Das Verkehrslexikon
Kammergericht Berlin Beschluss vom 24.05.2013 - 1 Ws 28/13 - Vergütung des Verteidigers - Höhe der Umsatzsteuer auf Auslagen
KG Berlin v. 24.05.2013: Vergütung des Verteidigers - Höhe der Umsatzsteuer auf Auslagen
Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 24.05.2013 - 1 Ws 28/13) hat entschieden:
Neben den Gebühren und Auslagen kann der Verteidiger gem. Nr. 7008 RVG-VV den Ersatz der auf seine Vergütung entfallenden Umsatzsteuer verlangen. Das sind i.d.R. 19%, und zwar auch auf von ihm verauslagte Auslagen, für die nur der ermäßigte Steuersatz anfällt.
Siehe auch Anwaltskosten und Umsatzsteuer und Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren
Gründe:
Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten mit Urteil vom 6. Dezember 2011 – rechtskräftig seit dem 7. März 2013 – wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt. Ihm war ab dem 31. August 2009 Rechtsanwalt H. K. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Frage, welcher Umsatzsteuersatz im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens auf die dem Pflichtverteidiger bereits erstatteten Taxikosten für zwei Fahrten am 13. und 15. April 2011 innerhalb Berlins entfällt.
Der Pflichtverteidiger hat in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 27. März 2012 unter anderem die Erstattung der von ihm verauslagten Beträge für die Taxifahrten beantragt. Er hat die Rechnungsbeträge von 22,- Euro und 20,- Euro zunächst um die hierauf entfallende und auf den Quittungen ausgewiesene Umsatzsteuer von 7 % reduziert und hinsichtlich der so ermittelten Nettobeträge in Höhe von 20,56 Euro bzw. 18,69 Euro, zusammen 39,25 Euro, 19 % Umsatzsteuer in Höhe von zusammen 7,46 Euro, mithin einen Gesamtbetrag in Höhe von 46,71 Euro gegenüber der Landeskasse geltend gemacht. Mit Beschluss vom 26. Juni 2012 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die Taxikosten jedoch nur in Höhe der "tatsächlich entstandenen Reisekosten gemäß den Belegen incl. der jeweils darin enthaltenen Steuerbeträge", mithin in Höhe der Bruttorechnungsbeträge von zusammen 42,- Euro, festgesetzt. Auf die unter anderem hiergegen gerichtete Erinnerung des Pflichtverteidigers hat der Einzelrichter das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 33 Abs. 8 RVG auf die Kammer übertragen. Diese hat dem Pflichtverteidiger mit Beschluss vom 21. März 2013 unter anderem die Differenz zwischen dem zugesprochenen Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % und dem begehrten Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 % - einen Betrag in Höhe von 4,71 Euro für beide Taxifahrten – zuerkannt. Allein hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landgericht Berlin. Das Rechtsmittel ist zulässig, weil das Landgericht die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 RVG zugelassen hat. Es bleibt in der Sache jedoch erfolglos.
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG) und die angefochtene Entscheidung zudem in Dreierbesetzung durch die zuständige Kammer des Landgerichts gefasst worden ist.
Das Landgericht hat dem Pflichtverteidiger zu Recht einen Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 % auf die geltend gemachten Netto-Taxikosten zuerkannt.
Zu den zur Vergütung eines Rechtsanwalts zählenden Gebühren und Auslagen gehören zunächst die hier unstreitigen ausgelegten Taxikosten, auf die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG seitens des Taxiunternehmers der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % zu erheben war. In seinem Kostenfestsetzungsantrag kann der Rechtsanwalt jedoch lediglich die entsprechenden Nettobeträge geltend machen, wenn er – wie hier – die auf den Taxiquittungen ausgewiesene Umsatzsteuer seinerseits gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegenüber den Finanzbehörden als Vorsteuer abziehen kann. Die Zahlung der Umsatzsteuer auf umsatzsteuerpflichtige Auslagen stellt nämlich in diesem Fall keine bleibende Ausgabe dar, weil die Umsatzsteuer wirtschaftlich im Wege des Vorsteuerabzugs wieder zurückfließt (vgl. BGH NJW-RR 2012, 1016; Gerold/Schmidt RVG 19. Aufl., VV RVG Nr. 7008 Rdn. 18).
Neben den Gebühren und Auslagen kann der Verteidiger weiterhin gemäß Nr. 7008 VV RVG den Ersatz der auf seine Vergütung entfallenden Umsatzsteuer verlangen. Da die Umsätze eines Rechtsanwalts grundsätzlich nicht zu den in § 12 Abs. 2 Nr. 1 bis 11 UStG aufgelisteten umsatzsteuerrechtlich privilegierten Leistungen gehören, beträgt die Steuer für jeden seiner steuerpflichtigen Umsätze nach § 12 Abs. 1 UStG 19 % der jeweiligen Bemessungsgrundlage. Der Ansatz des reduzierten Umsatzsteuersatzes von 7 % käme lediglich für den (hier nicht gegebenen) Fall in Betracht, dass ein Rechtsanwalt Umsätze durch die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergebenden Rechten erzielt, § 12 Abs. 2 Nr. 7 c) UStG.
Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss außerdem zutreffend dargelegt, dass es sich bei den Taxikosten in Höhe von 39,25 € netto um einen Umsatz handelt, der als Nebenleistung das steuerliche Schicksal der unstreitig einem Umsatzsteuersatz von 19 % unterfallenden Hauptleistung in Höhe von rund 35.000,- Euro netto teilt (vgl. BFHE 228, 456, abgedruckt in BStBl. II 2010, 1109 m.w.N.). Es handelt sich bei der anwaltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts und den in Zusammenhang hiermit angefallenen Taxifahrten um Bestandteile einer einheitlichen Leistung im Sinne eines komplexen, aus mehreren Einzelleistungen zusammengesetzten Umsatzes, dessen Einzelleistungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, so dass das gesamte Leistungsbündel einheitlich zu besteuern ist (vgl. BFH DB 2013, 677 m.w.N.; BFH HFR 2012, 1191).
Eine unrechtmäßige Bereicherung ergibt sich aus der Differenz der beiden Umsatzsteuersätze nicht, denn der zum Vorsteuerabzug berechtigte Rechtsanwalt ist seinerseits verpflichtet, die an ihn ausgekehrte Umsatzsteuer in Höhe von 19 % an das Finanzamt abzuführen, so dass bei ihm lediglich die Nettobeträge verbleiben. Daher sind weitere 4,71 Euro zur Zahlung an den Pflichtverteidiger anzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.