Das Verkehrslexikon
OVG Bremen Beschluss vom 20.07.2012 - 2 B 341/11 - Fahrerlaubnisentzug wegen Cannabiskonsums
OVG Bremen v. vom 20.07.2012: Zum Fahrerlaubnisentzug wegen Cannabiskonsums
Das OVG Bremen (Beschluss vom 20.07.2012 - 2 B 341/11) hat entschieden:
Bei einer Konzentration von 1,0 ng/ml THC im Blutserum ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig von fehlendem Trennungsvermögen zwischen Drogenkonsum und Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen.
Siehe auch Der gelegentliche Konsum von Cannabis und Stichwörter zum Thema Cannabis
Gründe:
I.
Der 1981 geborene Antragsteller wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Am Montag, den 02.08.2011 um 16.45 Uhr wurde der Antragsteller im Rahmen einer Verkehrskontrolle als Führer eines Kraftfahrzeuges überprüft. Zur Feststellung seiner Fahrtüchtigkeit wurde eine Blutentnahme veranlasst. Die toxikologische Untersuchung der entnommenen Blutprobe ergab einen Nachweis von 1,0 ng/ml THC und 11 ng/ml THC-COOH im Blutserum. Nach den Angaben in der Ordnungswidrigkeitenanzeige nach § 24a StVG hatten die Polizeibeamten beim Antragsteller typische Auffälligkeiten, die auf einen zeitnahen Drogenkonsum hindeuteten wie gerötete Bindehäute, geweitete Pupillen mit verlangsamter Hell-/ Dunkeladaption, wässrige Augen und Augenlidtremor festgestellt. Der den Polizeibeamten als Drogenkonsument bekannte Antragsteller räumte bei seiner Befragung ein, zuletzt am Wochenende Cannabis konsumiert zu haben.
Mit Bescheid vom 19.10.2011 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller nach vorheriger Anhörung die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, der ermittelte Cannabiswert und die Tatsache, dass der Antragsteller im Rahmen der Verkehrskontrolle selbst zugegeben habe, gelegentlich Cannabis zu konsumieren und zudem als Konsument von Cannabis bereits polizeilich erfasst sei, führten zu der Annahme, dass er nicht in der Lage sei, zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges zu trennen. Der gelegentliche Cannabiskonsum und das mangelnde Trennungsvermögen begründeten einen Eignungsmangel zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die Gefahr, dass der Antragsteller nach Drogenkonsum und der damit verbundenen Herabsetzung der körperlich-geistigen (psychischen) Leistungsfähigkeit sowie der Herabsetzung seiner Fähigkeit zu verantwortlichen Entscheidungen als Führer eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr andere Personen und auch sich selbst an Leib und Leben erheblich gefährde, zwinge zu seinem sofortigen Ausschluss aus der Verkehrsgemeinschaft.
Der Antragsteller gab seinen Führerschein bei der Führerscheinstelle der Antragsgegnerin ab.
Am 14.11.2011 hat der Antragsteller Klage erhoben (Az. 5 K 1739/11) und zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung hat er geltend gemacht, das Ergebnis der Blutuntersuchung lasse auf eine mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht schließen, denn von dem festgestellten THC-Wert von 1,0 ng/ml könne nicht auf eine Fahrt unter Wirkung des Rauschmittels geschlossen werden. Davon sei erst bei THC-Werten von über 1,0 ng/ml auszugehen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 09.12.2011 abgelehnt. Die Begründung des Sofortvollzuges genüge den Anforderungen von § 80 Abs. 3 VwGO. Im Übrigen überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, denn der angefochtene Bescheid erweise sich bei der im Eilverfahren allein erforderlichen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Er habe selbst eingeräumt, gelegentlich Cannabis zu konsumieren. Die bei ihm festgestellte THC-Konzentration rechtfertige zudem die Annahme, dass er den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeuges nicht voneinander trennen könne. An einem solchen Trennungsvermögen fehle es immer dann, wenn ein Kraftfahrer objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen habe, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden müsse, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätten, signifikant erhöht habe. Diese Schwelle sei erreicht, wenn der THC-Wert exakt 1,0 ng/ml betrage. Soweit die Kammer in ihrer bisherigen Rechtsprechung ein fehlendes Trennungsvermögen bei einer THC-Konzentration von mehr als 1,0 ng/ml angenommen habe, sei diese Rechtsprechung nunmehr in dem Sinne fortzuführen, dass auch ein THC-Wert von exakt 1,0 ng/ml diese Annahme rechtfertige. Die Kammer schließe sich insoweit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein, des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof von einer mangelnden Trennung zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges erst bei einer Überschreitung der THC-Konzentration von 2,0 ng/ml ausgehe, sei dieser Rechtsprechung, die neuere wissenschaftliche Erkenntnisse nicht hinreichend berücksichtige, nicht zu folgen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde, zu deren Begründung er vorträgt: Das Verwaltungsgericht nehme, ohne diese Feststellung zu begründen, bei ihm eine bestehende Abhängigkeit von Betäubungsmitteln an und übersehe, soweit es sich mit der Rechtsprechung des Bayerischen VGH auseinandersetze, dass diese auf einer Vielzahl von Studien und Veröffentlichungen basiere. Zudem beziehe sich das Gericht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der ausgeführt sei, dass die Möglichkeit einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit in der Wissenschaft z. T. erst bei einer THC-Konzentration von über 1 ng/ml angenommen werde. Zu Recht gehe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof daher in seiner Rechtsprechung davon aus, dass es derzeit keine gesicherte wissenschaftliche Grundlage für die Festlegung eines Grenzwertes von 1,0 ng/ml THC im Blut gebe. Das Gutachten der Universität Würzburg, das der Bayerische Verwaltungsgerichtshof seiner Rechtsprechung zugrunde lege, komme zu dem Ergebnis, dass ein erhöhtes Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr lediglich innerhalb der ersten drei Stunden nach dem Konsum von Cannabis bestehe und nur in diesem Zeitraum die THC-Konzentration im Blut gefährlich erhöht sei. Nach Abklingen der Wirkung und der damit verbundenen eingeschränkten Fahrtauglichkeit seien im Blut noch bis zu 48 Stunden nach dem Konsum geringe THC-Konzentrationen nachweisbar. Analog zu der 0,5 Promillegrenze bei Alkohol sei ein THC-Wert von 7 bis 8 ng/ml realistisch. Der vom Verwaltungsgericht für richtig gehaltene niedrige Grenzwert verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei gelegentlichem Cannabis-Konsum und Fahren mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml bestünden lediglich Eignungsbedenken i.S.v. § 46 Abs. 3 FeV, zu deren Klärung zunächst die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern sei.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen, zu Recht abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, die das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein prüft, rechtfertigen keine andere Entscheidung.
Nach § 3 Abs. 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Unter welchen Umständen die Einnahme von Betäubungsmitteln zur Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen führt, ist in Nr. 9 der Anlage 4 näher bestimmt. Während danach die gelegentliche Einnahme von Cannabis die Eignung nur dann unberührt lässt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennen kann, kein Mischkonsum mit Alkohol und anderen Betäubungsmitteln stattfindet und weder eine Persönlichkeitsstörung noch ein Kontrollverlust eingetreten ist (Nr. 9.2.2), schließt die regelmäßige Einnahme von Cannabis stets die Eignung aus (Nr. 9.2.1).
Dem Antragsteller fehlt nach Maßgabe von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, weil er gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht trennen kann. Den gelegentlichen Konsum von Cannabis hat das Verwaltungsgericht aufgrund der Einlassungen des Antragstellers anlässlich der Verkehrskontrolle zu Recht angenommen. Danach hat der Antragsteller, der auch polizeilich als BTM-Konsument bekannt ist, anlässlich der Kontrolle am 02.08.2011 selbst angegeben, gelegentlich Cannabis zu konsumieren.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Verwaltungsgericht nicht von einer bei ihm bestehenden Abhängigkeit ausgegangen. Die Ausführungen auf Seite 4 (unten) des Beschlusses, auf die der Antragsteller insoweit verweist, enthalten eine Wiedergabe der Begründung des Sofortvollzugs und nicht eigene Feststellungen oder Wertungen des Verwaltungsgerichts. Sie sind allein im Zusammenhang mit der Prüfung des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 VwGO zu sehen und nicht Teil der materiellen Prüfung (vgl. Seite 6 – 9 des Beschlusses).
Dem Antragsteller fehlt das Vermögen, zwischen Drogenkonsum und Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. An der Fähigkeit zur Trennung zwischen Konsum und Fahren fehlt es immer dann, wenn der Kraftfahrer objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben, signifikant erhöht hat (vgl. B. des Senats vom 09.09.2011 – 2 B 156/11).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist umstritten, ab welchem Wert diese Schwelle überschritten ist. Die vorherrschende Meinung nimmt bei einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml Serum ein Unvermögen, zwischen Drogenkonsum und Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, an (OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 04.01.2012 – 16 A 2075/11 – juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 16.09.2009 – OVG 1 S 17.09 – NZV 2010, 531; VGH Baden-Württ., Urt. v. 13.12.2007 – 10 S 1271/07 - Blutalkohol 45, 210; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 17.02.2009 - 4 LB 61/08 -, juris; OVG Hamburg, B. v. 15.12.2005 – 3 Bs 214/05 – NJW 2006, 1367; für einen THC-Wert, der 1,0 ng/ml Serum übersteigt: Nieders. OVG, B. v. 11.09.2008 – 12 ME 227/08 – juris; offen gelassen bei einer THC-Konzentration von unter 2,0 ng/ml Serum: OVG Bremen, Beschl. v. 14.08.2007 – 1 B 302/07 - DAR 2007, 716, B. v. 08.08.2008 – 1 B 333/08 – und B. v. 21.01.2010 – 1 B 469/09 -), während der Bayerische VGH, auf dessen Rechtsprechung der Antragsteller seine Beschwerde stützt, erst ab einer THC-Konzentration von 2,0 ng/ml Serum (B. v. 16.08.2006 – 11 CS 05.3394 – juris) mangelndes Trennungsvermögen bejaht.
Der Senat hält – wie auch das Verwaltungsgericht – die vorherrschende Ansicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung für zutreffend. Sie trägt dem Beschluss der vom Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen einberufenen „Grenzwertkommission“ vom 20. November 2002 - aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 – Rechnung, wonach der Grenzwert für die Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml Serum liegen soll. Eine solche Konzentration kann einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags nach der Empfehlung der Grenzwertkommission bei Anwendung der Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie sowohl sicher nachgewiesen werden als auch quantitativ präzise bestimmt werden (vgl. dazu auch BVerfG, B. der 2. Kammer des 1. Senats v. 21.12.2004 – 1 BvR 2652/03 – NJW 1995, 270).
Bei diesem Wert sind Leistungsbeeinträchtigungen der für die Fahreignung relevanten Eigenschaften zumindest möglich. Dies belegen wissenschaftliche Studien. Neben der Studie der Universität Maastricht, auf die das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss Bezug nimmt, liegt die Untersuchung von Drasch/v. Meyer/Roider/Staack/Paul/Eisenmenger, Unfälle und reale Gefährdungen des Straßenverkehrs unter Cannabis-Wirkung (Blutalkohol 2006, 441-450) vor, die auf einer Auswertung von Blutproben in - insgesamt 135 - Verfahren basiert, in denen eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines allein Cannabisbedingten Unfalls nach § 315c oder § 316 StGB (sog. Unfallgruppe) erfolgt war. In ihrer Untersuchung gelangen die Autoren zu der Feststellung, dass auch bei einer THC-Konzentration von unter 1 ng/ml von einer die Fahrtüchtigkeit einschränkenden Wirkung des Cannabiskonsums auszugehen ist und daher eine abstrakte Gefährdung des Straßenverkehrs im Sinne des § 24a StVG besteht. Bei 8,1 % der in der Unfallgruppe zusammengefassten Vorfälle, die zu Unfällen/Gefährdungen geführt hatten, lag die THC-Konzentration unter 1 ng/ml. Auch wurde nachgewiesen, dass die relativen Häufigkeiten einer realen Gefährdung des Straßenverkehrs im Bereich einer THC-Konzentration unter 1 ng/ml (2,0 % aller untersuchten Blutproben) und ab 1 ng/ml (2,1 % aller untersuchten Blutproben) fast identisch sind. Im Hinblick auf die in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Teil angenommene Grenze einer THC-Konzentration von 2,0 ng/ml (vgl. BayVGH, B. v. 25.01.2006 – 11 CS 05.1711 – VRS 110, 310 = DAR 2006, 407), ab der eine Beeinträchtigung der fahreignungsrelevanten Eigenschaften anzunehmen sei, wird ausgeführt, dass in ca. 31% der Fälle, in denen die Fahrerlaubnisinhaber wegen eines ausschließlich cannabisbedingten Unfalls verurteilt worden sind, die THC-Konzentration unter 2,0 ng/ml gelegen habe. Auch heben die Autoren der Studie hervor, dass die Unfall-/Gefährdungshäufigkeit in der späteren Gefährdungsphase signifikant höher ist als im akuten Rauschzustand.
Das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der o. g. Entscheidung vom 25.01.2006 wiedergegebene Gutachten des Interdisziplinären Zentrums für Verkehrswissenschaften der Universität Würzburg, auf das auch der Antragsteller mit dem nach Ablauf der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 S. 1 VwGO eingegangenen Schriftsatz vom 13.04.2012 verweist, veranlasst den Senat nicht, von einem Grenzwert über 1,0 ng/ml Serum auszugehen, denn das Gutachten vom 15.08.2001 ist durch die o. g. neueren Untersuchungen überholt und widerlegt. Entsprechendes gilt für die ebenfalls erst nach Ablauf der Begründungsfrist gegebenen Hinweise auf die von Prof. Dr. B. verfasste Stellungnahme zur Anhörung von Bündnis 90/ Die Grünen im Bundestag, (Berlin 30.11.2001) zum Thema Cannabiskonsum, Fahrerlaubnisrecht und Verfassung und die von einer Gruppe von internationalen Verkehrs- und Drogenforschern erhobene Forderung nach Einführung eines Grenzwerts, der der 0,5-Promillegrenze bei Alkohol entspreche und der bei 7 – 10 ng/ml Blut anzusetzen sei. Ungeachtet der verspäteten Darlegung dieser Beschwerdegründe kann der Antragsteller aus der zuletzt genannten Forderung auch deshalb für sich nichts herleiten, weil diese lediglich auf der Behauptung basiert, eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit im vergleichbaren Rahmen wie bei einer BAK von 0,5 ergebe sich erst bei einem Wert von 7 - 10 ng/ml Blut, ohne sich mit den Ergebnissen der o. g. wissenschaftlichen Studien auseinanderzusetzen.
Ist hiernach von einer Leistungsbeeinträchtigung der für die Fahreignung relevanten Eigenschaften bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Serum auszugehen, ist bei einer Fahrt mit einer derartigen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt. Da nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Forschung eine der Bestimmung der Blutalkohol-Konzentration in Bezug auf den THC-Wirkstoff vergleichbare exakte Rückrechnung nicht möglich ist, ist von einem die Fahreignung ausschließenden charakterlich-sittlichen Mangel auszugehen, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber bei nicht auszuschließender Drogenkonsum-bedingter Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 – juris, Rn. 49).
Ein ausreichendes Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar erscheinen lässt, ist nur gegeben, wenn der Konsument Fahren und Konsum in jedem Fall in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. B. des Senats v. 09.09.2011 – 2 B 156/11 -).
Bei dem hier festgestellten THC-Wert von 1,0 ng/ml Serum und dem vom Antragsteller eingeräumten gelegentlichen, d. h. mehrmaligen Cannabiskonsum, begegnet die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des fehlenden Trennungsvermögens somit keinen Bedenken. Bei Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers ist darüber hinaus - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnis im öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs geboten mit der zwingenden Folge, dass die privaten und/oder beruflichen Interessen des Betroffenen zurückstehen müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).