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BGH Urteil vom 13.08.2014 - 2 StR 573/13 - Wirksamkeit eines von einem unterbevollmächtigten Rechtsanwalt für den Nebenklägeranwalt unterzeichneten Revisionsbegründungsschriftsatzes
BGH v. 13.08.2014: Wirksamkeit eines von einem unterbevollmächtigten Rechtsanwalt für den Nebenklägeranwalt unterzeichneten Revisionsbegründungsschriftsatzes
Der BGH (Urteil vom 13.08.2014 - 2 StR 573/13) hat entschieden:
- Ein vom Nebenkläger bevollmächtigter und danach beigeordneter Rechtsanwalt kann für die bestimmenden Revisionsschriftsätze Untervollmacht erteilen.
- Unterzeichnet ein unterbevollmächtigter Rechtsanwalt die von dem eigentlich mandatierten Rechtsanwalt verfasste Revisionsbegründungsschrift mit dem Zusatz „für Rechtsanwalt ...“, so rechtfertigt allein dieser Umstand keinen Zweifel daran, dass er sich den Inhalt der Schrift zu eigen gemacht und dafür auf Grund eigener Prüfung die Verantwortung übernommen hat (§ 390 Abs. 2 StPO).(
Siehe auch Rechtsmittel im Strafverfahren und Stichwörter zum Thema Verkehrsstrafsachen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung freigesprochen. Die Nebenklage rügt mit ihrer hiergegen gerichteten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
A.
Die Revision der Nebenklägerin ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht begründet.
I.
Die Nebenklägerin hatte nach Erhebung der Anklage Rechtsanwältin G. mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen bevollmächtigt. Ausweislich der Vollmachtsurkunde vom 14. Mai 2013 war die mandatierte Rechtsanwältin auch berechtigt, Untervollmacht zu erteilen. Auf Antrag der Nebenklägerin hatte ihr das Landgericht mit Beschluss vom 27. Mai 2013 gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 1 StPO Rechtsanwältin G. auch als Beistand bestellt.
Gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20. Juni 2013 hat die Nebenklägerin durch Rechtsanwältin G. am 25. Juni 2013 Revision eingelegt. Mit einem am 26. August 2013 beim Landgericht eingegangenen Schreiben wurde die Revision auch begründet. Das Schreiben trägt den Briefkopf "C. G. , Rechtsanwältin" in Bürogemeinschaft mit u.a. "D. Ge. , Fachanwalt für Arbeitsrecht", es weist das Diktatzeichen "cg" auf und wurde von Rechtsanwalt Ge. vor dem maschinenschriftlich angebrachten Zusatz, "für Rechtsanwältin C. G. " unterzeichnet.
Auf Nachfrage im Rahmen der Revisionshauptverhandlung hat Rechtsanwältin G. erklärt, sie selbst habe den Schriftsatz gefertigt. Es sei üblich, dass sich alle in der Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälte gegenseitig vertreten.
II.
Die Revisionsbegründung wurde innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO mittels einer von einem wirksam bevollmächtigten Rechtsanwalt "unterzeichneten Schrift" (§ 390 Abs. 2 StPO analog) angebracht.
Die von der Nebenklägerin bevollmächtigte und ihr gemäß § 397a Abs. 1 StPO beigeordnete Rechtsanwältin G. hat zwar die Revisionsbegründungsschrift nicht selbst unterzeichnet. Eine Begründungsschrift kann aber auch von einem Rechtsanwalt, der - wie hier Rechtsanwalt Ge. - von der Nebenklägerin weder persönlich bevollmächtigt noch ihr als Beistand bestellt wurde, wirksam angebracht werden. Dies setzt voraus, dass er hierzu vor Ablauf der genannten Monatsfrist bevollmächtigt worden ist (1.) und die Begründungsschrift unterzeichnet hat (2.). Beides ist hier der Fall.
1. Der unterzeichnende Rechtsanwalt Ge. war wirksam bevollmächtigt, die Revisionsanträge und ihre Begründung anzubringen. Ihm war im Rahmen der in der Bürogemeinschaft getroffenen Vertretungsregelung von Rechtsanwältin G. Untervollmacht erteilt, wozu diese durch Vollmacht der Nebenklägerin ermächtigt war.
aa) Zwar kann die Beistandsbestellung als solche nicht wirksam auf einen anderen Rechtsanwalt übertragen werden, denn ebenso wie die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gemäß § 141 Abs. 1 StPO (vgl. insoweit BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. November 2000 - 2 BvR 813/99, NStZ 2001, 211; BGH, Beschluss vom 13. April 2010 - 3 StR 24/10; Beschluss vom 7. Mai 2014 - 4 StR 109/14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl., § 142 Rn. 15) ist die Bestellung eines Beistands gemäß § 397a Abs. 1 StPO auf die jeweils bestellte Person beschränkt; eine Übertragung im Wege der Erteilung einer Untervollmacht ist daher nicht wirksam möglich.
bb) Zulässig ist dagegen das Tätigwerden eines anderen Rechtsanwalts, wenn dieser als allgemeiner Vertreter gemäß § 53 Abs. 2 BRAO bestellt wurde, denn diese Bestellung erstreckt sich auch auf die Bestellung als Beistand (BGH, Beschluss vom 6. September 2000 - 3 StR 349/00; vgl. für die Pflichtverteidigerbestellung: BGH, Urteil vom 2. September 1975 - 1 StR 380/75, NJW 1975, 2351; Beschluss vom 22. August 2001 - 1 StR 354/01, NStZ-RR 2002, 12; vgl. auch Beschluss vom 13. April 2010 - 3 StR 24/10). Die Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Rechtsanwalt Ge. ist weder als von Amts wegen bestellter allgemeiner Vertreter gemäß § 53 Abs. 2 Satz 3 BRAO tätig geworden noch hat ihn Rechtsanwältin G. selbst gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BRAO als ihren allgemeinen Vertreter bestellt. Die gegenseitige Vertretung der in ihrer Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälte entsprach lediglich den dortigen Usancen.
cc) Rechtsanwältin G. war jedoch in Ausübung ihres Wahlmandats berechtigt, Untervollmacht zu erteilen, denn die Nebenklägerin hatte sie bereits am 14. Mai 2013 beauftragt, ihre Interessen zu vertreten, und im Rahmen dessen ermächtigt, die ihr erteilte Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen. Dieses durch die Unterzeichnung der Vollmachtsurkunde begründete zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen der Nebenklägerin und ihrer Anwältin blieb von deren Bestellung als Beistand unberührt.
Insofern unterscheidet sich die Bestellung als Beistand gemäß § 397a Abs. 1 StPO von der Beiordnung als Pflichtverteidiger gemäß § 141 StPO. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers setzt nach dem in §§ 141 Abs. 1, 143 StPO enthaltenen Rechtsgedanken das Nichtbestehen eines Wahlmandates voraus. Entsprechend enthält der Antrag des Wahlverteidigers, ihn zum Pflichtverteidiger zu bestellen, die Erklärung, die Wahlverteidigung solle mit der Bestellung enden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 142 Rn. 7 mwN). Wird dem Antrag stattgegeben, endet das zivilrechtliche Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 675 BGB) des Rechtsanwaltes, der in der Folge seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger allein auf der Grundlage der öffentlichrechtlichen Bestellung ausführt. Da mit dem Ende des Vertragsverhältnisses auch die erteilte Strafprozessvollmacht erlischt (Meyer-Goßner/Schmitt aaO), kann der Verteidiger eine Untervollmacht nicht mehr erteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 4 StR 346/13).
Eine solche oder vergleichbare Änderung des Rechtsgrundes der Tätigkeit des Rechtsanwalts ist mit dessen Bestellung als Beistand eines Nebenklägers gemäß § 397a Abs. 1 StPO nicht verbunden. Anders als bei der Pflichtverteidigung besteht der frühere Auftrag, den der Nebenkläger seinem Rechtsanwalt erteilt hat, nach dessen Bestellung als Beistand fort (KG, NStZ-RR 2005, 327, 328; NStZ-RR 2006, 160; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. August 2005 - 1 Ws 208/05; a.A. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 21. Juli 2006 - 1 Ws 202/06), so dass er auch zur Erteilung einer Untervollmacht weiterhin berechtigt ist (KG, NStZ-RR 2005, 327). Die Bestellung zum Beistand nach § 397a Abs. 1 StPO setzt zwar nicht voraus, dass zwischen dem Nebenklageberechtigten oder Nebenkläger und dem Rechtsanwalt ein Mandatsverhältnis besteht. Liegt allerdings ein solches vor, wird es durch die Bestellung zum Beistand nicht beendet. Denn abweichend von § 141 Abs. 1 StPO, der voraussetzt, dass der Angeklagte "noch keinen Verteidiger hat", ist es für die Bestellungsentscheidung nach § 397a Abs. 1 StPO ohne Bedeutung, ob der Antragsteller bereits einen Rechtsanwalt mandatiert hat. Dementsprechend ist der gerichtliche Bestellungsakt auch dann nicht (entsprechend § 143 StPO) zurückzunehmen, wenn sich der Nebenkläger selbst eines anderen oder weiteren Beistands bedient. Angesichts dessen, dass § 397a Abs. 3 Satz 2 StPO ausdrücklich nur auf § 142 Abs. 1 StPO verweist, ist für eine ergänzende Anwendung weiterer Vorschriften des Rechts der notwendigen Verteidigung kein Raum (vgl. KG, StraFo 2008, 47, 48; Wenske in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., Nachtrag, § 397a Rn. 17).
Dem entspricht auch der unterschiedliche Zweck der Bestellung von Beistand und Verteidiger. Während die Beistandsbestellung überhaupt nur auf Antrag des Nebenklägers in Betracht kommt und sich in ihrer Wirkung darin erschöpft, dass dem Nebenkläger, der anwaltlichen Beistand hinzuzieht, im Zweifel ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Staatskasse gebührt, besteht der Zweck der Pflichtverteidigung ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen (§ 140 StPO) rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfGE 68, 237, 254 mwN). Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist daher in den in § 140 Abs. 1, Abs. 2 StPO bezeichneten Fällen zwingend vorgeschrieben und erfolgt auch dann, wenn der Beschuldigte eine Verteidigung überhaupt ablehnt. Dem entspricht, dass die Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 141 Abs. 1 StPO grundsätzlich unterbleibt bzw. eine bereits erfolgte Bestellung gemäß § 143 StPO in der Regel zurückzunehmen ist, wenn der Beschuldigte selbst einen Wahlverteidiger beauftragt hat. Wahlmandat und Pflichtverteidigerbestellung schließen sich daher schon vom Sinn und Zweck der Pflichtverteidigung her aus und sind selbst nebeneinander nur dann zulässig, wenn dafür ein unabweisbares Bedürfnis besteht.
2. Die Revisionsbegründung genügt auch den Anforderungen des § 390 Abs. 2 StPO. Sie ist von einem wirksam bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben, der trotz des der Unterzeichnung vorangestellten Zusatzes "für Rechtsanwältin ..." die volle Verantwortung für den Inhalt der Schrift übernommen hat.
a) Die Revisionsanträge des Nebenklägers und ihre Begründung können nach der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 390 Abs. 2 StPO (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 14. Februar 1992 - 3 StR 433/91, NJW 1992, 1398; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 401 Rn. 2) nur mittels einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift angebracht werden. Zweck der Regelung ist es, die Sachgerechtigkeit der Revisionsbegründungsschrift zu gewährleisten und zwar im Interesse sowohl des Rechtsmittelführers, dessen Rechtsmittel nicht schon von vornherein an Formfehlern oder sonstigen Mängeln scheitern soll, wie auch der Rechtsmittelgerichte, die vor einer Überlastung durch unsachgemäßes Vorbringen Rechtsunkundiger bewahrt werden sollen (BGH, Urteil vom 22. Januar 1974 - 1 StR 586/73, BGHSt 25, 272, 273; BVerfG, NJW 1996, 713). Die Mitwirkung des Rechtsanwalts darf sich deshalb nicht in der bloßen Beurkundung erschöpfen. Er muss an der Revisionsbegründung zumindest gestaltend mitwirken und die Verantwortung dafür übernehmen (zu § 345 Abs. 2 StPO: BGH, Urteil vom 22. Januar 1974 - 1 StR 586/73, BGHSt 25, 272, 274; Beschluss vom 2. November 2005 - 3 StR 371/05, NStZ-RR 2006, 84; Beschluss vom 2. Juli 2014 - 4 StR 215/14). Das Erfordernis, einen Schriftsatz zu verantworten, ist jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Erfordernis, den Schriftsatz selbst zu verfassen (BVerfG, NJW 1996, 713). Unabdingbar ist nur, dass der unterzeichnende Rechtsanwalt in solchen Fällen das Entworfene gründlich prüft, gegebenenfalls Änderungen vornimmt, insoweit also "gestaltend mitwirkt", und für das, was er dem Gericht vorlegt, die volle Verantwortung übernimmt, sich also in diesem Sinne die vorgelegte Begründung zu eigen macht (Frisch, SK-StPO, 4. Aufl., § 345 Rn. 29; vgl. auch Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 345 Rn. 21, der eine "gestaltende Mitwirkung" oder jedenfalls die Verantwortungsübernahme fordert).
Vor diesem Hintergrund ist, wenn ein Rechtsanwalt als eigentlicher Sachbearbeiter eine Rechtsmittelbegründungsschrift entwirft und dann ein anderer - bevollmächtigter - Rechtsanwalt diesen Schriftsatz unterschreibt, regelmäßig davon auszugehen, dass letzterer sich den Inhalt des Schreibens zu eigen gemacht hat und dafür aufgrund eigener Prüfung die Verantwortung übernimmt (BVerfG, NJW 1996, 713; vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 345 Rn. 15). Dem Zweck des § 390 Abs. 2 StPO ist damit Genüge getan (zu § 345 Abs. 2 StPO: BVerfG, NJW 1996, 713). Anderes kann nur gelten, wenn der Unterzeichner in dem Schriftsatz oder an anderer Stelle zum Ausdruck bringt, dass er sich von dessen Inhalt distanziert oder sich sonst aus dem Inhalt der Schrift ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung nicht übernehmen kann oder will. Letzteres ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein Rechtsanwalt eine von einem Rechtsunkundigen gefertigte und offensichtlich unsinnige oder grob laienhafte Rechtsmittelbegründungsschrift unterzeichnet, ohne dabei gravierende Mängel der Schrift zu korrigieren, so dass sich schon aus dem Inhalt der Begründungsschrift selbst die Zweifel an der Mitgestaltung durch den Unterzeichner ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2005 - 3 StR 371/05, NStZ-RR 2006, 84, 85). Bleiben nicht zu überwindende Zweifel an der Verantwortungsübernahme des Unterzeichners, ist die Rechtsmittelbegründung formunwirksam und damit unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2005 - 3 StR 36/05, NStZ-RR 2007, 132 f. [Becker]; Beschluss vom 13. Juni 2002 - 3 StR 151/02, NStZ-RR 2002, 309 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., Rn. 16 mwN).
b) Gemessen daran, wurde die Revisionsbegründungsschrift den Anforderungen des § 390 Abs. 2 StPO entsprechend unterzeichnet.
Der Inhalt der Revisionsbegründungsschrift selbst zeigt keinerlei Zweifel an der Verantwortungsübernahme des unterzeichnenden Rechtsanwalts auf, handelt es sich doch um eine sachgerechte und erkennbar von einem Rechtskundigen verfasste Schrift. Aber auch die Fassung der Revisionsbegründung, insbesondere der im Schriftbild vor der handschriftlichen Unterzeichnung angebrachte Zusatz "für Rechtsanwältin ..." rechtfertigt keinen solchen Zweifel (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 345 Rn. 16; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 345 Rn. 15). Ebenso wie der Rechtsanwalt, der den von einem anderen Rechtsanwalt verfassten Schriftsatz im eigenen Namen unterschreibt, sich den Inhalt des Schriftsatzes zu eigen macht und dafür aufgrund eigener Prüfung die Verantwortung übernimmt (vgl. BVerfG, NJW 1996, 713), ist nicht davon auszugehen, dass der "für" einen anderen Rechtsanwalt Unterzeichnende eine Revisionsbegründungsschrift ungeprüft unterschreibt. Der bloße Zusatz "für" belegt weder, dass er sie nicht dennoch gelesen und ihren Inhalt gebilligt hat (vgl. OLG Köln, NZV 2006, 321, 322) noch dass er sich vom Inhalt der Schrift distanziert und dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auftreten wollte, wie dies etwa eine Unterzeichnung "im Auftrag" (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 5. November 1987 - V ZR 139/87, NJW 1988, 210; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 345 Rn. 23) oder auch "für den nach Diktat verreisten Rechtsanwalt ..." (vgl. OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 381; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 345 Rn. 16) nahelegt. Der hier verwendete Zusatz kann vielmehr ohne Weiteres dahin verstanden werden, dass der Unterzeichnende lediglich zum Ausdruck bringen wollte, dass er in Untervollmacht gehandelt hat, zumal der Unterbevollmächtigte gehalten ist, dieses Vertretungsverhältnis kenntlich zu machen (vgl. Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 345 Rn. 23).
Zweifel an der Verantwortungsübernahme, die sich allein aus der Verwendung des Zusatzes "für Rechtsanwalt ..." herleiten (vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 2013, 355; OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 381; zur Unterzeichnung "i.V.: OLG Hamm, StRR 2012, 227; KG, JR 1987, 217; BayOLG, NJW 1991, 2095) beruhen demgegenüber auf Anforderungen an die Erfüllung des gesetzlichen Formerfordernisses, die sich schon durch den Zweck des § 390 Abs. 2 StPO nicht mehr rechtfertigen lassen. Denn wurde die Revisionsbegründung - wie hier - von einer Rechtsanwältin gefertigt, ist jedenfalls dem Zweck des § 390 Abs. 2 StPO ersichtlich Genüge getan, dass nämlich im Interesse des Rechtsmittelführers und des Revisionsgerichts ein sachgerechter Vortrag erfolgt. In diesem Sinne streitet auch der verfassungsrechtliche Anspruch des Betroffenen auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), der es verbietet, den Parteien den Zugang zu ihnen in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfG, NJW 1996, 713; OLG Köln, NZV 2006, 321, 322).
B.
Die Revision ist auch begründet.
I.
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage hatte dem Angeklagten zur Last gelegt, am 19. Dezember 2004 die Nebenklägerin Am. vergewaltigt und körperlich misshandelt zu haben. Konkret wurde ihm vorgeworfen, die Nebenklägerin in den frühen Morgenstunden des Tattags auf ihrem Heimweg aus der Diskothek "T. " gepackt, an den Haaren zu seinem Geschlechtsteil heruntergezogen und aufgefordert zu haben, den Oralverkehr an ihm durchzuführen. Da sich die Nebenklägerin heftig gewehrt und ihm in den Penis gebissen habe, habe er sie mit dem Bauch auf einen Mauervorsprung gedrückt, ihr Hose und Slip heruntergezogen und den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durchgeführt.
2. Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten. Die Nebenklägerin sei schon in der Diskothek an ihm körperlich interessiert gewesen, weshalb beide auf seinen Vorschlag hin auf die Herrentoilette gegangen seien. Dort hätten sie sich geküsst. Er habe die Nebenklägerin dann umgedreht und mit ihr einverständlich von hinten den vaginalen Geschlechtsverkehr durchgeführt. Da er Stammgast im T. gewesen sei und der Schwester der Nebenklägerin zuvor seine Telefonnummer und seinen Spitznamen aufgeschrieben habe, wäre es auch ein Leichtes gewesen, ihn zu ermitteln.
Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Es hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte traf am Abend des 18. Dezember 2004 in der Diskothek "T. " zunächst auf die Zeugin H. , die Schwester der Nebenklägerin. Beide tanzten und unterhielten sich und die Zeugin H. erzählte, dass sie mit ihrer Schwester, der Nebenklägerin Am. gekommen sei. Als die Zeugin H. nach Hause wollte, tauschten Sie ihre Telefonnummern aus und der Angeklagte schrieb der Zeugin seine Telefonnummer sowie seinen Spitznamen "A. " auf einen Bierdeckel. Die Nebenklägerin blieb noch länger im T. und im Verlauf der Nacht kam es zu einem vaginalen ungeschützten Geschlechtsverkehr zwischen ihr und dem Angeklagten, wobei die genaueren Umstände im Unklaren blieben.
Die Nebenklägerin erstattete am nächsten Tag zusammen mit ihrer Schwester Anzeige bei der Polizei. Ihr wurde ein Abstrich entnommen und im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung wurden auf den Ellenbogenrückseiten beidseits bläulichrote Flecken, unter dem Schlüsselbein rechts eine 4 cm lange Schramme/Kratzspur, im Bereich der linken Ellenbogenbeuge eine 5 cm lange Schramme/Kratzspur und an der linken Oberschenkelvorderseite eine 8 cm lange Schramme/Kratzspur festgestellt.
Einige Tage später rief der Angeklagte die Zeugin H. unter deren Telefonnummer an. Die Zeugin teilte ihm mit, er solle nicht mehr anrufen und legte auf. Die Nebenklägerin rief den Angeklagten unter der der Zeugin H. mitgeteilten Telefonnummer an, sagte jedoch nichts, als dieser sich meldete, und legte auf.
Ein DNA-Abgleich der Spermaspur führte am 6. Januar 2012 zu einer Treffermitteilung in Bezug auf den Angeklagten.
2. Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Die Angaben der Nebenklägerin seien glaubhaft und sie selbst auch glaubwürdig. Insbesondere die zahlreichen und bei mehreren Vernehmungen konstant geschilderten Details sprächen für einen real erlebten Vorgang. Die Strafkammer habe sich gleichwohl nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat, denn seine Einlassung sei ebenso glaubhaft. Er habe das Geschehen aus seiner Sicht plausibel detailreich und widerspruchsfrei geschildert. Seine Angaben seien mit Blick auf eine vorherige Einlassung über seinen Verteidiger ebenfalls konstant. Weder die Einlassung des Angeklagten noch die Bekundungen der Nebenklägerin seien von weiteren Beweismitteln widerlegt worden. Die bei der Nebenklägerin festgestellten Verletzungen seien ebenso mit der Version des Angeklagten vereinbar. Die Abschürfungen an den Ellenbogen könnten auch beim Abstützen in der Herrentoilette entstanden sein. Demgegenüber könnten die Abschürfungen an der Innenseite des Ellenbogens schwerlich bei dem von der Nebenklägerin geschilderten Geschehen entstanden sein, weil sie außerhalb der Diskothek einen Wintermantel trug. Im Übrigen sei es möglich, dass sich die Nebenklägerin diese wie andere Verletzungen im Gedränge der Diskothek zugezogen habe.
Der Umstand, dass der Angeklagte der Schwester der Nebenklägerin seinen Spitznamen sowie seine Telefonnummer aufgeschrieben habe, spreche für seine Version, denn hierdurch hätte er sich einem besonders hohen Entdeckungs- und Ergreifungsrisiko ausgesetzt. Auch hätte er als Stammgast der Diskothek über seinen Spitznamen ohne Weiteres dort ausfindig gemacht werden können. Durch die nach der Tat erfolgte Kontaktaufnahme zur Zeugin H. hätte er sich zudem einem besonders hohen Identifizierungs- und Ergreifungsrisiko ausgesetzt.
II.
Der Freispruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO), dessen Schlussfolgerungen nicht zwingend, sondern nur möglich sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966 - 1 StR 305/66, BGHSt 21, 149, 151; Beschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Insbesondere sind die Beweise auch erschöpfend zu würdigen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den Urteilsgründen muss sich zudem ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 10. August 2011 - 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110 f.; vom 11. August 2011 - 4 StR 191/11; vom 26. April 2012 - 4 StR 599/11 und vom 8. August 2012 - 1 StR 88/12).
2. Die Beweiswürdigung ist im Hinblick auf die Einlassung des Angeklagten lückenhaft und lässt eine umfassende Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände vermissen.
Das Tatgericht hat es bereits versäumt, die Einlassungen des Angeklagten im Laufe des Ermittlungsverfahrens zu schildern, so dass das Revisionsgericht nicht nachprüfen kann, inwieweit die Angaben des Angeklagten tatsächlich konstant und mit Blick auf ihren Zeitpunkt plausibel sind. Da nicht mitgeteilt wird, ob - was nahe liegt - die Einlassung über seinen Verteidiger nach erfolgter Akteneinsicht erfolgte, kann insbesondere nicht überprüft werden, ob das Landgericht auch bedenken musste, dass die Einlassungen des Angeklagten an den Ermittlungsstand angepasst gewesen sein konnten.
Das Landgericht hat es zudem versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass die Nebenklägerin nicht nur am Ellenbogen, sondern auch an der Schulter und am Oberschenkel verletzt war. Dass die Verletzungen in ihrer Summe bei dem vom Angeklagten in der Herrentoilette geschilderten einvernehmlichen Geschlechtsverkehr oder im Gedränge der Diskothek entstanden sind, ist eher fernliegend.
Da der Angeklagte erst aufgrund des DNA-Treffers im Januar 2012 identifiziert werden konnte, hätte es schließlich der Darlegung bedurft, weshalb die Ermittlungen nach der Anzeigeerstattung ohne Erfolg geblieben sind und ob dem Angeklagten die Gründe dafür, warum er über seinen Spitznamen "A. ", seine Telefonnummer und seine behauptete Rolle als bekannter Stammgast der Diskothek nicht ermittelt werden konnte, bekannt waren. Der bloße Hinweis der Strafkammer darauf, der Angeklagte hätte ohne Weiteres ausfindig gemacht und identifiziert werden können, steht im offenen Widerspruch dazu, dass dies offenkundig nicht gelungen ist. Gründe hierfür hat das Landgericht nicht genannt. So könnte etwa der Angeklagte nicht als Inhaber des von ihm angegebenen Telefonanschlusses gemeldet gewesen sein; er könnte auf polizeiliche Anrufe nicht reagiert haben oder in der Diskothek - entgegen seinen Angaben - gerade nicht als Stammgast bekannt gewesen sein. Dann aber hätte zu Gunsten des Angeklagten nicht berücksichtigt werden dürfen, dass er mit seiner Entdeckung und Ergreifung hätte rechnen müssen, zumal sich auch nicht erschließt, weshalb sich der Angeklagte durch den nach der Tat erfolgten Anruf bei der Schwester einem "besonders hohen" Entdeckungsrisiko ausgesetzt haben sollte. Das Landgericht hätte diese Lücke in den Urteilsdarlegungen schließen müssen. Auch die Wertung des Umstands als entlastend, dass der Angeklagte der Schwester der Geschädigten seine (angebliche) Telefonnummer mitteilte, ist nicht rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat nicht erkennbar berücksichtigt, dass die ihm vorgeworfene Tat nach dem Gespräch mit der Schwester der Geschädigten stattfand.
Diese Darlegungs- und Erörterungsmängel sind durchgreifend. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer umfassenden Gesamtschau der Einlassung des Angeklagten dieser ein geringeres Gewicht beigemessen und sich im Ergebnis von der Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin überzeugt hätte.
3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das angefochtene Urteil schon den gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen nicht gerecht werden dürfte, denn vorliegend wären Feststellungen zu Werdegang, strafrechtlichen Vorbelastungen und Persönlichkeit des Angeklagten geboten gewesen, da diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle hätten spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 - 2 StR 70/14 mwN).