Wird ein Pkw nach einer mehrtägigen Probefahrt vereinbarungsgemäß wieder auf dem Betriebshof des versicherten Autohändlers abgestellt, erlangt dieser auch ohne Anwesenheit eines Mitarbeiters erneut Gewahrsam, weshalb sich ein anschließendes Abhandenkommen des Fahrzeugs als bedingungsgemäßer Diebstahl darstellen kann.
Siehe auch Fahrzeugdiebstahl - Kfz-Diebstahl
Gründe:
I.
Die Klägerin, die einen Autohandel an mehreren Standorten betreibt, begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Teilkaskoversicherungsleistung in Höhe von rund 19.000,- € nach dem Abhandenkommen eines ihrer Fahrzeuge von dem Betriebsgelände in B. am 20./21. Februar 2011.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine umfangreiche, auf ihren Geschäftsbetrieb zugeschnittene Versicherung, die unter Geltung der AKB und der Besonderen Bedingungen (im Folgenden abgekürzt = BB) Kraftfahrtversicherung für eigene zugelassene Fahrzeuge und Kraftfahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk (Bl. 9 - 23 Bd. I d. A.) u. a. auch die auf sie zugelassenen Fahrzeuge gegen bedingungsgemäße Entwendung schützt (Nr. 2.2.2 BB, Bl. 21 Bd. I d. A.).
Im November 2010 erwarb die Klägerin einen Pkw … als Neufahrzeug vom Hersteller (Bl. 24 Bd. I d. A.), den sie am 09. Dezember 2010 auf sich zuließ, um ihn fortan als Vorführwagen zu nutzen und zum Verkauf anzubieten.
Am 18. Februar 2011 wurde dem Zeugen G., der Interesse an dem Fahrzeug bekundet hatte, der Pkw gemäß Nutzungsvereinbarung vom 18. Februar 2011 (Bl. 26 Bd. I d. A.) zu einer Probefahrt ohne Kilometerbegrenzung überlassen. Der Zeuge sollte das Fahrzeug am 20. Februar 2011, einem Sonntag, wieder auf dem frei zugänglichen Betriebsgelände der Klägerin in B. abstellen und die ihm überlassenen Autoschlüssel und die Fahrzeugpapiere in einen in der Hauswand des Bürogebäudes eingelassenen Sicherheitsbriefkasten (vgl. die Lichtbilder Bl. 121 - 124 Bd. I d. A.) einwerfen.
Am Morgen des 21. Februar 2011 wurde zu Beginn der Geschäftstätigkeit der Klägerin festgestellt, dass das Fahrzeug nicht, wie abgesprochen, auf dem Betriebsgelände stand. An dem Briefkasten der Klägerin ließen sich keinerlei Aufbruchspuren feststellen. Lediglich auf einem nahe gelegenen Feld wurde von den aufnehmenden Polizeibeamten eine Mappe, in der dem Zeugen G. sowohl Fahrzeugpapiere als auch Schlüssel übergeben worden waren, leer aufgefunden.
Auf die Strafanzeige der Klägerin wurde gegen mehrere Personen, u. a. auch den Zeugen G., von der Staatsanwaltschaft Halle ermittelt. Die Ermittlungen sind jedoch, ohne dass der Verbleib des Fahrzeugs geklärt oder der verantwortliche Täter ermittelt werden konnte, schließlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Eine Regulierung lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 13. Mai 2011 (Bl. 28 Bd. I d. A.) mit der Begründung ab, dass das Fahrzeug durch eine nicht versicherte Unterschlagung abhanden gekommen sei.
Die Klägerin hat behauptet, der Zeuge G. habe den Pkw, so wie vereinbart, am Sonntag, dem 20. Februar 2011, auf dem Betriebsgelände verschlossen abgestellt, die Fahrzeugpapiere und die Schlüssel in den Briefkasten geworfen und sodann das Betriebsgelände zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin M., in einem zweiten Fahrzeug wieder verlassen. Dementsprechend habe ein Mitarbeiter des von ihr beauftragten Wach- und Sicherheitsdienstes, der Zeuge Gt., den Pkw auch am Abend des 20. Februar 2011 gegen 20:00 Uhr und ein weiteres Mal am folgenden Morgen gegen 02:45 Uhr bei seinem Kontrollgang auf dem Betriebsgelände stehen gesehen. Erst anschließend sei der Pkw von unbekannten Tätern von dort gestohlen worden.
Das Fahrzeug sei, so die weiteren Behauptungen der Klägerin, abzüglich eines ihr zukommenden Händlerrabatts vom Hersteller zum Nettopreis von 18.715,99 € (Bl. 24 Bd. I d. A.) erworben und anschließend mit weiterem Zubehör im Wert von 757,18 € (vgl. Bl. 35 Bd. I d. A.) versehen worden. Die Summe hieraus, abzüglich einer unstreitigen Selbstbeteiligung von 500,00 €, ist Gegenstand der Klage. Zudem verlangt die Klägerin Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,80 € (vgl. Bl. 8 Bd. I d. A.).
Die Klägerin hat beantragt,die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.973,17 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2012 sowie vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von 807,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Die Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.Die Beklagte hat die Auffassung vertreten und vertritt dies weiterhin, auf Grund der fehlenden Aufbruchspuren am Briefkasten sei von keinem Diebstahl des Pkw, sondern von einer nach den Versicherungsbedingungen nicht versicherten Unterschlagung des Fahrzeugs auszugehen. Zudem hat sie den Anspruch der Höhe nach, vor allem wegen der behaupteten Zubehörausstattung, bestritten.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen G., M., Gt. und W. erhoben (Bl. 130 ff. Bd. I d. A.) und anschließend die Klage mit Urteil vom 19. Dezember 2012 (Bl. 170 - 178 Bd. I d. A.) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe einen bedingungsgemäßen Diebstahl des Fahrzeugs nicht bewiesen. Allein das Zurückbringen und Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgelände habe der Klägerin mangels fehlender Rückgabe des Autoschlüssels und der Fahrzeugpapiere, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festständen, keinen Gewahrsam verschaffen können. Vielmehr sei deshalb von einer Unterschlagung auszugehen, die nach A.2.2.2 Satz 2 AKB 2010 (Bl. 86 Bd. I d. A.) nicht mitversichert sei, da die Klägerin den Pkw dem Zeugen G. in dessen eigenem Interesse überlassen habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt und sich einerseits gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, wonach die Angaben der Zeugen G. und M. zum Einwurf der Schlüssel und Fahrzeugpapiere in den Briefkasten unglaubhaft seien, wendet sowie andererseits beanstandet, dass selbst bei Annahme dieser Prämisse richtigerweise von einem mitversicherten Diebstahl und keiner Unterschlagung auszugehen sei. Ungeachtet dessen sei nach den einbezogenen Versicherungsbedingungen für die hier vorliegende Probefahrt von keinem Risikoausschluss bei einer Unterschlagung auszugehen, weshalb die Beklagte selbst bei angenommener Unterschlagung einstandspflichtig sei.
Die Klägerin beantragt,unter Abänderung des angefochtenen Urteils, so wie in erster Instanz beantragt, zu erkennen.Die Beklagte beantragt,die Berufung zurückzuweisen.Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Im Übrigen wird von der Darstellung des Sachverhalts gemäß § 540 Abs. 2 in Verb. mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO Abstand genommen.
II.
Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Der Klägerin steht der in Höhe von 18.973,17 € geltend gemachte Anspruch lediglich in zuerkannter Höhe von 18.035,75 € gemäß § 1 Satz 1 VVG in Verb. mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Fahrzeug-Versicherungsvertrag auf Grund eines versicherten Diebstahls zu.
Hinsichtlich eines Teilbetrages von 937,42 € ist die Klage mithin unbegründet und unterliegt der Abweisung.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil ist auf der Grundlage des Beweisergebnisses bei zutreffender rechtlicher Würdigung von keiner Unterschlagung, sondern von einem von der Teilkaskoversicherung umfassten Diebstahl auszugehen (1). Ob hingegen eine Einstandspflicht der Beklagten auch für den Fall einer Unterschlagung in Betracht gekommen wäre, kann deshalb dahinstehen (2). Die geltend gemachte Entschädigungsforderung ist zum überwiegenden Teil begründet (3). Die verlangten Nebenforderungen begegnen keinen Bedenken (4).
1. Der Diebstahlsbegriff in der Teilkaskoversicherung wie auch die übrigen in den Allgemeinen wie Besonderen Vertragsbedingungen genannten Beispielfälle der Entwendung richten sich nach deren rein strafrechtlicher Definition (vgl. etwa Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., 2010, AKB 2008, A.2.2, Rdnr. 6 m. w. Nachw.).
Im vorliegenden Fall könnte allein die Wegnahme im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB Bedenken aufwerfen, die jedoch, ebenso wie die übrigen unproblematisch erfüllten Merkmale des Diebstahlstatbestands, bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu bejahen ist.
Unter Wegnahme wird der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams verstanden. Gewahrsam bedeutet ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis zwischen einer Person und einer Sache, das von einem Herrschaftswillen getragen wird, wobei sich die Beurteilung dieser Elemente nach der natürlichen Auffassung des täglichen Lebens richtet.
Das Landgericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge G. das Fahrzeug nach der Probefahrt vereinbarungsgemäß am Sonntagnachmittag gegen 16:00 Uhr auf dem Betriebsgelände abstellte, wo es gegen 20:00 Uhr und ein weiteres Mal gegen 02:45 Uhr vom Sicherheitsbeamten Gt. bei seinem Kontrollgang ordnungsgemäß verschlossen festgestellt worden sei. Demgegenüber, so das Landgericht, stände auf Grund der Angaben der Zeugen G. und M. nicht sicher fest, dass die Schlüssel und Fahrzeugpapiere wie abgesprochen in den Sicherheitsbriefkasten der Klägerin eingeworfen worden seien.
Dieses Beweisergebnis ist nicht zu beanstanden und wird von der überzeugenden Beweiswürdigung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil getragen. Die hiergegen mit der Berufung von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen verfangen nicht. Insbesondere ist den Angaben des Zeugen G., der das Einwerfen der Schlüssel in den Briefkasten beteuert hat, nur schwerlich Glauben zu schenken. Denn der Zeuge ist weiterhin verdächtig, bei der Entwendung des Fahrzeugs mitgewirkt zu haben, und zwar selbst dann, wenn, wie von der Staatsanwaltschaft in dem Ermittlungsverfahren angenommen, gegen ihn kein für eine Anklageerhebung notwendiger hinreichender Tatverdacht bestehen sollte. Hinzu kommt, dass nach der Schilderung des Zeugen völlig nebulös bleibt, wie die Schlüssel und die Fahrzeugpapiere nach dem behaupteten Einwerfen später wieder aus dem Sicherheitsbriefkasten gelangt sein sollen, da an diesem keinerlei Aufbruchspuren festzustellen waren. Auch den Angaben der Zeugin M. ist in diesem Zusammenhang keine besondere Beweiskraft beizumessen, da die Zeugin im Fahrzeug sitzen blieb und folgerichtig nur hat angeben können, dass ihr damaliger Lebensgefährte G. zum Briefkasten gegangen sei, ohne ein Einwerfen von Schlüssel und Papieren letztlich gesehen zu haben. Demgegenüber steht das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebshof der Beklagten nach den glaubhaften Bekundungen des Sicherheitsbeamten Gt. sicher fest, da dieser das Fahrzeug gegen 20:00 Uhr und am Montagmorgen gegen 02:45 Uhr dort stehen sah.
Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Ansicht des Landgerichts, die Klägerin habe auf Grund der Übergabe des Fahrzeugs an den Zeugen G. ihren Gewahrsam hieran verloren, da angesichts der zweitägigen Probefahrt nicht mehr von einer bloßen Gewahrsamslockerung ausgegangen werden könne. Der Zeuge G. durfte das Fahrzeug nämlich völlig frei ohne Kilometerbeschränkung oder sonstige Vorgaben über einen längeren Zeitraum von zwei Tagen nutzen und war deshalb während dieser Zeit Alleingewahrsamsinhaber.
Unzutreffend ist hingegen die Ansicht des Landgerichts, die Klägerin habe auf Grund des Abstellens des Fahrzeugs auf ihrem Betriebsgelände am Sonntagnachmittag keinen Gewahrsam an dem Pkw wieder erlangen können. Das Landgericht hat zur Begründung hierfür ausgeführt, eine Gewahrsamswiedererlangung sei deshalb ausgeschlossen, weil der Betrieb am Sonntagnachmittag nicht besetzt gewesen sei und die Klägerin folglich keine tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug habe ausüben können. Selbst wenn man dies im Hinblick auf einen möglichen, bei der Klägerin verbliebenen Zweitschlüssel anders sehe wolle, habe diese dennoch keinen für einen anschließenden Diebstahl erforderlichen Alleingewahrsam begründen können, da der Zeuge G. weiterhin über den von ihm nicht abgegebenen Schlüssel verfügt habe.
Diese Ausführungen des Landgerichts zu einem erforderlichen Alleingewahrsam sind, wie die Berufung zu Recht beanstandet, nicht haltbar. Ein Alleingewahrsam ist für den Bruch fremden Gewahrsams im Rahmen des Wegnahmebegriffs nämlich gerade nicht erforderlich. Vielmehr genügt für die Tatbestandsverwirklichung eines Diebstahls der Bruch jeden fremden Gewahrsams und damit auch der eines bloßen Mitgewahrsams.
Ungeachtet dessen spricht hier allerdings auch alles für eine Wiedererlangung nicht nur des Mitgewahrsams, sondern sogar des Alleingewahrsams der Klägerin an dem auf ihrem Betriebshof abgestellten Fahrzeug.
Auf Grund der natürlichen Auffassung des täglichen Lebens, die gerade bei Fragen eines Gewahrsamswechsels mit heranzuziehen ist (vgl. etwa Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., 2010, § 242 Rdnr. 23 - 26 m. w. Nachw.), kann es hier entgegen der Ansicht des Landgerichts keine maßgebliche Rolle spielen, dass zur Abstellzeit am Sonntag keine Mitarbeiter der Klägerin vor Ort anwesend waren. Wenn sogar auf dem Feld zurückgelassene Gerätschaften im Gewahrsam des Bauern verbleiben (vgl. BGHSt 16, 278), kann beim vereinbarungsgemäßen Abstellen eines Pkw nach Beendigung einer Probefahrt auf dem Betriebsgelände der Gewahrsam des Autohauses nicht ernsthaft in Zweifel stehen. Denn bei unbefangener Lebensbetrachtung wird der Betriebsparkplatz, auf dem auch sonst nur Fahrzeuge der Klägerin stehen – der fragliche Pkw befand sich nach den Angaben des Wachmanns Gt. gerade nicht auf den ebenfalls dort vorhandenen Kundenparkplätzen – als Herrschaftssphäre der Klägerin zugeordnet, zumal dieser Bereich auch abends und nachts in ihrem Auftrag von einem Wachmann regelmäßig kontrolliert wurde. Angesichts dieser klaren Zuordnung kommt dem Umstand, dass Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapiere nicht mit zurückgegeben wurden, für den Gewahrsam an dem Pkw, um den es hier allein geht, keine Relevanz zu.
Ein derartiges Ergebnis wird zudem durch ähnliche in der Rechtsprechung entschiedene Fälle gestützt. So hat etwa der BGH in einem Urteil vom 01. Dezember 1967 (Az.: 4 StR 516/67, NJW 1968, 662) unter Heranziehung der Anschauungen des täglichen Lebens die Gewahrsamserlangung eines Ladensinhabers an solchen Waren bejaht, die in dessen Abwesenheit morgens vor Geschäftsöffnung vereinbarungsgemäß vor der verschlossenen Ladentür abgestellt wurden. Ebenfalls ist der BGH in einem Urteil vom 10. Oktober 1961 (Az.: 5 StR 528/61, GA 1962, 78) von einer Wiedererlangung des Gewahrsams an einem verliehenen Mofa ausgegangen, das dem späteren Täter zunächst freiwillig für eine Besorgungsfahrt überlassen worden war, anschließend von diesem aber ohne Wissen des Eigentümers vor dessen Tür abgestellt und später dort entwendet wurde.
Ebenso wenig erweist sich ein für die Gewahrsamserlangung erforderlicher Gewahrsamswille als problematisch. Denn in derartigen Konstellationen ist für eine Gewahrsamserlangung bereits ein sogenannter antizipierter Gewahrsamswille ausreichend. Danach genügt, dass die Klägerin bzw. deren Mitarbeiter wussten, dass der Pkw im Laufe des Sonntags auf ihr Betriebsgelände zurückgebracht werden sollte, und ihr Wille dahin ging, für diesen Fall den Gewahrsam an dem zurückgebrachten Fahrzeug, ganz gleich, ob dieses mit oder ohne Schlüssel abgegeben wurde, wiederzuerlangen.
Demgegenüber ist der allein innerlich gebliebene deliktische Wille des Zeugen G., die Schlüssel womöglich später für eine Entwendung zu nutzen, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeugs nicht erkennbar nach außen getreten, weshalb ihm für die Frage eines Gewahrsamswechsels entgegen der Ansicht der Beklagten keine Bedeutung beigemessen werden kann.
Nach alldem liegt mithin ein bedingungsgemäßer Diebstahl vor, für den die Beklagte nach dem Versicherungsvertrag entsprechend den Ziffern 1.1 und 2.2.2 Abs. 1 und 2 der Besonderen Vertragsbedingungen in Teil 4 des Vertrages, bezeichnet als Kraftfahrtversicherung für eigene zugelassene Fahrzeuge und Kraftfahrzeugversicherung für Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk, einstandspflichtig ist.
2. Angesichts des hier vorliegenden Diebstahls kommt es darauf, ob die Beklagte selbst bei Vorliegen einer Unterschlagung einstandspflichtig wäre, nicht weiter an.
Allerdings ließe sich eine Einstandspflicht der Beklagten, entgegen der Auffassung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil, nicht problemlos verneinen.
Die AKB 2010 – und in ähnlicher Form bereits die Vorgängervorschriften der AKB, weshalb es nicht entscheidend auf die hier einbezogene Fassung der AKB ankommt – sehen nach der Regelung in A.2.2.2 Satz 2 einen Versicherungsschutz bei einer Unterschlagung nur dann vor, wenn dem Täter das Fahrzeug nicht zum Gebrauch im eigenen Interesse … überlassen wird.
Eine derartige, nicht vom Versicherungsschutz umfasste Konstellation läge – ungeachtet der späteren Rückgabe des Fahrzeugs – hier zwar, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, vor, weil der Pkw dem Zeugen G. ohne Nutzungsbeschränkungen für einen längeren Zeitraum und damit in dessen eigenen Interesse von der Klägerin überlassen worden war.
Dennoch könnte zweifelhaft sein, ob dieser Risikoausschluss einer Klauselkontrolle nach den §§ 305c, 307 BGB, die gemäß § 310 Abs. 1 BGB auch bei Verwendung gegenüber Unternehmen, wie hier der Klägerin, Anwendung finden, standhielte.
Denn in Nr. 2.2.2 Abs. 1 der Besonderen Vertragsbedingungen des 4. Teils wird für den Fall der Unterschlagung Versicherungsschutz ohne jedwede Einschränkung eingeräumt. Deshalb könnte bedenklich sein, ob diese Klausel, die für den Versicherungsnehmer zunächst einen unbeschränkten Versicherungsschutz erwarten lässt, über den nachfolgend unter Ziffer 4 bestimmten Verweis auf die nicht abbedungenen Regelungen der AKB eine dem Transparentgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügende Beschränkung durch die Regelung in A.2.2.2 Abs. 2 AKB 2010 erfährt, und auch nicht minder bedenklich erscheint, ob ein derartiger Risikoausschluss im Falle einer gebotenen Auslegung, wonach möglicherweise verbleibende Zweifel gemäß § 305c Abs. 2 BGB gerade zulasten der Beklagten als Verwender gehen, letztlich Geltung zu beanspruchen vermag.
3. Da das Fahrzeug innerhalb des ersten Jahres nach der Zulassung gestohlen wurde, hat die Beklagte der Klägerin entsprechend der Regelung in Nr. 2.2.2, 2. Abs. Satz 1 der Besonderen Vertragsbedingungen in Teil 4 (Bl. 21 Bd. I d. A.) den Neupreis des Kraftfahrzeugs abzüglich Nachlass des Herstellers zu erstatten, was auf einen Entschädigungsanspruch der Klägerin in Höhe von insgesamt 18.035,75 € hinausläuft.
Ausgehend von der Herstellerrechnung der S. GmbH vom 05. November 2010 (Bl. 24 Bd. I d. A.), auf die verwiesen wird, beträgt der Nettoneupreis des Fahrzeugs 21.596,64 € zuzüglich 411,76 € netto für die Metallic-Lackierung, mithin 22.008,40 €. Dieser Betrag ist um den gewährten Händlerrabatt von 17,40 % in Höhe von 3.757,82 € und 71,65 € auf 18.178,93 € zu bereinigen. Demgegenüber sind die weiteren in der Rechnung aufgeführten und mit der Klage geltend gemachten Positionen CO-OP-Werbeanteil mit 75,00 €, Fracht- und Nebenkosten mit 424,75 €, Kfz-Brief mit 20,67 € und Lagerwagenversicherung mit 16,64 € nicht ersatzfähig, da sie nicht zum Neupreis des Fahrzeugs zählen.
Daneben hat die Klägerin auf Grundlage ihrer internen Rechnung vom 01. März 2011 (Bl. 35 Bd. I d. A.), auf die ebenfalls des Näheren verwiesen sei, entsprechend A.2.1.2 lit. a der AKB 2010 (Bl. 85 Bd. I d. A.) Anspruch auf Entschädigung wegen werkseitig in das Fahrzeug eingebaute bzw. fest verbundener Fahrzeug- und Zubehörteile in Höhe von 356,82 €.
Der Betrag ergibt sich, wenn man von den Materialkosten in Höhe von insgesamt 757,18 € die Kombitasche für 7,80 €, der Waschanlagenzusatz für 4,08 € und den Gummimattensatz für 18,76 €, bei denen es sich um keine bedingungsgemäß eingebauten oder fest verbundenen Teile handelt, sowie die Winterreifen in Höhe von 369,72 € in Abzug bringt.
Materialkosten laut Rechnung vom 01. März 2011 757,18 € ./. Kombitasche - 7,80 € ./. Waschanlagenzusatz - 4,08 € ./. Gummimattensatz - 18,76 € ./. Winterreifen - 369,72 € Erstattungsfähige Materialkosten 356,82 €
Entschädigung wegen der Winterreifen kann die Klägerin nicht verlangen, da ihr lediglich ein Satz Reifen abhanden gekommen ist, über den das Fahrzeug bereits bei Anlieferung verfügte, und der schon über den Neupreis aus der Rechnung vom 05. November 2010 entschädigt worden ist, weshalb er nicht erneut als Zubehörteil in Ansatz gebracht werden kann.
Ebenso wenig kann sie selbstverständlich Ersatz der in der Rechnung vom 01. März 2011 noch aufgeführten reinen Arbeitsleistungen in Höhe von 127,49 € beanspruchen.
Von dem danach insgesamt erstattungsfähigen Betrag von 18.535,75 € ist die vereinbarte Selbstbeteiligung von 500,00 € entsprechend Ziffer 12.1 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (Bl. 15 Bd. I d. A.) in Abzug zu bringen, womit ein begründeter Gesamtentschädigungsanspruch von 18.035,75 € verbleibt und die Klage wegen des darüber hinaus gehenden Differenzbetrags von 937,42 € der Abweisung unterliegt, wie die folgende Tabelle verdeutlicht.
Hersteller-Rechnung, erstattungsfähig 18.178,93 € Materialkosten, erstattungsfähig + 356,82 € Entschädigungssumme 18.535,75 € ./. vertraglicher Selbstbehalt - 500,00 € Verbleibende Neupreis-Entschädigungssumme 18.035,75 € Klageforderung 18.973,17 € ./. zuerkannte Summe - 18.035,75 € Klageabweisung in Höhe der Differenz 937,42 €
4. Die verlangten Nebenforderungen begegnen keinen Bedenken.
Der auf die Hauptforderung geltend gemachte Zinsanspruch steht der Klägerin gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB spätestens seit dem 31. Januar 2012 zu, weil die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 13. Mai 2011 (Bl. 28 Bd. I d. A.) eine Schadensregulierung ernsthaft und endgültig verweigerte, hierdurch in Zahlungsverzug geriet und mangels Beteiligung eines Verbrauchers an dem streitigen Versicherungsverhältnis von da an den erhöhten Zinssatz aus § 288 Abs. 2 BGB schuldet.
Weil sich die Beklagte seit diesem Zeitpunkt in Zahlungsverzug befunden hat, hat die Klägerin, wie beantragt, auch Anspruch auf die danach entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,80 €, welche als Verzugsschaden aus § 280 Abs. 1 und 2 in Verb. mit § 286 BGB folgen und ab Rechtshängigkeit der Klage am 24. März 2012 (Bl. 39 Bd. I d. A.) entsprechend § 291 BGB in Verb. mit § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen sind. Wegen der Höhe der Anwaltskosten kann auf die Berechnung in der Klageschrift (Bl. 8 Bd. I d. A.) mit der Maßgabe verwiesen werden, dass der Gegenstandswert lediglich 18.035,75 € beträgt, was sich allerdings mangels Gebührensprungs nicht auf die Höhe der geltend gemachten Gebühr auswirkt.
III.
Die Kostenentscheidung zulasten der ganz überwiegend erfolglos bleibenden Beklagten folgt aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO, wobei sich die der Klageabweisung unterliegende Zuvielforderung der Klägerin gegenüber ihrem Obsiegen im Übrigen als verhältnismäßig geringfügig darstellt und mangels Gebührensprungs zudem keine Kosten veranlasst hat.
Der Ausspruch zur Vollstreckbarkeit dieses ebenso wie des erstinstanzlichen Urteils entspricht den §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 Satz 1, 713 ZPO in Verb. mit § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.