Wird das Personal einer Straßenmeisterei eingesetzt, um die Verkehrssicherheit der Unfallstelle wieder herzustellen, ist es gerechtfertigt, bei der Bemessung des Schadens auf die Selbstkosten der durchgeführten Arbeiten zuzüglich anteiliger Gemeinkosten abzustellen. Die Erforderlichkeit der vom Straßenreinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Schadenbeseitigungskosten kann nur bejaht werden, wenn die Rechnung den Voraussetzungen des § 632 Abs. 2 BGB bzw. der Billigkeit entspricht.
Siehe auch Entsorgungskosten - Fahrbahnreinigung nach einem Verkehrsunfall
Gründe:
I. Der ... verlangt im Namen der Klägerin von der Beklagten restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall.
Am ... beschädigte ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Lkw Schutzplanken der im Eigentum der Klägerin stehenden ... . Die Klägerin beziffert ihren Schaden auf 17.343,41 €:
Fremdleistungen (...) 13.066,71 € Stoffkosten 3,57 € Personalkosten (47,5 Stunden x 46,95 €) 2.230,13 € Geräteeinsatzkosten 2.028,00 € Auslagenpauschale 15,00 €
Nach einer Zahlung der Beklagten von 6.000,00 € hat sie die restlichen 11.343,41 € nebst Zinsen mit der Klage geltend gemacht.
Der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat der Klägerin durch Urteil vom 16.09.2013 insgesamt noch 8.114,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.000,00 € seit 26. Dezember 2011 und aus weiteren 114,88 € seit 31. Juli 2012 zuerkannt und die weitergehende Klage abgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klageforderung weiter, soweit sie der Erstrichter abgewiesen hat. Die teilweise Abweisung der Zinsforderung nimmt sie hin.
Die Beklagte, die ihre Hilfsanschlussberufung hinsichtlich der vom Erstrichter zuerkannten Umsatzsteuer aus den von ihm als ersatzfähig angesehenen Fremdkosten der Firmen ... (2.787,25 € brutto) und ... (insgesamt 9.184,50 € brutto) vor der mündlichen Verhandlung am 9. Juli 2014 zurückgenommen hat, beantragt die Zurückweisung der Berufung.
II.
Die Berufung der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet. Entgegen der Ansicht des Erstrichters steht ihr als Ersatz von Mitarbeiterkosten nicht nur ein Betrag von 424,86 €, sondern ein solcher von 636,98 € zu. Außerdem hat die Beklagte auch die vom Erstrichter aberkannte Auslagenpauschale von 15,00 € zu ersetzen. Die weitergehende Berufung ist jedoch unbegründet.
1. Der Erstrichter hat zu Recht stillschweigend angenommen, dass die Klägerin als Eigentümerin der beschädigten Einrichtungen Inhaberin des streitgegenständlichen Schadensersatzanspruchs und als solche prozessführungsbefugt ist. Dass die Verwaltung des fraglichen Autobahnabschnitts gemäß Art. 90 Abs. 2 GG im Wege der Bundesauftragsverwaltung durch ...erfolgt, steht dem nicht entgegen. Denn die den Ländern durch Art. 90 Abs. 2 zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse werden durch die Übernahme der Prozessvertretung durch das betroffene Land hinreichend gewahrt (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2014 - VI ZR 10/13, juris, Rn. 10).
2. Der Erstrichter hat den Schadensersatzanspruch der Klägerin im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen ... hinsichtlich- der Rechnungen der Firma ... vom ... (7.520,16 € brutto) und vom ... (2.759,30 € brutto) über insgesamt 10.279,46 € um 1.094,96 € auf 9,184,50 €
- der Kosten für Mitarbeiter der Autobahnmeisterei von 2.230,13 € auf 424,86 € und
- der restlichen Kosten für Geräte der Straßenmeisterei von 2.028,00 € auf 1.740,70 € gekürzt und die von der Klägerin noch geltend gemachte Auslagenpauschale von 15,00 € unter Hinweis auf § 19 Abs. 2 lit. D der 2. AVVFStr aberkannt. Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe der Klägerin sind teilweise begründet.
a) An Kosten für die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei hat die Beklagte der Klägerin über die vom Erstrichter errechneten 424,86 € hinaus weitere 212,12 € zu ersetzen.
aa) Die Rüge der Klägerin in der Berufung, die Berechnung des Mindestschadens durch den Erstrichter nach dem geringsten Stundenlohn der eingesetzten Kräfte sei schon deshalb fehlerhaft, weil die Klägerin auch nach den deutlich höheren Stundensätzen von Fremdfirmen hätte abrechnen können, ist nicht berechtigt. Die Klägerin ist kein Gewerbetreibender, der die ansonsten gewinnbringend eingesetzten Kapazitäten seines Betriebes dazu benutzt, beschädigtes Eigentum selbst zu reparieren. In diesen Fällen bejaht der Bundesgerichtshof einen Anspruch darauf, dass dem Gewerbetreibenden die Kosten einer Fremdreparatur selbst dann ersetzt werden müssen, wenn das vorhandene Personal die Reparatur ohne gesonderte Vergütung vornimmt Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn der Betrieb nicht ausgelastet ist und deshalb die Kapazitäten ansonsten ungenutzt blieben (vgl. BGH Urteil vom 19.11.2013 - VI ZR 363/12, VersR 2014, 256 = juris Rn. 11). Im Falle der Klägerin gilt dagegen - wie früher bei der Deutschen Bahn (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.1983 - VI ZR 241/79, juris) -, dass sie nicht als Reparaturbetrieb gegenüber Dritten gewerblich tätig ist. Das Personal der Straßenmeisterei wurde vielmehr eingesetzt, um die Verkehrssicherheit der Unfallstelle wieder herzustellen. Bei dieser Sachlage ist es nach wie vor gerechtfertigt, bei der Bemessung des Schadens auf die Selbstkosten der durchgeführten Arbeiten zuzüglich anteiliger Gemeinkosten abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2013 - VI ZR 363/12, a.a.O., Rn. 10; a.A.: LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 03.07.2013 - 4 O 459/12, Bl. 228 d.A.).
bb) Der Senat teilt die Bedenken des Erstrichters gegen den von der Klägerin unter Hinweis auf eine am 7. Oktober 2009 erstellte "Ermittlung des tatsächlichen durchschnittlichen Stundenlohns bezogen auf "produktive Stunden" im Haushaltsjahr 2008" für die Schadensberechnung in Ansatz gebrachten Stundenlohn von 46,45 € (durchschnittlicher Stundenlohn von 30,97 € zuzüglich 50 % Zuschlag "nach 2. AVVFStr"). Dem Ausgangsbetrag von 30,97/Stunde fehlt der notwendige Bezug zum vorliegenden Schadensfall, weil er sich nicht an den Kosten desjenigen Personals orientiert, das bei der Beseitigung der Unfallfolgen und der Wiederherstellung der Verkehrssicherheit der Unfallstelle tatsächlich eingesetzt war. Konkreter Vortrag hierzu wäre der Klägerin ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen. Schon deshalb ist es ihr nicht gestattet, losgelöst vom konkreten Schadensfall im von ihr geltend gemachten Interesse an einer Pauschalierung des Schadens auf einen durchschnittlichen Stundenlohn abzustellen, der sich aus einer Summe von OFB-Löhnen, Beihilfeleistungen, Reisekosten, sonstigen Ausgaben u.a. ergibt.
Vergleichbares gilt für den unter Hinweis auf Ausführungen des Sachverständigen ... in einem anderen Verfahren (4 O 459/12 - LG Frankenthal (Pfalz)) gehaltenen Vortrag zu einem Stundenlohn von 20,00 € für eingesetzte Streckenwärter zuzüglich 85 % für weitere Kosten. Die Klägerin hat das von der Beklagten bestrittene Vorbringen allein durch die Vernehmung des Sachverständigen ... unter Beweis gestellt. Es liegt auf der Hand, dass der Sachverständige zu den im vorliegenden Schadensfall eingesetzten Mitarbeitern der Straßenmeisterei keine eigenen Wahrnehmungen gemacht hat. Die Klägerin hat zwar eine Reihe von Mitarbeitern als Zeugen benannt, dies aber nur zu ihrem Einsatz selbst, nicht im Zusammenhang mit ihrer Eingruppierung in ein Lohngefüge. Zudem ist nicht schlüssig dargetan, aus welchen Gründen ein Zuschlag von 85% berücksichtigt werden muss und weshalb der von der Klägerin in ihrer Stundenlohnermittlung "nach 2. AVVFStr" vorgenommene Zuschlag von 50% unzutreffend ist.
cc) Bei dieser Sachlage ist die Erwägung des Erstrichters, er könne nur einen Mindestschaden schätzen (§ 287 Abs. 1 ZPO), zutreffend. Die Richtigkeit seiner Berechnung des dabei anzusetzenden Monatsgehalts von 1.495,00 € sowie des daraus abgeleiteten Stundenlohns von 8,94 € hat die Klägerin nicht substantiiert infrage gestellt.
Abweichend vom Erstrichter hält es der Senat allerdings für gerechtfertigt, die Arbeitskosten von 8,94 €/Stunde um einen Gemeinkostenzuschlag von 50 % auf 13,41 € zu erhöhen. Der Zuschlag rechtfertigt sich dem Grund nach aus Berücksichtigung von anteiligen Gemeinkosten (vgl. BGH, VersR 2014, 256) und der Höhe nach aus der eigenen Stundenlohnberechnung der Klägerin und deren Bezug auf 2. AVVFStr. Bei unstreitigen 47,5 Einsatzstunden ergibt sich somit ein Schadensbetrag von 636,98 €, mithin 212,12 € mehr als vom Erstrichter zuerkannt.
b) Auch die Auslagenpauschale von 15,00 € steht der Klägerin zu. Entgegen der Auffassung des Erstrichters ergibt sich aus § 19 Abs. 2 lit. d der 2. AVVFStr nichts Anderes. Eine Rechtsbeziehung zum Schädiger, die die Klägerin zu einer bestimmten Abrechnung verpflichten würde, ist dadurch nicht begründet worden. Da es sich bei Verwaltungsvorschriften nicht um Rechtsnormen handelt, können sie über die ihnen innewohnende interne Bindung hinaus Außenwirkung gegenüber dem Bürger grundsätzlich nur über die sog. Selbstbindung der Verwaltung entfalten (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2014 - VI ZR 10/13, juris, Rn. 14 m.w.N.). Die für eine solche Selbstbindung erforderliche tatsächliche Verwaltungspraxis, in Fällen der vorliegenden Art von einer Auslagenpauschale von 15,00 € abzusehen, ist vorliegend nicht festgestellt.
c) Die weitergehende Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
aa) Die Rechnungen der ... vom ... und ... hat der Erstrichter zu Recht gekürzt.
(1) Der Schädiger hat gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen. Der Geschädigte genügt aber regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ist das der Fall, reicht ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe infrage zu stellen.
Denn die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrags im Sinn von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Wurde mit dem in Anspruch genommenen Fachunternehmen keine bestimmte Vergütung vereinbart, kann vom Besteller nur die übliche (§ 632 Abs. 2 BGB), ersatzweise eine im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung ermittelte angemessene oder jedenfalls eine der Billigkeit im Sinn des § 315 Abs. 3 BGB entsprechende Vergütung verlangt werden. Sie bestimmt den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag und der Schädiger ist nur zur Zahlung dieses Betrags rechtlich verpflichtet. Die Zahlung eines höheren Betrages wäre nicht "erforderlich" im Sinn des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 528/12 = VersR 2013, 1590; = juris Rn. 27-30 m.w.N.; BGH; Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 471/12, VersR 13, 1544, = juris Rn. 26 - 29, jeweils m.w.N.).
Bei der Verunreinigung öffentlicher Straßen ist - wie auch hier - der Auftraggeber des jeweiligen Reinigungsunternehmens eine mit technischen Fachleuten besetzte Behörde, die ständig mit derartigen Schadensfällen konfrontiert ist und sich mit den anderen derartigen Fachbehörden bundesweit austauschen kann. Einer solchen Behörde ist im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung abzuverlangen, dass sie Sorge dafür trägt, dass sich keine von den Reinigungsunternehmen diktierte unangemessene Preisgestaltung etabliert. Dies heißt, dass die Erforderlichkeit der vom Straßenreinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Schadenbeseitigungskosten nur bejaht werden kann, wenn die Rechnung den Voraussetzungen des 632 Abs. 2 BGB bzw. der Billigkeit entspricht. Im Hinblick auf die Sachkunde des Geschädigten kommt es auf den Gesichtspunkt des Werkstattrisikos vorliegend nicht an (BGH, Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 528/12, a.a.O., Rn. 30 und 31 m.w.N.).
(2) Nach diesen Grundsätzen ist die vom Sachverständigen ..., gegen dessen Sachkunde die Parteien nichts vorgebracht haben, teilweise vorgenommene Reduzierung der Einzelpreise für die von der ... eingesetzten Maschinen auf das übliche bzw. billige Maß schadensrechtlich grundsätzlich erheblich. Dass die nach Ansicht des Sachverständigen ... teilweise deutlich überhöhten Einzelpreise für die Bestimmung der erforderlichen Kosten deshalb ohne Belang wären, weil sie infolge einer Mischkalkulation der ... die Üblichkeit und Billigkeit der Gesamtkosten nicht beeinflusst hätten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Die Reduzierung der Kosten für die Entsorgung der gemischten Verpackungen wegen fehlender Feststellungen zum Grad der Belastung dieser Verpackungen hat gleichfalls Bestand. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufung, der Sachverständige habe verkannt, dass auch Betriebsstoffe ausgelaufen seien, die die Entsorgung verteuert hätten, veranlasst die von der Klägerin beantragte Ergänzung des Sachverständigenbeweises nicht. Der Sachverständige hat im anderen Zusammenhang ausgelaufene Betriebsstoffe durchaus berücksichtigt (vgl. die Position "kontaminierter Boden"). Daraus kann entgegen der Klägerin aber nicht auf eine Kontaminierung der zudem entsorgten "gemischten Verpackungen" geschlossen werden, die von dem verunfallten Lkw auf die Straßen fielen. Die dabei eingetretene Verschmutzung hat der Sachverständige bei der Bestimmung des Preises für die Entsorgung berücksichtigt (vgl. seine Ausführungen im Termin am 16.09.2013). Feststellungen zu einer Kontaminierung der Verpackungen, die eine teurere Entsorgung notwendig gemacht hätte, hat der Erstrichter nicht getroffen. Die Klägerin hat in der Berufung nicht aufgezeigt, dass dies auf Verfahrensfehlern beruht.
bb) Die Kürzung der Gerätekosten von 2.028,00 € auf 1.714,70 € ist ebenfalls zutreffend. Der Einwand der Klägerin, die Kürzung sei nicht ausreichend begründet, trifft nicht zu. Der Erstrichter hat insoweit auf Seite 22 des "nachvollziehbaren und überzeugenden" Gutachtens des Sachverständigen ... genommen. Dort hat der Sachverständige die Kürzung der Kosten mit der Vorgabe im Hinweis- und Beweisbeschluss des Erstrichters vom 13. Dezember 2012 begründet, wonach die Berechnung der Gerätekosten unter Berücksichtigung des Abberufens des Maschinenführers ... gegen 3.00 Uhr bis 4.00 Uhr morgens vorzunehmen war. Diese Vorgabe wiederum beruht auf der Aussage des Zeugen ... im Termin vom 10. Dezember 2012. Dem ist die Klägerin weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren substantiiert entgegengetreten. Folgerichtig hat der Sachverständige die Einsatzzeit für das Gerät und die damit zusammenhängenden Kosten gekürzt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, Satz 1, 713 ZPO.