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OLG Hamm Beschluss vom 25.09.1991 - 2 Ss OWi 456/91 -Fahrtenbuch und Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten mitgeführten Fahrtenschreiberdiagramms

OLG Hamm v. 25.09.1991: Fahrtenbuch und Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten mitgeführten Fahrtenschreiberdiagramms


Das OLG Hamm (Beschluss vom 25.09.1991 - 2 Ss OWi 456/91) hat entschieden:
  1. FPersG § 4 dient nicht ausschließlich der Überwachung von Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals.

  2. Die sichergestellte Diagrammscheibe eines nach Art 3 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 vom 20.12.1985 (juris: EWGV 3821/85) mit einem Kontrollgerät ausgerüsteten Lkws darf auch daraufhin ausgewertet werden, ob der Fahrer gegen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verstoßen hat.

Siehe auch Fahrtenbuch-Auflage und Stichwörter zum Thema Verkehrsverwaltungsrecht


Gründe:

Das Amtsgericht Lüdenscheid hat den Betroffenen im angefochtenen Urteil wegen 17 fahrlässiger Verstöße gegen § 18 Abs. 5 StVO gem. den §§ 49 StVO, 24 Abs. 2 StVG, 20 OWiG zu 17 Geldbußen zwischen DM 30;00 und DM 100;00 verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen war der Betroffene am Steuer einer Lastzugeinheit, bestehend aus dem Motorfahrzeug des Typs MAN mit dem amtlichen Kennzeichen MK. (zulässiges Gesamtgewicht etwa 17 t) und dem Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen MK. (zulässiges Gesamtgewicht etwa 22 t) am 15. Februar 1990 gegen 14.35 Uhr auf der Bundesautobahn A 46 bei Kilometer 4,8 in eine Verkehrskontrolle geraten, die von Beamten des Verkehrsdienstes durchgeführt wurde. Die eingesetzten Beamten überprüften dabei auch die vom Betroffenen mitgeführten Diagrammscheiben des Fahrtenschreibers des von dem Betroffenen am Überprüfungstag und an den vorhergehenden Tagen geführten Lkws. Die vom Betroffenen mitgeführten Diagrammscheiben wurden sichergestellt. Es erfolgte dann eine Auswertung der Diagrammscheiben hinsichtlich der nach den Aufzeichnungen jeweils gefahrenen Geschwindigkeiten im Zeitraum zwischen dem 11. und 15. Februar 1990. Sie ergab, dass der Betroffene in 17 Zeitabschnitten, von denen der kürzeste 25 Minuten betrug, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte. Zwischen den einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitungen lagen Zeitabstände, von denen der kürzeste 12 Minuten betrug. Bei den Zeitabständen zwischen den einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitungen, die in einigen Fällen mehrere Stunden betrugen, handelte es sich teilweise um vom Betroffenen eingelegte Pausen (Fahrzeugstillstand), teilweise um Zeitabschnitte mit erlaubten Geschwindigkeiten.

Darüber hinaus ist gegen den Betroffenen im angefochtenen Urteil wegen fahrlässiger Verstöße gegen die Art. 6 u. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit § 7 a FPersG eine Geldbuße von DM 450;00 festgesetzt worden. Hierzu hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:
"Die Überprüfung und Auswertung der Aufzeichnungen auf den Diagrammscheiben vom 11.02. und vom 12.02.1990 in bezug auf die geltenden Sozialvorschriften für das Fahrpersonal ergab, dass die Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten die erlaubten 10 Stunden überschritten hatte. In der Zeit vom 11.02. 22.09 Uhr bis zum 12.02. 23.39 Uhr hatte der Betroffene in seiner (bis zu 26 Stunden) Schicht um bis zu 2 Stunden zu lange gelenkt. Während des vorgenannten Zeitraumes hatte der Betroffene seine tägliche Ruhezeit von 9 zusammenhängenden Stunden um bis zu 9 Stunden verkürzt. In einem Bezugszeitraum von 24 Stunden musste die tägliche Ruhezeit des Betroffenen selbst bei einer Vornahme in zwei oder drei Zeitabschnitten mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen und dann insgesamt 12 Stunden betragen. Lenkzeitunterbrechungen gelten dabei nicht als Anteile der täglichen Ruhezeit. Nach den Aufzeichnungen auf den Diagrammscheiben vom 13. und 14.02.1990 betrug die Gesamtlenkzeit in der Zeit vom 13.02. 10.20 Uhr bis zum 14.02.1990 15.35 Uhr 13 Stunden, damit hatte der Betroffene in der bis zu 30 Stunden Schicht um bis zu 3 Stunden zu lange gelenkt. Die tägliche Ruhezeit war in dem genannten Zeitraum um 9 Stunden verkürzt.
Der Betroffene hat gegen das angefochtene Urteil frist- und formgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt worden.

Soweit im angefochtenen Urteil 17 Geldbußen zwischen DM 30;00 und DM 100;00 gegen den Betroffenen festgesetzt worden sind, bedurfte die Rechtsbeschwerde der Zulassung (§§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 OWiG).

Ein Fall des § 79 Abs. i Nr. 1 OWiG liegt nicht vor. Bei den vom Tatgericht festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen handelte es sich jeweils um prozessual selbständige Taten (§ 264 StPO). Bei natürlicher Betrachtungsweise haben die festgestellten Pausen und Abschnitte mit erlaubten Geschwindigkeiten, die sich in einigen Fällen über mehrere Stunden erstreckten, die festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen derartig voneinander abgetrennt, dass sie Zäsuren darstellen, die es nicht erlauben, alle vom Betroffenen begangenen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder zumindest die Geschwindigkeitsüberschreitungen eines Tages oder einer Lenkzeit zu einem einheitlichen Geschehnis zu verbinden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass jede der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen auf einem neuen Verhalten des Betroffenen beruhte, das losgelöst von den übrigen Geschwindigkeitsüberschreitungen zu betrachten ist. Für die Wertgrenze des § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG waren deshalb die 17 verhängten Geldbußen nicht - auch nicht teilweise - zusammenzuziehen.

Der Betroffene hat nicht ausdrücklich die Zulassung seiner - unbeschränkten - Rechtsbeschwerde beantragt. Seine - unbedingt eingelegte - Rechtsbeschwerde war jedoch insoweit als Zulassungsantrag anzusehen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 300 StPO).

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde im vorgenannten Umfang zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Das Rechtsmittel hatte jedoch insoweit keinen Erfolg.

Die auf die in zulässiger Weise erhobene Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils, soweit gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitungen Geldbußen festgesetzt worden sind, hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufgedeckt. Das Amtsgericht durfte die Geschwindigkeitsüberschreitungen aufgrund der Fahrtenschreiberschaublätter des Lkw des Betroffenen feststellen. Die Auswertung des Schaublattes eines Fahrtenschreibers ist ein zuverlässiges Mittel zur Feststellung der von dem Führer eines Kraftfahrzeugs eingehaltenen Geschwindigkeit. Hierzu bedarf es nur im Ausnahmefall der Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Tatrichter (OLG Düsseldorf in VerkMitt. 1990, 60 m. w. N., OLG Köln VRS 65, 159 f.). Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen des Betroffenen bezogen sich auf jeweils längere Strecken mit Fahrzeiten von mindestens 25 Minuten. Einer näheren Darlegung der Sachkunde des Tatrichters bedurfte es in diesem Fall somit nicht.

Die vom Tatgericht durch die Auswertung der Fahrtenschreiberschaublätter erhobenen Beweise waren hinsichtlich der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen verwertbar. Der vom Betroffenen gesteuerte Lkw war mit einem Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 ausgerüstet. Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung muss grundsätzlich ein Kontrollgerät in Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedsstaat zugelassen sind. Diese Voraussetzungen trafen auf den vom Betroffenen gelenkten Lkw zu. § 4 FPersG regelt die Aufsicht über die Ausführung der genannten Verordnung sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3820/8S. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 FPersG war der Betroffene als Mitglied des Fahrpersonals verpflichtet, der zuständigen Behörde die Unterlagen, die sich auf die Ausführungen der genannten Vorschriften bezogen, zur Prüfung auszuhändigen. Hierzu gehörte insbesondere die Verpflichtung, die mitzuführenden und mitgeführten Fahrtenschreiberschaublätter auszuhändigen. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie soll eine Kontrolle über die Einhaltung der genannten Verordnungen ermöglichen. Ohne die Überwachungsregelungen des § 4 FPersG wäre eine wirksame Kontrolle nicht gewährleistet. Die Kontrolle dient gerade (auch) zum Schutz der Mitglieder des Fahrpersonals, soweit es um die Einhaltung von Sozialvorschriften, insbesondere der Einhaltung von Lenkzeiten geht. Die vom Betroffenen ausgehändigten Fahrtenschreiberschaublätter durften aber auch daraufhin ausgewertet werden, ob der Betroffene gegen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verstoßen hatte. Denn die Bestimmungen der genannten Verordnungen und die Vorschriften des Fahrpersonalgesetzes dienen nicht nur der Einhaltung der sog. Sozialvorschriften. In der Präambel der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates für das Kontrollgerät im Straßenverkehr vom 20. Dezember 1985 (Amtsblatt der EG Nr. L 370/8 vom 31. Dezember 1985) wird ausgeführt, dass eine vollautomatische Aufzeichnung der Geschwindigkeit erheblich zur Verkehrssicherheit beitragen könne, so dass es zweckmäßig erscheine, Geschwindigkeitsaufzeichnungen gleichfalls vorzusehen. Auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 7.9.1984 - 2 BvR 159/84 -, in VkBl. 1985, 303) geht davon aus, dass § 4 FPersG nicht ausschließlich der Überwachung der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals dient, sondern dass diese Vorschrift auch den Zweck hat, die Verfolgung von Verletzungen "anderer Vorschriften" zu ermöglichen. Die in der Präambel der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 zum Ausdruck gebrachte Ausdehnung der Überwachung ist sinnvoll, da von einem Lkw, dessen Fahrer die Lenk- und Ruhezeiten nicht einhält, eine besonders große Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht. Es ist zu befürchten, dass ein solcher Fahrer in besonderem Maße für die Verletzung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften anfällig ist. Aus Gründen der Verkehrssicherheit besteht deshalb ein Bedürfnis, auch die Einhaltung von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bei denjenigen Fahrzeugen wirksam zu kontrollieren, für die nach der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 eine Verpflichtung zum Einbau und zur Benutzung eines Kontrollgerätes besteht.

Die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes bezüglich der Feststellung von Verstößen gegen die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung wurde im vorliegenden Fall überdies zu einem ungereimten und durch nichts gerechtfertigten Ergebnis führen: Hätte der vom Betroffenen gelenkte Lkw nicht nach der Verordnung (EWG) Nr. 8821/85 mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sein müssen, so hätte eine gleichlautende Verpflichtung zur Ausrüstung mit einem Kontrollgerät gemäß § 57 a Abs. 1, 2 StVZO bestanden. Diese Vorschrift galt für das vom Betroffenen geführte Kraftfahrzeug nur deshalb nicht, weil die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 als Sondervorschrift vorgeht (§ 57 a Abs. 3 StVZO). Die Vorschrift des § 57 a StVZO dient zweifellos der Kontrolle hinsichtlich der Einhaltungen der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung. Es gibt keine nachzuvollziehende Begründung dafür, dass es verboten sein sollte, die nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 FPersG auszuhändigenden Fahrtenschreiberschaublätter auch auf die Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften auszuwerten. Denn das Bedürfnis, die Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften bei Kraftfahrzeugen, von denen eine besondere Gefährdung des Straßenverkehrs ausgeht, wirksam zu kontrollieren, wird nicht dadurch aufgehoben, dass es geboten ist, hinsichtlich dieser Kraftfahrzeuge zusätzlich die Einhaltung von Sozialvorschriften zu überwachen; in diesen Fällen besteht gerade ein erhöhtes Bedürfnis, die Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zu kontrollieren.

Aus der Natur der Sache ergibt sich, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen von Kraftfahrern, deren Fahrzeuge mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sein müssen, anhand der Auswertung der Fahrtenschreiberschaublätter leichter festzustellen sind als Geschwindigkeitsüberschreitungen anderer Kraftfahrer, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Schaublätter vom Kraftfahrzeughalter innerhalb bestimmter Fristen aufzubewahren sind. Diese Ungleichbehandlung ist vom Gesetzgeber gewollt; sie ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden. Denn von Kraftfahrzeugen, die mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sein müssen, geht eine ungleich höhere Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs aus als von sonstigen Kraftfahrzeugen. Im übrigen wäre die generelle Einführung von Kontrollgeräten in Kraftfahrzeugen, insbesondere in Pkws, zur Kontrolle der Einhaltung von Geschwindigkeitsüberschreitungen bei der heutigen Gesetzeslage ungeeignet, da für die überwiegende Mehrheit der zugelassenen Kraftfahrzeuge - im Gegensatz zu dem vom Betroffenen gelenkten Fahrzeug - keine allgemein zulässige Höchstgeschwindigkeit vorgeschrieben ist.

Soweit der Betroffene gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 FPersG verpflichtet war, die mitgeführten Fahrtenschreiberschaublätter zur Prüfung auszuhändigen, wurde von ihm nicht verlangt, sich der Begehung von Ordnungswidrigkeiten zu bezichtigen. Zum einen brauchte er an der Offenbarung eigener Verfehlungen nicht so unmittelbar und so aktiv mitzuwirken wie ein Auskunftspflichtiger; zum anderen konnte sich erst die Auswertung der ausgehändigten Fahrtenschreiberschaublätter belastend für ihn auswirken. Soweit mit der Aushändigung der Fahrtenschreiberschaublätter auch die Erteilung von Auskünften nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 FPersG verbunden sein mag, ist der zur Aushändigung Verpflichtete durch die Vorschrift des § 4 Abs. 4 FPersG, der dem Auskunftspflichtigen ein Auskunftsverweigerungsrecht bei der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten einräumt, in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise hinreichend geschützt (BVerfG a.a.O.).

Die Sicherstellung der Fahrtenschreiberschaublätter erfolgte im vorliegenden Fall auch durch eine zuständige Behörde. Der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr obliegt es, im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht und Befugnisse nach §§ 54, 54 a, 55 Güterkraftverkehrsgesetz die Einhaltung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr zu überwachen. Die Aufgaben der Polizei, umfassend für die Verkehrsüberwachung im Interesse der Sicherheit und der Leichtigkeit des Straßenverkehrs tätig zu werden und gemäß § 53 OWiG nach pflichtgemäßem Ermessen Ordnungswidrigkeiten zu erforschen, bleiben unangetastet. Die Polizei ist daher berechtigt, Straßenkontrollen vorzunehmen, um die Einhaltung der geltenden Sozialbestimmungen im Straßenverkehr zu kontrollieren (Andresen/Winkler, Fahrpersonalgesetz, §-​4, 5). Dies muss erst recht für die Kontrolle der Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften gelten.

Die Überprüfung der beim Betroffenen sichergestellten Fahrtenschreiberschaublätter im Hinblick auf die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit war somit gesetzlich zulässig. Sie war vom Gesetzeszweck gedeckt, der gerade auch die Verfolgung von Verletzungen straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ermöglichen will. Ein Fall der Verwertbarkeit von sog. Zufallsfunden liegt demnach nicht vor.

Das Amtsgericht hat die Geschwindigkeitsüberschreitungen des Betroffenen im angegebenen Zeitraum hinreichend fassbar festgestellt; die einzelnen Lebensvorgänge sind hinsichtlich der Person des Täters, des Tatwerkzeugs, der exakten Tatzeiten (nach Stunden und Minuten) und der Höhe der jeweiligen Geschwindigkeitsüberschreitungen umfassend beschrieben, so dass die Individualisierung der einzelnen prozessrechtlichen Taten außer Zweifel steht. Auch wenn das Tatgericht die jeweiligen Tatorte - mit Ausnahme der zeitlich letzten Geschwindigkeitsüberschreitung - nicht festzustellen vermochte, wird durch diesen Mangel nicht die Abgrenzbarkeit der einzelnen Verstöße in Frage gestellt. Probleme hinsichtlich der Rechtskraft und des Verbotes einer Doppelverurteilung wegen derselben Tat sind nicht erkennbar. Zu den jeweiligen festgestellten Tatzeiten kann der Betroffene nicht an anderen Orten als den jeweiligen - allerdings nicht festgestellten - Tatorten Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen haben.

Gegen die Höhe der festgesetzten Geldbußen wegen der Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist nichts zu erinnern. Die 17 verhängten Geldbußen entsprechen den Regelsätzen des Verwarnungs- und des Bußgeldkataloges. Hierbei ist das Amtsgerichts ersichtlich zugunsten des Betroffenen davon ausgegangen, dass er sämtliche Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb geschlossener Ortschaften begangen hat.

Dagegen konnte das Urteil aufgrund der nach der erhobenen Sachrüge vorzunehmenden Überprüfung keinen Bestand haben, soweit der Betroffene wegen Zuwiderhandlungen gegen die Art. 6 und 8 der Verordnung (EWG) 3820/85 in Verbindung mit § 7 a FPersG verurteilt worden ist. Die insoweit vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen sind unzureichend; sie tragen Verstöße der genannten Art nicht. Um nachprüfen zu können, ob der Betroffene gegen die Vorschrift des Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Lenkzeiten verstoßen hat, hätte das Urteil Feststellungen über die Dauer der jeweiligen einzelnen Lenkzeitabschnitte bzw. über die Dauer der jeweiligen Tagesruhezeiten enthalten müssen (OLG Hamm, Beschluss vom 7.3.1991 - 1 Ss OWi 1300/90 -; OLG Düsseldorf, VRS 67, 386 ff.; OLG Düsseldorf, VRS 76, 151 ff.). Aus den mitgeteilten Eckdaten der Schicht- und Lenkzeiten ist eine Ermittlung der Lenkzeit nicht möglich, so dass es dem Senat verwehrt ist, die dem Betroffenen angelasteten Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten einer Überprüfung zu unterziehen.

In dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang war daher das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Lüdenscheid zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG).