Das Verkehrslexikon
Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss vom 17.05.2000 - AN 10 S 00.00501 - Keine MPU bei gelegentlichem THC-Konsum - ärztlich angeordnete Schmerztherapie
VG Ansbach v. 17.05.2000: Keine MPU bei gelegentlichem THC-Konsum - ärztlich angeordnete Schmerztherapie
Das Verwaltungsgericht Ansbach (Beschluss vom 17.05.2000 - AN 10 S 00.00501) hat entschieden:
- Bei eingeräumtem, früheren Cannabis-Konsum ist allenfalls die Frage zuvörderst klärungsbedürftig, ob gewohnheitsmäßiger Konsum noch vorliegt.
- Bei nicht widerlegbarem gelegentlichen Cannabis-Konsum (2- 3mal wöchentlich) ist die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung kein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel, um aufgetauchte Eignungszweifel aufzuklären.
- Die bestimmungsgemäße Einnahme vom Arzt verordneter Schmerzmittel (hier: opioide Analgetika) im verordneten Umfang unterfällt nicht § 14 Abs. 1 FeV, so dass auch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nicht nach § 14 Abs. 2 FeV gefordert werden kann.
Siehe auch Schmerztherapie und Drogen als Medizin und Stichwörter zum Thema Cannabis
Gründe:
I.
Dem ... geborenen Antragsteller wurden die Fahrerlaubnisklassen eins und drei erstmals vom Landratsamt ... am 30. September 1980 erteilt.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung am ... auf Grund der Aussage eines anderweitig Beschuldigten, wurden beim Antragsteller 1,3 Gramm Amphetamin in einer Filmdose, Hanfsamen, eine gebrauchte Wasserpfeife, 1,1 Gramm Marihuanastängel, 12,4 Gramm Haschisch und 3 Gramm Marihuana gefunden. Bei der Durchsuchung ließ sich der Antragsteller dahingehend ein, dass er die Betäubungsmittel zur Schmerzbekämpfung nehme. Auf Grund einer Mitteilung der Kriminalpolizeiinspektion ... an das Landratsamt ... wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 3. Mai 1999 aufgefordert, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen, um seine Fahreignung nachzuweisen. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine positive Beurteilung der Fahreignung bei dem bekannten Sachverhalt unwahrscheinlich sei.
Trotzdem ließ sich der Antragsteller am 9. Juni 1999 bei der Gesellschaft für Arbeits-, Verkehrs- und Umweltsicherheit mbH (Avus) in Frankfurt untersuchen. Es wurde ein Multi-6-Drogenschnelltest, bei dem unter anderem auf Amphetamine, Kokain, Heroin und Cannabis untersucht wurde, durchgeführt. Dieser verlief negativ. Im psychologischen Untersuchungsgespräch führte der Antragsteller aus, sein letzter Cannabiskonsum datiere von September oder Oktober 1999. In der Hauptzeit von September bis November 1999 habe er zwei- bis dreimal wöchentlich Cannabis genommen, danach manchmal eine Woche gar nicht oder ebenfalls zwei- bis dreimal die Woche. Seit Ende Februar 2000 habe er den Konsum komplett eingestellt. Er erklärte den Konsum von Cannabis damit, dass die ärztlich verordneten Medikamente zur Schmerzbekämpfung für ihn unverträglich gewesen seien und er von einem anderen Patienten die Wirksamkeit von Cannabis erfahren habe. Das aufgefundene Amphetamin habe er nicht benutzt. Der Antragsteller führte u. a. aus, er sei Suchtberater in seinem Betrieb gewesen und habe hauptsächlich mit Alkoholabhängigen zu tun gehabt. Cannabis würde ihn jetzt nicht mehr interessieren und Schmerzmittel nur dann, wenn sie unbedingt nötig seien. Er habe zur Schmerzbekämpfung mit dem Muskelaufbau begonnen, das wichtigste sei aber die Arbeitsumstellung. Er höre nun eben auf zu arbeiten, wenn er starke Schmerzen bekäme. Außerdem habe er eine Adresse einer Schmerzambulanz und der Neurologe habe ihn auf verschiedene homöopathische Mittel angesprochen. Seinen Führerschein brauche er für das Geschäft.
Das Gutachten beurteilte einen Rückfall als wenig wahrscheinlich und führte aus, dass nicht zu erwarten sei, dass der Antragsteller künftig ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss führen werde. Es bewertete die Schilderungen des Antragstellers als glaubhaft und in sich schlüssig und gelangte zu dem Ergebnis, dass eine Cannabis-Abhängigkeit nicht vorliege, sondern ein befristeter Drogenmissbrauch stattgefunden habe, der als Selbstmedikation zu verstehen sei. Cannabis sei inzwischen für den Antragsteller überflüssig geworden.
Nach Kenntnisnahme von dem Gutachten bot das Landratsamt ... dem Antragsteller mit Schreiben vom ... an, die Fahrerlaubnis unter der Auflage zu belassen, dass der Antragsteller drei politoxikologische Drogenscreenings (Urinproben) innerhalb eines halben Jahres durchführen lasse. Damit erklärte sich der Antragsteller einverstanden und unterzog sich nach Aktenlage am ... einem Drogenscreening. Beim ersten Urintest waren Amphetamine und Cannabinoide nicht nachweisbar, es wurde jedoch eine Konzentration von Opiaten über 2000 ng/ml festgestellt bei einem Normwert von unterhalb von 300 ng/ml.
Die Begutachtungsstelle Avus nahm dazu mit Schreiben vom ...Stellung und führte aus, die Distanzierung des Antragstellers vom Konsum rauscherzeugender Substanzen stehe in Frage, falls die Opiate nicht auf Medikamenteneinnahmen zurückzuführen seien. Dies sei allerdings ihres Erachtens eher unwahrscheinlich, bedürfe aber der Klärung. Eine erneute Begutachtung sei unabdingbar.
Im Verfahren legte der Antragsteller daraufhin ein ärztliches Attest vom ... vor, wonach er an einer „chronischen, progr. Erkrankung“ leide und unter anderem massive Schmerzsymptome mit schmerzhaften Gelenkschmerzen habe. Die ambulante medikamentöse Therapie bestehe aus Diclophlogont, Tramadol und Trancopal.
Mit Schriftsatz vom ... wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnisse angehört.
Der zweite Urintest am ... verlief negativ, allerdings wurde ein Kreatinin-Wert im Urin unterhalb des Normbereichs festgestellt (41,2 mg/dl bei Normwerten von 90 bis 300 mg/dl).
Die Begutachtungsstelle Avus teilte zu diesem zweiten Urintest mit Schreiben vom ... mit, dass der niedrige Kreatinin-Wert auf eine hohe Flüssigkeitszufuhr vor der Urinabgabe hindeute und deshalb die Laborergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren seien. Gängige Erfahrungen zeigten jedoch, dass zugeführte Opiate auch bei stark verdünntem Urin noch Spuren hinterließen. Insofern lege der negative Laborbefund die Annahme nahe, dass in jüngerer Vergangenheit vom Antragsteller keine Opiate in wirksamer Dosis aufgenommen worden seien. Der Antragsteller habe bei der Urinabgabe darauf hingewiesen, dass er das verschriebene Medikament Tramadol (ein Opioid-Analgetikum) zu sich nehme bei Schmerzen.
Mit Schriftsatz vom ... wurde der Antragsteller aufgefordert, ein erneutes medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, da die Zweifel an der Fahreignung noch nicht vollständig ausgeräumt seien. Der Antragsteller ließ sich am ... auch von der Begutachtungsstelle Avus untersuchen, legte das Gutachten aber im Verfahren bisher nicht vor.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom ... ließ er darauf hinweisen, dass im bisherigen Verfahren schwere Mängel vorliegen würden und lediglich ein fachärztliches Gutachten gerechtfertigt gewesen wäre. Allenfalls sei eine Ergänzung des ersten medizinisch-psychologischen Gutachtens gerechtfertigt gewesen.
Das Landratsamt ... forderte den Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Februar 2000 letztmals auf, das Gutachten bis spätestens 10. März 2000 vorzulegen.
Mit Bescheid vom 15. März 2000 wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen ein, eins a, eins b, drei, vier und fünf entzogen und die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
Gegen diesem Bescheid ließ der Antragsteller Widerspruch mit Schriftsatz vom 14. April 2000 erheben und vortragen, der Antragsgegner stütze sich auf § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnisverordnung (FeV), der Schluss auf die fehlende Fahreignung des Antragstellers sei jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtmäßig gewesen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Nach § 14 Abs. 1 FeV könne ein ärztliches Gutachten bei Besitz von Betäubungsmitteln angeordnet werden, eine entsprechende Ermessensentscheidung sei aber nie getroffen worden. Das Untersuchungsergebnis der Urinuntersuchung vom ... sei dem Antragsteller wochenlang verschwiegen worden, demzufolge sei die Urinprobe vernichtet worden, bevor der Antragsteller dagegen Einwendungen habe erheben können. So hätte z. B. eine Stoffanalyse erfolgen können, um festzustellen, von wem der Urin stamme und wie der erhöhte Opiatwert zustande komme. Es werde daher mit Nichtwissen bestritten, dass die Urinprobe dem Antragsteller zuzuordnen sei. Unstreitig sei dagegen, dass er noch am Tage vor der Abgabe der ihm zugeschriebenen Urinprobe in ärztlicher Behandlung war und auch Medikamente bekommen hat. Auf die Begründung im Übrigen wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 14. April 2000 wurde beim Verwaltungsgericht Ansbach beantragt:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamtes ... vom 15. März 2000 wird wiederhergestellt und der dort unter Ziffer 4 angeordnete Sofortvollzug wird außer Vollzug gesetzt.
Das Landratsamt ... beauftragte die Regierung von Mittelfranken mit der Prozessführung.
Die Regierung von Mittelfranken beantragte,
den Antrag kostenpflichtig abzulehnen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Führerscheinakte des Landratsamtes ... und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 15. März 2000 nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen ist zulässig und begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen diesen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung können auch die Erfolgsaussichten des Widerspruchs oder einer nachfolgenden Anfechtungsklage berücksichtigt werden. Bleiben diese mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt.
Die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung ergibt, dass der Schluss des Antragsgegners auf die Nichteignung des Antragstellers nach § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) nicht zulässig war.
Nach der im Zeitpunkt der angegriffenen Behördenentscheidung anzuwendenden Fahrerlaubnisverordnung darf die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 der Vorschrift auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen oder er das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Die Nichtbefolgung einer Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens kann dem Fahrerlaubnisinhaber aber nur dann zur Last gelegt werden, wenn er einer solchen Anordnung ohne ausreichenden Grund nicht nachkommt und die Anordnung rechtmäßig war (ständige Rechtsprechung des BVerwG, die auch im Falle von § 11 Abs. 8 FeV zu beachten ist - Jagusch/Henschel, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage 1999, Anm. 22 zu § 11 FeV m.w.N.).
Das Verfahren bei einer Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel regelt § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 14 FeV. Dabei sieht § 14 FeV - wohl unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24.6.1993 in NJW 1993, 2365) - eine strenge Reihenfolge bei den anzuwendenden Untersuchungstechniken vor. Da die zuvörderst klärungsbedürftige Frage, ob beim Antragsteller gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum vorliegt, bei dem heutigen Stand der Untersuchungstechniken bereits durch Harn-, Blut- oder Haaruntersuchungen geklärt werden kann, erklärt die Vorschrift die Beibringung fachärztlicher Gutachten für vorrangig. Vor der Aufforderung, ein erstes medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wurde der Antragsteller jedoch nicht dazu angehalten, sich einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Jedoch hat die Begutachtungsstelle einen so genannten Multi-6-Drogenschnelltest durchgeführt, bei dem die Überprüfung unter anderem auf Amphetamine, Kokain, Heroin und Cannabis negativ ausfielen.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Einlassung des Antragstellers, er habe lediglich seit September 1998 bis Februar 1999 Cannabis maximal zwei- bis dreimal wöchentlich konsumiert, im Verfahren nicht widerlegt worden ist. Damit liegt beim Antragsteller aber nach den psychologischen Gutachten vom ... des Instituts für Psychologie der Universität ... (Medizinisch-Psychologisch-Technische-Obergutachterstelle, das vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof zum Verfahren 11 B 98.1093 eingeholt wurde) kein gewohnheitsmäßiger Konsum vor. Dieser gewohnheitsmäßige Konsum wird in dem genannten Gutachten als täglicher bzw. fast täglicher Konsum definiert, während gelegentlicher Konsum einen Konsum mehrmals im Monat, aber deutlich weniger als täglicher Konsum darstellen soll. Unter Berücksichtigung der Anlage 4 zu § 14 FeV ist die Fahreignung bei einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis aber gegeben, wenn eine Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt, sowie keine Störung der Persönlichkeit zu verzeichnen ist und kein Kontrollverlust festgestellt werden kann. Diese weiteren Einschränkungen liegen aber durchgehend nicht vor.
Die Fahrerlaubnisbehörde hätte den Antragsteller daher auffordern dürfen, sich einer Haaranalyse oder einem Drogenscreening zu unterziehen, die Aufforderung, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen, war jedoch nicht geboten.
Der Antragsteller ist dieser Aufforderung aber freiwillig nachgekommen, so dass die bei dieser Untersuchung erzielten Ergebnisse im Verfahren verwertet werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt nämlich durch das freiwillig vorgelegte Gutachten im Verfahren eine neue Tatsache vor, die eine selbständige Bedeutung hat, deren Verwertbarkeit nicht mehr von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhängt (Beschluss vom 19.3.1996 - 11 B 14.96 - in DÖV 1996, 879).
Das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten der Gesellschaft für Arbeits-, Verkehrs- und Umweltsicherheit mbH vom ... ist allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht zu erwarten ist, dass der Antragsteller zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss führen wird. Auch das Ergebnis dieses Gutachtens kann daher im Verfahren die ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnisse nicht stützen.
Schließlich kann sich der Entziehungsbescheid auch nicht auf das Ergebnis des Urintests vom ... stützen. Dabei waren im Urin Opiate in einer Größenordnung von 2000 ng/ml festgestellt worden (Normbereich kleiner als 300 ng/ml). Allerdings hat der Antragsteller im Zusammenhang mit diesem Test nachgewiesen, dass er verschiedene Medikamente zur Schmerztherapie verschrieben bekommen hat, die den Befund erklären könnten. So hat er mit Attest vom ... nachgewiesen, dass er unter anderem das Medikament Tramadol verschrieben bekommen hat und es einnimmt. Im Verfahren war daher klärungsbedürftig, ob dieser Befund auf die Medikamente zurückgeführt werden kann, ob eine missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FeV in Frage kommt oder ob es sich um die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV handelt. Eine solche weitere Aufklärung des Sachverhalts hat der Antragsteller aber nicht angeordnet und eine solche Aufklärung ist heute nach der Vernichtung der Urinprobe auch nicht mehr möglich. Da der Antragsteller im Verfahren aber nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür gegeben hat, dass sich der Befund durch die Einnahme von verordneten Medikamenten erklären lässt, kann im Verfahren weder die Einnahme von Betäubungsmitteln noch die missbräuchliche Einnahme von Arzneimitteln unterstellt werden. Ein weiterer Urintest am ... verlief mit negativem Ergebnis, wobei allerdings der Kreatinin-Wert auf eine verdünnte Urinprobe schließen lässt und damit deren Aussagekraft verringert.
Im Zeitpunkt der Aufforderung des Landratsamtes ... an den Antragsteller sich einer weiteren medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen (Schreiben vom 19.10.1999) war somit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV, der hier alleine in Frage kommt, weder geklärt, ob der Antragsteller abhängig ist noch ob er in Absatz 1 genannte Mittel oder Stoffe überhaupt bzw. missbräuchlich genommen hat. Sollte der Antragsteller nämlich die ihm ärztlich verordneten Medikamente bestimmungsgemäß und in der verordneten Menge eingenommen haben, unterfällt diese Arzneimitteleinnahme nicht dem Absatz 1 des § 14 der Fahrerlaubnisverordnung. Somit durfte der Antragsteller auch nicht aufgefordert werden durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten klären zu lassen, ob er die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe weiter einnimmt.
Auch der Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 29.6.1999 in NJW 2000, S. 304) führt zu keinem anderen Ergebnis. In dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Verfahren war anders als im vorliegenden Fall strittig, ob die Fahrerlaubnisbehörde aus der Nichtvorlage einer Haaranalyse schließen durfte, dass der Kläger Mängel verbergen möchte, die seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen. Auch in dieser Entscheidung wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass eine Aufforderung zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nur dann rechtmäßig ist, wenn auf Grund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des Betroffenen bestehen und wenn die angeordnete Überprüfung ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um gerade die konkret entstandenen Eignungszweifel aufzuklären. Um die, unter Berücksichtigung der Sachverhaltsaufklärung durch die Fahrerlaubnisbehörde, entstandenen Fahreignungszweifel beim Antragsteller aufzuklären, war im vorliegenden Fall aber jedenfalls die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im derzeitigen Stadium nicht rechtmäßig.
Dem Antrag war daher stattzugeben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563/567).
[Rechtsmittelbelehrung]