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OLG Köln Beschluss vom 03.05.2013 - 19 U 1/13 - Wirksamkeit eines Ausschlusses der Garantie bei Überschreitung vorgegebener Wartungsintervalle

OLG Köln v. 03.05.2013: Zur Wirksamkeit eines Ausschlusses der Garantie bei Überschreitung vorgegebener Wartungsintervalle


Das OLG Köln (Beschluss vom 03.05.2013 - 19 U 1/13) hat entschieden:
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Fahrzeugkauf kann wirksam jedenfalls der von einem Fahrzeughersteller an den Käufer gewährte Garantieanspruch für den Fall ausgeschlossen werden, dass vorgegebene Wartungsintervalle nicht eingehalten werden, ohne dass es auf die Ursächlichkeit des Nichteinhaltens der Wartungsintervalle auf einen möglichen Schadenseintritt ankommt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Überschreitung der Wartungsintervalle nicht nur geringfügig ist.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Autokaufrecht und Autokauf - Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen


Gründe:

I.

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Das Landgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von 7.001,85 Euro aus § 443 BGB in Verbindung mit der Garantievereinbarung. Die Voraussetzungen der Garantievereinbarung liegen nicht vor. Der Garantieanspruch war "von der Durchführung der regelmäßigen Wartungsdienste gemäß dem Wartungsheft" unter Einhaltung der dort angegebenen Wartungsintervalle abhängig. Auf das Garantiezertifikat der Beklagten (Anlage K 2) wird im Einzelnen Bezug genommen. Für das vorliegende Modell "K" betragen die Wartungsintervalle ausweislich des Wartungsheftes "40.000 km oder 2 Jahre" (Anlage K 16, S. 11). Die zuerst eintretende Intervallgrenze war unbedingt einzuhalten. Der Kläger hat diese Grenzen unstreitig nicht eingehalten. Er ließ das Kraftfahrzeug erstmals bei Kilometerstand 43.639, das zweite Mal bei Kilometerstand 95.526 und das dritte Mal bei Kilometerstand 140.644 warten.

Die Einschränkung der Herstellergarantie ist gemessen an § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam. Die Klausel benachteiligt den Kläger nicht unangemessen. Sie ist nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen landgerichtlichen Entscheidung wird Bezug genommen. Der Anwendungsbereich der §§ 307 ff. BGB ist eröffnet. Die Abrede schränkt die Leistungspflicht des Verwenders lediglich ein. Der Inhaltskontrolle entzogen sind nur Abreden, welche den unmittelbaren Leistungsgegenstand festlegen, nicht jedoch solche Abreden, die allein die Voraussetzungen der Leistungspflicht des Verwenders einschränken (BGH Urteil v. 17.10.2007 - VIII ZR 251/06 - NJW 2008, 214; BGH Urteil v. 24.04.1991 - VIII ZR 180/90 - NJW RR 1991, 1013, 1014). Nachdem der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 17.10.2007 (a.a.O.) noch offen gelassen hatte, ob bei einer - wie hier - als negative Anspruchsvoraussetzung formulierten Garantieklausel, die Leistungen aus der Garantie von vornherein nur unter der Voraussetzung durchgeführter Wartungsarbeiten verspricht, als eine der Inhaltskontrolle entzogenen Leistungsbeschreibung zu qualifizieren sei, hat er in einer späteren Entscheidung eine vergleichsbare Regelung einer Inhaltskontrolle zugeführt (vgl. BGH Urteil v. 06.07.2011 - VIII ZR 293/10 - NJW 2011, 3510, 3511).

Die hier vorgesehene Regelung, wonach der Kläger seine Garantieansprüche bei Nichteinhalten der vorgesehenen Wartungsintervalle unabhängig von der Ursächlichkeit für den Schadenseintritt verliert, ist wirksam und stellt keine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB dar. Eine Formularklausel ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen (BGH Urteil v. 06.07.2011 - VIII ZR 293/10 - NJW 2011, 3510 (3512) m. w. N.). Grundsätzlich besteht bei der Einräumung einer Garantie volle Vertragsfreiheit, da eine gesetzliche Pflicht zur Einräumung einer Garantie nicht besteht (MünchKomm/H.P.Westermann, BGB, 6. Aufl. 2012, § 443 Rn. 11). Demnach ist es dem Garantiegeber unbenommen, die Bedingungen, unter denen ein Garantieanspruch gewährt wird, einseitig festzulegen.

Der Bundesgerichtshof hat allerdings in der vom Kläger angeführten Entscheidung vom 17.10.2007 (VIII ZR 251/06 - NJW 2008, 214) ausgeführt, dass eine Klausel dann unangemessen ist, wenn sie den Verwender von seiner Leistungspflicht ohne Rücksicht darauf freistellt, ob der Verstoß des Kunden gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsarbeiten für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist. Danach sollte die Nichtdurchführung von Wartungsarbeiten nur dann zum Ausschluss der Garantieleistung führen, wenn sie für den Schadenseintritt kausal ursächlich gewesen ist.

In einer nachfolgenden Entscheidung vom 12.12.2007 (VIII ZR 187/06 - NJW 2008, 843), auf die sich die Beklagte beruft, hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass eine unangemessene Benachteiligung des Kunden nicht darin gesehen werden kann, dass der Hersteller die Leistungen aus der Garantie zum Zwecke der Kundenbindung von der regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs in seinen Vertragswerkstätten abhängig macht und zwar unabhängig davon, ob die Nichtdurchführung der Wartung für den Schadenseintritt ursächlich geworden ist. Dadurch werde in zulässiger Weise eine Bindung an Vertragswerkstätten und die Verringerung des Risikos von Garantiefällen bezweckt. Der Garantiegeber gewähre dem Kunden die zusätzliche Leistung nur "um den Preis" der vertragsgemäßen Durchführung von Wartungen in Vertragswerkstätten. Insoweit könne von einer Gegenleistung für die Gewährung der Garantie gesprochen werden. Hier kam es nicht darauf an, die Einstandspflicht zu beschränken. Der Garantiegeber hatte ein darüber hinausgehendes wirtschaftliches Interesse und zwar die Bindung der Kunden an die Vertragswerkstätten. Deshalb war es unbeachtlich, ob die fehlende oder "externe" Wartung für den Schadenseintritt ursächlich geworden ist. Denn die Voraussetzung der Durchführung der Wartung diente nicht der Einschränkung der Einstandspflicht, sondern war als "Preis" für die längere Garantie zu sehen.

Der vorliegende Sachverhalt ist angesichts der Tatsache, dass hier die Garantie nicht vom Autohändler - wie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.10.2007 (a.a.O.) - , sondern vom Fahrzeughersteller gewährt wurde, daher mit der Ausgangslage in der Entscheidung vom 12.12.2007 vergleichbar. Danach ist es hier grundsätzlich zulässig, das Bestehen der Ansprüche von der Vornahme von Inspektionen/Wartungen in verkehrsüblichen Intervallen abhängig zu machen. Wenn der Kunde sein Kraftfahrzeug - wie hier - stets in Vertragswerkstätten warten lässt und nur das Wartungsintervall überschreitet, wird dadurch das wirtschaftliche Interesse des Fahrzeugherstellers an der Bindung an Vertragswerkstätten befriedigt. Der Kunde hat damit für die längere Garantiezeit "bezahlt". Beruft sich der Fahrzeughersteller bei nur geringfügiger Überschreitung der Intervalle auf den Ausschluss seiner Leistungspflicht, dann setzt er in diesem Fall allerdings nur sein Interesse auf Beschränkung der Einstandspflicht durch. Ob unter diesen Voraussetzungen von einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden auszugehen ist und insoweit eine dem Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 17.10.2007 (a.a.O.) vergleichbare Fallkonstellation gegeben ist, kann vorliegend aber dahingestellt bleiben. Von einer nur geringfügigen Überschreitung der Intervalle gehen die Parteien vorliegend selbst nicht aus, da der Kläger mit Schriftsatz vom 12.07.2012 selbst eingeräumt hat, dass diese Überschreitung nicht als geringfügig anzusehen sei. Unabhängig davon geht auch der Senat im vorliegenden Fall nicht von einer nur geringfügigen Überschreitung aus, wenn allein das erste Intervall um 3.639 km (9,1 %) und zudem auch das zweite und dritte Wartungsintervall um jeweils 15.526 km (19,4 %) und 20.644 km (17,2 %) überschritten wurde. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil in den Garantiebedingungen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die erste Intervallgrenze "unbedingt" einzuhalten ist.

Solange keine nur geringfügige Überschreitung der Intervalle vorliegt, kommt es auf die Ursächlichkeit des Schadenseintritts nicht an. Nur bei geringerfügig Überschreitung des Wartungsintervalls ist auf die Ursächlichkeit der verspäteten Wartung für den Schadenseintritt abzustellen. Andernfalls bliebe gänzlich außer Betracht, dass der Garantiegeber mit der Garantie eine freiwillige Leistung erbringt und deswegen deren Voraussetzungen grundsätzlich frei bestimmen kann (vgl. dazu BGH Urteil v. 06.07.2011 - VIII ZR 293/10 - NJW 2011, 3510, 3512). Demgemäß kommt es hier auf die Frage, ob die verspätete Wartung für den Schaden ursächlich war und als solche der Inanspruchnahme aus der Garantie entgegen steht, nicht an.

Mangels Einhaltung der wirksamen Garantiebestimmungen hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 443 BGB in Verbindung mit der Garantievereinbarung.

Hinsichtlich der mit der Klage begehrten Mietwagenkosten in Höhe von 2.928,14 EUR hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass deren Ersatz nicht Inhalt des Garantieversprechens ist und der Kläger die Reparaturzeit auch bei Kostenübernahme durch die Beklagte hätte überbrücken müssen. Auch ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Kosten für den Sachverständigen in Höhe von 1.255,70 EUR besteht mangels Pflichtverletzung der Beklagten nicht. Die Beklagte war berechtigt, die Reparaturleistung insoweit zu verweigern.

Mithin besteht auch kein Anspruch aus §§ 280, 286 BGB auf Zahlung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 730,80 EUR.


II.

Der Kläger hat Gelegenheit zur Stellungnahme - auch zur Frage der Rücknahme des Rechtsmittels - binnen der ihm gesetzten Frist. Abschließend wird auf die Möglichkeit der Rücknahme der Berufung zum Zwecke der Ersparnis eines Teils der im zweiten Rechtszug anfallenden Gerichtsgebühren hingewiesen.