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OLG Koblenz Beschluss vom 07.05.2014 - 2 SsBs 22/14 - Vorsatz bei einer qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung
OLG Koblenz v. 07.05.2014: Zur Annahme von Vorsatz bei einer qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts
Das OLG Koblenz (Beschluss vom 07.05.2014 - 2 SsBs 22/14) hat entschieden:
- Bei Verwendung eines standardisierten Messverfahren muss das Urteil über die Feststellungen zum angewandten Messverfahren und die Angabe des berücksichtigten Toleranzwertes hinaus insbesondere die Mitteilung enthalten, dass die Bedienungsvorschriften beachtet worden sind und das Gerät geeicht war.
- Der Tatrichter darf grundsätzlich davon ausgehen, dass aufgestellte Verkehrszeichen von den Verkehrsteilnehmern wahrgenommen werden. Die Möglichkeit, dass ein Kraftfahrer ein Zeichen übersehen hat, braucht nur dann in Rechnung gestellt zu werden, wenn sich hierfür konkrete Anhaltspunkte ergeben oder der Betroffene dies im Verfahren einwendet.
- Bei einer - wie hier - deutlichen (qualifizierten) Geschwindigkeitsüberschreitung, die nach ständiger Rechtsprechung des OLG Koblenz außerhalb geschlossener Ortschaften ab einer Überschreitung um mehr als 40 km/h anzunehmen ist, ergibt sich schon aus den damit verbundenen sensorischen Eindrücken, hervorgerufen durch Motorgeräusch, Fahrzeugvibrationen und die Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung verändert, ein beweiskräftiges Indiz dafür, dass der Kraftfahrer die erlaubte Geschwindigkeit zumindest mit bedingtem Vorsatz überschreitet.
- Nach § 4 Abs. 4 BKatV soll, wenn von der Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise abgesehen wird, das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden. Dies ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck dieser Regelung aber nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots an sich vorliegen, denn eine angemessene Erhöhung der Regelgeldbuße ist nur anstelle eines grundsätzlich verwirkten Fahrverbots zulässig.
- Werden im Abwesenheitsverfahren Skizzen durch den Sachverständigen erst in der Hauptverhandlung vorgelegt und zum Hauptverhandlungsprotokoll genommen, aber dem Verteidiger mit der Übersendung des Hauptverhandlungsprotokolls bekannt gemacht, kann und muss der Betroffene im Rahmen der Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Beruhensfrage konkret darlegen, welche Einwendungen sich aus den Skizzen im Einzelnen ergeben.
Siehe auch Zur Annahme von Vorsatz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen und Standardisierte Messverfahren
Gründe:
I.
1. Mit Bußgeldbescheid vom 16. März 2011 hat die Kreisverwaltung ...[X] gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 50 km/h ein Bußgeld von 160,- Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet (Bl. 36 f. d.A.). Auf hiergegen rechtzeitig eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht mit Urteil vom 17. September 2012 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h eine Geldbuße von 320,- festgesetzt, von der Verhängung eines Fahrverbots hingegen abgesehen (Bl. 203 ff. d.A.). Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der erkennende Senat das Urteil und die zugrundeliegenden Feststellungen mit Beschluss vom 26. August 2013 wegen Verletzung von § 261 StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen (Bl. 247 ff. d.A.). In seiner Entscheidung hat der Senat auf Seite 5 darauf hingewiesen, dass angesichts der Höhe der Überschreitung - sog. qualifizierte Geschwindigkeitsüberschreitung - eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise nahe liegt.
2. Mit dem angegriffenen, in Abwesenheit des Betroffenen und seines Verteidigers ergangenen Urteil vom 13. Januar 2014 hat das Amtsgericht erneut (nur) wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h eine Geldbuße von 320,- Euro festgesetzt (Bl. 275 ff. d.A.). Es hat die Regelgeldbuße von 160,- Euro im Hinblick auf das Absehen vom Regelfahrverbot verdoppelt. Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 5. Oktober 2010 die Bundesautobahn A 61 in der Gemarkung ...[Y], Fahrtrichtung Köln, mit einem Pkw im auf 100 km/h beschränkten Bereich mit einer Geschwindigkeit von - nach Toleranzabzug - 150 km/h.
Gegen das am 10. Februar 2014 zugestellte Urteil hat der Betroffene am gleichen Tag Rechtsbeschwerde eingelegt (Bl. 283 d.A.) und dieses Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 7. März 2014 näher begründet (Bl. 290 ff. d.A.). Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Rechtsbeschwerdebegründung Bezug genommen.
II.
Die Rechtsbeschwerde erweist sich mit den erhobenen Verfahrensrügen als unzulässig, da entgegen § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO die den behaupteten Verfahrensmangel enthaltenen Tatsachen nicht hinreichend angegeben sind.
Innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO sind die Verfahrenstatsachen so vollständig, genau und aus sich heraus verständlich darzulegen, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Begründung prüfen kann, ob der behauptete Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (BGH 2 StR 34/13 v. 12.3.2013 - NStZ-RR 2013, 222; 1 StR 45/11 v. 25.1.2012 - juris). Der Senat muss allein aufgrund der Begründungsschrift - ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf Aktenbestandteile oder Anlagen - prüfen können, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Rechtsbeschwerde zutrifft (BGH 4 StR 77/95 v. 9.3.1995 - NJW 1995, 2047; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 344 Rn. 21 mwN; vgl. auch Cirener, Die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Rechtsprechung des BGH, NStZ-RR 2014, 33 <35>). Diesen Anforderungen genügen die hier zur Überprüfung gestellten Verfahrensrügen nicht.
1. Soweit der Betroffene rügt, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sei dadurch verletzt worden, dass das Amtsgericht seine Überzeugung auch auf erst im Hauptverhandlungstermin vom Sachverständigen vorgelegte „Skizzen“ gestützt habe, zu denen er - der Betroffene - sich nicht habe äußern können, kann der Senat ohne Rückgriff auf die Akten schon nicht feststellen, um welche Skizzen es sich handelt und inwieweit sie für die Entscheidungsfindung von Bedeutung sind. Damit sind die erforderlichen Verfahrenstatsachen nicht hinreichend dargestellt. Darüber hinaus kann der Senat aber auch nicht prüfen, ob das Urteil auf dem behaupteten Gehörsverstoß beruht, weil nicht dargelegt wird, was der Betroffene im Fall der vorherigen Anhörung vorgetragen hätte (vgl. Göhler-Seitz, OWiG, 15. Aufl. § 79 Rn. 27d mwN; OLG Saarbrücken Ss Z 222/04 v. 30.5.2005 - VRS 109, 15 ff., zit. n. juris Rn. 9 mwN). Der Betroffene führt lediglich aus, dass er bei Kenntnis der Skizzen die Möglichkeit gehabt hätte, den Sachverständigen mit neueren, seinem Gutachten zuwider laufenden Erkenntnissen bezüglich des Messverfahrens ESO 3.0 zu konfrontieren. Wie bereits die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 15. April 2014 zutreffend ausgeführt hat, wird ein derart pauschaler Hinweis der Darlegungslast nur in Fällen gerecht, in denen die neuen Beweismittel weder vor noch nach der Hauptverhandlung zur Akte gelangt sind, so dass der Betroffene gar nicht in der Lage ist, konkrete Einwendungen zu formulieren (OLG Saarbrücken aaO Rn. 10). Die zum Hauptverhandlungsprotokoll genommenen Skizzen wurden dem Verteidiger hier jedoch mit der Übersendung des Hauptverhandlungsprotokolls bekannt gemacht (vgl. Bl. 282 Rücks. d.A.); der Betroffene hätte daher im Hinblick auf die Beruhensfrage konkret darlegen können und müssen, welche Einwendungen sich aus den Skizzen im Einzelnen ergeben. Es ist nicht Sache des Rechtsbeschwerdegerichts, die Ordnungsgemäßheit einer in einem standardisierten, zudem sachverständigerseits überprüften Messverfahren erfolgten Messung nochmals zu hinterfragen, ohne dass der Betroffene konkrete Einwendungen gegen die Messung vorbringt. Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgeräte ESO 3.0 (ES 3.0) handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren; Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung können daher nur konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung begründen (vgl. OLG Köln III-1 RBs 63/13 v. 06.03.2013 - NZV 2013, 459).
2. Unzulässig ist auch die erhobene Inbegriffsrüge einer Verletzung von §§ 46 Abs. 1 OWiG, 261 StPO mit der Behauptung, der Sachverständige habe sich in seinem Gutachten auf Tatsachen gestützt, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen seien. Die Rechtsbeschwerde führt nicht aus, um welche konkreten Tatsachen es sich hierbei handelt; sie teilt nur mit, es handele sich um die dem Sachverständigen „von der Polizeidirektion …[Z] ermittelten und zur Verfügung gestellten Tatsachen“. Grundsätzlich können Befundtatsachen - solche, die der Sachverständige aufgrund seiner besonderen Sachkunde erkennen oder in ihrer Bedeutung gerade für die von ihm durchzuführende Untersuchung einschätzen kann - jedoch durch das mündliche Gutachten des Sachverständigen in die Hauptverhandlung eingeführt werden, was bei darüber hinausgehenden Zusatztatsachen nicht möglich ist (BGH 1 StR 639/84 v. 20.11.1984 - NStZ 1985, 182, zit. n. juris Rn. 7 mwN; 1 StR 642/78 v. 23.1.1979 - NJW 1979, 1370, zit. n. juris Rn. 5). Da die Rechtsbeschwerde keine weiteren Ausführungen darüber enthält, um welche Tatsachen es sich hier handeln soll, kann der Senat eine entsprechende Einordnung und Überprüfung nicht vornehmen.
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Urteilsinhalt, der aufgrund der gleichzeitig erhobenen Sachrüge Gegenstand der Überprüfung durch den Senat ist, dass das Messprotokoll verlesen wurde (Seite 3, Bl. 277 d.A.). Insoweit war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde die Vernehmung des Messbeamten nicht erforderlich. Im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist abweichend von § 250 StPO die Verlesung des Messprotokolls zu Beweiszwecken grundsätzlich anstelle der zeugenschaftlichen Vernehmung der Polizeibeamten, die die Geschwindigkeitsmessung durchgeführt haben, zulässig. Das Gesetz macht diese vereinfachte Art der Beweisaufnahme gemäß § 77a Abs. 4 Satz 1 OWiG nur dann von der Zustimmung anderer Verfahrensbeteiligter abhängig, wenn diese - was hier nicht der Fall war - in der Hauptverhandlung anwesend sind (§ 77a Abs. 4 Satz 1 OWiG; vgl. OLG Koblenz 2 SsRs 116/13 v. 24.01.2014; OLG Köln Ss 217/00 B v. 6.6.2000 - StV 2001, 342, zit. n. juris Rn. 6). Entgegen der Rechtsbeschwerde wurden die von dem Sachverständigen zugrunde gelegten Tatsachen daher durch die im Urteil genannten, zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel gewonnen.
III.
Die auf die Sachrüge vorgenommene Überprüfung des Urteils führt zur Abänderung des Schuldspruchs sowie zu einer Herabsetzung der festgesetzten Geldbuße.
1. Die Urteilsfeststellungen genügen den an ein Bußgeldurteil zu stellenden Darlegungsanforderungen und ermöglichen dem Senat die gebotene Rechtskontrolle. Bei Verwendung eines - wie hier - standardisierten Messverfahren muss das Urteil über die Feststellungen zum angewandten Messverfahren und die Angabe des berücksichtigten Toleranzwertes hinaus insbesondere die Mitteilung enthalten, dass die Bedienungsvorschriften beachtet worden sind und das Gerät geeicht war (OLG Koblenz 2 SsBs 112/12 v. 14.12.2012 mwN; OLG Oldenburg 2 SsRs 180/13 v. 1.7.2013 - NZV 2013, 512 mwN). Dies ist hier der Fall. Die gemessene Geschwindigkeit des vom Betroffenen geführten Fahrzeugs lässt sich ohne weiteres aus den Angaben des Urteils erschließen (Zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h + Überschreitung 50 km/h + Toleranzwert 5 km/h = gemessene Geschwindigkeit 155 km/h). Entgegen der Rechtsbeschwerde gibt das Urteil auch die Einlassung des Betroffenen wieder, zur Tatzeit Fahrer des gemessenen Fahrzeugs gewesen zu sein (vgl. Seite 3, Bl. 277 d.A.; zur Darstellungspflicht hinsichtlich der Einlassung vgl. OLG Koblenz 2 SsBs 128/12 v. 26.8.2013; Göhler-Seitz aaO § 71 Rn. 43).
2. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen. Der Senat hat daher für die weitere Rechtskontrolle von den Feststellungen des Amtsgerichts auszugehen.
Diese führen jedoch zwingend zu einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 26. August 2013 hingewiesen hat, darf der Tatrichter grundsätzlich davon ausgehen, dass aufgestellte Verkehrszeichen von den Verkehrsteilnehmern wahrgenommen werden. Die Möglichkeit, dass ein Kraftfahrer ein Zeichen übersehen hat, braucht nur dann in Rechnung gestellt zu werden, wenn sich hierfür konkrete Anhaltspunkte ergeben oder der Betroffene dies im Verfahren einwendet (BGH, Beschl. 4 StR 638/96 v. 11.09.1997 - BGHSt 43, 241 <250 f.>; OLG Koblenz 2 SsBs 24/10 v. 12.04.2010 mwN). Beides ist hier nicht der Fall. Bei einer - wie hier - deutlichen (qualifizierten) Geschwindigkeitsüberschreitung, die nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz außerhalb geschlossener Ortschaften ab einer Überschreitung um mehr als 40 km/h anzunehmen ist, ergibt sich schon aus den damit verbundenen sensorischen Eindrücken, hervorgerufen durch Motorgeräusch, Fahrzeugvibrationen und die Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung verändert, ein beweiskräftiges Indiz dafür, dass der Kraftfahrer die erlaubte Geschwindigkeit zumindest mit bedingtem Vorsatz überschreitet (OLG Koblenz aaO; 2 SsBs 100/90 v. 2.10.2009 - Verkehrsrecht aktuell 2010, 13, zit. n. juris Rn. 27).
Der auch im Bußgeldverfahren geltende Grundsatz der reformatio in peius gemäß §§ 72 Abs. 1 OWiG, 358 II StPO steht einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen (BGH 4 StR 603/11 v. 18.7.2012 - NZV 2013, 199; Göhler-Seitz aaO § 79 Rn. 37 mwN). Der Senat hat den Betroffenen mit Beschluss vom 26. August 2013 ausdrücklich auf diese Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 265 Abs. 1 StPO), so dass er in der Lage war, sein Verteidigungsverhalten darauf einzurichten.
3. An und für sich wäre hier gegen den Betroffenen zwingend ein Fahrverbot wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG zu verhängen gewesen. Dies war jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts, nachdem seit der Tat (5.10.2010) mehr als 3 Jahre und 3 Monate verstrichen sind und unter Berücksichtigung der hier relevanten besonderen Umstände - die eingetretene Verfahrensverzögerung liegt nicht im Verantwortungsbereich des Betroffenen; Beanstandungen seines Verkehrsverhaltens sind nach der Tat nicht ersichtlich - trotz der vorsätzlichen Begehungsweise nicht mehr veranlasst. Ein Fahrverbot verliert seinen Zweck als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme, wenn zwischen der Verkehrsordnungswidrigkeit und dem Wirksamwerden der Maßnahme ein erheblicher Zeitraum liegt und ein nochmaliges Fehlverhalten des Betroffenen in dieser Zeit nicht festzustellen ist. Ein solcher, Sinn und Zweck des Fahrverbots in Frage stellender Zeitablauf ist grundsätzlich anzunehmen, wenn zwischen der Tat und ihrer richterlichen Ahndung zwei Jahre oder mehr vergangen sind (OLG Koblenz 2 SsBs 24/10 v. 12.04.2010; 2 SsBs 100/09 v. 2.10.2009 - juris Rn. 29 mwN).
Die Rechtsbeschwerde rügt insoweit zu Recht eine Verletzung von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG iVm § 4 Abs. 4 BKatV. Denn das Amtsgericht hat unter Absehen von dem an sich gebotenen Fahrverbot eine Erhöhung der für Ordnungswidrigkeiten der hier vorliegenden Art vorgesehenen Regelgeldbuße von 160,- Euro auf das Doppelte vorgenommen. Dies ist rechtsfehlerhaft. Nach § 4 Abs. 4 BKatV soll, wenn von der Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise abgesehen wird, das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden. Dies ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck dieser Regelung aber nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots an sich vorliegen, denn eine angemessene Erhöhung der Regelgeldbuße ist nur anstelle eines grundsätzlich verwirkten Fahrverbots zulässig (OLG Koblenz aaO; vgl. auch Beschl. 1 Ss 73/02 v. 4.6.2002). Ein solches scheidet hier jedoch, wie dargelegt, wegen Zeitablaufs aus. § 4 Abs. 4 BKatV ist daher nicht mehr anzuwenden.
Insoweit hebt der Senat die angegriffene Entscheidung auf und entscheidet gemäß § 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst, da weitere Feststellungen nicht mehr zu treffen sind. Die Regelgeldbuße beträgt schon für die fahrlässige Begehung von Ordnungswidrigkeiten der hier zu ahndenden Art 160,- Euro (§ 2 Abs. 2 S. 1 BKatV, Ziff. 11.3.7 BKatV), so dass mit Blick auf die vorsätzliche Begehungsform eine Erhöhung vorzunehmen ist. Da § 3 Abs. 4a BKatV, der eine pauschale Verdopplung vorsieht, zum hier maßgeblichen Tatzeitpunkt noch nicht in Kraft war, hält der Senat unter Berücksichtigung der Tatumstände eine Geldbuße von 250,- Euro für angemessen. Dabei hat der Senat auch in Rechnung gestellt, dass der Betroffene schon mit den nicht unbeträchtlichen Kosten des Verfahrens belastet werden wird.
Bei einem Bußgeld in dieser Höhe ist eine nähere Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht erforderlich. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 OWiG bleiben die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters im Rahmen der Zumessung der Geldbuße bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten unberücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz sind - angelehnt an die Wertung des Gesetzgebers in § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG - erst bei einer Ahndung mit Geldbuße von mehr als 250,- Euro die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen in Betracht zu ziehen (vgl. OLG Koblenz 2 SsBs 108/10 v. 24.9.2010; 1 Ss 289/06 v. 3.1.2007 - ZfSch 2007, 231 f., zit. n. juris Rn. 21).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG iVm. § 473 Abs. 1 S. 1 StPO. Von der Vorschrift des § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO macht der Senat keinen Gebrauch, da das auf vollständige Aufhebung des Urteils gerichtete Rechtsmittel lediglich im Rechtsfolgenausspruch einen nur geringfügigen Teilerfolg erzielt hat. Nach den hier vorliegenden Umständen ist nicht davon auszugehen, dass der Betroffene das Rechtsmittel nicht eingelegt hätte, wenn schon das Urteil des Amtsgerichts auf die vom Senat festgesetzte Geldbuße erkannt hätte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 473 Rn. 26 mwN).
Zu ergänzen war auch die Kostenentscheidung des angegriffenen Urteils, da das Amtsgericht rechtsfehlerhaft nicht über die Kosten des (ersten) Rechtsbeschwerdeverfahrens entschieden hat. Diese sind gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO vom Betroffenen zu tragen, da sein Rechtsmittel - wie auch das jetzige - keinen Erfolg hatte. Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) gilt insoweit nicht (vgl. Meyer-Goßner, aaO § 331 Rn. 6; § 464 Rn. 26 mwN).