Das Verkehrslexikon

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OLG Dresden (Beschluss vom 05.01.2015 - 7 U 568/14 - Zum Vertrauen des bei Grün einen Fußgängerüberweg überquerenden Fußgängers

OLG Dresden v. 05.01.2015: Zum Vertrauen des bei Grün einen Fußgängerüberweg überquerenden Fußgängers


Das OLG Dresden (Beschluss vom 05.01.2015 - 7 U 568/14) hat entschieden:
Ein Fußgänger darf bei Überquerung eines Fußgängerüberwegs bei "grün" grundsätzlich darauf vertrauen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer seinen Vorrang achten. Neben einem beiläufigen Blick bei Betreten des Überwegs muss er sich deshalb - jedenfalls nicht ohne für ihn ersichtliche, sein Vertrauen zerstörende ausreichende Gefahranzeichen - darüber hinaus nicht auch während des Überquerens der Straße darüber Gewissheit verschaffen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer seinen Vorrang (auch weiterhin) respektieren.


Siehe auch Fahrbahnüberquerung durch Fußgänger und Fußgänger - Verkehrsunfälle mit Fußgängerbeteiligung


Gründe:

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1, des Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

1. Die Klägerin verlangt von den Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die Beklagten haben unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin bezüglich des Feststellungsantrags ihre Haftung zu 60% anerkannt, worauf das Landgericht das am 22.01.2013 an Verkündungs statt zugestellte Teilanerkenntnisurteil (GA 22) erließ. Im Übrigen hat es Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen R. und W. sowie durch Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte, in der sich u.a. ein unfallanalytisches Gutachten der DEKRA vom 19.05.2010 befindet (Beiakte GA 110).

Das Landgericht hat mit „Teil- und Grundurteil“ vom 27.03.2014, den Beklagten zugestellt am 03.04.2014, auch dem (noch nicht anerkannten) Feststellungsbegehren sowie der Klage im Übrigen dem Grunde nach ohne Berücksichtigung jedweden Mitverschuldens stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, dass ein leichtfertiges Verhalten der Klägerin aufgrund des überragenden Vertrauensschutzes in der gegebenen Verkehrssituation hinter die Betriebsgefahr des Lkw sowie die Missachtung des Vorrangs des Fußgängerverkehrs durch den Beklagten zu 1 vollständig zurücktrete.

Hiergegen richtet sich die am 14.04.2014 eingegangene und (nach entsprechender Fristverlängerung durch den Vorsitzenden) am 03.07.2014 begründete Berufung der Beklagten, mit der sie eine vollständige Klageabweisung im noch streitigen Teil erstreben.

Entgegen dem Landgericht treffe den Beklagten zu 1 schon kein Verschuldensvorwurf. Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht hierbei von einem Verstoß gegen § 26 StVO ausgegangen, obschon die Vorschrift nur bei einem (hier nicht gegebenen) Zebrastreifen Geltung beanspruche. Darüber hinaus sei die Klägerin für den Beklagten zu 1 erwiesenermaßen nicht wahrnehmbar gewesen. Zum einen habe von dem Beklagten nicht verlangt werden können, sich beim Abbiegen nach links auch durch das Fenster der Fahrertür zu vergewissern, ob Fußgänger den Überweg benutzten; zum anderen wäre, eine solche Verpflichtung einmal unterstellt, der Unfall zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu vermeiden gewesen, weil er bereits stattgefunden hatte. Deshalb komme zu Lasten der Beklagten allenfalls eine Haftung aus Betriebsgefahr in Betracht. Ferner gehe das Landgericht fälschlich von einem lediglich leichten Beschleunigen der Klägerin bei der Überquerung der Fahrbahn aus. Zudem hätten die Zeuginnen bestätigt, dass die Klägerin weder nach rechts noch nach links geschaut habe, ihr Blick vielmehr nach unten gerichtet gewesen sei. Sie habe die Straße mithin „blind“ überquert. Außerdem sei die Klägerin, die ja nach den Feststellungen des beigezogenen DEKRA-​Gutachtens gegen die Radabdeckung des linken Rades der zweiten Lkw-​Achse gelaufen sei, „aktiv“ in die Flanke des Lkw „hineingelaufen“. Die Klägerin hätte ohne weiteres das vor ihr befindliche Beklagtenfahrzeug wahrnehmen können und müssen. Damit aber habe die Klägerin sich jedem Verkehrsteilnehmer ohne weiteres aufdrängende Verhaltensanforderungen außer acht gelassen. Sie habe trotz des zu Boden gerichteten Blickes ihr Tempo sogar noch verschärft.

Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Entgegen der Berufung sei von einem unfallmitursächlichen Verschulden des Beklagten zu 1 auszugehen. Der Beklagte zu 1 habe sich nicht ausreichend vergewissert. Die Klägerin habe auch darauf vertrauen dürfen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer pflichtgemäß verhalten. Selbst wenn die Klägerin den Lkw rechtzeitig wahrgenommen hätte, hätte sie nicht damit rechnen müssen, dass der Lkw ihren Vorrang missachtet. Der Klägerin sei deshalb auch kein Mitverschuldensvorwurf zu machen, jedenfalls trete dieser - mit dem Landgericht - hinter die durch das Verschulden des Beklagten zu 1 erhöhte Betriebsgefahr zurück.

Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

2. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und auch begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache ist sie allerdings nicht begründet, weil nach der festen Überzeugung des Senats das Landgericht zutreffend von einer Alleinhaftung der Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18, 11 StVG, 115 VVG ausgegangen ist.

a) Das Landgericht ist zutreffend von den Voraussetzungen, unter denen ein Teilend- und Grundurteil erlassen werden konnte, ausgegangen. Die Berufung stellt auch nicht in Frage, dass die Voraussetzungen der §§ 256, 301, 304 ZPO im vorliegenden Fall gegeben sind. Auch sonst finden sich insoweit keine von Amts wegen zu beanstandenden Rechtsfehler des Landgerichts. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Landgerichts zum Vorliegen des Feststellungsinteresses sowie der Begründetheit des Feststellungsantrags (vgl. dort Ziff. 3, S. 10/11) zu eigen. Ferner steht fest, dass der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der sonstigen Einwendungen der Beklagten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 304 Rn 6), so dass auch der Erlass eines Grundurteils keinen Bedenken begegnet, zumal dies der abschließenden Klärung des zentralen Mitverschuldenseinwands dient. Durch die gleichzeitige Verbescheidung des Feststellungsantrags (im Wege des Teil-​Endurteils, § 301 ZPO) ist schließlich auch das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil (vgl. ders. a.a.O. § 301 Rn 7 m.w.N.) beachtet worden.

b) Entgegen der Berufung ist über die (für die Beklagten zu 2 und 3) ohnedies nach § 7 Abs. 1 StVG allein haftungsbegründende Betriebsgefahr hinaus in die nach §§ 9 StVG, 254 BGB durchzuführende Abwägung sehr wohl ein unfall(mit)ursächlicher, erheblicher Verschuldensbeitrag des Beklagten zu 1 einzustellen, so dass sich dieser (die Beklagten zu 2 und 3 haften ohnedies verschuldensunabhängig, vgl. oben) im Übrigen auch nicht von der gegen ihn streitenden Verschuldensvermutung (§ 18 StVG) entlasten kann.

Der Beklagte zu 1 hat nämlich den Vorrang des Fußgängers gem. § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO (vgl. nur König, a.a.O., § 37 Rn 35) missachtet, der auch dann gilt, wenn - wie hier - der Fahrzeugführer bei grün (hier: nach links) abbiegt und der Fußgänger seinerseits bei grün den Übergang überschreitet.

Nach den auch von der Berufung in Bezug genommenen Feststellungen des DEKRA-​Gutachtens war für den nach links abbiegenden Lkw-​Führer, also den Beklagten zu 1, eine Erkennbarkeit der Fußgängerin im Moment des Anfahrens von der Haltelinie wegen der baulichen Gegebenheiten noch nicht gegeben: eine dort wartende oder gerade die Fahrbahn betretende Fußgängerin wird aus Sicht des Lkw-​Fahrers von der Gebäudeecke „verdeckt“. Umso mehr war der Beklagte zu 1 aber hier gehalten, sich im Zuge des Abbiegens (aller)spätestens bei Annäherung an den Fußgängerüberweg ausreichend zu vergewissern, ob er den zuvor nicht erkennbaren oder aber erst später den Übergang benutzenden Fußgängern den ihnen gebührenden Vorrang einräumen musste. Nach den insoweit von der Berufung auch nicht angegriffenen Feststellungen des DEKRA-​Gutachtens (vgl. dort S. 11), überdies veranschaulicht durch die vom Landgericht in seine Beweiswürdigung einbezogenen Lichtbilder, hätte der Beklagte zu 1 die Klägerin jedenfalls bei einem Blick auch durch das Fenster der Fahrertür erkennen können. Entgegen der Berufung konnte dies von dem Beklagten zu 1 aufgrund der hier zur Entscheidung stehenden konkreten Situation durchaus verlangt werden. Der Beklagte zu 1 konnte und durfte keinesfalls darauf vertrauen, dass der Überweg für ihn frei war. Das DEKRA-​Gutachten kommt für diesen Fall auch zur Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens durch den Beklagten zu 1.

Richtig ist zwar, dass die vom Landgericht ebenfalls zitierte Norm des § 26 StVO mangels Zebrastreifens hier nicht einschlägig ist (vgl. nur Hentschel/König/Dauer, StVO, 42. Aufl., § 26 Rn 9); vielmehr gilt hier gemäß § 37 Abs. 1 StVO nur das jeweilige Farbzeichen der Lichtzeichenanlage. Auch die Berufung stellt aber nicht in Abrede, dass der Beklagte zu 1 grundsätzlich verpflichtet war, den Vorrang der Klägerin zu beachten. Der Senat bewertet diese Nachlässigkeit des Beklagten zu 1 angesichts der hier konkret gegebenen Umstände und des für jedermann ohne weiteres erkennbaren Gefährdungspotentials als grob fahrlässig, weil wegen der unzureichenden Einsehbarkeit des Bereichs (vgl. oben) es jedem Lkw-​Fahrer hätte einleuchten müssen, dass dort (bevorrechtigte) Fußgänger im Zuge des Linksabbiegevorgangs den Übergang benutzen können. Entscheidend ist auch nicht, dass, wie der Beklagte zu 1 mehrfach betonte, er die Klägerin nicht gesehen hat, sondern ob er sie hätte sehen können und sich darauf einstellen müssen.

Zutreffend geht die Berufung (wie übrigens auch schon das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung) im weiteren davon aus, dass Fußgänger auch bei für sie geltendem „grün“ auf querende Kfz zu achten haben (vgl. nur König, a.a.O., § 25 StVO Rn 44; vgl. auch ausführlich BGH, Urt. v. 20.04.1966 - III ZR 184/64), andernfalls sie sich einen Mitverschuldensvorwurf (§§ 9 StVG, 254 BGB) anspruchsmindernd entgegen halten lassen müssen. Allerdings ist die von der Berufung explizit herangezogene Entscheidung des BGH (a.a.O.) im vorliegenden Fall schon nicht einschlägig. Geht es dort nämlich um die grundsätzliche Pflicht eines Fußgängers sich bei Betreten der Fahrbahn trotz „grün“ zusätzlich durch einen beiläufigen Blick nach den Seiten zu vergewissern, ob er dies auch gefahrlos tun kann (BGH, a.a.O.), musste sich die Klägerin nach den Ausführungen des DEKRA-​Gutachtens und in Einklang mit den Aussagen und Schilderungen der Zeuginnen bereits auf dem Übergang befunden haben. Eine Einschränkung des auch für die Klägerin grundsätzlich geltenden Vertrauensgrundsatzes (vgl. BGH, a.a.O.) ist im vorliegenden Fall auch deshalb nicht veranlasst, weil nach dem vom Senat gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen sich der Lkw der Beklagten zu 2 nicht mit einer derart hohen Geschwindigkeit näherte, dass die Klägerin bereits deshalb davon ausgehen musste, der Lkw werde ihren Vorrang nicht achten. Damit, dass der Beklagte zu 1 nicht den gebotenen (vgl. oben) und auch keineswegs unzumutbaren Blick nach links durch das Fahrerfenster tätigen würde, musste die Klägerin ebenso wenig rechnen. Selbst wenn - weiter unterstellt - der Lkw die einzige „Lärmquelle“ gewesen sein sollte, musste die Klägerin aufgrund der zudem moderaten Geschwindigkeit (ca. 20 km/h) ebenfalls nicht zwangsläufig davon ausgehen, der Lkw würde sie übersehen bzw. überhaupt nicht anhalten. Zwar war auch für sie erkennbar, dass (aus ihrer Blickrichtung) der von hinten rechts kommende Linksabbieger sie (beim Anfahren) noch nicht sehen konnte, als sie die Fußgängerüberquerung betrat. Andererseits durfte sie ohne weitere, konkrete Anhaltspunkte (etwa sehr hohe Geschwindigkeit, starke Beschleunigung, erkennbare Zeichen des Abgelenktseins des Fahrers, etc.) darauf vertrauen, dass ein Linksabbieger nicht ohne ausreichende Vergewisserung einfach den Fußgängerübergang, noch dazu bei für die Fußgänger „grün“ zeigender Ampel, passieren würde. Ohne solche weiteren, konkreten Anhaltspunkte muss ein Fußgänger auch nicht etwa ständig, auch nach sicherem Betreten des Übergangs (nach den Feststellungen des DEKRA-​Gutachtens ca. 2 m), sich nach allen Seiten vergewissern und entgegen dem auch für ihn geltenden Vertrauensgrundsatz stets vorsorglich anhalten, wenn sich ein Pkw oder Rad nähert. Dies würde ihn nicht zuletzt erst der Gefahr aussetzen, den Übergang noch während des Wechsels auf „rot“ benutzen zu müssen und hätte negative Auswirkungen auf den Verkehrsfluss. Hinzu kommt hier, dass aus Sicht der Klägerin die Pkw links von ihr bereits standen, sie also auch nicht mit sonstigen „Nachzüglern“ (vgl. BGH, a.a.O.) zu rechnen brauchte.

Nach den vom Senat gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen kann entgegen der Berufung auch keine Rede davon sein, dass die Klägerin sozusagen „blind“ in den bereits vor ihr befindlichen Lkw „gelaufen“ wäre. Dafür geben weder die Feststellungen des DEKRA-​Gutachtens noch die Aussagen der Zeuginnen ausreichend belastbare Anhaltspunkte her. Die Klägerin ging, zumal in ihrem Vertrauen noch gestützt durch die links von ihr haltenden Pkw, nach ihrer eigenen Schilderung „ganz normal“ geradeaus über den Übergang. Soweit sie selbst einräumt, nicht nach rechts oder links geschaut zu haben, hat sich dies nicht unfallursächlich ausgewirkt, weil sie (vgl. oben) dies mangels anderer erkennbarer Umstände nur beim Betreten der Fahrbahn, nicht auch zwingend noch während des Überquerens, zu tun brauchte. Beim Betreten des Überwegs bestand aber - unstreitig - noch kein Grund vorsorglich von der Überquerung der Straße abzusehen. Zwar spricht die Zeugin R. (auf deren Aussage die Berufung maßgeblich abstellt) davon, dass nach ihrer Beobachtung die Klägerin eher „in“ den Lkw gelaufen sei, doch hat die Zeugin W., die eines der am Übergang haltenden Fahrzeuge steuerte, demgegenüber betont, dass die Klägerin den Überweg „ganz normal“ überquert hat. Genauere Angaben dazu, ob die Klägerin eher „in den Lkw gelaufen“ ist, vermochte sie nicht zu machen. Es gilt auch zu berücksichtigen, dass es sich insoweit eher um subjektiv geprägte „Eindrücke“ von Zeugen handelt als um wirklich belastbare, objektive Geschehensabläufe. Deshalb steht hier letztendlich nicht mit der gebotenen Sicherheit (§ 286 ZPO) fest, dass die Klägerin entgegen § 1 Abs. 2 StVO „blind“ in den Lkw gelaufen ist, ebenso wenig, dass (ohnehin nur eine Vermutung des Beklagten zu 1) die Klägerin im „Rücken“ des Beklagten zu 1 in den von diesem gesteuerten Lkw gelaufen ist, und auch nicht, dass sie rechtzeitig, d.h. bezogen auf einen konkreten Reaktionsaufforderungspunkt, leichterdings hätte stehen bleiben können und müssen. Dass die Klägerin durchweg mit gesenktem Blick die Fahrbahn überquert hätte, lässt sich aus der Beweisaufnahme ebenso wenig sicher herleiten. Jedenfalls gehen die an einem solchen unfallmitursächlichen Mitverschulden der Klägerin verbleibenden Zweifel aufgrund der Beweislastverteilung hier wie auch sonst bei Unfällen zwischen Fußgängern und Kfz zu Lasten der Beklagten. Ernsthaft möglich, insbesondere auch durchaus in Einklang mit der Schilderung des Beklagten zu 1 selbst, erscheint dem Senat nach allem, dass die Klägerin von dem Beklagten-​Lkw „blind“ erfasst wurde ohne Möglichkeit rechtzeitig ausweichend zu reagieren.

Selbst wenn man, wie wohl letztlich auch das Landgericht, zugunsten der Beklagten von einem ausreichenden Nachweis eines kausalen Mitverschuldens der Klägerin ausgehen wollte, ergäbe sich - wiederum mit dem Landgericht - im Ergebnis der Abwägung hier eine alleinige Verantwortlichkeit der Beklagten. Ein - unterstellt - (allenfalls!) leichtes Mitverschulden des Fußgängers beim Überqueren der für ihn „grün“ zeigenden Fußgängerampel tritt jedenfalls hinter die schon wegen der Sichteinschränkungen (vgl. oben) deutlich erhöhte Betriebsgefahr des Lkw sowie das grobe Verschulden des Beklagten zu 1 (Verstoß gegen die Beachtung des Fußgängervorrangs, vgl. oben) vollständig zurück (vgl. auch KG, Urt. v. 9.4.1981 - 12 U 4629/80, VerkMitt. 1981, 75).

Der Senat rät deshalb dringend kostensparend zur Rücknahme der Berufung.