Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können wie bereits angefallene Sachverständigenkosten oder geschätzte Reparaturkosten im Schadensersatzprozess geltend gemacht werden. - Die Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG betrifft (nur) die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Mandanten des Anwalts. § 10 Abs. 1 RVG gilt nicht im Bereich des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. - Die Einholung des Gutachtens der Rechtsanwaltskammer ist nicht vorgeschrieben, wenn das Verfahren einen Streit zwischen dem Mandanten und seiner Rechtsschutzversicherung betrifft oder es sich um einen Rechtsstreit zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung handelt.
Siehe auch Anwaltskosten des Unfallgeschädigten als Schadensersatz und Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren
Gründe:
A.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B.
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
I.
Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 337,33 € nebst Zinsen aus 317,81 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.10.2012 verneint.
1. Die Rechtsanwaltskosten können wie bereits angefallene Sachverständigenkosten oder geschätzte Reparaturkosten im Schadensersatzprozess geltend gemacht werden. Der Geschädigte muss sich nicht auf einen Freistellungsanspruch verweisen lassen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass in dem Fall, dass das Gericht nur einen Teil der Ansprüche für gerechtfertigt hält und sich die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sonach als übersetzt erweisen, der Schadensersatzgläubiger mangels entsprechender Rechnungsstellung die Anwaltsgebühren nicht zu entrichten habe und es deshalb an einem ersatzfähigen Schaden fehle. Die Rechnungsstellung nach § 10 I RVG betrifft (nur) die Einforderbarkeit der Vergütung im Verhältnis zum Mandanten des Anwalts (Schneider, RVG, 3. Aufl. 2006, § 10 Rz. 1). Sie bedeutet, wie sich aus § 10 III RVG zwingend ergibt, nicht etwa, dass der Anwalt überhaupt keinen materiellrechtlichen Anspruch hat - dieser entsteht mit dem ersten Tätigwerden des Anwalts und wird gem. § 8 I 1 RVG mit Erledigung des Auftrags bzw. Beendigung der Angelegenheit fällig (vgl. auch Schneider a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl. 2009, § 10 RVG Rz. 1). § 10 I RVG gilt nicht im Bereich des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs (BGH NJW 2011, 2509 [BGH 22.03.2011 - VI ZR 63/10] [2511 unter Tz. 18]; Schneider a.a.O. § 10 Rz. 11; a.A. LG Bonn AGS 2006, 19 [insoweit in NJW 2005, 1873 = NZV 2005, 583 [LG Bonn 21.03.2005 - 1 O 484/04] nicht abgedruckt]; offengelassen von AG Düsseldorf AGS 2004, 191). Weiter ist zu bedenken, dass bei Zugrundelegung der gegenteiligen Ansicht der Schadensersatzgläubiger einen Befreiungsanspruch gegen den Schädiger hätte (vgl. BGH NJW 1970, 1122 [1123]; BGH NJW 2011, 2509 [BGH 22.03.2011 - VI ZR 63/10] [2511 unter Tz. 18]; AG Düsseldorf AGS 2004, 191; AG Karlsruhe NZV 2005, 326 = SP 2005, 144 = zfs 2005, 309 = AGS 2005, 253 = JurBüro 2005, 194), worauf ihn das Gericht nach § 139 I 2 ZPO hinweisen müsste, um ihm die Möglichkeit der Klageumstellung nach § 264 Nr. 3 ZPO (vgl. RGZ 139, 315 [322]; BGH NJW 1959, 886 [BGH 25.02.1959 - V ZR 139/57] [887]; 1994, 944 = MDR 1994, 1145; OLG Stuttgart MDR 2011, 1258 f.) zu eröffnen.
2. Anspruchsteller bezüglich der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist der geschädigte Unfallbeteiligte. Nach § 249 I, II 1 BGB sind daher nur diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten in Form vorprozessualer Anwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGHZ 30, 154 [157 f.] = NJW 1959, 1631; 39, 73 [74] = NJW 1963, 640 [BGH 31.01.1963 - III ZR 183/61]; 127, 348; BGH NJW 1970, 1122; 1986, 2243 [2245]; 2004, 444 [446]; 2006, 1065 = DAR 2006, 386; KG VRS 106 [2004] 356 [357 f.]; Senat AnwBl 2006, 768 f. = OLGR 2007, 499 = RVGreport 2006, 467 m. Anm. Hansens = JurBüro 2006, 634 = zfs 2007, 48 m. insoweit zust. Anm. Hansens = VersR 2007, 267 = NZV 2007, 211 [OLG München 19.07.2006 - 10 U 2476/06]; Urt. v. 13.11.2009 - 10 U 3258/09; Urt. v. 04.03.2011 - 10 U 4408/10; OLG Hamm NZV 2008, 521; LG Bonn AGS 2006, 19 = NJW 2005, 1873 [1874] = NZV 2005, 583 [585]; Nixdorf VersR 1995, 257 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. 2009, § 12 StVG Rz. 50 m.w.N.; Bamberger/Roth/Schubert, BGB, 2. Aufl. 2007, § 249 Rz. 74; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 249 Rz. 57 m.w.N.).
Daraus folgt, dass Anwaltskosten aus Forderungen, die nach dem Urteil nicht begründet waren und Anwaltskosten, die dadurch entstehen, dass der Anwalt seine Forderung vorgerichtlicher Anwaltskosten willkürlich aufspaltet, um damit in den Genuss von Progressionsvorteilen oder mehrfachem Ansatz der Postpauschale zu kommen, nicht vom Schädiger erstattet werden müssen.
Der mehrfach gestellte Antrag des Klägers auf Erholung eines Gutachtens der Anwaltskammer ist zurückzuweisen. Das Gericht muss gem. § 14 II RVG ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer nur dann einholen, wenn das Verfahren einen Rechtsstreit zwischen Anwalt und seinem Mandanten betrifft. Die Einholung des Gutachtens ist hingegen nicht vorgeschrieben, wenn das Verfahren einen Streit zwischen dem Mandanten und seiner Rechtsschutzversicherung betrifft oder es sich um einen Rechtsstreit zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung handelt (OLG Hamm zfs 1992, 23; OLG Düsseldorf NJW 2008, 1964 = MDR 2008, 1209 = OLGR 2008, 514 = SP 2008, 328 = NZV 2008, 460 = DAR 2008, 521; AG Aachen SP 2005, 210 = AGS 2005, 107 = JurBüro 2005, 192; AG Nürnberg VA 2005, 37 = RVGreport 2005, 192-193 [jew. red. Leitsatz]; Schneider MDR 2002, 1295; ebenso ganz allgemein BVerwG RVGreport 2006, 21; NJW 2006, 247; BSG MDR 1984, 524 = AnwBl. 1984, 565; zfs 2009, 405; AGS 2010, 373 ff. [insoweit in zfs 2010, 463 ff. nicht abgedruckt]; BFH RVGreport 2006, 20).
3. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach den dem Urteil zufolge als begründet anzusehenden Forderungen (BGHZ 39, 73 [74] = NJW 1963, 640; BGH NJW 1970, 573 ff. [BGH 13.01.1970 - 4 StR 438/69] und 1122 [1123]; 2005, 1112 unter II 2; MDR 2008, 351 [BGH 07.11.2007 - VIII ZR 341/06] [352] = zfs 2008, 164 m. zust. Anm. Hansens; OLG Köln SP 2006, 245 [247]; Senat AnwBl 2006, 768 f. = OLGR 2007, 499 = RVGreport 2006, 467 m. Anm. Hansens = JurBüro 2006, 634 = zfs 2007, 48 m. insoweit zust. Anm. Hansens = VersR 2007, 267 = NZV 2007, 211 [OLG München 19.07.2006 - 10 U 2476/06]; Urt. v. 13.11.2009 - 10 U 3258/09; LG Bonn AGS 2006, 19 = NJW 2005, 1873 [1874] = NZV 2005, 583 [585]; Bamberger/Roth/Grüneberg a.a.O.; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 26 Rz. 19; Tomson NJW 2007, 267 [269 unter V]); a.A. wohl noch BGHZ 30, 154 [157 f.] = NJW 1959, 1631 und ausdrücklich Chemnitz NJW 1963, 1303 [BGH 31.01.1963 - III ZR 117/62] [1305]).
4. Nr. 2300 VV RVG schreibt vor: "Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war." Bei diesem Wert von 1,3 handelt es sich um die sogenannte Schwellengebühr. Selbst wenn die höhere Mittelgebühr von 1,5 (vgl. dazu grdl. Madert zfs 2004, 391) angefallen ist, darf ein die Schwellengebühr überschreitender Geschäftswert nur angesetzt werden, wenn alternativ die zusätzlichen Merkmale des Umfangs oder der Schwierigkeit der Tätigkeit vorliegen. Umgekehrt bedeutet dies, dass wenn die Rechnung auf diese zusätzlichen Merkmale nicht Bezug nimmt, jedenfalls die Gebühr mit 1,3 anzusetzen ist. Die ganz herrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass es sich bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls auch nach Inkrafttreten des RVG grundsätzlich, auch in sogenannten einfachen Regulierungssachen, um eine durchschnittliche Angelegenheit handelt, bei der die Berechnung einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG angemessen ist (so Senat, Hinweis vom 19.04.2006 - 10 U 1613/06; vgl. ferner die Rechtsprechungsübersichten in DAR 2006, 58 f., NJW 2006, 1477 ff. und in MittBl. der Arge VerkR 2006, 53 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2012, 2813= MDR 2012, 1127 [BGH 11.07.2012 - VIII ZR 323/11] = AnwBl. 2012, 775= zfs 2012, 584 = SP 2012, 374 = DAR 2012, 55; NJW-RR 2013, 1020 = AnwBl. 2013, 295 = zfs 2013, 288 = SP 2013, 195 = DAR 2013, 238 unter Aufgabe von VersR 2012, 1056 [BGH 08.05.2012 - VI ZR 273/11]) kann eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war. Sie ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20% der gerichtlichen Überprüfung entzogen. Zwar steht dem Rechtsanwalt gemäß § 14 I RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG ein Ermessensspielraum zu, so dass, solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % bewegt, die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 I 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen ist. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist aber nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen. Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Dies verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestandes in Nr. 2300 VV-RVG, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nicht in das Ermessen des Rechtsanwalts stellt, sondern bestimmt, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war. Es ist der volle Gebührensatz zugrunde zu legen, weil die Geschäftsgebühr hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist (BGH NJW 2007, 2049 [BGH 07.03.2007 - VIII ZR 86/06] = zfs 2007, 344 = JurBüro 2007, 357 = AGS 2007, 283 = DAR 2007, 493 m. krit. Anm. Jungbauer = MDR 2007, 984 m. zust. Anm. Streppel MDR 2007, 929). Die Beurteilung, ob eine Verkehrssache umfangreich oder schwierig ist, kann der Senat als Spezialsenat für Verkehrsunfälle aller Art in eigener Sachkompetenz feststellen. Die Frage des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit entscheidet sich an der Tätigkeit in objektiver Hinsicht, nicht die Zahl der Schriftsätze. Die Tatsache, dass die Beklagte zu 3) den Kfz-Schaden nicht anerkannt hat, macht die Sache nicht besonders schwierig, sondern allenfalls die Berechtigung dafür, dass es für den Kläger überhaupt zweckmäßig war, einen Anwalt einzuschalten. Soweit der Kläger pauschal auf den Aufsatz von Heinrich in DAR 2013, 113 verweist, ist ein konkreter Bezug zum hiesigen Fall nicht ersichtlich.
5. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen durfte das Erstgericht deshalb die klägerische Forderung nicht abweisen, weil der Kläger den Nachweis einer Rechnungsstellung und Zahlung durch den Kläger nicht nachgewiesen habe.
Es ergeben sich folgende begründete vorgerichtliche Anwaltskosten:
(1) Vorprozessual hat der Kläger folgende Ansprüche geltend gemacht und erstattet bekommen: Reparaturkosten laut Gutachten, Abzüge gemäß Prüfbericht (Schreiben der Bekl. zu 3) vom 25.09.2012) 13.069,33 € Nebenkosten (Schreiben der Bekl. zu 3) vom 26.07.2012) 30,00 € Kosten des Sachverständigen (Schreiben der Bekl. zu 3) vom 26.07.2012) 1.130,00 € Abschleppkosten (Schreiben der Bekl. zu 3) vom 10.08.2012) 320,00 € Verdienstausfall (Schreiben der Bekl. zu 3) vom 10.08.2012) 1.600,00 € Reparaturbestätigung (Schreiben der Klägers vom 27.08.2012) 50,00 € (2) Zugesprochene Klage hinsichtlich Restbetrag Kfz-Schaden (693,35 €) und restlichem Verdienstausfall (12.103,00 €) 12.855,85 €
Dies ergibt einen Gegenstandswert von 29.055,18 €.
Bei Ansatz einer 1,3 Gebühr, die Ausführungen des Landgerichts zur Durchschnittlichkeit der Sache sind zutreffend, bei Beachtung der Postpauschale von 20,00 € und der Umsatzsteuer (19%) ergibt sich ein berechtigter Betrag in Höhe von 1.196,43 €. Hiervon abzuziehen sind die unstreitig bereits bezahlten 859,10 € (Schreiben der Bekl. zu 3) vom 30.10.2012), weshalb ein Rest von 337,33 € verbleibt; insoweit ist die Berufung begründet, im Übrigen unbegründet, da die Berechnungen des Klägers im Übrigen weder nachvollzogen werden können, noch belegt wurden.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.