gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Denn es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und daher eine neue Feststellung gebieten. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts wirft keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen auf. Das Amtsgericht hat sich mit den Bekundungen des Zeugen E. - der Zeuge L. konnte zu der behaupteten Reparatur nichts sagen - intensiv auseinandersetzt und diese nachvollziehbar gewürdigt, die Ausführungen erscheinen in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend. Der Einwand des Klägers, der Zeuge habe die vollständige Reparatur des Vorschadens zweifelsfrei bestätigt, verfängt nicht. Der Zeuge hat vor dem Amtsgericht lediglich ausgesagt, der Wohnwagen sei von dem Polen am Dach "praktisch repariert" worden. Nähere Angaben zu Umfang und Ausmaß der Reparatur hat der Zeuge gerade nicht getätigt. Aus seiner Aussage folgt - entgegen der Berufung - auch nicht, dass der Zeuge die Reparatur selbst in Augenschein genommen hätte. Das Amtsgericht durfte deshalb auf der Grundlage dieser Aussage zu dem Ergebnis gelangen, dass die Reparatur des Wohnwagens im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Versicherungsfalles nicht nachgewiesen ist. Einen Verfahrensfehler zeigt die Berufung ebenfalls nicht auf. Soweit beanstandet wird, das Amtsgericht habe das zum Nachweis der ordnungsgemäßen Schadensbeseitigung angebotene Sachverständigengutachten nicht eingeholt, war dieses Beweisangebot mangels zureichender Anknüpfungstatsachen - hier: der nachgewiesenermaßen durchgeführten Reparatur - untauglich. Ist jedoch nach Maßgabe des vom Berufungsgericht zugrunde zu legenden Sach- und Streitstandes nicht nachvollziehbar, in welchem Ausmaß an dem versicherten Wohnwagen bei Eintritt des Versicherungsfalles Vorschäden bestanden, weil - wie hier- Nachweise über die behauptete Reparatur fehlen, so geht dies zu Lasten des Versicherungsnehmers. Da nicht feststeht, in welchem Zustand sich das Fahrzeug vor Eintritt des Versicherungsfalles befand, mangelt es an ausreichenden Tatsachengrundlagen, die dem Gericht eine - auch nur schätzungsweise - Ermittlung des als Entschädigung geschuldeten Reparaturkostenbetrages ermöglichen (zur vergleichbaren Lage im Haftpflichtprozess zuletzt KG NZV 2010, 348 mwN). Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Berufung, der Wohnwagen sei bei dem neuen Hagelschaden auch am rechten Seitenwandmittelteil in Höhe des Entlüftungsschachtes und an der Vorderfront beschädigt worden. Nach den Angaben des Klägers soll sich der Hagelschaden aus dem Jahr 2005 seinerseits "hauptsächlich" am Dach befunden haben (Bl. 175 GA). Eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO kommt nämlich erst dann in Betracht, wenn der Kläger dargelegt und bewiesen hat, welcher eingrenzbare Vorschaden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden ist. Das ist dem Kläger hier jedoch - wie ausgeführt - nicht gelungen.

2. Da die Klage bereits wegen des fehlenden Nachweises zum Schadensumfange scheitert, musste sich das Amtsgericht mit der Frage, ob sich die Beklagte auch wegen einer vorsätzlich begangenen Obliegenheitsverletzung des Klägers auf Leistungsfreiheit berufen kann, nicht mehr befassen; die Frage ist nach Auffassung der Kammer allerdings zu bejahen mit der Folge, dass die Beklagte in Ansehung des streitgegenständlichen Versicherungsfalles von ihrer Leistungspflicht freigeworden ist und ein Anspruch des Klägers auch aus diesem Grunde ausscheidet:

a) Der Kläger hat - unstreitig - dem von der Beklagten mit der Schadensfeststellung beauftragten Privatgutachter L. bei der zum Zwecke der Schadensermittlung durchgeführten Besichtigung des Fahrzeugs am 22. Juli 2007 (Bl. 13 GA) falsche Angaben zum Vorhandensein eines Vorschadens gemacht, nämlich wahrheitswidrig angegeben, dass der Wohnwagen keinen Vorschaden aufweise. In dieser unzutreffenden Beantwortung der ihm gestellten Frage liegt eine Verletzung der Auskunftsobliegenheit aus Ziff. E.1.3 AKB (vgl. auch § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG). Ziff. E.1.3 AKB verpflichtet den Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles dazu, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann, insbesondere, Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Diese Obliegenheit besteht nicht nur gegenüber dem Versicherer, sondern auch gegenüber solchen Personen, die der Versicherer - wie hier- mit der Schadensermittlung beauftragt hat, insbesondere einem vom Versicherer eingeschalteten Sachverständigen (Prölss/Martin/Prölss a.a.O. § 31 Rn. 5; Wandt, in MünchKomm/VVG a.a.O. § 31 Rn. 85). Dass der Kläger im Rahmen der Schadensanzeigen erklärt hat, das Fahrzeug weise einen Vorschaden auf, der jedoch repariert sei, ändert daran nichts. Die fehlerhafte Beantwortung der Frage des Sachverständigen begründet eine eigenständige Obliegenheitsverletzung, die durch die abweichende Angabe in der Schadensanzeige nicht ausgeräumt wird. Die gesonderte Angabe gegenüber dem Sachverständigen war auch nicht wegen bestehender Kenntnis des Versicherers entbehrlich. Kennt ein Versicherer einen erfragten Umstand bereits, so verletzen fehlerhafte oder unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers. Fragen nach einem solchen dem Versicherer bekannten Umstand, sind der Aufklärung des Tatbestands nicht dienlich, weil der Tatbestand insoweit bereits aufgeklärt ist (vgl. BGH VersR 2007,1267; Saarl. OLG VersR 2008 1643). Entbehrlich ist die erfragte Auskunft hinsichtlich einer bestimmten Tatsache aber nur insoweit, als der Versicherer von ihr bereits sichere, vollständige und positive Kenntnis hat, so dass weitere Auskünfte des Versicherungsnehmers diesbezüglich nicht erforderlich sind (BGH a.a.O. mwN.; Wandt, in MünchKomm/VVG a.a.O. § 31 Rn. 43; Brömmelmeyer, in Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG, 1. Aufl., § 31 Rn. 37). Daran fehlt es hier schon deshalb, weil die eingereichte Schadensanzeige auch nach dem Vortrag des Klägers keinerlei Angaben zu Art, Umfang und Ausmaß des Vorschadens enthielt, die einer sachverständigen Begutachtung zur Schadenshöhe hätten zugrunde gelegt werden können.

b) Der Kläger hat die Obliegenheit vorsätzlich und arglistig verletzt, was gem. § 28 Abs.2 Satz 1 VVG im vorliegenden Fall zur vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten führt.

aa) Dass der Kläger den von der Beklagten beauftragten Gutachter wissentlich und willentlich falsch informiert hat, folgt ohne weiteres aus dem Schreiben des Klägers vom 11. September 2009. Dort führt der Kläger unter Ziff. 4 aus: "Da der Schaden 2006 behoben wurde, war ich nicht der Meinung, dass Herr L. darüber informiert werden muss. Für mich war die damalige Angelegenheit erledigt". Diese Aussage belegt zweifelsfrei, dass der Kläger den Gutachter bewusst und gewollt über das Vorhandensein des Vorschadens und damit über den Umfang der von ihm zu bewertenden Beschädigung im Unklaren gelassen hat.

bb) Das geschah auch arglistig.

(1) Arglist erfordert zum einen mindestens bedingten Vorsatz bezüglich der Verletzung der Obliegenheit, der hier gegeben ist, und zusätzlich mindestens bedingten Vorsatz bezüglich einer für den Versicherer nachteiligen Auswirkung der Obliegenheitsverletzung (BGH VersR 2007, 785; KG Schaden-​Praxis 2011, 83; Prölss/Martin/Prölss, WG, 28. Aufl., § 28 Rn. 115 ff.; Wandt, in MünchKomm/VVG, 1. Aufl. § 28 Rn. 302). Das ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer bei der Verletzung der Obliegenheit den für den Versicherer nachteiligen Zweck verfolgt, durch die Manipulation von Beweistatsachen oder falschen Auskünften eine nach objektiver Rechtslage nicht gerechtfertigte Leistung des Versicherers zu erlangen. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist hierfür nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH VersR 2009, 968; Saarl. OLG vom 6. Oktober 2010, 5 U 88/10-​16; Wandt, in MünchKomm/VVG, a.a.O., § 28 Rn. 302). Arglist kann deshalb auch dann vorliegen, wenn mit der Täuschung an sich berechtigte Ansprüche lediglich schneller oder einfacher durchgesetzt werden sollen (BGH VersR 1994, 45; Felsch, in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 1. Aufl., § 28 Rn. 58 und 76; Prölss/Martin/Prölss a.a.O. § 28 Rn. 117; Wandt, in MünchKomm/VVG a.a.O.), oder wenn der Versicherungsnehmer lediglich Beweisschwierigkeiten überwinden oder den Versicherer von an sich gebotenen Ermittlungen abhalten will (BGH VersR 2009, 968; KG a.a.O.; Prölss/Martin/Prölss a.a.O.). Das ist in aller Regel der Fall, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer über den Wert der versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße zu täuschen versucht (Saarl. OLG VersR 2008, 1643).

(2) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorgehen des Klägers hier als arglistig anzusehen. Der Kläger wusste, nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrungen aus dem vorangegangenen Versicherungsfall aus dem Jahre 2005, um die Vorgehensweise der Beklagten zur Schadensermittlung. Ihm war bekannt, dass der Privatgutachter L. von der Beklagten mit der Bewertung des Schadens beauftragt war und dass deren Ergebnis auch von der genauen Kenntnis des Zustandes des Fahrzeugs vor dem streitgegenständlichen Versicherungsfall abhing. Ihm musste deshalb klar sein, dass der von der Beklagten beauftragte Gutachter auf seine wahrheitsgemäßen Angaben zum Zustand des Fahrzeugs, insbesondere zu bestehenden oder reparierten Vorschäden, zwingend angewiesen war. Denn es liegt - auch aus Sicht jedes durchschnittlichen Versicherungsnehmers - auf der Hand, dass das Wissen um vorhandene oder reparierte Vorschäden für den Umfang der Schadensbeseitigung und damit für das Ausmaß der Eintrittspflicht des Fahrzeugversicherers erheblich ist. Nachdem nicht feststeht, dass das Fahrzeug vor dem gegenständlichen Hagelschaden repariert wurde, durfte der Kläger auch nicht - wie in seinem Schreiben an die Beklagte vom 11. September 2009 dargelegt - "der Meinung sein", dass Herr L. darüber nicht informiert werden müsse. Für die Annahme von Arglist spricht schließlich, dass der Kläger seine falschen Angaben nicht gegenüber der Beklagten, sondern gerade gegenüber dem Gutachter getätigt hat und damit gegenüber derjenigen Person, deren Erkenntnisse maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der erwarteten Entschädigung haben. Dem Kläger war - nicht zuletzt aus der Erfahrung mit dem früheren Versicherungsfall - bekannt, dass die Beklagte die Regulierung auf der Grundlage der sachverständigen Begutachtung zur Schadenshöhe vornehmen würde. Es musste sich ihm auch aufdrängen, dass Angaben zur Existenz und zur angeblichen Reparatur von Vorschäden das Augenmerk des Gutachters anziehen würden, und dass dadurch das Regulierungsverfahren möglicherweise zu seinem Nachteil beeinflusst werden würde. Indem der Beklagte seine unrichtigen Angaben gezielt gegenüber dem von der Beklagten beauftragten Gutachter tätigte, hat er versucht, auf das Ergebnis der Begutachtung Einfluss zu nehmen. Auch das begründet im vorliegenden Fall den Vorwurf arglistigen Verhaltens.

c) Die Beklagte ist auch nicht gem. § 28 Abs. 3 Satz 1 WG ausnahmsweise deshalb zur Leistung verpflichtet, weil die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten ursächlich geworden wäre. Denn dieser Kausalitätsgegenbeweis ist dem Kläger vorliegend gem. § 28 Abs. 3 Satz 2 WG versagt, da der Kläger - wie gesehen - die Obliegenheit zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Auskunftserteilung aus Ziff. E.1.3 AKB arglistig verletzt hat. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger in seiner Schadensanzeige vom 11. September 2010 (Bl. 20 f. GA) angegeben hat, das Fahrzeug weise einen reparierten Vorschaden auf. Davon abgesehen, dass die Angaben inhaltlich zu dürftig sind, um eine vollständige Aufklärung der Beklagten zu bewirken, hätte eine darin möglicherweise liegende Berichtigung der falschen Angaben nicht zur Folge, dass der Beklagten deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Berufung auf ihre Leistungsfreiheit versagt wäre. Es ist ein hergebrachter Grundsatz und folgt jetzt ausdrücklich aus § 28 Abs. 3 Satz 2 WG, dass ein Versicherungsnehmer dem sich auf Leistungsfreiheit berufenden Versicherer nicht entgegenhalten kann, der Versicherer verhalte sich damit treuwidrig, wenn er selbst die gebotene Loyalität arglistig schuldig geblieben ist (Saarl. OLG VersR 2008,1643)

d) Der Berufung der Beklagten auf ihre Leistungsfreiheit steht auch nicht § 28 Abs. 4 WG entgegen, wonach die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskünfte- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung hat, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. Eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 WG ist nämlich entbehrlich, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - die Obliegenheit arglistig verletzt hat. Zweck der Belehrungspflicht ist es, den schutzwürdigen Versicherungsnehmer vor einem unerwarteten Rechtsverlust bei falschen Angaben zu bewahren. Für diese Erwägungen ist indes kein Raum, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt, er mithin nicht schutzwürdig ist, zumal in seinem solchen Fall nicht davon auszugehen ist, dass sich der arglistig handelnde Versicherungsnehmer durch eine förmliche Warnung in einem Vordruck von seinem Vorhaben abbringen lassen würde (BGH VersR 1971, 142 und VersR 1976, 383; Saarl. OLG VersR 2007, 977, jew. zum früheren Recht). An dieser zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung ist nach dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-​Drucks. 16/3945 S. 69) auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts festzuhalten (Wandt, in MünchKomm/VVG a.a.O. § 28 Rn. 350; Brömmelmeyer, in Schwintowski/Brömmelmeyer a.a.O. § 28 Rn. 119; Felsch, in Rüffer/Halbach/Schmikowski a.a.O. § 28 Rn. 198; Marlow, in Beckmann/Matusche-​Beckrnann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Aufl., § 13 Rn. 164).

e) Ist die Beklagte mithin berechtigt, wegen der vom Kläger vorsätzlich begangenen Verletzung der Auskunftsobliegenheit gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG jede Leistung aufgrund des streitgegenständlichen Versicherungsfalles zu verweigern, so unterliegt seine Klage der Abweisung und erweist sich das amtsgerichtliche Urteil im Ergebnis auch aus diesen Gründen als richtig.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr.-​10, § 713 ZPO. Die Revision war mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 543 ZPO) nicht zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.