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Amtsgericht Bochum Urteil vom 28.05.2015 - 83 C 9/15 - Unfall beim Zurücksetzen zweier Fahrzeuge aus ihren Parkboxen auf einem Parkplatz
AG Bochum v. 28.05.2015: Unfall beim Zurücksetzen zweier Fahrzeuge aus ihren Parkboxen auf einem Parkplatz
Das Amtsgericht Bochum (Urteil vom 28.05.2015 - 83 C 9/15) hat entschieden:
Parken zwei Kfz-Führer rückwärts aus gegenüber liegenden Parkbuchten auf einem Einkaufsparkplatz aus, so endet die Verpflichtung zu besonderer Sorgfalt und Rücksichtnahme erst mit dem Anhalten. Solange keiner der beiden Fahrer den Beweis führen kann, dass die Kollision nicht mehr im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Ausparken geschah, haften beide je zur Hälfte.
Siehe auch Rückwärts Ausparken aus Parklücken und Stichwörter zum Thema Halten und Parken
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt nach einem Verkehrsunfall die Beklagten auf Leistung restlichen Schadensersatzes in Anspruch.
Die Klägerin hatte ihren Skoda Fabia am 30.08.2014 auf dem Aldi-Parkplatz an der Castroper Straße in Bochum abgestellt. Nach Beendigung ihres Einkaufs rangierte sie rückwärts aus einer Parkbox heraus.
Versetzt in einer gegenüberliegenden Parktasche hatte der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug abgestellt und setzte sein Fahrzeug seinerseits aus der Parkbox zurück.
Es kam zur Kollision der Fahrzeuge, am Skoda Fabia der Klägerin entstand Sachschaden. Sie machte gegenüber dem Beklagten Sachverständigenkosten in Höhe von 636,47 Euro und Reparaturkosten gemäß Gutachten netto in Höhe von 2.952,04 Euro, insgesamt 3.588,51 Euro geltend, worauf der Beklagte zu 2) 1.794,26 Euro regulierte.
Der Restbetrag in gleicher Höhe ist Gegenstand der Klage.
Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, dass beide Fahrzeuge rückwärts aus der Parktasche herausgesetzt wurden und der Beklagte zu 1) dabei in die falsche Richtung geschaut habe. Sie habe dies gesehen und ihr Fahrzeug angehalten, der Beklagte zu 1) habe seinen Pkw gegen ihren rangiert.
Zwischenzeitlich hat die Klägerin vortragen lassen, dass die Kollision erst dann geschehen sei, als sie den Ausparkvorgang beendet hatte, angehalten hatte und bereits ein Stück vorwärts angefahren sei. In der mündlichen Verhandlung hat sie schließlich erklärt, dass sie das Fahrzeug rückwärts aus der Parkbox setzte, anhielt, und gerade vorwärts losfahren wollte, als der Beklagte zu 1) gegen ihr Fahrzeug stieß.
Sie beansprucht Leistung des Gesamtschadens, ferner Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.794,26 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen sowie sie von außergerichtlich angefallenen Kosten ihres Prozessbevollmächtigten gemäß Rechnung vom 12.11,2014 in Höhe von 345,10 Euro freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreiten, dass das Fahrzeug der Klägerin zum Kollisionszeitpunkt stand, in jedem Fall habe es nicht längere Zeit gestanden.
Die Kollision habe sich in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Zurücksetzen beider Fahrzeuge ereignet, deshalb sei die hälftige Haftungsaufteilung sachgerecht.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Die aufgrund des Unfalls vom 30.08.2014 entstandenen Schadensersatzansprüche der Klägerin sind infolge der Teilzahlung des Beklagten zu 1) erloschen, weitere Ansprüche bestehen nicht.
Zwar haften der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) als Halter und Fahrer sowie Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Pkw des Beklagten zu 1) für die Unfallfolgen, weil sich der Unfall bei dem Betrieb des Beklagtenfahrzeugs ereignete, §§ 7, 18 StVG, 115 VVG.
Aber auch die Klägerin haftet für die bei dem Betrieb ihres Fahrzeugs entstandenen Schäden gemäß § 7 StVG, so dass sich die Verpflichtung zum Schadensersatz gemäß §§ 17 Abs. 1 StVG danach richtet, inwieweit der Schaden von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist.
Dies führt zu einer Haftung zu jeweils 50 %.
Beide Fahrzeugführer hatten beim Zurücksetzen des Fahrzeugs aus der Parkbox besondere Vorsicht walten zu lassen, insbesondere auf andere auf dem Parkplatz fahrende und rangierende Fahrzeuge zu achten.
Die Sorgfaltspflicht endete nicht mit dem Abschluss des rückwärtigen Rangiervorgangs durch Anhalten.
Die Beteiligten blieben vielmehr für das Verkehrsgeschehen verantwortlich, das sich in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Zurücksetzen ergab.
Hinsichtlich des Beklagten zu 1) ist festzustellen, dass dieser noch beim Zurücksetzen war und für die sich dabei ereignende Kollision haftet.
Aber auch die Klägerin haftet weiterhin, weil sie weder dargelegt noch Beweis dafür angetreten hat, dass die Kollision nicht mehr in engem und räumlichem Zusammenhang mit ihrem Zurücksetzen stand.
Ihren eigenen Angaben in der Sitzung zufolge hatte sie ihr Fahrzeug gerade angehalten und den Vorwärtsgang eingelegt, stand also noch nicht längere Zeit. Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, sie in gleicher Weise wie den Beklagten zu 1) und damit auch den Beklagten zu 2) haften zu lassen, da es für die Beachtung der Sorgfaltspflichten und den Verursachungsanteil keinen erheblichen Unterschied macht, wer vor der Kollision bereits zum Stehen gekommen war und wer sich noch in Bewegung befand.
Der enge räumliche Zusammenhang zum Zurücksetzen ist evident, dies gilt in gleicher Weise für den zeitlichen Zusammenhang und die Auswirkungen der Nichtbeachtung der bestehenden Sorgfaltspflichten. Die Klägerin hätte ebenso wie der Beklagte zu 1) den aus der gegenüberliegenden Parklücke heraus rangierenden Pkw beachten und vom weiteren Heraussetzen absehen müssen.
Deshalb ist eine jeweils hälftige Haftung sachgerecht.
Der Schaden ist zur Höhe unstreitig, unstreitig ist ferner, dass der Beklagte zu 2) die Hälfte des Schadens ausgeglichen hat, so dass kein weiterer Schadensersatzanspruch verbleibt.
Mangels Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Anwaltskosten.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.